Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210144/2/Ga/La

Linz, 02.09.1994

VwSen-210144/2/Ga/La Linz, am 2. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der B S in L , vertreten durch Dr. J P , Rechtsanwalt in L , F , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10. Jänner 1994, Zl.

502-32/Sta/We/199/93c, wegen Übertretung des O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 - O.ö. AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin einer Verwaltungsübertretung gemäß § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö. AWG schuldig erkannt.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Die Berufungswerberin habe als Inhaberin der in L situierten Firma "B S " in der Zeit vom 18. Mai 1993 bis 21. September 1993 auf einem bezeichneten Grundstück in der KG K entgegen § 22 Abs.1 O.ö. AWG eine bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlage (für die Sammlung, vorübergehende Lagerung sowie Aufbereitung von Abfällen) ohne abfallrechtliche Bewilligung betrieben, indem sie dort eine Reihe von näher genannten Gegenständen als Abfälle gesammelt, sortiert und bis zum Abtransport zu einer Entsorgungsstelle zwischengelagert habe.

Deswegen wurde über die Berufungswerberin (allerdings ohne Angabe der Strafnorm gemäß § 44a Z3 VStG!) eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen diesen Strafbescheid richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung sowie hilfsweise mit weiteren Anträgen und schließlich mit dem Antrag auf Ersatz der in einem Kostenverzeichnis ausgewiesenen Kosten bei der Strafbehörde eingebrachte und von dieser ohne Gegenäußerung, jedoch mit dem Strafakt vorgelegte Berufung.

Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3. Schon aus der Aktenlage zu Zl. 502-32/Sta/93e war ersichtlich, daß das Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

4.1. Zunächst jedoch ist zum Berufungsvorbringen festzuhalten, daß die Rechtsmittelwerberin irrt, wenn sie die Anwendung des O.ö. AWG auf die in den Tatvorwurf explizit einbezogenen Gegenstände mit der Rechtsausführung bekämpft, daß bei ihr hinsichtlich dieser Gegenstände gar keine Entledigungsabsicht vorgelegen sei; vielmehr habe sie lediglich ihren Auftrag als Spediteur wahrgenommen und die Gegenstände zum Bestimmungsort transportiert, wobei dies das eine Mal die Abfallsortieranlage A , das andere Mal die O.ö. L Ges.m.b.H. war; nur dort habe die Entledigung stattgefunden, keinesfalls jedoch beim inkriminierten Standort, Grundstück 588/3 der KG K .

Mit diesen Ausführungen übersieht die Berufungswerberin, daß es im vorgelegten Fall für die Abfalleigenschaft gemäß § 2 Abs.1 Z1 O.ö. AWG der in den Schuldspruch einbezogenen beweglichen Sachen - wie die belangte Behörde unter Wiedergabe der einschlägigen VwGH-Judikatur zutreffend schon ausgeführt hat - gar nicht mehr auf eine von ihr gefaßte Entledigungsabsicht ankommt. Die Berufungswerberin ist unstrittig lediglich Teil einer Entsorgungskette. Für die Abfalleigenschaft der Gegenstände ist vielmehr entscheidend, daß diese schon bei ihrer Übernahme im subjektiven Sinn begründet gewesen ist - dadurch nämlich, daß, wie auf Grund der Aktenlage und der Berufungsausführungen insgesamt nicht bestreitbar ist, die Voreigentümer/Vorbesitzer der beweglichen Sachen diese mit einer auf Abfall gerichteten Entledigungsabsicht an die Berufungswerberin bzw. ihre Entsorgungsfirma übergeben haben. Für die somit einmal schon begründete Abfalleigenschaft dieser Sachen ist es nach den Umständen dieses Falles dann unerheblich, ob die Übernahme gegen Entgelt mit der vertragsinhaltlichen Gegenleistung ihrer weiteren Entsorgung bzw. des Transports der Sachen zur schließlichen Behandlung oder Verwertung stattgefunden hat.

