Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210039/2/Ga/Hm

Linz, 20.11.1992

VwSen - 210039/2/Ga/Hm Linz, am 20.November 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J, gegen das wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 29. Oktober 1992, Zl. Ge96-2749-1992/Sb, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und die Geldstrafe auf 2.500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 250 S, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 19, § 51 und § 51e Abs.2 VStG.

Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG. Entscheidungsgründe:

Zu I.

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem eingangs zitierten Straferkenntnis den Berufungswerber für schuldig erkannt, "seit Anfang Juli 1992 gefährliche Abfälle und zwar Autowracks, Ersatzteile, etc. beim Haus Mitterweißenbach 57 im Gemeindegebiet von Bad Ischl direkt neben der Salzkammergut-Bundesstraße sohin außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen abgelagert" zu haben; dadurch habe er § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit. b Z.20 (richtig wohl: Z.10) des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl.Nr. 325/1990, verletzt und deswegen eine Verwaltungsübertretung begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen verhängt wurde; außerdem wurde er zur Zahlung eines Beitrages von 500 S zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

1.2. Gegen dieses dem Beschuldigten am 3. November 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 4. November 1992 - und damit rechtzeitig - mündlich eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis geht die belangte Behörde davon aus, daß das von ihr durchgeführte ordentliche Verfahren eine im Sinne des § 17 Abs.1 des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen erfolgte und deshalb unzulässige Ablagerung von gefährlichen Abfällen nachgewiesen habe. Zur Strafbemessung führt die belangte Behörde an, daß die Geldstrafe dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat entspreche und in der verhängten Höhe deswegen angemessen sei, weil durch die unzulässige Ablagerung die Gefahr einer Grundwasserverunreinigung bestanden habe; bei der Strafbemessung seien auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bedacht worden; Milderungs- und Erschwerungsgründe seien nicht vorgelegen.

2.2. Demgegenüber bringt der Berufungswerber vor, daß er zu hoch bestraft worden sei. Er habe nämlich keinerlei Einkommen und Vermögen und zudem eine Reihe von Sorgepflichten; außerdem hätte er die Autowracks ohnehin bis auf eines abtransportieren lassen wollen. "In Anbetracht dieser Umstände" ersucht der Berufungswerber um "maßgebliche" Milderung der Strafe. Er richtet sein Rechtsmittel somit nur gegen das Strafausmaß und beantragt die verhängte Strafe zumindest auf die Hälfte herabzusetzen.

3. Die belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der dadurch im Grunde des § 51 Abs.1 VStG zuständig wurde. Er entscheidet gemäß § 51c VStG in diesem Fall durch (nur) eines seiner Mitglieder.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Vorweg wird festgehalten, daß - weil sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet - das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden ist und somit für den unabhängigen Verwaltungssenat keine rechtliche Möglichkeit mehr besteht, diesbezüglich korrigierend einzugreifen. Dies wäre im vorliegenden Fall deswegen notwendig und für den Berufungswerber zielführend gewesen, weil der Schuldspruch des Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht und dieser Mangel auch schon der ersten Verfolgungshandlung (das ist die - vom Berufungswerber schließlich beeinspruchte - Strafverfügung vom 1. Oktober 1992) anhaftet. Vor dem Hintergrund der in diesem Fall heranzuziehenden Bestimmungen des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzes und der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs.2 VStG einerseits und zu § 44a VStG andererseits (s.

diesbezüglich zuletzt das die ständige Rechtsprechung in Erinnerung rufende Erk. vom 10.6.1992, 92/04/0055) ist der, freilich wegen "Verbrauchs des Klagerechts" insoweit rechtskräftig gewordene Schuldspruch des Straferkenntnisses mit folgenden Rechtswidrigkeiten belastet:

Es wird keine bestimmte Tatzeit vorgeworfen: Wenn mit der Wendung "seit Anfang Juli 1992" der Beginn eines Zeitraumes beschrieben werden sollte, so ist dies als Bezeichnung des Anfanges des Zeitraumes allein schon zu unbestimmt; darüber hinaus fehlt jedoch auch die Bezeichnung des Endes des Zeitraumes, über den das vorgeworfene strafbare Verhalten aufrecht gehalten worden sein soll (zB. VwGH vom 28.5.1991, 90/04/0354).

Den Bestimmtheitsanforderungen des § 44a Z.1 VStG genügt eine generalisierende Anführung von "Autowracks" schon deswegen nicht, weil die Besonderheit der verfassungsrechtlichen Kompetenzlage im Abfallwesen mit den deswegen nebeneinander bestehenden Abfallgesetzen des Bundes und (auch) des Landes Oberösterreich jedenfalls unter Verhältnissen, wie sie im vorliegenden Fall an die belangte Behörde herangetragen wurden, die Durchführung eines auf eine trennscharfe Unterscheidung in gefährliche und in sogenannte nicht gefährliche Abfälle gerichteten ordentlichen Ermittlungsverfahrens erfordert. Nun hat sich im Ermittlungsverfahren der Berufungswerber gerade damit verantwortet, daß sich "in den Fahrzeugen keine Batterien mehr befinden und das Öl zum Teil bereits abgelassen" wurde. Im Hinblick auf diese Verantwortung hätte die belangte Behörde amtswegig zu ermitteln gehabt, welche der vorgefundenen Autowracks aus diesem nach dem (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetz geführten Verwaltungsstrafverfahren auszuscheiden und - unter der Voraussetzung, daß es sich überhaupt um Abfälle handelt - der Bestimmung des § 2 Abs.7 Z. 7 des O.ö.Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu unterstellen sind (dh. daß auf Autowracks in dieser Qualifikation die Verordnung BGBl.Nr. 49/1991 und die durch diese Bundesvorschrift für verbindlich erklärte ÖNORM S 2101 gerade nicht anzuwenden sind; vergleiche auch den Bericht des Ausschusses für Umwelt-, Bau- und Straßenangelegenheiten, Beilage 411/1990 zum kurzschriftlichen Bericht des O.ö.Landtages, XXIII. GP, Seite 3, rechte Spalte oben). Die demgemäß für einen Schuldspruch nach dem (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetz als maßgebend heranzuziehenden Tatbestandselemente hätten jedenfalls nach der in dieser Hinsicht strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - im einzelnen detailliert in den spruchgemäßen Tatvorwurf Aufnahme finden müssen.

