Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210107/10/Ga/La

Linz, 11.09.1995

VwSen-210107/10/Ga/La Linz, am 11. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 4. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des F. S. jun., vertreten durch Dr. E. H., Rechtsanwalt in ............, ..............., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 17.

September 1993, Zl. Ge-2153/1992+1/Mag.Be, wegen Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 15. Dezember 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; in allen fünf Spruchpunkten wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1 und Abs.2, § 51g, § 51i; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis ist der Berufungswerber schuldig gesprochen worden, er habe als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma '.............' in seiner Eigenschaft als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer allein (bzw. durch arbeitsteiliges Zusammenwirken mit seinem Vater, A. S. sen.) insgesamt fünf Übertretungen des AWG zu verantworten.

Er habe nämlich I. § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 AWG verletzt, weil "er" (gemeint wohl: die Gesellschaft) zumindest seit 11. August 1992 bzw. seit 9. Dezember 1992 "in den in den Spruchpunkten II bis V angeführten Fällen", nicht nur im Rahmen "seiner" Gewerbeberechtigungen, gefährliche Abfälle (kontaminiertes Erdreich) und (Alt-)Öle gesammelt und "dadurch" die Tätigkeit eines Abfallsammlers und -behandlers ausgeübt habe, ohne "in diesem Zeitraum" im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 15 AWG für Abfallsammler und -behandler gewesen zu sein; II. § 39 Abs.1 lit.b Z5 iVm § 11 Abs.1 und Abs.2 AWG verletzt, weil "er" am 28. Oktober 1992 im Bereich seines Anwesens auf dem Grundstück Nr. ..., KG A., Gülle in der Jauchegrube und bei einer Mistlagerstätte diese (gemeint wohl: den Mist) jeweils (zu ergänzen wohl: zusammen) mit bestimmten gefährlichen Abfällen (zu ergänzen wohl: und daher) nicht getrennt gesammelt bzw.

nicht getrennt gelagert habe; III. § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 AWG verletzt, indem "er" "auch vor dem 28.

Oktober 1992" im Bereich seines Anwesens auf dem Grundstück Nr. ..., KG A., Tankwagen mit Öltransporten (Rohöl bzw.

Produktionswasser) wöchentlich ein- bis zweimal ausgewaschen habe und durch diese Reinigung bestimmte Abfälle von Mineralölprodukten nicht so behandelt oder abgelagert habe, daß eine Beeinträchtigung iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden worden ist; IV. § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 AWG verletzt, indem "er" zumindest seit 9. Dezember 1992 ca. 400 m westlich von seinem Anwesen entfernt auf dem Grundstück Nr. ..., KG A., bestimmte gefährliche Abfälle ohne weitere Vorkehrungen in einem großen Tümpel abgelagert habe, wobei in diesem Tümpel bestimmte gefährliche Abfälle haben nachgewiesen werden können; V. § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 AWG verletzt, indem "er" zumindest am 28. Oktober 1992 auf dem Grundstück Nr. .... ("Maisfeld 1") und auf dem Grundstück Nr. ... und Nr. ... ("Maisfeld 2") je KG A., mit einem Grubenwagen bzw. Tankwagen punktförmig Senkgrubeninhalte (ua. mit Waschmittelresten) ausgebracht habe.

Deswegen sei der Berufungswerber mit Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) in der Höhe von I. 250.000 S (sieben Tage), II. 70.000 S (sieben Tage), III. 70.000 S (sieben Tage), IV. 70.000 S (sieben Tage) und V. 70.000 S (sieben Tage) je kostenpflichtig zu bestrafen gewesen (in Summe ergibt das Geldstrafen von insgesamt 530.000 S mit einem Kostenbeitrag von insgesamt 53.000 S).

2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde rechtsfreundlich eingebrachte, vor allem die Tatsachverhalte in allen Spruchpunkten mit näherer Begründung bestreitende Berufung, die die belangte Behörde zugleich mit dem Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegt hat. Der Berufungswerber beantragt die Aufhebung und die Verfahrenseinstellung, hilfsweise gemäß § 21 VStG von der Verhängung von Strafen abzusehen, weiters hilfsweise die verhängten Strafen gemäß § 20 VStG herabzusetzen, jedenfalls aber eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, für die er bestimmte Zeugen- und Sachverständigenbeweise begehrt.

3. Zum Spruchpunkt I. waren Tatfragen zu klären, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat am 15. Dezember 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenpartei und ihres Rechtsfreundes sowie der belangten Behörde durchführte. Zur Verhandlung waren die Amtssachverständigen W.Hofrat Dipl.-Ing. H. und Frau Ing. K.

als Zeugen geladen.

