Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210060/2/Ga/La

Linz, 24.05.1993

VwSen - 210060/2/Ga/La Linz, am 24. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des A, gegen das wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 8. Februar 1993, Zl. Ge-96/143/1992/Gru, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und die Geldstrafe auf 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 300 S, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 20, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs.3 AWG schuldig erkannt, weil er in seinem Betrieb in H, angefallenes Altöl in der Zeit vom 8. Februar 1992 bis 27. Juli 1992 nicht entsorgt und dadurch die Jahresfrist für die regelmäßige Entsorgung des angefallenen Altöls überschritten habe (die letzte ordnungsgemäße Entsorgung habe am 8. Februar 1991 stattgefunden); deswegen wurde über ihn gemäß § 39 Abs.1 lit.b Z11 AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 500 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitig bei der Strafbehörde durch Schriftsatz eingebrachte Berufung.

2.1. Begründend verweist die Strafbehörde darauf, daß der Beschuldigte die Rechtfertigungsmöglichkeit im Ermittlungsverfahren nicht nützte. Daß der Berufungswerber die Vorschrift des § 17 Abs.3 AWG nicht eingehalten habe, stehe "auf Grund der Überprüfung durch das Amt der O.ö. Landesregiergung, Umweltrechtsabteilung," fest. Bei der Strafbemessung habe sie die Grundsätze des § 19 VStG angewendet; dabei seien weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen gewesen. Im Hinblick auf sämtliche Umstände dieses Falles habe die Mindeststrafe verhängt werden können.

2.2. Der Berufungswerber bestreitet nicht, die Frist ("um sechs Monate") versäumt zu haben. Er verweist jedoch darauf, daß in seinem Betrieb das Altöl ordnungsgemäß "gesammelt" werde. Der Altölanfall sei in seinem Kleinbetrieb (drei Arbeitskräfte) nicht sehr groß, sodaß er einer regelmäßigen, jährlichen Abfuhr nicht so großen Wert beigemessen habe und aus wirtschaftlichen Gründen zuwarten wollte, bis eine größere Menge Altöl für die Entsorgung angefallen ist. Dadurch habe er wohl die Frist um knapp sechs Monate versäumt, es sei jedoch dadurch nicht der geringste Schaden und auch keine Umweltbelastung entstanden. Auch habe er das in seinem Besitz befindliche Altöl (1.500 kg) gleich nach der Beanstandung ordnungsgemäß entsorgt. Der Berufungswerber macht schließlich geltend, daß die Versäumung der Möglichkeit zur Rechtfertigung im Ermittlungsverfahren nicht an ihm gelegen sei; vielmehr sei er sehr wohl der Vorladung gefolgt, es sei jedoch der zuständige Beamte zum festgesetzten Zeitpunkt nicht anwesend gewesen und ein neuerlicher Termin sei ihm nicht gewährt worden.

Auf dieses Vorbringen gestützt, ersucht der Berufungswerber um Nachlaß der Strafe.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c VStG durch (nur) eines seiner Mitglieder; er hat über die - zulässige - Berufung, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt der belangten Behörde zu Zl. Ge-96/143/1992/Gru, erwogen:

4.1. Der Berufungswerber bestreitet mit seinem Vorbringen weder die ihm angelastete Gesetzesübertretung, noch behauptet er seine Schuldlosigkeit. Er wendet sich allein gegen die Schwere der Strafwürdigkeit seiner Unterlassung, wie sie in der Höhe der verhängten Geldstrafe zum Ausdruck kommt. Weil die Berufung sich somit nur gegen die Strafhöhe richtet, ist das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden. Die gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) für den unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorliegende "Sache" ist nur die Höhe der verhängten Geldstrafe bzw. die Frage, ob die belangte Behörde bei der Bemessung der Strafe rechtmäßig vorgegangen ist.

4.2. Der Strafbehörde obliegt es, auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört stets die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.2.1. Entgegen der Vorschrift des § 60 AVG (iVm § 24 VStG) stellt die belangte Behörde in ihrer Begründung nicht dar, wie sie den Unrechtsgehalt der Tat bewertet. Sie hat aber auch dem Vorbringen des Berufungswerbers, wonach durch seine Unterlassung keinerlei Schaden und auch keine Umweltbelastung entstanden wäre, nicht widersprochen. Tatsächlich ist ein Schaden und sind sonst nachteilige Folgen im Ermittlungsverfahren aktenkundig nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber übersieht jedoch, daß das vom Bundes-Abfallwirtschaftsgesetzgeber festgeschriebene öffentliche Interesse an einer geordneten und deswegen Gefahren für Umwelt und Menschen von vornherein vermeidenden Entsorgung des Altöls durch seine immerhin fast sechsmonatige Überschreitung des vorgeschriebenen Entsorgungsintervalls in einem Ausmaß verletzt worden ist, das - schon aus generalpräventiven Gesichtspunkten - nicht vernachläßigt werden darf. Vorliegend ist somit von dem Unrechtsgehalt auszugehen, der sich - in diesem nicht unbeachtlichen Ausmaß - aus der Verletzung der Ordnungsvorschrift des § 17 Abs.3 AWG im Verhältnis zu jenen Mitbewerbern des Beschuldigten, die sich an diese Vorschrift gehalten haben, ergibt.

