Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210087/5/Ga/La

Linz, 12.09.1994

VwSen-210087/5/Ga/La Linz, am 12. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des KR H S, vertreten durch Mag. H S in E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Mai 1993, Zl.

Ge-96/218/1992, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24, § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber als "verantwortlicher Inhaber" bestimmter, im einzelnen angeführter Gewerbe am bezeichneten Standort in E schuldig erkannt, es zu vertreten zu haben, daß das in der örtlich bezeichneten Betriebsstätte in E seit 8.

Jänner 1991 angefallene Altöl zumindest bis zum 22. Juli 1992 nicht einem befugten Sammler oder Behandler und somit nicht rechtzeitig einem entsprechend Befugten übergeben worden sei.

Dadurch habe der Berufungswerber durch Verletzung des § 39 Abs.1 lit.b Z11 iVm § 17 Abs.3 AWG eine Verwaltungsübertretung begangen, weshalb über ihn gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG eine Geldstrafe in der Höhe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: sieben Tage) kostenpflichtig verhängt wurde.

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde eingebrachte, das Straferkenntnis zur Gänze anfechtende, die Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise die Nachsicht der verhängten Strafe beantragende Berufung.

3. Diese Berufung hat die Strafbehörde als belangte Behörde ohne Gegenäußerung vorgelegt und den Strafakt angeschlossen.

Schon aus der Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-96/218/1992 war ersichtlich, daß die Berufung im Ergebnis erfolgreich und das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.b Z11 AWG begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach der lit.b dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer ... Altöle entgegen den §§ 17 Abs.3 und 5 sowie 20 Abs.3 nicht rechtzeitig einem entsprechend Befugten übergibt.

Der im Spruchelement gemäß § 44a Z2 VStG allein als verletzt zugrundegelegte § 17 Abs.3 AWG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Nov. BGBl.Nr. 155/1994) bestimmt, daß der Besitzer der ... Altöle, wenn er zu einer entsprechenden Behandlung nicht befugt oder imstande ist, er "dies" (gemeint: diese Altöle; es handelt sich um einen Redaktionsfehler des MatGesG.) ... einem zu einer entsprechenden Sammlung oder Behandlung Befugten zu übergeben hat. In diesem Fall sind die Altöle regelmäßig, mindestens einmal innerhalb von zwölf Monaten, einem nach den §§ 15 oder 24 Befugten zu übergeben ... .

4.1.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Um den Erfordernissen dieser Gesetzesvorschrift zu entsprechen, hat nach der seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A, ständigen Judikatur der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

4.2. Nicht im Recht ist der Berufungswerber, wenn er der ihm angelasteten Verletzung der Gebotsnorm des § 17 Abs.3 AWG entgegenhält, daß die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens erst nach Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die von ihm beantragte Änderung der am angegebenen Standort bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb einer Altölverbrennungsanlage (zur Verwertung des im eigenen Betrieb angefallenen Altöles) beurteilt werden könne. Die Rechtswidrigkeit des dem Schuldspruch zugrundegelegten Zuwiderhandelns ist allein aus dem Blickwinkel des § 17 Abs.3 AWG und der direkt und indirekt miterfaßten weiteren Vorschriften des AWG zu beurteilen. Ein Rechtswidrigkeitsvorbehalt zugunsten einschlägig berührter Bestimmungen des gewerblichen Betriebsanlagenrechts kann dem § 17 Abs.3 AWG nicht - jedenfalls nicht in der vom Berufungswerber eingewendeten Sichtweise - unterlegt werden.

Aber auch mit dem Einwand, daß er die angefallenen Altöle ja keineswegs behandle, sondern nur vorübergehend lagere (und zwar nur so lange, bis die rechtskräftige Entscheidung über seinen Antrag auf Genehmigung der Altölheizanlage vorliege), und daher schon deswegen von ihm das Tatbild einer Übertretung des § 17 Abs.3 AWG nicht erfüllt werden könne, erliegt der Berufungswerber einer Fehldeutung der Gebotsnorm. Gerade nämlich auch vom Umstand betrieblich anfallender Altöle geht der Regelungsinhalt des § 17 Abs.3 AWG aus.