Zu den Spruchpunkten II. bis V. hingegen war schon aus der Aktenlage (das ist der zu Zl. Ge-2153/1992/P vorgelegte Strafakt, in den zu Beweiszwecken Einsicht genommen wurde) ersichtlich, daß in diesem Umfang das angefochtene Straferkenntnis - ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist.

4. Zum Spruchpunkt I.

Die Berufungsverhandlung zu Spruchpunkt I. konnte, weil dagegen ausdrücklich kein Einwand erhoben wurde, in gemeinsamer Verhandlung zugleich mit dem zu Zl.

VwSen-210106-1993 protokollierten Verfahren gegen S sen. (gleichfalls wegen Spruchpunkt I. des dort zugrundeliegenden Straferkenntnisses) geführt werden.

Im Zuge der Verhandlung wurde der Verfahrensstand anhand des Strafaktes dargestellt. Der Berufungswerber und die beiden Zeugen wurden im Beweisverfahren eingehend vernommen.

An die Zeugen stellte auch der Berufungswerber bzw. sein Rechtsfreund sowie der Vertreter der belangten Behörde Fragen. Die Zeugen und der Berufungswerber hinterließen einen glaubwürdigen Eindruck. In seinen Antworten zum Fragenkomplex 'Tatort' wirkte der Berufungswerber sicher und plausibel; Widersprüchlichkeiten konnten nicht festgestellt werden.

Das Ergebnis des Beweisverfahrens ist unter Hinweis auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 51i VStG dahin auf den Punkt zu bringen, daß sich die Tatortannahme des Schuldspruchs als von Anfang an unrichtig herausgestellt hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z1 dieser Vorschrift die Tätigkeit eines Abfall(Altöl)sammlers oder Abfall(Altöl)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein ... .

§ 15 Abs.1 AWG ordnet an, daß, wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (........), hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes bedarf.

Für eine im Lichte des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG hinlänglich bestimmte Tatanlastung genügt es aus dem Blickwinkel der hier maßgeblichen Gebotsnorm, wenn der Schuldspruch auf der unbefugt ausgeübten SAMMLUNG als wesentliches Tatbestandsmerkmal beruht; des dezidierten Vorwurfs des Abholens oder des Entgegennehmens bedarf es nicht, wenn sonst hinreichend klargestellt scheint, wofür der Beschuldigte bestraft worden ist (vgl. VwGH 25.10.1994, 94/05/0143). Ausgehend davon stellt das Tatbild nach objektiven Kriterien entscheidend auf die Tätigkeit ab, einerlei, ob diese durch ein Abholen des gefährlichen Abfalls/Altöls direkt beim Kunden (= Auftraggeber bzw Abfallbesitzer) oder durch ein Entgegennehmen an einer dafür bestimmten Örtlichkeit nachgewiesen ist.

Damit aber ist als TATORT iSd § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG jener Ort maßgeblich, an dem der Täter durch Abholen oder Entgegennehmen von gefährlichen Abfällen/Altöl gehandelt hat (vgl. die einschlägige Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates, zB Erk. vom 31.3.1995, VwSen-210135/3; Erk. vom 31.5.1995, VwSen-310021/3). Beim Handeln durch Entgegennehmen wird dieser Ort in der Regel mit dem Betriebssitz bzw. dem Ort der dafür eingerichteten Betriebsanlage (Sammelstelle) ident sein; beim Handeln durch Abholen wird dieser Ort je nach den Umständen des Falles variieren, jedenfalls aber nicht am Betriebssitz liegen.

4.2. Einen solchen Tatort gibt der Schuldspruch zum Faktum I. explizit nicht an. Der Tatort könnte nur indirekt mit Hilfe der in den Spruch aufgenommenen Verweisung ("in den in den Spruchpunkten II bis V angeführten Fällen") erschlossen werden. Ist jedoch schon fraglich, ob diese Verweisungstechnik im Beschwerdefall eine genügend konkrete Tatortumschreibung überhaupt zuläßt, so scheiden die in II.

bis V. auffindbaren Angaben mit Ortsbezug (die im Wege der Verweisung offenbar zu Sachverhaltselementen des bekämpften Schuldspruchs gemacht werden sollten) nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens der Berufungsverhandlung als Tatort der angelasteten Verwaltungsübertretung zweifelsfrei aus, weil - danach feststeht, daß in diesem Fall unter dem Gesichtspunkt "Sammeln" jedenfalls kein Entgegennehmen, sondern nur ein ABHOLEN von kontaminiertem Erdreich stattgefunden hat, u.zw. an jenen - im Schuldspruch nicht genannten - Orten, an denen sich Pumpstationen der RAG befinden; - im besonderen für keinen der im angefochtenen Straferkenntnis bezeichneten Tage (11. August, 28. Oktober und 9. Dezember 1992) und darüber hinaus auch nicht an den im Zuge der Berufungsverhandlung hervorgekommenen 22.

