Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210150/7/Ga/La

Linz, 21.04.1994

VwSen-210150/7/Ga/La Linz, am 21. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H P in B , V , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. Jänner 1994, Zl. UR96/35/1993-6/94, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 14. April 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1, § 51g und § 51i VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 1 Abs.3 Z3 und Z4, § 2 Abs.1 Z2 und Abs.5 sowie § 17 Abs.1 AWG schuldig gesprochen.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Der Beschuldigte habe am 3. September 1993 das Autowrack VW-Golf, grün, von B abtransportiert "und sodann" (gemeint: am selben Tag) hinter dem Haus des H A in H abgelagert, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig sei.

Deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die bei der Strafbehörde mündlich eingebrachte Berufung; ihr wesentliches Vorbringen besteht in dem Einwand des Berufungswerbers, daß er das Autowrack einer Entsorgungsaktion der Gemeinde V anvertrauen wollte; deshalb habe er es zu dem vorher der Gemeinde bekanntgegebenen Sammelplatz hintransportiert und dort abgestellt; von diesem Sammelplatz sollten mehrere Autowracks abgeholt und der Entsorgung zugeführt werden, wodurch dann die Kosten pro Autowrack geringer werden sollten; schon vorher habe er aber sämtliches Öl aus dem Wrack abgelassen, jedoch nicht bedacht, daß es, weil das Wrack keine Motorhaube mehr gehabt habe, durch Regenfälle zu einer Abschwemmung des ölverschmutzten Motors kommen konnte.

Weil er sich ungerecht bestraft fühle, beantragt er die Aufhebung des Straferkenntnisses.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt ohne Gegenäußerung vorgelegt.

Nach Einsicht in den gleichzeitig vorgelegten Strafakt zu UR96-35-8-1993 mußte unter Berücksichtigung der Berufungsbegründung vorläufig davon ausgegangen werden, daß wesentliche, der Bestrafung des Berufungswerbers zugrundegelegt gewesene Sachverhalte nicht hinreichend geklärt sind. Einerseits nämlich ging aus der Anzeige des Gendarmeriepostens B vom 10. September 1993 hervor, daß die zur Anzeige gebrachten Wahrnehmungen nicht als Ablagerung, sondern nur als Lagerung des Autowracks dargestellt werden. Andererseits konnte weder aus der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses noch aus einem sonstigen Aktendokument nachvollziehbar entnommen werden, auf Grund welcher Umstände die belangte Behörde dennoch von der Erfüllung des Tatbildes der Ablagerung ausgegangen ist.

Aus diesem Grund hat der unabhängige Verwaltungssenat am 14.

April 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In das Beweisverfahren ist auch der Strafakt einbezogen worden; vernommen wurden der Berufungswerber, der weitere (urkundliche) Beweismittel vorgelegt hat, und förmlich als Zeuge RI K J ; die belangte Behörde war geladen, jedoch nicht vertreten.

3. Die öffentliche mündliche Verhandlung hat keinen Beweis dafür erbracht, daß der Berufungswerber das nämliche Autowrack zur Tatzeit am Tatort einer endgültigen Deponierung zuführen wollte. Vielmehr hat sich eindeutig herausgestellt, daß der Tatort als Sammelplatz für die Bereitstellung mehrerer Autowracks zum gemeinsamen Abtransport im Rahmen einer von der Gemeinde mit "Amtsblatt" vom 24. August 1993 der Gemeindebevölkerung bekanntgegebenen Aktion zur "Autowrackabfuhr am 4. und 5. Oktober 1993" in Gesprächen zwischen dem Berufungswerber und dem Gemeindeamt konsentiert worden ist. Dorthin hat der Berufungswerber am 3. September 1993 das Autowrack im Wissen und in der Absicht verbracht, daß es von dort im Rahmen der Sammelabfuhr, wie von der Gemeinde angekündigt, vom Oö Landesabfallverwertungsunternehmen gemeinsam mit anderen Wracks abtransportiert werde.

4. Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Durchgängig und in mehreren Vorschriften unterscheidet das Abfallwirtschaftsgesetz absichtsvoll zwischen lagern und behandeln von Abfällen. So auch der § 17 Abs.1 AWG hinsichtlich gefährlicher Abfälle. Daraus geht wörtlich, aber auch aus dem systematischen Zusammenhang eindeutig hervor, daß die Gebotsnorm mit dem 'Lagern' einerseits und dem 'Behandeln' andererseits begrifflich unterschiedliche Tatbestände regelt. Dies hat zur Konsequenz, daß der eine Vorgang, nämlich das 'Lagern', mit dem anderen Vorgang, nämlich dem 'Behandeln', nicht gleichgesetzt werden darf.

Die Gesetzesmaterialien (vgl. 1274 BlgNR XVII. GP, Seite 28 P. 7) stellen die Begriffswelt des AWG klar. Danach meint 'Behandeln' nur das Verwerten, das Ablagern und das sonstige Behandeln (biologisch, chemisch oder physikalisch, insbesondere im Interesse der Unschädlichmachung). Kein 'Behandeln' ist demnach die Beförderung (der Transport) und die bloß vorübergehende 'Lagerung' von Abfällen.

Bei der Beantwortung der Frage, ob eine bestimmte bewegliche Sache als Abfall bloß vorübergehend gelagert oder endgültig abgelagert worden ist, handelt es sich um eine von der Behörde selbständig auf Grund der - erforderlichenfalls unter Anwendung des Sachverständigenbeweises erzielten Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu lösende Rechtsfrage.

Hält die rechtliche Beurteilung das Tatbild des Lagerns erfüllt, kann nicht gleichzeitig das Tatbild des Ablagerns vorliegen (vgl. hiezu UVS vom 14.2.1994, VwSen-210143; vom 14.4.1994, VwSen-210110).

4.2. Somit steht fest, daß ein Vorgang, der darin besteht, daß ein Autowrack zu einer bestimmten Örtlichkeit gebracht und dort als Abfall entledigt wird, damit es in weiterer Folge von dort durch Dritte im Rahmen einer kommunalorganisierten und der Bevölkerung angebotenen Autowrackabfuhr abtransportiert und der Entsorgung zugeführt wird, nicht dem Rechtsbegriff 'Ablagern' zu unterstellen ist. Somit ist im Berufungsfall das Tatbild des bloß vorübergehenden 'Lagerns' verwirklicht worden.

Daran ändert nichts, daß das nämliche Autowrack dann schon vor dem von der Gemeinde bekanntgegebenen Termin durch den Berufungswerber selbst wieder vom Tatort weg und eigeninitiativ zu einem befugten Entsorger hingebracht worden ist.

4.3. Im Ergebnis hat die belangte Behörde im Schuldspruch und in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses eine schon vom Inhalt des Strafaktes nicht gedeckte Tat vorgeworfen.

4.4. Einer Änderung des Schuldspruchs durch den unabhängigen Verwaltungssenat in der Weise, daß die Wörter "abgelagert" und "Ablagern" durch die Wörter "gelagert" und "Lagern" ersetzt werden, kann schon deswegen nicht näher getreten werden, weil dies die Auswechslung der dem Berufungswerber zur Last gelegten Tat gegen eine andere Tat bedeutete (abgesehen davon, daß diesfalls dann nicht mehr das Tatbild der Verwaltungsübertretung gemäß § 39 Abs.1 lit.b Z10 iVm § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG herangezogen werden könnte).

5. Zusammenfassend war das Straferkenntnis als inhaltlich verfehlt aufzuheben; die Einstellung des Strafverfahrens war zu verfügen, weil der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

Zu II.:

Die Aufhebung hat auf der Kostenseite zur Folge, daß sämtliche Beitragsleistungen des Berufungswerbers zu entfallen haben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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