Solche Altöle darf ihr Besitzer - selbstverständlich unter Beachtung der Grundsätze des § 1 Abs.3 AWG (vgl. § 12 Abs.3 zweiter Halbsatz sowie § 17 Abs.1 erster Satz AWG) - in seinem Betrieb jeweils eine bestimmte Zeitspanne mit der Maßgabe aufbewahren, daß er sie unter Beachtung des im § 17 Abs.3 AWG niedergelegten Fristenregimes dann aus seinem Besitz in die Verfügungsmacht eines einschlägig Befugten übergibt. Mit anderen Worten: Absicht und Inhalt dieser Vorschrift ist gerade nicht die Regelung von Zulässigkeitskriterien für die Behandlung oder für die Lagerung von Altölen. Vielmehr deckt § 17 Abs.3 AWG einen wichtigen Teilaspekt der Entsorgungskonzeption des AWG ab und ordnet an, daß Abfallbesitzer jedenfalls dann, wenn sie nicht selbst entsorgungsbefähigt (eigentlich nur: behandlungsbefähigt) sind, sich der Dienste eines befugten Sammlers oder Behandlers (Verwerters) zu bedienen haben (vgl.

Bernd-Christian Funk (Hrsg.), Abfallwirtschaftsrecht, Grundfragen in Einzelbeiträgen, Orak, 1993, 16 und 79 f).

4.3. Im Ergebnis erfolgreich ist jedoch die Berufung deswegen, weil der Schuldspruch aus folgenden Gründen dem § 44a Z1 VStG nicht entspricht:

4.3.1. So hat die belangte Behörde zunächst übersehen, daß nur der Besitzer von (gefährlichen Abfällen und) Altölen Adressat der im § 17 Abs.3 AWG niedergelegten Übergabepflicht ist. Auf die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Besitzereigenschaft kann aber dadurch, daß der Schuldspruch die Wendung: "Verantwortlicher Inhaber der Gewerbe 'Güterbeförderung-Fernverkehr', 'Verleih von Planierraupen', 'Sandund Schottergewinnung' und 'Kanalräumer'" gebraucht, nicht so ohne weiteres geschlossen werden.

Diesbezüglich ist nämlich zu bedenken, daß der hier belangvolle Rechtsbegriff des "Besitzers" im AWG weder positiv bestimmt, noch von den Gesetzesmaterialien erläutert ist. Es kann der "Besitzer" des § 17 Abs.3 AWG aber auch nicht mit dem Begriff des Eigentümers oder Inhabers iSd § 2 Abs.1 Z1 AWG gleichgesetzt werden.

Interpretierend ist es jedoch aus systematischer und teleologischer Sichtweise begründbar, diesen Begriff als Sachbesitzer iSd § 309 zweiter Satz ABGB zu verstehen. Ist nämlich für den Sachbesitz die Innehabung der Sache mit dem Willen, sie als die seinige zu behalten, charakteristisch, so erweist sich, daß ein solcher Sachbesitzer von Altölen jedenfalls dann als Adressat dieser Vorschrift ins Auge gefaßt ist, wenn es - wie hier - um die im eigenen Betrieb angefallenen Altöle geht, die der Betriebsinhaber in seinem Betrieb verwerten will und die er eben deswegen als Wirtschaftsgut in seinem Betrieb bzw in seiner Gewahrsame grundsätzlich behalten will.

Dem unabhängigen Verwaltungssenat scheint vertretbar, mit diesem Ergebnis die vorliegend unterlassene ausdrückliche Anlastung der Besitzereigenschaft in der Weise zu vereinen, daß der Schuldspruch den Berufungswerber wenigstens erschließbar als solchen Besitzer von Altölen angesprochen hat und somit allein in der nicht ausdrücklichen Erwähnung dieses Tatbestandsmerkmals im Spruchelement gemäß § 44a Z1 VStG ein zur Aufhebung führender Tatmangel nicht gesehen werden darf. Maßgeblich dafür spräche auch: Der Berufungswerber hat keinen diesbezüglichen Einwand erhoben und hat dadurch konkludent ausgedrückt, daß er sich als solcher Besitzer im Sinne der Gebotsnorm angesprochen fühlt.

