Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210062/2/Ga/La

Linz, 10.05.1994

VwSen-210062/2/Ga/La Linz, am 10. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Mag. H S, vertreten durch Dr. B B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. Jänner 1993, Zl. 501/0-26/91(g)-Str, wegen Übertretung der O.ö. Bauordnung - O.ö. BauO, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 44a Z1 und Z2, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist der Berufungswerber einer Übertretung des § 68 Abs.1 lit.b iVm § 53 Abs.2 lit.a und § 41 Abs.1 lit.a O.ö. BauO schuldig gesprochen worden.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Berufungswerber sei Vorstandsmitglied der R Oberösterreich reg. Gen.m.b.H., mit dem Sitz in L, solches müsse er als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener (verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich) dafür einstehen, daß von dieser Genossenschaft als Bauherr in der Zeit zwischen 13. Mai und 5. Juli 1991 beim Bauvorhaben "R, Zubau: Gangfläche 7. Obergeschoß" ohne rechtskräftige Baubewilligung von dem mit Bescheid des Magistrates Linz, Baurechtsamt, vom 10. Juni 1991, GZ 501/0-50/91, bewilligten Bauvorhaben abgewichen worden sei, indem auf die bestehende Dachkonstruktion über dem 6. Obergeschoß eine Tragkonstruktion (Stahlrahmenkonstruktion) aufgesetzt wurde, diese Tragkonstruktion mit Ytong-Wänden ausgemauert bzw.

unterteilt wurde und somit vier zusätzliche ca. 20 m 2 große Büroräume im Bereich des 7. Obergeschosses geschaffen wurden; diese Erweiterung mit ca. 90 m 2 zusätzlich verbauter Geschoßfläche weist eine lichte Raumhöhe von ca.

3 m und eine Geschoßhöhe von ca. 3,6 m auf und stelle eine Vergrößerung des bestehenden Gebäudes um ca. 360 m 2 (gemeint wohl: 360 m 3 ) umbauten Raum dar.

Deswegen wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Als wesentlichen Aspekt der Begründung führt das Straferkenntnis an:

"Unstrittig steht im vorliegenden Fall fest, daß abweichend von dem mit Bescheid vom 10.6.1991 genehmigten Bauvorhaben jene zusätzlichen Räumlichkeiten zur Ausführung gelangten, die Inhalt des ursprünglichen Bauansuchens vom 21.1.1991 waren. Durch diese über den Baukonsens hinausgehende, raumbildende Bauführung wurde im Bereich des 7.

Obergeschosses eine Vergrößerung dieser Gebäudeebene im Vergleich zum genehmigten Zustand bewirkt, womit aber der Tatbestand eines Zubaues im Sinne des § 41 Abs.2 lit. d OÖ.

Bauordnung erfüllt ist. Die gegenständliche Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben unterliegt somit einer Bewilligungspflicht gemäß § 53 Abs.2 lit. a i.V.m. § 41 Abs.1 lit. a OÖ. Bauordnung." (Hervorhebungen vom UVS.) 2. Die dagegen mit dem Vorwurf der Gesetzwidrigkeit des Straferkenntnisses begründet erhobene Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde ohne vorgängige Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung vorgelegt.

Der Berufungswerber beantragt die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses.

3. Zugleich mit der Berufung hat die belangte Behörde den Strafakt zu Zl. 501/0-26/91h vorgelegt. Die Einsichtnahme in den Strafakt liegt diesem Erkenntnis ebenso zugrunde wie die als notwendig erachtete Ergänzung des Ermittlungsverfahrens (§ 66 Abs.1 AVG iVm § 24 VStG) im Wege eines am 28. April 1994 vorgenommenen Augenscheins an Ort und Stelle.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Berufungswerber wendet Verjährung des Tatvorwurfs mit der Begründung ein, daß ihm die Gesetzesübertretung ursprünglich als "Generaldirektor" (gemeint wohl:

Generaldirektor-Stellvertreter) der R Oberösterreich reg. Gen.m.b.H. angelastet worden sei. Diese Anlastung sei jedoch rechtsirrig ("ein Unsinn") gewesen, weil er als Generaldirektor (gemeint wohl:

Generaldirektor-Stellvertreter) nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes Geschäftsleiter (gemeint wohl:

Geschäftsleiter-Stv.) der Bank, nicht aber Vertreter der R Oberösterreich reg. Gen.m.b.H. in Bausachen sei.

Auf sein diesbezügliches Vorbringen im Ermittlungsverfahren habe die belangte Behörde in der Weise reagiert, daß ihm nun im Schuldspruch des Straferkenntnisses die Tat "als Vorstandsmitglied" vorgeworfen werde. Daß er die Abweichung vom bewilligten Bauplan als Vorstandsmitglied zu vertreten habe, sei eben deswegen ein neuer Tatvorwurf, der jedoch im Hinblick auf den Zeitablauf schon verjährt wäre.

