Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210174/3/Le/La

Linz, 27.09.1994

VwSen-210174/3/Le/La Linz, am 27. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier; Berichter: Dr. Leitgeb; Beisitzer: Mag. Kisch) über die Berufung des Herrn W M , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F H , M , L , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 21.6.1994, GZ 502-32/Kb/We/40/93h, im Anfechtungsumfang der Fakten a und b wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird im Umfang der Fakten a und b aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 9, 45 Abs.1 Z3, 51, 51c Verwaltungsstrafgesetz - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 21.6.1994, GZ 502-32/Kb/We/40/93h, wurde Herr W M als handelsrechtlicher Geschäftsführer der D F Ges.m.b.H., L , und somit als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.a Z1 iVm § 15 Abs.1 sowie § 39 Abs.1 lit.b Z5 iVm § 11 Abs.1 AWG mit einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 S bzw. 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag bzw. zwei Tage) bestraft; gleichzeitig wurde ihm aufgetragen, 10 % der verhängten Strafe, d.s. in Summe 7.000 S, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

1.2. Mit dem selben Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten zu Faktum c die Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes hinsichtlich Nichterfüllung der Aufzeichnungspflichten vorgeworfen. Da hinsichtlich dieses Faktums eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe (und auch keine primäre Freiheitsstrafe) verhängt wurde, entscheidet über die Berufung gegen diesen Teil des Straferkenntnisses unter Anwendung des § 51c VStG das nach der Geschäftsverteilung des O.ö. Verwaltungssenates zuständige Mitglied.

1.3. Dem Beschuldigten wurde im einzelnen vorgeworfen, es als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher vertreten zu haben, daß im Standort F am 15.4.1993 gefährliche Abfälle und Altöle wie Kfz-Batterien, Altöle, Autowracks, ölbehaftete Motor- und Getriebeteile, PCB-ölhältige Kondensatoren aus Leuchtstoffröhrenbalken übernommen und abgelagert wurden, somit die Tätigkeit eines Abfall- und Altölsammlers ausgeübt worden sei, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 AWG erforderlichen Erlaubnis zu sein. Weiters wurde ihm vorgeworfen, ebenfalls am 15.4.1993 gefährliche Abfälle und Altöle wie Kfz-Batterien, Altöle, Autowracks, ölbehaftete Motor- und Getriebeteile und PCB-ölhältige Kondensatoren aus Leuchtstoffröhrenbalken nicht gemäß § 11 Abs.1 AWG von anderen Abfällen so getrennt gelagert zu haben, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden wurden, indem gefährliche Abfälle ungeordnet, mit nichtgefährlichen Abfällen vermengt, in einer Art und Weise gelagert wurden (großteils unbefestigter Boden, Gefahr eines Austrittes von PCB-hältigem Isolieröl), daß die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann.

1.4. Der angenommene Sachverhalt gründete sich auf eine unangekündigte behördliche Überprüfung der gewerblichen Betriebsanlage der D F Ges.m.b.H. im Standort L , F , durch Amtssachverständige des Magistrates der Landeshauptstadt Linz am 15.4.1993 im Beisein der Herren M und W M . Dabei wäre der im Spruch dargestellte Sachverhalt festgestellt worden.

Im Ladungsbescheid vom 28.7.1993 wurden dem Beschuldigten die im Spruch bezeichneten Verwaltungsübertretungen vorgeworfen; allerdings wurde als Tattag (ausschließlich) der 16.4.1993 bezeichnet.

Die Begründung des gegenständlichen Straferkenntnisses stützt sich weiters auf ein Gutachten des gewerbetechnischen Amtssachverständigen vom 16.4.1994. (Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ein derartiges Gutachten jedoch nicht zu entnehmen, sodaß es sich um das Gutachten handeln dürfte, das sich in der Niederschrift vom 16.4.1993 findet.) Weiters wurde eine Stellungnahme eines Amtssachverständigen des Amtes für Umweltschutz vom 24.11.1993 zur Abfallqualität der am 15.4.1993 vorgefundenen Abfälle eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 21.12.1993 sprach sich der Beschuldigte gegen diese Stellungnahme aus und brachte seiner Verteidigung dienliche Argumente vor.

Aus diesem Ermittlungsverfahren erschien der belangten Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt als erwiesen.

Zum Umstand, daß im Ladungsbescheid vom 28.7.1993 irrtümlich der 16.4.1993 als Tattag angegeben wurde anstelle des 15.4.1993, an dem die Überprüfung an Ort und Stelle stattgefunden hatte, stellte die Behörde fest, daß in Ansehung der eindeutigen Deckung mit der Aktenlage dieser im Ladungsbescheid falsch angeführte Tattag zulässiger Weise berichtigt und mit 15.4.1993 festgestellt werden konnte.

Die belangte Behörde prüfte auch das Verschulden und stellte dieses als gegeben fest. Weiters enthält das angefochtene Straferkenntnis Ausführungen zur Strafhöhe bzw. zur Strafbemessung.

