Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210112/2/Ga/La

Linz, 05.12.1994

VwSen-210112/2/Ga/La Linz, am 5. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des W S, vertreten durch S, B & P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. September 1993, Zl. Ge-96/237/1992/Eich, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Zum Spruchpunkt 1. wird der Berufung Folge gegeben; diesbezüglich wird das Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Zu den Spruchpunkten 2. und 3. wird die Berufung als unbegründet zurückgewiesen.

III. Der Beitrag des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 600 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4; § 63 Abs.3.

VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1 und Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1; § 65, § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Aus Anlaß der gegen das eingangs zitierte Straferkenntnis, mit dem der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer (§ 9 Abs.1 VStG) der "O-Lackvertriebsgesellschaft m.b.H." dreier Übertretungen des AWG schuldig erkannt und hiefür je mit Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) je kostenpflichtig bestraft worden ist, rechtsfreundlich eingebrachten, das Straferkenntnis zur Gänze anfechtenden, die Aufhebung und Einstellung, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG beantragenden Berufung, die von der belangten Behörde zugleich mit dem Strafakt vorgelegt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

2. Zum Spruchpunkt 1.

2.1. Als Tat iSd § 44a Z1 VStG wird dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe schuldhaft zurechenbar zu vertreten, daß am 16. Juli 1992 an einem bestimmten Tatort in der Gemeinde P bestimmte gefährliche Abfälle (gebrauchte Lackdosen und Gebinde für Lösungsmittel) entgegen § 17 Abs.1 AWG behandelt wurden, indem diese Abfälle in bestimmter Weise im Freien gelagert wurden, wobei der Lack in den Dosen zum Teil nicht gehärtet war und im Falle einer Leckage des einwandigen Containers die Möglichkeit einer Verunreinigung der Umwelt bestand. (Hervorhebungen durch den UVS.) Dadurch habe er § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 und § 1 Abs.3 AWG sowie iVm § 1 der Verordnung BGBl.Nr. 49/1991 und der ÖNORM S 2101 verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) verhängt worden ist.

2.2. Die Berufungsschrift rügt ua. die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung und bringt vor, daß die "verfahrensgegenständliche Zwischenlagerung bis zum Abtransport" zu Unrecht dem Gesetzesbegriff der 'Behandlung' unterstellt worden sei.

Schon dieses Vorbringen verhilft der Berufung zum Erfolg.

2.3. Durchgängig und in mehreren Vorschriften unterscheidet das AWG absichtsvoll zwischen Lagern und Behandeln von Abfällen. So auch der § 17 Abs.1 AWG hinsichtlich gefährlicher Abfälle. Daraus geht wörtlich, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang hervor, daß die Gebotsnorm mit dem 'Lagern' einerseits und dem 'Behandeln' andererseits begrifflich unterschiedliche Tatbestände regelt. Dies hat zur Konsequenz, daß der eine Vorgang, nämlich das 'Lagern', mit dem anderen Vorgang, nämlich dem 'Behandeln', als Sachverhaltsmerkmal eines Tatvorwurfs nicht gleichgesetzt werden darf.

Mit dem Berufungswerber ist davon auszugehen, daß 'Behandeln' nur das Verwerten, das Ablagern und das sonstige Behandeln (biologisch, chemisch oder physikalisch, insbesondere im Interesse der Unschädlichmachung) meint. Kein 'Behandeln' ist demnach die Beförderung (der Transport) und die bloß vorübergehende 'Lagerung' von Abfällen.

2.4. § 44a Z1 VStG verlangt für den Spruch eines verurteilenden Straferkenntnisses die bestimmte Beschreibung der als erwiesen angenommenen Tat.

Soll wegen des Verdachts dieser Tat gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet werden, muß diese Person innerhalb der Verjährungsfrist mit dem individualisierten Tatverdacht anlastend konfrontiert werden (Verfolgungshandlung; § 31 Abs.1, § 32 Abs.1 und Abs.2 VStG).

Im Berufungsfall ist innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27.10.1992 eine Verfolgungshandlung ergangen, die jedoch - wortident mit dem Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses die als Verwaltungsübertretung vorgehaltene Tat derart unbestimmt anlastet, daß von Anfang an die Verjährungsfrist nicht unterbrochen werden konnte (vgl. die seit den Erk.

verst. Sen. VwSlg. 11466 A/1984 und VwSlg. 11894 A/1985 ständige Rechtsprechung des VwGH zu den aus § 44a Z1 VStG erfließenden Bestimmtheitsanforderungen; danach muß die Tat im Spruch des Straferkenntnisses in so konkretisierter Umschreibung - mit in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehenden, wörtlichen Anführungen - vorgeworfen werden, daß der Berufungswerber in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden).