Mit diesem Vorbringen gewänne der Berufungswerber nichts für sich. Unstrittig ist nämlich, daß er tatsächlich Mitglied des Vorstandes der hier als Bauherr involvierten Genossenschaft ist, und daß ihn in dieser Funktion im Grunde des § 9 Abs.1 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für Verwaltungsübertretungen durch die genannte Genossenschaft trifft. Zwar erweist sich aus der Aktenlage die Richtigkeit des Faktums, wonach die belangte Behörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens einen Wechsel in der Bezeichnung der Funktion des Berufungswerbers vorgenommen hat. Dieser Bezeichnungswechsel ändert jedoch nichts daran, daß die Tat als solche immer ein und derselben (physischen) Person vorgeworfen worden ist. Davon ausgehend, zeigt ein Vergleich des Wortlautes der ersten Verfolgungshandlung (das ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10. September 1991) mit jenem des Schuldspruchs des bekämpften Straferkenntnisses, daß beide Tatvorwürfe in den wesentlichen Sachverhaltselementen ident sind. Einen "neuen Tatvorwurf", wie dies der Berufungswerber meint, hat das Straferkenntnis nicht erhoben. Daraus folgt, daß auch die eingewendete Verjährung nicht stattgefunden hat; die Bezeichnung der Funktion, in der hier der Berufungswerber für die Verwaltungsübertretung durch die Genossenschaft einzutreten hat, betrifft nur die rechtliche Qualifikation, ohne daß dadurch zweifelhaft geworden wäre, um welche konkret (individuell) bestimmte Person, die verjährungsunterbrechend in Verfolgung gezogen worden ist, es sich handelt (vgl. die bei K. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., Manz, Wien 1992, 299 f, angeführte Judikatur des VwGH). Hätte im übrigen nicht schon die belangte Behörde die Funktionsbezeichnung korrigiert, hätte der unabhängige Verwaltungssenat (im Bestätigungsfall) diese Richtigstellung vornehmen müssen, ohne daß dies als Verletzung seiner Sachbindung interpretierbar gewesen wäre.

4.2. Was das Berufungsvorbringen betrifft, es hätte deswegen, weil der Vorstand der R Oberösterreich reg. Gen.m.b.H. ein Kollegialorgan sei und daher nur dieses Kollegialorgan verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gemacht werden könne, der Tatvorwurf gar nicht an den Berufungswerber als einzelnes Vorstandsmitglied gerichtet werden dürfen, genügt der Verweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erk. vom 11.4.1980, 730/79, mV auf Slg.N.F.Nr.

5844/A), wonach dann, wenn die Vertretungsbefugnis einer juristischen Person einem Kollektivorgan übertragen ist, die Strafbestimmungen auch auf ein einzelnes Mitglied des Kollektivorgans anzuwenden sind. Da überdies auch kein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt gewesen ist, kann der belangten Behörde darin, daß sie im Ergebnis die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers bejaht hat, nicht entgegengetreten werden (vgl. auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 12.10.1993, 93/05/0219, die sinngemäß auch hier herangezogen werden können).

4.3. Der Berufungswerber macht schließlich geltend, daß deswegen, weil ein Bauführer beauftragt worden ist, der Vorstand von vornherein nicht für die hier gegenständliche Baulichkeit verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich gewesen sei. Mit diesem Vorbringen erliegt der Berufungswerber einer Fehldeutung von Aufgaben und Stellung des Bauführers, so wie diese vom Landesgesetzgeber im IV. Hauptstück der O.ö. BauO festgelegt sind. Danach ist schon aus dem Wortlaut des § 54 O.ö. BauO, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang nicht zweifelhaft, daß der Bauführer nur hinsichtlich jener Handlungen und Unterlassungen, die die Bauausführung als unternehmerische Erfüllung eines darauf gerichteten Auftrages (des Bauherrn) darstellen, in Pflicht genommen wird. In Übereinstimmung mit der belangten Behörde ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß sich aus keiner Bestimmung der O.ö. BauO ableiten läßt, daß eine dem Gesetz entsprechende Heranziehung eines Bauführers durch den Bauwerber, diesen (generell oder im Umfang der Heranziehung) von seinen im öffentlichen Interesse gelegenen Pflichten als Bauherr entbände und jenen in die Bauherrnrolle schlüpfen ließe. Aus dem Zusammenhang des § 54 mit § 43, § 49, § 56, § 57 und schließlich mit § 68 O.ö.

BauO ergibt sich insgesamt, daß die Beauftragung eines befugten Bauführers mit der Ausführung des Baus nicht zur Folge hat, daß damit die (hier allein angesprochene) verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Bauherrn, soweit sie ihn trifft, an den Bauführer delegiert würde. Der vom Berufungswerber herangezogene Vergleich mit der Rechtsfigur des gewerberechtlichen Geschäftsführers ist unzulässig; eine Bestimmung nach dieser Art und mit dieser Konsequenz ist der O.ö. BauO unbekannt.

