Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210113/2/Ga/La

Linz, 16.12.1993

VwSen-210113/2/Ga/La Linz, am 16. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des C D in P, gegen das wegen Übertretung der O.ö. Luftreinhalteverordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 8. Oktober 1993, Zl. UR96/10/1993-17/93/Men, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 1 Abs.2, § 44a Z2, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung den Berufungswerber einer Übertretung des § 4 Abs.4 der O.ö. Luftreinhalteverordnung (LRV) schuldig erkannt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma R in P, verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich sei, daß am 14. April 1993 auf dem Grundstück der Frau R L, nasses Laub, nasse Äste und Zweige im Freien verbrannt wurden, wodurch eine besondere Rauch- und Geruchsbelästigung, die jedenfalls dazu geeignet gewesen sei, das Wohlbefinden von Menschen in unzumutbarer Weise zu beeinträchtigen, entstanden sei; deswegen wurde über den Berufungswerber gemäß § 8 Abs.1 lit.a des O.ö. Luftreinhaltegesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde mit dem Antrag auf Einstellung des Verfahrens eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Berufungsinhalt hat sie sich nicht geäußert.

Die Berufung ist zulässig.

3. Nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den vorgelegten Strafakt zu Zl. UR96/10/1993 sowie unter Einbeziehung der Berufungsbegründung wird der dem Straferkenntnis zugrundegelegte Sachverhalt (oben 1.1.), u.zw. insoweit, als damit das mit einer besonderen Rauch- und Geruchsbelästigung für Menschen verbunden gewesene Verbrennen von nassem Laub, nassen Ästen und Zweigen (= biogenes Material) zur Tatzeit am Tatort beschrieben wird, als erwiesen festgestellt.

Dieser Sachverhalt ist vom Berufungswerber auch gar nicht bestritten worden; strittig ist lediglich die - für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat, wie unten zu zeigen sein wird, nicht mehr belangvolle - Frage, wer auf Grund welchen Auftrags das biogene Material verbrannt hat, bzw. ob dieses Zuwiderhandeln gegen die genannte Verbotsnorm dem Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Vertretungsorgan der angesprochenen juristischen Person als schuldhaft zurechenbar ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat rechtlich erwogen:

4.1. Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe für eine Verwaltungsübertretung nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

Dieses in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eng interpretierte Günstigkeitsprinzip hat im Berufungsverfahren nur insoweit Bedeutung, als danach zu beurteilen ist, ob im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz für den Täter günstigeres Recht gegolten habe, als im Tatzeitpunkt (VwGH v. 12.6.1979, 1961/78 und 1978/79). Ist dies der Fall, darf allerdings der Beschuldigte dann nicht mehr bestraft werden, wenn die ihm zur Last gelegte Tat im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses nicht mehr strafbar gewesen wäre (VwGH v. 13.11.1986, 86/08/0117).

4.2. Ein Anwendungsfall des Günstigkeitsprinzips im Sinne des § 1 Abs.2 VStG liegt hier vor.

Mit 1. Juli 1993 nämlich, somit nach der Tat (14. April 1993), jedoch vor Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses (8. Oktober 1993) ist das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen, BGBl.Nr. 405/1993 (im folgenden:

VVbioMatGesetz), in Kraft getreten.

Gleichzeitig ist die gemäß Art. VIII der B-VG-Novelle 1988, BGBl.Nr. 685, seit 1. Jänner 1989 als Bundesvorschrift weitergeltende O.ö. Luftreinhalteverordnung außer Kraft getreten, allerdings nur so weit sie sich auf das Verbrennen biogener Materialien außerhalb von Anlagen bezieht. Gerade aber der vom Straferkenntnis als verletzte Verwaltungsvorschrift zugrundegelegte § 4 Abs.4 LRV (idF der Novelle LGBl.Nr. 93/1985) bezieht sich auf das Verbrennen biogener Materialien außerhalb von Anlagen, indem er (als demonstrativ aufzählender Tatbestand formuliert) jedenfalls auch das Verbrennen von Laub, Ästen etc. (auch) im Freien und (auch) hinsichtlich kleiner Mengen, sofern sie bei der Verbrennung eine besondere Rauchbelästigung etc.

verursachen, generell verbietet.

Hier maßgebliche Nachfolgebestimmung für den § 4 Abs.4 LRV ist § 4 Abs.2 VVbioMatGesetz. Danach ist das punktuelle Verbrennen biogener Materialien aus dem Hausgartenbereich und aus dem landwirtschaftlich nicht intensiv genutzten Haus- und Hofbereich außerhalb von Anlagen, soweit § 5 Abs.2 nicht anderes bestimmt, ganzjährig verboten. Nun stellt die Ausnahmeregelung des § 5 Abs.2 klar, daß das punktuelle Verbrennen von kleinen Mengen biogener Materialien aus dem Hausgartenbereich und aus dem landwirtschaftlich nicht intensiv genutzten Garten- und Hofbereich dem generellen Verbrennungsverbot nicht unterliegt. Die Materialien zur Regierungsvorlage des VVbioMatGesetzes, 1058 BlgNR, XVIII.

GP, erläutern, daß als "kleine Menge etwa 1 m 3 verstanden wird, was dem Fassungsvermögen einer in diesem Bereich üblicherweise verwendeten Schiebetruhe entspricht." Die vorliegende Übertretung bestand jedoch gerade in einem punktuellen Verbrennen von kleinen Mengen biogener Materialien (nasses Laub, nasse Äste und Zweige) aus dem Hausgartenbereich.

Im Ergebnis ist der Berufungswerber für etwas bestraft worden, was seit 1. Juli 1993 nicht mehr strafbar ist.

4.3. Eine Verordnung gemäß § 5 Abs.3 VVbioMatGesetz hat nach der Aktenlage die Gemeinde P noch nicht erlassen (mit einer solchen Verordnung hat die Gemeinde das - erlaubte Verbrennen kleiner Mengen biogener Materialien aus dem Hausgartenbereich in bestimmter Weise zu reglementieren; deren Nichtbefolgung steht unter Strafsanktion).

5. Zusammenfassend war im Grunde des § 1 Abs.2 VStG, weil die zur Tatzeit noch gegeben gewesene Strafbarkeit des Zuwiderhandelns gegen die zugrundegelegte Verwaltungsvorschrift zur Zeit der Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses jedoch schon weggefallen gewesen ist, eben dieses Straferkenntnis aufzuheben und im Grunde des § 45 Abs.1 Z2 zweite Alternative VStG die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zu verfügen.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß entgegen der Annahme der belangten Behörde - der vorgelegte Fall für eine Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG geeignet gewesen wäre.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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