Dezember 1992 ein Entgegenehmen von gefährlichen Abfällen an diesen Orten, wie sie in den Fakten II. bis V. beschrieben sind, nachgewiesen werden konnte.

Im übrigen führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses (Seite 4 unten) selbst aus, daß sich der Berufungswerber mit dem Einwand verteidigt habe, "diese Abfälle" seien nur abgeholt und zu einem Entsorgungsbetrieb gebracht worden. Die Bedeutung dieses Vorbringens für die Tatortfrage hat die belangte Behörde ersichtlich verkannt; eine rechtliche Beurteilung diesbezüglich enthält die Begründung nicht.

4.3. Auch die erste Verfolgungshandlung, das ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 9. Februar 1993, zieht keine konkreten Ortsangaben, an denen das unbefugte Abholen stattgefunden haben soll, in Verfolgung; bezogen auf die Tatortfrage enthält sie inhaltlich übereinstimmend dieselbe - wie sich herausgestellt hat, unzulängliche - Verweisung wie der angefochtene Schuldspruch.

4.4. Abgesehen von nicht auszuschließen gewesenen Rückwirkungen auf die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde in diesem Fall ist damit der Tatort jedenfalls nicht soweit determiniert, daß kein Zweifel besteht, was dem Berufungswerber zur Last gelegt wird. Der Berufungswerber ist dadurch der Gefahr der Doppelbestrafung ausgesetzt (vgl.

zB VwGH 7.4.1995, 95/02/0124) und ist sein diesbezüglicher Einwand (Seite 2 der Rechtsmittelschrift) zwar mit unzutreffender Begründung, so doch im Ergebnis zu Recht erhoben.

Schon deswegen war das Straferkenntnis im Faktum I.

wegen fehlender Identität der Tat aufzuheben. Gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen (wegen untauglicher Verfolgungshandlung ist, wie sich nun herausgestellt hat, der Tatverdacht schon im Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses verjährt gewesen).

4.5. Bei diesem Ergebnis kann auf sich beruhen, daß die Identität der Tat weiters an einer unbestimmt vorgeworfenen TATZEIT leidet, weil schon aus dem Spruch selbst und auch aus der (hier nur als Auslegungshilfe herangezogenen) Begründung nicht mit Eindeutigkeit hervorgeht, ob diesbezüglich das Kürzel "bzw." synonym für und gebraucht oder damit nicht vielmehr ein (hinsichtlich des Beginns des Tatzeitraumes) unzulässiger, weil insoweit das Bestimmtheitsgebot gemäß § 44a Z1 VStG verletzender Alternativvorwurf ausgedrückt wird.

Aufzuzeigen ist weiters, daß die zit. erste Verfolgungshandlung den spruchgemäßen Tatvorwurf der unbefugten Abfallbehandlung nicht enthalten hat, sodaß (auch) diesbezüglich zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses bereits Verfolgungsverjährung eingetreten war (dies unbeschadet des weiteren Aspektes, daß im Grunde des Straftatbestandes nach § 39 Abs.1 lit.a Z1 AWG beide unbefugten Tätigkeiten - das erlaubnislose Sammeln sowie das erlaubnislose Behandeln gefährlicher Abfälle nicht als eine - einzige - Verwaltungsübertretung, sondern gemäß § 22 VStG kumulativ zu verfolgen und zu bestrafen gewesen wären).

4.6. Bei diesem Ergebnis kann aber auch dahingestellt bleiben, ob der Berufungswerber sich zu Recht auf den Ausnahmetatbestand gemäß § 15 Abs.2 Z4 AWG, der zugunsten des die gefährlichen Abfälle/das Altöl nur befördernden Transporteurs vorgesehen ist, berufen hat. Immerhin im Sinne dieser Ausnahmebestimmung ist in der Berufungsverhandlung hervorgekommen, daß die vom Berufungswerber vertretene Gesellschaft zB kontaminiertes Erdreich jeweils im direkten Auftrag des gegenwärtigen Abfallbesitzers zu den Entsorgungsstellen befördert hat (siehe hiezu näher: Harald Stolzlechner, Rechtsfragen der Abfallerfassung, -sortierung, -beförderung und -verwertung, in: Abfallwirtschaftsrecht, Grundfragen in Einzelbeiträgen/hrsg. von Bernd Christian Funk [Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft; Bd 29, Orac 1993], 81 f).