2.5. Indem jedoch dem Berufungswerber ein Sachverhalt von bloß vorübergehender Dauer (nämlich: Abfälle bloß gelagert zu haben) als eine gegen die Gebotsnorm des § 17 Abs.1 AWG verstoßende 'Behandlung' vorgeworfen wird, übersieht die belangte Behörde, daß beide Tatbestandselemente zueinander in einem Verhältnis des 'Entweder-oder' stehen. Infolge dieser hier unzulässigen Gleichsetzung unterschiedlicher Rechtsbegriffe bzw. Verquickung einander ausschließender Sachverhalte, ist dem Berufungswerber die Möglichkeit konkreter Gegenwehr aus der Hand geschlagen.

Darüber hinaus enthält der Schuldspruch eine Tatanlastung, die in dieser Formulierung dem gesetzlichen Tatbild unbekannt ist. Keineswegs nämlich bedeutet die vom Straferkenntnis zugrundegelegte Beeinträchtigung gemäß § 1 Abs.3 Z3 AWG, daß schon jede Verunreinigung der Umwelt die Rechtswidrigkeit des Verhaltens herstellen könnte. Vielmehr sind hier nur solche Umweltverunreinigungen erfaßt, die über das unvermeidliche Ausmaß hinausgehen.

2.6. Aus all diesen Gründen mußte das Straferkenntnis im Spruchpunkt 1. - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - als inhaltlich verfehlt, weil unbestimmt einerseits und nicht tatbildlich andererseits, aufgehoben werden; die Einstellung des Strafverfahrens in diesem Punkt mußte verfügt werden, weil die angelastete Tat keine Verwaltungsübertretung bildet bzw. Umstände vorliegen, die die Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

2.7. Auf der Kostenseite hat dieses Verfahrensergebnis zur Folge, daß der Berufungswerber von seinem Kostenbeitrag vor der belangten Behörde zu entlasten ist und solche Kosten vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht anfallen.

3. Zu Spruchpunkten 2. und 3.

3.1. Unzweifelhaft erstrecken sich im vorgelegten Fall sowohl die Berufungserklärung als auch die Berufungsanträge auf das ganze Straferkenntnis. Die Berufungsbegründung jedoch befaßt sich ausschließlich mit der Sache des Spruchpunktes 1. des angefochtenen Straferkenntnisses; auf die Schuldsprüche 2. und 3. geht die Berufungsbegründung nicht ein.

Über die verfahrensrechtliche Zulässigkeit des mit diesem Inhalt ausgestatteten Schriftsatzes als Berufung gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.2. Der wesentliche Inhalt einer Berufung ist bundesgesetzlich festgeschrieben. Gemäß der Anordnung des § 63 Abs.3 AVG (iVm § 24 VStG) hat die Berufung nicht nur den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, sondern auch einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Für schriftliche Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren gilt diese Anordnung in gleicher Weise. Eine im Sinne des Gesetzes zulässige Berufung liegt (ua.) nur dann vor, wenn der Berufungswerber schon in seiner Rechtsmittelschrift, jedenfalls aber noch innerhalb der Berufungsfrist (in einem Mindestmaß) deutlich darlegt, worin er die Rechtswidrigkeit des von ihm bekämpften Straferkenntnisses sieht (zB VwGH vom 29.3.1976, 945/75). Dabei muß, wenngleich bei der Auslegung des Begriffes "begründeter Berufungsantrag" kein übertriebener Formalismus angewendet werden darf, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Eingabe jedoch ersichtlich sein, aus welchen Erwägungen die Partei die in Berufung gezogene Entscheidung bekämpft (zB VwGH vom 13.10.1993, 93/02/0212, 0213).

3.3. Die belangte Behörde hatte in ihrer Rechtsmittelbelehrung auf das inhaltliche Erfordernis eines begründeten Antrages für den Fall einer schriftlichen Berufung ausdrücklich hingewiesen. Die dennoch den auch die Spruchpunkte 2. und 3. erfassenden Anträgen nicht beigegebene Begründung macht die Berufung zu diesen Spruchpunkten, weil mit einem inhaltlichen, somit nicht verbesserungsfähigen Fehlbestand ausgestattet, unzulässig.

3.4. Aus diesem Grund war spruchgemäß - ohne daß es einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bedurft hätte - die Zurückweisung der Berufung wegen Unbegründetheit auszusprechen.

Auf die inhaltliche Prüfung des Straferkenntnisses war dabei nicht einzugehen; dennoch hält der unabhängige Verwaltungssenat fest, daß die diesen Spruchpunkten als maßgebend zugrundegelegten Sachverhalte schon im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde nicht bestritten gewesen sind.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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