Gerade der von der Berufungswerberin selbst eingewendete Umstand der bloßen Teilnehmerschaft an einer geschlossenen Beseitigungskette kann gegen die Abfalleigenschaft ebensowenig eingewendet werden, wie der Umstand, daß dabei ein Entgelt erzielt wird. Gleichfalls bedeutungslos für die Wertung der Sachen als Abfall ist hier, daß alle oder zumindest ein Teil dieser zur Entsorgung transportierten Sachen zur wirtschaftlichen Wiederverwertung geeignet seien (vgl. neuerlich die bezügl. Klarstellungen durch den Verwaltungsgerichtshof mit den insoweit auch auf die Begriffswelt des O.ö. AWG übertragbaren Aussagen im Erk. v.

13.1.1993, 91/12/0194).

4.2. Im Recht hingegen ist die Berufungswerberin mit dem Vorbringen, das darauf abzielt, die dem Schuldspruch zugrundegelegte Annahme einer nach dem O.ö. AWG bewilligungspflichtigen Abfallbehandlungsanlage zu bestreiten.

4.3. § 20 Abs.1 Z1 O.ö. AWG unterwirft auch sogen.

Zwischenlager, das sind Anlagen zur vorübergehenden Lagerung von Abfällen, dem Rechtsbegriff der Abfallbehandlungsanlage.

Welche Abfallbehandlungsanlagen einer abfallrechtlichen Bewilligung bedürfen, bestimmt § 22 Abs.1 O.ö. AWG. Danach bedarf gemäß Abs.1 dieser Vorschrift (nicht nur die Errichtung und die wesentliche Änderung, sondern auch) der Betrieb von Abfallbehandlungsanlagen, somit grundsätzlich auch von Zwischenlagern einer abfallrechtlichen Bewilligung.

Wer nun entgegen § 22 Abs.1 O.ö. AWG ein bewilligungspflichtiges Zwischenlager ohne abfallrechtliche Bewilligung betreibt, begeht gemäß § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö.

AWG eine Verwaltungsübertretung, die gemäß § 42 Abs.1 Z1 dieser Vorschrift mit Geldstrafe bis zu 500.000 S zu bestrafen ist.

Als Ausnahmeregel sieht jedoch § 22 Abs.5 O.ö. AWG vor, daß die gesetzliche Bewilligungspflicht für (Sammelstellen oder) Zwischenlager jedenfalls dann nicht besteht, wenn die vorübergehende Lagerung der Abfälle nicht länger als sechs Monate dauert. Die Grundsätze des § 8 O.ö. AWG sind für dergestaltige Zwischenlagerungen allerdings zu beachten.

4.4. Um einen Anwendungsfall dieser Ausnahmebestimmung handelt es sich im Berufungsfall.

So macht die ausdrückliche Formulierung der Tatumstände im Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses in Übereinstimmung mit der Aktenlage (vgl. AV vom 7.7.1993; Amtsbericht vom 9.8.1993) deutlich, daß die belangte Behörde die inkriminierte Anlage gerade als Zwischenlager eingeordnet hat. Es wirft nämlich der Schuldspruch gemäß § 44a Z1 VStG der Berufungswerberin vor, sie habe die Anlage betrieben, indem sie die Abfälle .... gesammelt, sortiert und bis zum Abtransport zu einer Entsorgungsstelle zwischengelagert habe. Der unabhängige Verwaltungssenat versteht diese Formulierung dahin, daß der wesentliche Betriebszweck der Anlage als Betreiben eines Zwischenlagers angelastet wurde, mögen auch die Abfälle im Rahmen dieser Zwischenlagerung gesammelt und sortiert worden sein (für den spruchgemäßen Vorwurf des 'Sortierens' ist im übrigen im Strafakt kein diesen Vorwurf stützendes Ermittlungsergebnis auffindbar!).

Als Dauer dieser Zwischenlagerung legt der Schuldspruch jedoch nur den Zeitraum vom 18. Mai bis zum 21. September 1993, somit einen Zeitraum, der jedenfalls unter sechs Monate liegt, fest.

Damit aber fällt das von der Berufungswerberin nach Maßgabe des Schuldspruchs betriebene Zwischenlager unter die Ausnahmeregel des § 22 Abs.5 O.ö. AWG. Im Lichte dieser Vorschrift folgt daraus, daß das vorgeworfene und bestrafte Verhalten nicht tatbestandsmäßig iSd § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö. AWG sein kann.