Was die weitere Voraussetzung für eine erlaubnisfreie Beförderung der hier gegenständlichen gefährlichen Abfälle anbelangt, daß nämlich der Transporteur zur Beförderung nach den gewerberechtlichen Vorschriften über den Werkverkehr oder den güterbeförderungsrechtlichen oder sonstigen verkehrsrechtlichen Bestimmungen (zB GGSt) befugt sein muß, so wäre auf die jedenfalls zur Tatzeit zugunsten der Gesellschaft aufrecht gewesene Konzession nach dem Güterbeförderungsgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit vier Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs (Güterfernverkehr) zu verweisen. Danach geht schon aus der Aktenlage hervor, daß die Gesellschaft mit wenigstens zwei Kraftfahrzeugen zum uneingeschränkten Transport von körperlichen beweglichen Sachen, auch dann, wenn sie keinen Verkehrswert haben (§ 1 Abs.2 des Güterbeförderungsgesetzes; dieser Güterbegriff scheint auch mit Rohöl kontaminiertes Erdreich abzudecken) nicht nur im Fernverkehr, sondern auch in der Nahverkehrszone (§ 3 Abs.5 leg.cit.) berechtigt gewesen ist. Bestimmungen des GGSt (unter Einschluß ADR, Anlagen A und B) scheinen solchen Beförderungen zumindest in der Nahverkehrszone nicht entgegenzustehen.

Damit aber hätte die Gesellschaft die tatbestandlichen Voraussetzungen für die ausnahmsweise erlaubnisfreie Beförderung gemäß § 15 Abs.2 Z4 AWG nach den besonderen Umständen dieses Falles erfüllt gehabt.

Verfehlt ist in diesem Zusammenhang die Formulierung des angefochtenen Schuldspruchs ("nicht nur im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigungen"), weil damit offenkundig, jedoch undifferenziert angedeutet wird, daß der Berufungswerber zugleich sowohl befugte als auch unbefugte Sammeltätigkeiten durchgeführt habe; daß durch eine derartige Formulierung die Unbestimmtheit des Tatvorwurfs insgesamt verstärkt wird, scheint auf der Hand zu liegen.

5. Zum Spruchpunkt II.

5.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG begeht eine mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z5 dieser Vorschrift gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 11 Abs.1 und 2 nicht getrennt sammelt, lagert, befördert, behandelt, vermischt oder vermengt.

§ 11 Abs.1 AWG ordnet an, daß gefährliche Abfälle und Altöle von anderen Abfällen so getrennt zu sammeln, zu lagern, zu befördern und zu behandeln sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden.

Zufolge dieser zweifachen Verweisung sind die im Katalog des § 1 Abs.3 AWG aufgezählten öffentlichen Interessen wesentliches Tatbestandsmerkmal. Soll daher das Tatbild einer Übertretung der Gebotsnorm des § 11 Abs.1 AWG erfüllt sein, ist nach der einschlägigen und ständigen Entscheidungspraxis des O.ö. Verwaltungssenates (zB VwSen-210101/2/Ga/La vom 9.12.1994) unverzichtbar, schon im Schuldspruch als Bestandteil der Tat (und in der Folge auch im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG) ausdrücklich anzuführen, welches konkrete öffentliche Interesse iSd § 1 Abs.3 AWG durch die Zuwiderhandlung beeinträchtigt worden ist. Wird dies unterlassen, dann liegt darin ein die Verteidigungsrechte des Beschuldigten gravierend schmälernder Konkretisierungsmangel. Unter Hinweis auf das Bestimmtheitsgebot gemäß § 44a Z1 VStG und der hiezu ständigen Rechtsprechung des VwGH muß nämlich im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen. Dieser Anforderung muß hinsichtlich aller die Tat betreffenden (wesentlichen) Sachverhaltselemente auch schon die Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG genügen (vgl. zB VwGH 14.10.1994, 94/02/0287; uva).

5.2. Eben das ist hier nicht der Fall. Im Schuldspruch zu II. fehlt dieses wesentliche Tatelement. Auch die oben (4.2.) zit. erste Verfolgungshandlung enthält diesbezüglich nichts; sie konnte daher die Verjährungsunterbrechung nicht bewirken.