4.2.2. Auch hinsichtlich des dem Berufungswerber vorgeworfenen Ausmaßes seines Verschuldens gibt das bekämpfte Straferkenntnis keine Auskunft. Es kann nur vermutet werden, daß die belangte Behörde - zutreffend vom Deliktstypus des sogenannten Ungehorsamsdelikts ausgegangen ist und gemäß § 5 Abs.1 VStG in bloßem Zuwiderhandeln des Berufungswerbers gegen die Ordnungsvorschrift Fahrlässigkeitsverschulden angenommen hat. Tatsächlich ist nichts hervorgekommen, was für eine über die bloße (allenfalls grobe) Sorgfaltspflichtverletzung hinausgehende Verschuldensform spräche.

4.3. Der Berufungswerber ist mit der hier gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe bestraft worden. Diese kann gemäß § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

Ein Anwendungsfall dieses außerordentlichen Milderungsrechtes liegt hier vor. Entgegen der Darstellung der belangten Behörde in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses hätten zugunsten des Berufungswerbers Milderungsgründe berücksichtigt werden müssen. So geht aus der Aktenlage hervor, daß der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Tat verwaltungsstrafrechtlich unbescholten gewesen ist und die Übertretung mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (vgl. die im Akt einliegende Auskunft des Bürgermeisters der Marktgemeinde Putzleinsdorf vom 14. Dezember 1992). Dies hätte die belangte Behörde veranlassen müssen, den Milderungsgrund des § 34 Z2 StGB anzunehmen. Wenn weiters der Berufungswerber angibt, daß er der jährlichen Abfuhr des angefallenen Altöls deswegen nicht so großen Wert beigemessen habe, weil in seinem Kleinbetrieb der Altölanfall nicht sehr groß sei und er daher aus Gründen der Wirtschaftlichkeit zuwarten wollte, bis eine größere Menge angefallen ist, so ist es denkmöglich und gerechtfertigt, in dieser Darstellung den Milderungsgrund der Tatbegehung aus bloßer Unbesonnenheit (§ 34 Z7 StGB) zu sehen. Und schließlich hat die belangte Behörde übersehen, als Milderungsgrund zu werten, daß der Berufungswerber trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat (§ 34 Z13 StGB). Nicht als Milderungsgrund hingegen ist zu werten, daß der Berufungswerber immerhin nur zwei Wochen nach der Überprüfung seines Betriebes durch Organe der zuständigen Aufsichtsbehörde das bis dahin in seinem Betrieb (in einem einwandfreien Tank) gelagerte Altöl ordnungsgemäß durch ein befugtes Unternehmen entsorgen hat lassen. Mit dieser Vorgangsweise hat er lediglich die ihm durch Gesetz aufgetragene Pflicht - verspätet - erfüllt. Gleichfalls nicht als Milderungsgrund ist zu werten, daß im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde die Vernehmung des Berufungswerbers zur Rechtfertigung glaublich nur deswegen nicht stattgefunden hatte, weil (von der belangten Behörde nicht bestritten) der in diesem Fall zuständige Sachbearbeiter zum festgesetzten Vernehmungszeitpunkt nicht anwesend gewesen und ein neuer Vernehmungstermin nicht vereinbart worden ist. In dieser Vorgangsweise ist jedoch, weil gegen die Vorschrift des § 40 Abs.1 VStG verstoßend, ein erheblicher Verfahrensmangel zu sehen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß schon die belangte Behörde bei Wahrung des festgesetzten oder eines neuen Vernehmungstermines zur Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes gemäß § 20 VStG kommen hätte können.

4.4. Ein Erschwerungsgrund ist auch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht hervorgekommen. Im Ergebnis überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich.

4.5. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Berufungswerber mit seinem Einwand gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe deswegen im Recht ist, weil trotz Vorliegens der Voraussetzungen die außerordentliche Strafmilderung nicht angewendet worden ist.

4.6. Vorliegend ist für die Neufestsetzung der zu verhängenden Geldstrafe von der Hälfte der Mindeststrafe, das sind 2.500 S, auszugehen. Die nun - ohne daß gemäß § 51e Abs.2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen gewesen wäre verhängte Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S erfüllt die Strafzwecke, weil neben generalpräventiven Gesichtspunkten auch die objektiv verhältnismäßig lange Zeitdauer des Ordnungsverstoßes (immerhin nahezu die Hälfte des gesetzlich festgelegten Entsorgungsintervalls) zu berücksichtigen gewesen ist. Die Bezahlung dieser Geldstrafe ist dem Berufungswerber auch bei unveränderten Bestand seiner vier Sorgepflichten zumutbar. Die Ersatzfreiheitsstrafe war deswegen herabzusetzen, um das Verhältnis zwischen ihr und der nun geminderten Geldstrafe zu wahren.

5. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates wäre der vorliegende Fall nicht zuletzt in Anbetracht des ohne Gegendarstellung gebliebenen Vorhalts der unbegründeten Verweigerung eines festgesetzen Vernehmungstermines durch die belangte Behörde für eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG ersichtlich geeignet gewesen.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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