[Bemerkenswerterweise liegen im Strafakt auch Urkunden ein, aus denen ein amtswegiges Bewußtsein der Ausnahmeregel des § 22 Abs.5 O.ö. AWG hervorzugehen scheint: so die Aktenstücke mit OZ 1 vom 18.5.1993; OZ 52 vom 27.10.1993; OZ 53 vom 12.11.1993 - hier allerdings mit diesbezüglich gänzlich verfehlter Rechtsansicht. - In die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hat sich diese Aktenlage allerdings in keiner Weise niedergeschlagen.] 4.5. Die Subsumtion des dem Straferkenntnis zugrundegelegten Tatverhaltens unter den Übertretungstatbestand des § 42 Abs.1 Z1 lit.c O.ö. AWG ist aber auch aus einem weiteren Grund rechtlich verfehlt:

Indem dieser Übertretungstatbestand die Strafbarkeit des von ihm erfaßten gesetzwidrigen Verhaltens ausdrücklich darauf abstellt, daß eine im Sinne des Gesetzes bewilligungspflichtige Abfallbehandlungsanlage ohne abfallrechtliche Bewilligung ... betrieben wird, hat der Landesgesetzgeber der Verbotsnorm als immanent vorausgesetzt, daß - im Sinne der Figur eines rechtmäßigen Alternativverhaltens - eine solche abfallrechtliche Bewilligung überhaupt erwirkt werden kann. Die Erwirkung der abfallrechtlichen Bewilligung für die spruchgegenständliche Anlage wäre jedoch der Berufungswerberin wegen der im § 20 Abs.2 und Abs.4 iVm § 23 Abs.1 O.ö. AWG niedergelegten Monopolisierung der Rechtsträgerschaft für Abfallbehandlungsanlagen zugunsten der öffentlichen Hand (bzw.

privilegierter Betriebe) von vornherein verschlossen gewesen. Aus teleologischem Blickwinkel folgt daraus für diesen Fall, daß für eine verwaltungsstrafrechtliche Ahndung eines Verhaltens, wie es der Berufungswerberin - die gerade kein Rechtsträger iSd § 20 Abs.2 und Abs.4 O.ö. AWG ist angelastet wurde, jedenfalls nicht der Übertretungstatbestand der lit.c des § 42 Abs.1 Z1 O.ö. AWG vorgesehen ist.

Ob der zur Prüfung vorliegende Sachverhalt allenfalls den Übertretungstatbeständen gemäß § 42 Abs.1 Z1 lit.b O.ö. AWG (wer entgegen den Grundsätzen des § 8 Abfälle lagert, sammelt und abführt, befördert oder behandelt) oder gemäß § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. AWG (wer entgegen § 7 Abs.1 Abfälle ... außerhalb von ... Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw.

ablagert), zu unterstellen gewesen wäre, kann in diesem Verfahren dahingestellt bleiben. Eine Umformulierung des Schuldspruchs in diese Richtung wäre dem unabhängigen Verwaltungssenat auch gar nicht mehr zugänglich, weil damit eine andere, indessen schon längst verfolgungsverjährte, Tat vorgeworfen würde.

5. Aus all diesen Gründen wurde die Berufungswerberin einer Tat schuldig gesprochen, die nach den gemäß § 44a Z2 VStG als verletzt herangezogenen Gesetzesvorschriften keine Verwaltungsübertretung bildet.

Im Ergebnis war daher der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG einzustellen.

6. Die Aufhebung und Einstellung haben auf der Kostenseite die Entlastung der Berufungswerberin von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Gemäß § 74 Abs.1 AVG iVm § 24 sowie §§ 64 ff VStG hat in Verfahren iSd Art. 129a Abs.1 Z1 B-VG vor dem unabhängigen Verwaltungssenat jede Partei den ihr in solchen Verfahren, für die § 79a AVG nicht anzuwenden ist, erwachsenden Aufwand selbst zu tragen. Ein Kostenzuspruch findet daher ungeachtet des entsprechenden Antrages der Berufungswerberin in ihrer Rechtsmittelschrift - nicht statt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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