4.3.2. Entscheidend für die Aufhebung ist jedoch, daß die belangte Behörde ohne nähere Prüfung - eine solche ist jedenfalls weder aus dem Strafakt noch aus der Begründung des Straferkenntnisses nachvollziehbar - zugrundegelegt hat, daß die beim Berufungswerber angefallenen Altöle übergabepflichtig iSd § 17 Abs.3 AWG gewesen sind. Die Übergabepflicht entsteht jedoch nicht aus dem Anfall der Altöle schlechthin, sondern ist an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden. Wie sich aus dem Wortlaut des vom Übertretungstatbestand des § 39 Abs.1 lit.b Z11 AWG verwiesenen § 17 Abs.3 AWG ergibt, verlangt diese Gesetzesstelle alternativ, daß der Altölbesitzer zur entsprechenden Behandlung entweder nicht befugt oder nicht imstande ist.

Nur bei Erfüllung einer dieser beiden (somit: tatbildlichen) Voraussetzungen kann für den Altölbesitzer die Übergabepflicht gemäß § 17 Abs.3 AWG überhaupt entstehen. Oder anders: Diese Vorschrift unterwirft für einen Besitzer von Altölen die demgemäß bei ihm angefallenen Altöle nicht generell der Übergabepflicht, sondern nur unter dem mit einem Alternativtatbestand versehenen Vorbehalt der nicht gegebenen Entsorgungsbefähigung.

Die belangte Behörde stellt nun im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zwar darauf ab, daß Altöle im Betrieb des Berufungswerbers ab einem bestimmten Zeitpunkt angefallen sind, und wirft auch dem Berufungswerber als Täter persönlich vor, diese Altöle nicht rechtzeitig einem entsprechend Befugten übergeben zu haben. Sie versäumte es jedoch, darzulegen, warum überhaupt für den Berufungswerber eine Übergabepflicht - gegen die er verstoßen habe bestanden haben soll.

Die im zweiten Teil des Schuldspruchs enthaltene Wiedergabe des bloßen Gesetzeswortlauts des § 17 Abs.3 kann die Konkretisierung des Tatbildes in dem nach den Gegebenheiten dieses Falles notwendigen Umfang jedenfalls nicht herstellen (vgl. VwGH 24.11.1992, 88/08/0221).

Wäre jedoch die belangte Behörde dem erwähnten Vorbehalt im Zusammenhang mit der Frage der genügenden Tatkonkretisierung nachgegangen, hätte sich als entscheidungswesentlich herausgestellt, daß der Berufungswerber im gesamten Ermittlungsverfahren zumindest erschließbar nur von Altölen, die in seinem Betrieb angefallen sind, ausgegangen ist und daß weiters der Verdacht einer unbefugten Verbrennung dieser Altöle (= Verwertung) ein wesentlicher Gesichtspunkt des mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 20. Juli 1992 gegen den Berufungswerber eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gebildet hat. Diesen Umständen käme jedoch Erheblichkeit zu, weil sich daraus zumindest nach der Aktenlage begründen ließe, daß der Berufungswerber gemäß § 15 Abs.2 Z1 AWG zur Verwertung, d.h. auch zur thermischen Verwertung, dieser somit im eigenen Betrieb angefallenen Altöle erlaubnisfrei befugt gewesen ist.

Aus all diesen Gründen hat aber die belangte Behörde unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - das Tatverhalten schon nicht hinlänglich iSd § 44a Z1 VStG (weder in der ersten Verfolgungshandlung vom 20. Juli 1992 noch im Schuldspruch des Straferkenntnisses selbst) dargestellt.

Daß darüber hinaus der Berufungswerber nach seinem gesamten - von der belangten Behörde nicht mit einer Gegendarstellung versehenen - Vorbringen von vornherein nicht wegen der ihm nach Maßgabe des Schuldspruchs angelasteten Tat hätte bestraft werden dürfen, weil für ihn - wie aufgezeigt - die Übergabepflicht wegen Nichterfüllung des Vorbehalts der fehlenden ABFALLRECHTLICHEN Befugnis (allenfalls alternativ:

der fehlenden tatsächlichen Befähigung, zB. weil er über eine Altölverbrennungsanlage technisch nicht verfügt oder die entsprechende Anlage betriebsanlagenrechtlich [noch] nicht benützt werden darf) möglicherweise gar nicht entstanden ist, kann bei diesem Verfahrensergebnis dahingestellt bleiben.

4.4. Im Grunde des § 44a Z1 VStG war daher das Straferkenntnis aufzuheben; die Einstellung des Strafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

5. Die Aufhebung und Einstellung bewirken auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber mit Beiträgen zum Strafverfahren weder vor der belangten Behörde (als Folge der Aufhebung des Straferkenntnisses) noch vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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