2. Gegen dieses Straferkenntnis, das nach der Aktenlage am 27.6.1994 persönlich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung. Damit wird das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und beantragt, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu, die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln oder ganz nachzusehen.

Im einzelnen wird ausgeführt, daß laut Ladungsbescheid vom 28.7.1993 dem Beschuldigten die Begehung der in Rede stehenden Tathandlungen zum Zeitpunkt 16.4.1993 vorgeworfen worden sei. Im nunmehr bekämpften erstbehördlichen Straferkenntnis vom 21.6.1994 werde dem Beschuldigten erstmals als Tatzeitpunkt der 15.4.1993 vorgeworfen. Da es sich in diesem Fall um ein fortgesetztes Delikt handelt, sei die Verjährungsfrist - unabhängig davon, wann eine allfällige strafbare Tätigkeit begonnen hat - von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem diese von der Behörde nach dem im Spruch bezeichneten Zeitpunkt als abgeschlossen angenommen worden ist. Da dem Beschuldigten im Straferkenntnis vom 21.6.1994 erstmals als Tatzeitpunkt der 15.4.1993 angelastet wurde, wäre die erste Verfolgungshandlung hinsichtlich des vorgeworfenen Tatzeitpunktes 15.4.1993 am 21.6.1994 gesetzt worden und läge daher außerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist.

Weiters bestreitet der Beschuldigte, überhaupt Abfälle im Sinne des AWG gelagert zu haben und bringt dazu eine Reihe von Argumenten vor. Überdies wird eine Reihe von Verfahrensmängel gerügt.

Abschließend wird beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, daß dieses behoben wird und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu, die verhängte Strafe in eine mildere umzuwandeln oder ganz nachzusehen.

3. Da aus der Aktenlage der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig feststeht und die Klärung der Rechtsfrage auch außerhalb einer mündlichen Verhandlung erfolgen kann, war aus verwaltungsökonomischen Gründen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde (§ 51 Abs.1 VStG).

Gemäß § 51c entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängte wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Daraus ergibt sich, daß hinsichtlich der Fakten a und b des angefochtenen Straferkenntnisses die Zuständigkeit der Kammer des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist.

4.2. Der Berufungswerber ist mit seinem Vorbringen bezüglich der eingetretenen Verfolgungsverjährung im Ergebnis im Recht:

Bei der zur Legitimation ihrer Entscheidung von der ersten Instanz zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelte es sich um die Lösung der Frage der Befugnis zur Erlassung eines Berichtigungsbescheides durch die Berufungsbehörde bei einer offensichtlichen Unrichtigkeit im Straferkenntnis der ersten Instanz; dabei handelte es sich um das Verhältnis zu einer von der ersten Instanz geführten, früheren, vollständigen und rechtzeitigen Verfolgungshandlung. Die belangte Behörde legte dem Beschuldigten im vorliegenden Fall bezüglich der Sammlung, "Ablagerung" und nicht ordnungsgemäßen Trennung der Abfälle keinen Tatzeitraum, innerhalb dessen eine Einschränkung jederzeit möglich wäre, zur Last, sondern bezog sich in der Verfolgungshandlung, nämlich dem Ladungsbescheid vom 28.7.1993, auf einen einzelnen Tag, nämlich den 16.4.1993.

Zur Einleitung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens war es offensichtlich dadurch gekommen, daß am 15.4.1993 eine Amtsabordnung die Betriebsanlage kontrolliert hatte. Die Niederschrift zu dieser Amtshandlung, bei der der Beschuldigte an sich Partei war, zu der er jedoch nicht zugezogen wurde (aus welchen Gründen immer), wurde am 16.4.1993 im Linzer Rathaus aufgenommen.

Für das angelastete Delikt war es zur Verteidigung des Beschuldigten bedeutsam, ob die Tat (nicht auch, bzw. nur) am 16.4.1993 begangen wurde. Er wurde am 15.4.1993 mündlich beanstandet und wäre sohin das Gewicht der subjektiven Tatseite - nach Aufklärung über die Unrechtmäßigkeit - höher anzusetzen gewesen. Deshalb hätte die belangte Behörde noch innerhalb der mit einem halben Jahr bemessenen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 Abs.2 zweite Alternative VStG) das Abgehen auf einen anderen Tatzeitpunkt vornehmen müssen, um keinem Verfolgungshindernis zu unterliegen.

Nachdem sie dies jedoch erst mit dem am 21.6.1994 datierten, den Bereich der Behörde am 22.6.1994 verlassenden Straferkenntnis getan hat, hat sie den Sachverhalt in einem bedeutenden Teil ausgewechselt, obwohl in diesem Teil Verfolgungsverjährung eingetreten war.

Aus diesem Grunde war iSd § 51e Abs.1 VStG das Straferkenntnis in den zur Prüfung gestandenen Teilen sofort zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt oder eine verhängte Strafe infolge Berufung aufgehoben, so sind die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen (§ 66 Abs.1 VStG).

Da das Straferkenntnis in den Punkten a und b behoben wurde, entfällt somit ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum