Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210038/8/Ga/Hm

Linz, 23.12.1992

VwSen - 210038/8/Ga/Hm Linz, am 23. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des C in Linz, vertreten durch Dr. S, gegen den die Beschlagnahme von Gegenständen anordnenden Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Oktober 1992, Zl. 501/S-4020/92D, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid über die Beschlagnahme aufgehoben.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 39 Abs.1 und Abs.6, § 51 und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs zitierten Bescheid die (endgültige) Beschlagnahme eines "Bahnenschweißgerätes (Type und Marke nicht eruierbar) sowie eines 25 m langen Verlängerungskabels mit Rolle" angeordnet; diese Gegenstände sind am 13. Oktober 1992 auf einer offenbar in der Gemeinde Linz gelegenen Baustelle von einem Aufsichtsorgan der örtlichen Baupolizei vorläufig in Beschlag genommen worden.

1.2. Gegen diesen dem Berufungswerber am 19. Oktober 1992 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 30. Oktober 1992 - und damit rechtzeitig - bei der bescheiderlassenden Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Der angefochtene Beschlagnahmebescheid ist im wesentlichen so begründet: Am 13. Oktober 1992 habe ein Organ der Baupolizei gemeinsam mit einem Vertreter des Polizeipostens Kleinmünchen um 11.30 Uhr im Zuge eines Ortsaugenscheines festgestellt, daß der Berufungswerber auf dem Dach eines in Bauausführung befindlichen Verkaufspavillon, für dessen Errichtung jedoch keine rechtskräftige Baubewilligung vorliege, mit der Durchführung von Abdichtungsarbeiten beschäftigt gewesen sei, wobei er das beschlagnahmte Werkzeug samt Verlängerungskabel verwendet habe; deswegen habe der dringende Tatverdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.b der O.ö.Bauordnung bestanden; im Ergebnis seien "damit die Voraussetzungen für ein Vorgehen gemäß § 39 VStG gegeben" gewesen.

2.2. Der Berufungswerber bestreitet in seiner Eingabe nicht, daß er zum genannten Zeitpunkt am genannten Ort mit Reparaturarbeiten beschäftigt gewesen ist und dabei das beschlagnahmte Werkzeug verwendet hat. Als Eigentümer dieses Werkzeuges und als einziger Adressat des Beschlagnahmebescheides sei er zum Rechtsmittel legitimiert. Der Berufungswerber bestreitet jedoch, im Sinne der O.ö.Bauordnung Bauherr oder Bauführer des in Rede stehenden Bauobjektes zu sein. Er sei lediglich mit Reparaturarbeiten beschäftigt gewesen. Bloße Reparaturarbeiten seien keine (strafbare) Bauausführung. Weil er also weder Bauführer noch Bauherr an der dem Ortsaugenschein unterzogenen Baustelle sei, hätte deswegen auch nicht der Verfall des Werkzeuges als Strafe gegen ihn gerichtet werden können. Weil daher die Beschlagnahme des Werkzeuges zur Sicherung seines Verfalls unzulässig gewesen sei, beantragt der Berufungswerber die Aufhebung des Beschlagnahmebescheides und die Herausgabe des beschlagnahmten Werkzeuges samt Verlängerungskabel und Rolle. Die Berufung ist zulässig.

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz - als nunmehr belangte Behörde - hat die Berufung samt Verfahrensakt, jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 16. Dezember 1992 vorgelegt. Dieser ist, obgleich der Spruch nur eine vermeintlich, (allenfalls nur für Ortskundige) eindeutige örtliche Zuordnung der Beschlagnahme enthält (es fehlt die Angabe der Gemeinde), als Berufungsbehörde gegen den bekämpften verfahrensrechtlichen Bescheid deswegen auch örtlich zuständig, weil der gemäß § 51 Abs.1 VStG (hier: in sinngemäßer Anwendung) die Zuständigkeit bestimmende Beschlagnahmeort in Beachtung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH vom 16.10.1991, G 187/91-10 uaZ.) wenigstens aus der Bescheidbegründung (arg.: "Polizeiposten Kleinmünchen") eruiert werden kann.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den (nicht im Original vorgelegten) Verfahrensakt der belangten Behörde zu Zl. 501/S-4020/92. Schon daraus war ersichtlich, daß der angefochtene Bescheid - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 39 Abs.1 VStG kann, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die als Strafe der Verfall von Gegenständen vorgesehen ist, die für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens sachlich und örtlich zuständige Behörde in einem (verfahrensrechtlichen) Bescheid zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen. Die Beschlagnahme ist daher nur zulässig, wenn 1. der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, die 2. nach der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift mit der Strafe des Verfalls bedroht ist und 3. die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls offenkundig notwendig ist (zB. VwGH v.25.5.1983, 83/01/0103).

Gegen den die Beschlagnahme anordnenden Bescheid steht dem betroffenen Verfügungsberechtigten in sinngemäßer Anwendung des § 51 VStG Berufung an den örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat zu; die Berufung hat aber gemäß § 39 Abs.6 VStG keine aufschiebende Wirkung.

5.2. § 68 Abs.3 der O.ö.Bauordnung ist eine solche, von § 39 Abs.1 VStG vorausgesetzte und im vorliegenden Fall in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift. Sie ermächtigt die Strafbehörde dazu, bei einer, nach durchgeführtem Verwaltungsstrafverfahren feststehenden Übertretung gemäß § 68 Abs.1 lit. b O.ö.BauO. (belangvoll hier: als Bauherr oder Bauführer Ausführung eines bewilligungspflichtigen Bauvorhabens ohne rechtskräftige Baubewilligung), den Verfall solcher Baustoffe, Werkzeuge und Baueinrichtungen auszusprechen, die bei der strafbaren Handlung verwendet wurden oder am Ort der Bauführung für die strafbare Bauausführung bereitgestellt waren.

5.3. Der Spruch des bekämpften Beschlagnahmebescheides enthält sich der ausdrücklichen Aussage darüber, welcher von der Beschlagnahmebehörde als vorliegend angenommene Verdacht welcher Verwaltungsübertretung voraussetzungsgemäß die Beschlagnahme überhaupt veranlaßt hat. Das bloße Paragraphenzitat des § 68 Abs.3 der O.ö.Bauordnung genügt nicht. Der die Beschlagnahme veranlassende Verdacht einer Verwaltungsübertretung ist aus Gründen des Rechtschutzes als solcher konkret im Spruch festzuhalten. Indem dies der Spruch unterläßt, beschneidet er den Verfügungsberechtigten in seinen Möglichkeiten der Gegenwehr. So hätte der Spruch bestimmt anzuführen gehabt, welchen der beiden alternativen Tatbestände des § 68 Abs.1 lit.b erster Satzteil O.ö.BauO. die belangte Behörde den Berufungswerber verdächtigt, verwirklicht zu haben. Aber auch den Ausspruch, daß die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalls geboten (gewesen) ist, enthält der Spruch nicht.

5.3.1. Der Spruch eines Beschlagnahmebescheides mit einem derart verkürzten Inhalt ist dem Spruchtorso eines Straferkenntnisses vergleichbar, der nichts anderes enthält als den Ausspruch der Strafe, aber entgegen der Vorschrift des § 44a Z.1 VStG verschweigt, welche als erwiesen angenommene Tat überhaupt zur Bestrafung geführt hat. In dieser rudimentären Formulierung ist der Spruch des bekämpften Beschlagnahmebescheides gesetzwidrig, weil er immerhin zwei der rechtserheblichen Tatbildmerkmale ermangelt (s. VwGH vom 21.4.1971, 1139/79). Dieser Spruch greift darüberhinaus aber auch in die grundrechtlich geschützte Rechtssphäre des Berufungswerbers deswegen ein, weil er ihn als Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände in seiner Verfügungsmacht über eben diese Gegenstände in einer Weise einschränkt, die mit dem grundrechtlich verbürgten Eigentumsschutz unvereinbar ist. Ein so formulierter, ausdrücklich auf § 39 Abs.1 VStG gestützter Beschlagnahmeausspruch unterstellt eben dadurch dieser Gesetzesermächtigung, würde sie demgemäß eine Beschlagnahme ohne Angabe des Grundes und ihrer Notwendigkeit ermöglichen, einen verfassungswidrigen Inhalt (idS. vergleichbar: VfGH vom 27.9.1988, B 159/88).

5.3.2. Daß in der Begründung des angefochtenen Beschlagnahmebescheides die - aus der Sicht des Verfügungsberechtigten gleichwohl nicht sehr konkrete Bezugnahme zu § 68 Abs.3 und § 68 Abs.1 lit.b der O.ö.Bauordnung hergestellt ist, heilt die Rechtswidrigkeit des Spruchs nicht. Über Grund und Notwendigkeit der Beschlagnahme muß mit Normqualität, somit schon im Bescheidspruch selbst abgesprochen sein.

5.3.3. Im Schlußsatz der Begründung hält die belangte Behörde zusammenfassend fest, daß "die Voraussetzungen für ein Vorgehen gemäß § 39 VStG gegeben" gewesen seien. Tatsächlich jedoch trifft die Begründung über die Notwendigkeit der Beschlagnahme keinerlei Aussage. Weder aus dieser Begründung noch sonst aus einer Urkunde des Aktes, soweit er vorgelegt wurde, geht hervor, daß dem Berufungswerber im Zusammenhang mit der ihm (als den Verdacht einer Übertretung der O.ö.Bauordnung begründend) vorgeworfenen Tathandlung der eben deswegen möglicherweise drohende Verfall des Werkzeuges vorgehalten worden wäre, etwa in der Absicht und Hoffnung der an Ort und Stelle einschreitenden Aufsichtsorgane, den Berufungswerber durch einen solchen Vorhalt zur sofortigen Einstellung der beobachteten, vermeintlich strafwürdigen Tätigkeit bewegen zu können. Auch die aus dem Akt ersichtlichen Anweisungen des Baurechtsamtes lassen nicht erkennen, daß der tatverdächtigte Berufungswerber vor der Beschlagnahme mit dem Vorhalt eines u.U. möglichen bzw. drohenden Verfalls konfrontiert worden wäre.

5.3.4. Dies berücksichtigend ist für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates als maßgeblich festzustellen: Weder ein direkter noch ein indirekter Hinweis deutet darauf hin, daß der Berufungswerber aktuell vorgehabt hätte, allenfalls verfallsbedrohte Gegenstände beseitigen und dadurch Verfallsmaßnahmen vereiteln zu wollen. Nur aber dann, wenn das Ermittlungsverfahren ausreichende Indizien auf eine nicht nur abstrakt zu befürchtende Beseitigungs- bzw. Vereitelungsgefahr erbracht hätte, hätte davon ausgegangen werden dürfen, daß die Beschlagnahme "zur Sicherung des Verfalls" (und zwar ausschließlich dafür; nicht also nur zur indirekten Erzwingung der Beachtung baupolizeilicher Anordnungen) notwendig ist. Nach der Aktenlage ist somit die Annahme einer derartigen, die bescheidförmige Beschlagnahme rechtfertigenden Beseitigungs- bzw. Verteilungsgefahr weder dokumentiert, noch wäre eine solche Annahme berechtigt gewesen. In diesem Sinne ist nicht einmal ein Anhaltspunkt dafür hervorgekommen, daß die für die am 13. Oktober 1992 durchgeführte vorläufige Beschlagnahme gemäß § 39 Abs.2 VStG vorauszusetzen gewesene "Gefahr in Verzug" (u.zw. als Befürchtung, daß sonst eine behördliche Anordnung der Beschlagnahme zu spät käme, s. Kurt RINGHOFER, Verwaltungsverfahren II, Manz 1992, Seite 348, Anm.5) gegeben war.

6. Im Ergebnis war der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Beschlagnahmebescheid wegen Rechtswidrigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich, auf die Fragestellung näher einzugehen, ob der Berufungswerber überhaupt Adressat des Beschlagnahmebescheides hätte sein dürfen, weil er nach seiner Darstellung weder Bauherr noch Bauführer (gewesen) sei. Tatsächlich könnte lediglich aus der Bescheidbegründung günstigenfalls erschlossen werden, daß die belangte Behörde den Berufungswerber - wenn schon nicht als Bauherr, so doch wenigstens - als Bauführer angesehen hat. Ob aber die belangte Behörde die Bauführer-Eigenschaft im Sinne des Rechtsbegriffs des § 54 O.ö.BauO. (der allein für die Erfüllung des damit übereinstimmenden Tatbestandsmerkmals im § 68 Abs.1 lit.b, erster Satzteil zweite Alternative O.ö.BauO. heranzuziehen gewesen wäre) im Auge gehabt und als gegeben angenommen oder diesbezüglich irgendwelche Ermittlungen gepflogen hat, geht aus dem vorgelegten Akt nicht hervor.

7. Die Veranlassung der unverzüglichen Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände obliegt der belangten Behörde.

8. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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