Dazu kommt, daß auch in diesem Fall durch die Verwendung des Kürzels "bzw." ein unzulässiger Alternativvorwurf erhoben wurde (schon in der zit. Verfolgungshandlung ist der Vorwurf der nicht getrennten Sammlung vom zugleich erhobenen Vorwurf der nicht getrennten Lagerung nur durch einen Schrägstrich ["/"] getrennt; dieser Schreibweise kann hier aber kein anderer Sinn als der einer Wahlmöglichkeit beigemessen werden).

5.3. Zusammenfassend war das Straferkenntnis im Faktum II. wegen Vorwurfs einer von Anfang an wesentlich unbestimmt gebliebenen, eben deswegen zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses schon verjährt gewesenen Tat aufzuheben. Weil die Rechtswidrigkeit des Schuldspruchs vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr behoben werden konnte, war gleichzeitig die Einstellung des Strafverfahrens in dieser Sache zu verfügen.

Nicht mehr weiter einzugehen war darauf, daß im Spruchteil gemäß § 44a Z2 VStG als verletzte Rechtsvorschrift auch der § 11 Abs.2 AWG angegeben ist. Der spruchgemäße Tatvorwurf (gleichlautend die zit. erste Verfolgungshandlung) enthält allerdings keinen hinreichend konkreten Sachverhalt, der demgemäß als Verstoß gegen das in dieser Vorschrift geregelte, vom Inhalt des § 11 Abs.1 AWG jedoch streng zu unterscheidende Verbot der Vermischung oder Vermengung (bestimmter gefährlicher Abfälle untereinander) eindeutig erkannt werden könnte (abgesehen davon, daß im Falle einer Übertretung des § 11 Abs.2 AWG - im Verhältnis zu Abs.1 dieser Vorschrift - gemäß § 22 VStG zu kumulieren gewesen wäre).

6. Zum Spruchpunkt III.

6.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.b AWG begeht eine mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z10 dieser Vorschrift (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Nov. BGBl.Nr.

155/1994) gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert.

Gemäß § 17 Abs.1 AWG sind gefährliche Abfälle und Altöle .... jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, abzulagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

6.2. Vor dem Hintergrund dieser im Faktum III. als verletzt zugrundegelegten Rechtsvorschrift belastet jedoch der Schuldspruch den Berufungswerber mit einem erheblich unbestimmten und, wie zu zeigen ist, gleichfalls schon verjährten Tatvorwurf.

So lastet bereits die zit. erste Verfolgungshandlung insoweit wortgleich mit dem Schuldspruch - einen im Lichte des § 44a Z1 VStG ungenügend konkretisierten Sachverhalt an, weil die Tatzeit (mit der Formulierung: "auch vor dem 28.10.1992") undeterminiert geblieben ist. WELCHE(R) vor dem 28. Oktober 1992 liegende Tag(e) als konkrete Tatzeit festgestellt wurde, geht nicht hervor. Auch hier also ist der Berufungswerber der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt. Daß ein in dieser Weise mangelhaft gebliebener Tatvorwurf die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung nicht unterbrochen haben kann, ist evident.

Schon allein aus diesem Grund war das angefochtene Straferkenntnis im Faktum III. wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und gleichzeitig das Strafverfahren wegen bereits bei Erlassung des Straferkenntnisses eingetreten gewesener Verjährung einzustellen.

6.3. Aus der Einsicht in den Strafakt geht weiters hervor, daß der zweite - für die volle Tatbildlichkeit mindestens gleich bedeutsame - Teil des Schuldspruchs (beginnend mit: "und durch die Reinigung ...") innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist nie angelastet worden ist. Auch deshalb ist der Schuldspruch rechtswidrig und kann vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden.

Und schließlich ist der Tatvorwurf unbestimmt auch dadurch, daß nicht, wie es der zugrundegelegte Straftatbestand erfordert, angelastet worden ist, WELCHE der öffentlichen Interessen iSd § 1 Abs.3 AWG konkret beeinträchtigt gewesen seien. Auf die bezüglichen Ausführungen oben unter 5.1. wird verwiesen (vgl. hiezu auch das h. Erk.

vom 30.9.1994, VwSen-210091/2/Ga/La).