Die vorstehenden Bemerkungen gelten sinngemäß für die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten "Ersatzteile", weil auch bewegliche Sachen dieser Art - als Abfälle - grundsätzlich entweder von dem einen oder von dem anderen abfallrechtlichen Regelungskreis erfaßt sein können.

Schließlich bedarf es keiner näheren Ausführung, daß nach dem Gesagten (angebliche) Abfälle, die im Spruch lediglich mit "etc." umschrieben sind, den Bestimmtheitsanforderungen des § 44a Z.1 VStG selbstverständlich nicht genügen können.

Zuletzt ist auch die im Schuldspruch ausschließlich vorgeworfene Ablagerung (im Rechtsinne einer dauernden Deponierung) entgegen der Darlegung in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses durch kein Beweisergebnis erhärtet. Dies, obwohl der Berufungswerber von Anfang an (vgl. den Erhebungsbericht des GPK Bad Ischl vom 9. September 1992) die (bloß vorübergehende) Lagerung eines Großteils der inkriminierten Gegenstände eingewendet hatte. Allenfalls nur gelagerte gefährliche Abfälle wären jedoch dem Tatbestand des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG gar nicht zu unterstellen gewesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat verkennt nicht, daß gerade in Verwaltungsstrafverfahren nach den Abfallwirtschaftsgesetzen wegen der Notwendigkeit einer scharfen Trennlinie zwischen gefährlichem und sogenannten nicht gefährlichem Abfall die Durchführung von ordentlichen Ermittlungsverfahren für die Strafbehörden in nicht wenigen Fällen schwierig und mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Dies jedoch ist aus rechtsstaatlicher Sicht dann in Kauf zu nehmen, wenn nur ein zielgerichtetes Beweisverfahren Klarheit darüber verschafft, in welchem abfallrechtlichen Vollzugsbereich die Strafverfolgungsbehörde überhaupt tätig zu werden hat. Auf den vorliegenden Fall umgelegt heißt das, daß dem Berufungswerber im Ergebnis möglicherweise (auch) der Vorwurf einer ganz anderen Verwaltungsübertretung, nämlich einer solchen nach dem O.ö.Abfallwirtschaftsgesetz 1990 zu machen gewesen wäre.

Im vorliegenden Verfahren ist freilich, wie schon aufgezeigt, der an sich rechtswidrige Schuldspruch wegen der nur gegen die Höhe der Strafe gerichteten Berufung in Rechtskraft erwachsen. Allein die verhängte Strafe und die bei der Strafbemessung der belangten Behörde maßgeblichen Erwägungen sind Sache des vom unabhängigen Verwaltungssenat zu führenden Verfahrens.

4.2. Der Strafbehörde obliegt es auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2.1. Die belangte Behörde hat auf Seite 3 der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses zwar den Unrechtsgehalt der Tat bewertet, über das dem Berufungswerber vorgeworfene Ausmaß des Verschuldens gibt jedoch das bekämpfte Straferkenntnis keine Auskunft, jedenfalls nicht mit der unter dem Blickwinkel des Rechtschutzes gebotenen Klarheit. Offenbar aber hat die belangte Behörde die Schuldform zumindest der - in diesem Fall für eine Bestrafung genügenden - Fahrlässigkeit angenommen. Der Vorwurf einer Wissentlichkeit oder gar Absichtlichkeit wird nicht gemacht. Nach dem Akteninhalt ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie das Vorliegen von Erschwerungsgründen verneint hat. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde liegen jedoch Milderungsgründe vor. So hat der Beschuldigte schon am 9. September 1992 gegenüber den erhebenden Gendamerieorganen seine (in der Berufung bekräftigte) Absicht erklärt, daß er die Wracks ohnehin von seinem Grundstück entfernen lassen wird (ein Auftrag gemäß § 32 Abs.1 AWG ist dem Berufungswerber offenbar nicht erteilt worden). In der Erklärung der festen Absicht einer Schadenswiedergutmachung bzw. einer Folgenverhinderung kann ein dem § 34 Z.15 StGB vergleichbarer besonderer Milderungsgrund gesehen werden. Des weiteren ist zu beachten, daß nach der Aktenlage der Berufungswerber nicht nur die relative, sondern auch die absolute verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit für sich beanspruchen kann. Dies spricht für die Annahme eines dem § 34 Z.2 StGB vergleichbaren besonderen Milderungsgrund. Und schließlich sind, entgegen der Darstellung in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers nicht wirklich berücksichtigt worden. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates spricht jedoch nichts dagegen, die offenbar nicht gerade rosigen Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers und seine - von der belangten Behörde nicht bestrittene Sorgepflicht für vier Kinder und eine Lebensgefährtin als weiteren besonderen Milderungsgrund zu berücksichtigen. Zusammenfassend überwiegen somit die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, sodaß die gesetzliche Voraussetzung für die außerordentliche Milderung der Strafe erfüllt ist. Deswegen war - gemäß § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - der beantragten Herabsetzung der verhängten Strafe stattzugeben. Die nunmehr verhängte Strafe ist zugleich die unter Anwendung des § 20 VStG in diesem Fall mindestmögliche Geldstrafe.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner Ergeht an: 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum