Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210048/2/Ga/Ka

Linz, 12.02.1993

VwSen - 210048/2/Ga/Ka Linz, am 12.Februar 1993 DVR.0690392 - &

B e s c h l u ß

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner zur Berufung des Dipl.-Ing. R, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Wels (als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 22. Oktober 1992, GZ. MA 11-BauR-1296-1992b Schm/Ru, beschlossen:

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm §§ 24, 32 Abs.1, 46 Abs.2, 51 Abs.1 und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52.

Begründung:

1.1. Mit der eingangs zitierten, mit dem Ausdruck "Straferkenntnis" überschriebenen Erledigung hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wels wegen einer Verwaltungsübertretung nach der O.ö Bauordnung eine Geldstrafe von 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) verhängt und die Verpflichtung zur Zahlung eines Beitrages von 600 S zu den Kosten des Strafverfahrens ausgesprochen.

1.2. Gegen dieses "Straferkenntnis" wendet sich die mit Schriftsatz vom 10. November 1992 bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung.

2. Der Bürgermeister der Stadtgemeinde Wels hat - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Ihm obliegt wegen seiner grundsätzlichen Zuständigkeit als Berufungsbehörde im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG auch die Prüfung der Zulässigkeit der vorgelegten Berufung.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde zu GZ. MA 11-BauR-1296-1992b Schm/U und über die Zulässigkeit der Berufung erwogen:

3.2. Das bekämpfte "Straferkenntnis" besteht aus Bezeichnung der Behörde, Überschrift und Einleitung, Spruch, Begründung, Rechtsmittelbelehrung und Genehmigung (Beglaubigungsvermerk). Wer Objekt des durchgeführten und mit diesem "Straferkenntnis" offenbar abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens ist bzw. gegen wen sich der Tatvorwurf und der Strafausspruch richten, kann diesem "Straferkenntnis" nicht entnommen werden.

3.3. Dies rügt der Berufungswerber, indem er als Beschwerdepunkt (ua) den Vorwurf der Nichtigkeit erhebt und diesbezüglich begründend ausführt, daß ein Bescheidadressat fehle. Zwar sei davon auszugehen, daß als Bescheidadressat der Berufungswerber "gemeint sein kann", zumal die Zustellung zu eigenen Handen verfügt worden sei, der Bescheid selbst jedoch führe jedenfalls den Adressaten nicht an.

Im Ergebnis ist der Berufungswerber, der im übrigen auch die Aufhebung des "Straferkennntisses" beantragt, mit diesem Vorbringen aus folgenden Gründen im Recht:

3.3.1. Aus einem verwaltungsbehördlichen Bescheid muß hervorgehen, an wen er sich richtet, weil jede individuelle Norm an eine bestimmte Person gerichtet sein muß. Der Adressat der Norm kann sich aus der "Anschrift" des Bescheides, aus dem Spruch oder aus der Zustellverfügung ergeben (vgl Walter-Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrensrechts 5, Manz Wien 1991, RZ 411/1, mit den dort angeführten Fundstellen höchstgerichtlicher Entscheidungen). Das bekämpfte "Straferkenntnis" enthält weder eine Anschrift, noch eine Zustellverfügung; der Spruch selbst nennt seinen Adressaten auch nicht. Somit geht insgesamt aus dem "Straferkenntnis" nicht hervor, welche individuelle, natürliche Rechtsperson Adressat des behördlichen Schriftsatzes vom 22. Oktober 1992 ist.

3.3.2. Daß (nur) das Zustellkuvert, wie hier, einen Adressaten, nämlich den Berufungswerber, ausweist, ist für die Individualisierung eines Verwaltungsaktes ohne Belang, weil das Zustellkuvert von der Zustellverfügung zu unterscheiden ist. Diese muß als behördlicher Akt vom Hoheitswillen des normerlassenden Verwaltungsorgans mitumfaßt sein, jenes ist als Bestandteil des technischen Zustellvorgangs lediglich die Ausführung der Zustellverfügung. Fehlt die Zustellverfügung und fehlt daher, weil das Straferkenntnis auch sonst diesbezüglich nichts enthält, der Normadressat, so kann dieses Essentiale nicht im Wege der bloßen Adressaten-Nennung auf einem postalischen Zustellkuvert substituiert werden.

3.3.3. Vorliegend handelt es sich auch nicht um einen Zustellmangel, dem im Sinne des § 7 des Zustellgesetzes eine Heilung angediehen wäre. Eine Heilung nach dieser Gesetzesvorschrift kommt nämlich von vornherein nur dann in Betracht, wenn das Schriftstück (hier das "Straferkenntnis") der Person zukommt, für die es nach der Zustellverfügung - nicht nach seinem Inhalt - bestimmt ist (vgl zB VwGH vom 20.3.1986, 85/07/0307).

3.3.4. Judikatur und herrschende Literatur werten das Fehlen eines Adressaten der Norm (auf Bescheidebene) als solchen wesentlichen Fehler, der zur absoluten Nichtigkeit des "Bescheides" führt , somit also bewirkt, daß ein Bescheid überhaupt nicht vorliegt und deshalb als solcher inhaltlich auch nicht überprüft werden kann. Ein derartiger wesentlicher Fehler liegt bereits außerhalb des von der Verfahrensrechtsordnung noch tolerierten Fehlerkalküls (vgl in diesem Sinn: Mayer-Walter 5, RZ 440 und 447). Nichts anderes gilt für ein dem Bereich des Verwaltungsstrafrechts zuzuordnendes "Straferkenntnis".

3.4. Als Ergebnis ist festzuhalten: Die vom Berufungswerber bekämpfte Erledigung der belangten Behörde vom 22. Oktober 1992 enthält keinen Adressaten. Dies ist ein wesentlicher Fehler, der von vornherein diesem Schriftsatz die Qualität als individueller Hoheitsakt gar nicht zukommen ließ; es liegt kein bekämpfbares Straferkenntnis im Sinne des § 46 Abs.1 und Abs.2 VStG vor. Es kann daher auch nicht der Berufungswerber das ihm als Beschuldigten prinzipiell zustehende ordentliche Rechtsmittel der Berufung einlegen, weil er als Beschuldigter nicht normmäßig individualisiert worden ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hatte daher die eingangs bezeichnete Berufung als unzulässig deswegen zurückzuweisen, weil in diesem Fall weder ein Straferkenntnis, noch ein zur Erhebung eines ordentlichen Rechtsmittels berechtigter Beschuldigter gegeben sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner 6

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