7. Zum Spruchpunkt IV.

7.1. Wie schon zu Spruchpunkt III. enthält auch der Schuldspruch zu Faktum IV. keinerlei Darstellung, WELCHE Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG durch die dem Berufungswerber vorgeworfene, gegen den Behandlungsgrundsatz des § 17 Abs.1 erster Satz AWG verstoßende Ablagerung konkret nicht vermieden worden seien. An diesem wesentlichen Tatmangel leidet auch schon die zit. erste Verfolgungshandlung, sodaß auch dieser Tatvorwurf bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses verjährt gewesen ist.

Bei diesem Ergebnis kann auf sich beruhen, daß der ein wesentliches Tatbestandsmerkmal abdeckende Spruchteil: "und somit gefährliche Abfälle" zum ersten Mal mit dem angefochtenen Straferkenntnis selbst vorgeworfen wurde.

7.2. Auch in diesem Faktum war das angefochtene Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit, die vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr behoben werden konnte, aufzuheben; gleichzeitig war die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil der Berufungswerber in dieser Sache nicht mehr verfolgt werden kann.

8. Zum Spruchpunkt V.

8.1. Hier ist dieselbe Rechtslage zu beurteilen wie schon zu III. und IV. Vor diesem Hintergrund genügt die spruchgemäße Tatanlastung nicht den aus § 44a Z1 VStG abgeleiteten Bestimmtheitsanforderungen, weil neuerlich nicht vorgeworfen ist, WELCHE Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG durch die Zuwiderhandlung des Berufungswerbers konkret nicht haben vermieden werden können (dies freilich unter der Annahme, daß - was jedoch weder der Spruch noch die Begründung des Straferkenntnisses klar erkennen lassen vorliegend eine Verletzung des § 17 Abs.1 erster Satz AWG zugrundegelegt ist). Unter dem gleichen Tatmangel leidet auch die zit. erste Verfolgungshandlung.

Schon im tatbestandlichen Vorfeld aber verfehlt die Anlastung zu V. die gebotene Bestimmtheit deswegen, weil der maßgebende Lebenssachverhalt, in dem sich hier die Zuwiderhandlung des Berufungswerbers geäußert haben soll, nicht angegeben ist. Die Umschreibung der Tathandlung mit dem Wort "AUSBRINGEN" läßt nicht mit der für ein Strafverfahren gebotenen Eindeutigkeit erkennen, welche der hier in Frage kommenden Tatbestandsvarianten des Behandlungsgrundsatzes gemäß § 17 Abs.1 erster Satz AWG damit erfüllt gewesen sein soll. Kann also schon nicht entnommen werden, ob die belangte Behörde eine verbotene Ablagerung oder doch eher eine unbefugte sonstige Behandlung gefährlicher Abfälle (auch dieses Tatbestandsmerkmal ist im Schuldspruch/in der zit. ersten Verfolgungshandlung nicht angeführt) verwirklicht gesehen hat, so ist weiters unergründlich, ob die belangte Behörde nicht überhaupt die Verwirklichung eines ganz anderen, nämlich des in § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG niedergelegten Tatbestandes (Ablagern von gefährlichen Abfällen ....... außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen) vorwerfen wollte. In diesem Fall wäre die Spruchformulierung als Tatanlastung jedoch genauso ungeeignet.

8.2. Aus allen diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis schließlich auch im Faktum V. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben; gleichzeitig war, weil die Behebung der Mängel dem unabhängigen Verwaltungssenat wegen schon eingetretener Verfolgungsverjährung nicht möglich ist, die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

9. Mit der gänzlichen Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses fällt auch die Kostenpflicht des Berufungswerbers in allen Spruchpunkten weg; Kosten des Berufungsverfahrens waren ihm nicht aufzuerlegen.

10. Auf die Eigenheit dieses Straferkenntnisses, daß nämlich in allen fünf Spruchpunkten Geldstrafen im Ausmaß von 50% bis 70% der Höchststrafe verhängt wurden, wodurch sich ein exorbitant hoher Gesamtstrafbetrag ergab, war nicht mehr einzugehen. Dennoch hält der unabhängige Verwaltungssenat als Grundsatz fest, daß eine derart hohe Gesamtstrafsanktion - selbst unter Berücksichtigung der Eigenheiten der Strafkumulierung gemäß § 22 VStG - dann auf ihre Vereinbarkeit mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsgebot jeweils unter den Besonderheiten des Einzelfalles zu prüfen wäre (vgl. das h. Erk. vom 19.10.1993, VwSen-220512/2/Schi/Ka, mit weiterführenden Hinweisen auf die einschlägige VfGH-Rspr.) Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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