5. Die Berufung führt jedoch infolge der vom unabhängigen Verwaltungssenat wahrzunehmenden Gesetzmäßigkeitskontrolle zum Erfolg.

5.1. Gemäß § 68 Abs.1 lit.b O.ö. BauO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauherr oder Bauführer (ua.) ohne rechtskräftige Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abweicht.

Danach hängt die Erfüllung des Tatbildes wesentlich davon ab, daß die abweichende Baumaßnahme für sich genommen selbst einem Bewilligungstatbestand unterstellbar ist.

Welche Bauvorhaben nun bewilligungspflichtig sind, bestimmt § 41 O.ö. BauO. So bedürfen der Baubewilligung gemäß Abs.1 lit.a dieser Bestimmung der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden.

§ 41 Abs.2 lit.b O.ö. BauO versteht unter 'Gebäude' einen überdachten Bau mit einer lichten Raumhöhe von mindestens eineinhalb Meter.

Den Gesetzesbegriff des 'Zubaus' definiert die lit.d des § 41 Abs.2 O.ö. BauO: danach ist Zubau die Vergrößerung eines Gebäudes der Höhe, Länge oder Breite nach.

5.2. Vorliegend besteht nach dem Wortlaut des Schuldspruchs und den Darlegungen in der Begründung des Straferkenntnisses (insbesondere Seite 5 zweiter Absatz) kein Zweifel, daß die belangte Behörde als inkriminierte Baumaßnahme die Errichtung eines Zubaus angenommen hat. Auch der ersten Verfolgungshandlung vom 10. September 1991 lag die Annahme eines Zubaus zugrunde.

5.3. Vor dem Hintergrund der hier maßgeblichen Rechtslage erfüllt jedoch der im Schuldspruch angelastete Sachverhalt in wesentlichen Elementen das gesetzliche Tatbild nicht.

Für die Frage der Bewilligungspflichtigkeit des Zubaus wäre es ausschließlich darauf angekommen, ob der Zubau das bestehende Gebäude als Ganzes vergrößert, wobei eine Vergrößerung in einem der drei normierten Kriterien (nämlich: Ausdehnung in der Höhe oder Länge oder Breite, jedoch jeweils bezogen auf den ganzen Gebäudekörper!) genügt. Auf eine Vergrößerung - allein - des umbauten Raumes hingegen hat der Bauordnungsgesetzgeber hinsichtlich des Zubaus nach dem klaren Wortlaut tatbestandlich nicht abgestellt.

5.4. Abgesehen vom Tatbild-Irrtum haben die ergänzenden Erhebungen (Augenschein am 28. April 1994) durch den unabhängigen Verwaltungssenat erwiesen, daß die inkriminierte Baumaßnahme das am genannten Standort schon errichtet gewesene Gebäude als solches tatsächlich weder in seiner Höhe noch in seiner Länge oder Breite vergrößert hat.

Einerseits wegen der Eigenart des ganzen Gebäudekörpers (charakteristisch ist, daß gerade kein einförmiger, sondern ein vertikal und horizontal mehrfach gegliederter Komplex vorliegt) und andererseits wegen der Eigenheit der Baumaßnahme (es wurde in die bestehende Verbauung im Bereich des 7. Obergeschosses ein verbindendes Baugebilde nach Art eines Tortensegmentes eingefügt) konnte von vornherein von einer Vergrößerung des (ganzen) Gebäudes iSd Rechtsbegriffs nicht die Rede sein, weil keine der drei die Größe des (ganzen) Gebäudes bestimmenden Determinanten (Höhe, Länge oder Breite) eine Ausdehnung erfahren hat, mag auch durch die inkriminierte Konstruktion eine Vermehrung des umbauten Raumes stattgefunden haben.

[Die Frage, ob allerdings die in diesem Fall zu Unrecht als bewilligungspflichtiger Zubau beurteilte Baumaßnahme einem anderen Bewilligungstatbestand des § 41 O.ö. BauO unterstellbar gewesen wäre, kann auf sich beruhen.] 5.5. Im Ergebnis war das mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete Straferkenntnis im Grunde des § 44a Z1 und Z2 VStG aufzuheben.

Aus dem Blickwinkel der Gesetzmäßigkeitskontrolle ist ein weiterer Tatbildmangel noch darin aufzuzeigen, daß die Abweichung als solche losgelöst von ihrer Eignung, baubewilligungspflichtig zu sein, vorgeworfen wurde; gemäß § 68 Abs.1 lit.b Satzende O.ö. BauO ist jedoch die Wortfolge "in bewilligungspflichtiger Weise" ein für die Annahme der Tatbilderfüllung wesentliches Element.

Gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat iSd § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG keine Verwaltungsübertretung bildet.

6. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht durchzuführen.

Zu II.:

Die Aufhebung hat auf der Kostenseite zur Folge, daß sämtliche Beiträge des Berufungswerbers zu entfallen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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