Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210165/2/Le/La

Linz, 16.08.1994

VwSen-210165/2/Le/La Linz, am 16. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Manfred Leitgeb über die Berufung des Herrn F M , O , L , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 17. März 1994, Ge96/44/1992/Um/Zö, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetz 1990 und dem Abfallwirtschaftsgesetz, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG 1991 iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 17.3.1994, Ge96/44/1992/Um/Zö, wurde über Herrn F M als Beschuldigten (Besch) wegen Übertretungen nach dem O.Ö. Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl.Nr. 28/1991, sowie nach dem Abfallwirtschaftsgesetz, BGBl. 325/1990, Geldstrafen in Höhe von 1.000 S bzw. 5.000 S verhängt und die Verfahrenskosten vorgeschrieben.

Im einzelnen wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, in seiner Schottergrube auf Grundstück 427, KG O , Gemeinde L , (nichtgefährliche) Abfälle, nämlich Strauchschnitte, Koksasche, Bauschutt in Form von Ziegel, Betonbrocken, Holz sowie Ytong-Steine und Rinde gelagert zu haben, wodurch organisch stark belastetes Sickerwasser auftritt und eine Auswaschung von polyzyklischen aromatischen Kohlewasserstoffen erfolgen könne.

Weiters wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, auf derselben Grundparzelle einen Kastenwagen Type Mercedes gelagert zu haben, der als gefährlicher Abfall anzusehen sei, da die Stoßdämpfer nicht ausgebaut waren. Da somit der Austritt von Schmiermitteln befürchtet werden mußte, wurde der Mercedes-Kastenwagen nicht so abgelagert, daß Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs.3 Z3 AWG in Form einer Verunreinigung des Grundwassers vermieden werden.

1.2. Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf einen Lokalaugenschein der Behörde mit zwei chemischen Amtssachverständigen am 2. April 1992. Dabei wurde unter anderem festgestellt, daß in der Schottergrube auf Grundstück Nr. 427, KG O , Gemeinde L , verschiedene Abfälle, nämlich Strauchschnitte, Koksasche, Bauschutt (Ziegel, Betonbrocken, Holz), Ytong-Steine, Rinde und Sägespäne abgelagert wurden. Da es sich bei der gegenständlichen Grundfläche um eine Schottergrube handle, sei durch das Auftreten organisch stark belasteter Sickerwässer eine Beeinträchtigung des Grundwassers und der Oberflächenwässer zu erwarten, was gegen die Grundsätze des § 8 O.ö. AWG verstoße.

Auf derselben Grundparzelle wurde weiters ein Mercedes-Kastenwagen gelagert, der noch die Stoßdämpfer eingebaut hatte, sodaß das Austreten wassergefährdender Stoffe möglich sei. Es sei daher die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung dieses Altautos als gefährlicher Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich, weil andernfalls Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen verursacht werden können bzw. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden könne.

1.3. Diese Verwaltungsübertretungen wurden am 2. April 1992 anläßlich eines Lokalaugenscheines, den die Bezirkshauptmannschaft Braunau mit zwei abfallchemischen Amtssachverständigen der Unterabteilung Abfallwirtschaft beim Amt der o.ö. Landesregierung durchführte, festgestellt.

Amtsintern erfolgte sodann die Verständigung des Strafreferenten über das Ergebnis des Lokalaugenscheines.

Mit Ladungsbescheid vom 1. Dezember 1992, zugestellt am 2.12.1992, wurde Herr F M erstmals mit dem Tatvorwurf konfrontiert. Er rechtfertigte sich anläßlich einer mündlichen Vorsprache bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn am 18.12.1992. Ohne weitere Erhebungen wurde sodann das Straferkenntnis am 17.3.1994 ausgefertigt und am 31.3.1994 persönlich zugestellt.

2. Der Beschuldigte erhob gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht am 4.4.1994 eine begründete Berufung und ersuchte, von der Bestrafung Abstand zu nehmen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau als belangte Behörde hat die Berufung sowie den Strafakt ohne Berufungsvorentscheidung und ohne Gegenäußerung zum Inhalt der Berufung vorgelegt.

Schon nach der Beweisaufnahme durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist. Folgende Gründe waren dafür maßgeblich:

4.1. Gemäß § 51 Abs.1 VStG steht dem Beschuldigten das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgeschehens nicht (nur) an das Berufungsvorbringen gebunden, sondern ist auch verpflichtet, das durchgeführte Verwaltungsstrafverfahren amtswegig auf seine Richtigkeit zu prüfen (VwGH 92/17/0298 vom 25.3.1994).

Aus diesem Grund hat der unabhängige Verwaltungssenat die bereits eingetretene Verfolgungsverjährung aufzugreifen:

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2) vorgenommen worden ist.

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs.2 leg.cit. bei .... allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate.

Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Als Verfolgungshandlung gilt gemäß § 32 Abs.2 leg.cit. jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung, udgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht hat oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Wie auch dem angefochtenen Straferkenntnis zu entnehmen ist, wurde von der Behörde der 2. April 1992 als Tatzeitpunkt herangezogen. Die erste Verfolgungshandlung wurde mit dem Ladungsbescheid vom 1. Dezember 1992 gesetzt. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten, die länger als 6 Monate auseinanderliegen, ist eine weitere Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG weder dem vorgelegten Verwaltungsakt zu entnehmen noch kann eine solche aus der Begründung des Straferkenntnisses entnommen werden.

Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen, und zwar auch vom VwGH (VwGH 19.9.1984 Slg. 11525A); sogar dann, wenn diese Frage vom Beschuldigten weder im Verwaltungsstrafverfahren noch in der Beschwerde geltend gemacht worden ist (VwGH 21.12.1988, 85/18/0120). Diese Kompetenz fällt zwingend daher auch dem unabhängigen Verwaltungssenat im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren zu, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Bei dieser Rechtslage war es dem unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, auf die Sache selbst näher einzugehen.

zu II.:

Die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens haben auf der Verfahrenskostenseite die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zum Strafverfahren zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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