Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210197/3/Le/La

Linz, 27.06.1995

VwSen-210197/3/Le/La Linz, am 27. Juni 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des M S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W, Dr.

A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.11.1994, UR96-85-1994, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 21.11.1994 wurde der nunmehrige Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1, § 1 Abs.3 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz:

AWG) mit einer Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: zehn Tage) bestraft.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, im Zeitraum von zumindest Juli 1994 bis 22. September 1994 auf dem Grundstück Nr., KG U, Gemeinde S, einen PKW Ford Scorpio abgelagert zu haben. Bei diesem Fahrzeug handle es sich um gefährlichen Abfall iSd Bestimmungen des § 2 Abs.1 Z2 AWG.

Die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse sei deshalb geboten, da sich Motor und Getriebe noch im Fahrzeug befanden und im Falle des Austrittes der im Motor und Getriebe befindlichen Betriebsflüssigkeiten, wie Motor- und Getriebeöl, mit einer Verunreinigung des Grundwassers gerechnet werden müsse. Auf Grund des Abstellens des genannten Fahrzeuges habe er somit entgegen der Bestimmung des § 17 Abs.1 AWG gefährliche Abfälle nicht so gelagert, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 leg.cit.

vermieden würden.

In der Begründung wurde auf das Ermittlungsverfahren, insbesonders die gutachtliche Stellungnahme des Amtssachverständigen sowie die Rechtfertigung des Beschuldigten hingewiesen.

In der Folge wurde das Gutachten auszugsweise wiedergegeben und daraus der Schluß gezogen, daß in rechtlicher Hinsicht das beschriebene Fahrzeug - ungeachtet der mangelnden Entledigungsabsicht - den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs.1 Z2 AWG erfülle, da die Erfassung und Behandlung als Abfall zur Hintanhaltung einer Grundwasserbeeinträchtigung im öffentlichen Interesse geboten sei. Somit wäre die Ablagerung des Fahrzeuges im vorgeworfenen Zeitraum nicht so vorgenommen worden, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden würden.

Zur Strafbemessung wurde bemerkt, daß unter Berücksichtigung der bekanntgegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, seiner bisherigen Unbescholtenheit sowie des Umstandes, daß keine straferschwerenden Umstände vorliegen, die vorgesehene Mindeststrafe verhängt werden konnte.

2. Dagegen richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 2.12.1994. Darin beantragt der Bw, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen (neben weiteren Eventualanträgen).

In der Begründung dazu brachte er vor, daß er das gegenständliche Fahrzeug nicht abgelagert hätte, sondern wäre der Ford Scorpio, der seinerzeit das Kennzeichen B getragen hätte, am 22.6.1994 bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden. Auf Grund dieses Unfalles werde beim BG Mauerkirchen ein Strafverfahren abgeführt und es sei auch noch die zivilrechtliche Seite dieses Ereignisses ungeklärt.

Eine Schadenersatzleistung sei noch nicht erbracht worden, sodaß das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Sachverständigenerhebung immer noch der Instandsetzung harrte. Dies einerseits, weil es zur Beweisführung in den gerichtlichen Verfahren benötigt werde und andererseits, weil das Fahrzeug im Dezember 1993 erst zum Preis von 200.000 S bankfinanziert angekauft worden sei und auf Grund dieser Kreditbelastung eine weitere Kreditaufnahme zur Vorstreckung der Reparaturkosten nicht in Frage komme.

Der Bw wies weiters darauf hin, daß der Amtssachverständige festgestellt hätte, daß jedenfalls bis zum 22. September keine Flüssigkeiten aus dem Fahrzeug ausgetreten seien und daß auch nachher nichts ausgeflossen sei (das Fahrzeug habe er in die Garage verbracht).

Die Behörde habe daher zu Unrecht festgestellt, daß es sich dabei um gefährlichen Abfall handle und daß mit einer Verunreinigung des Grundwassers gerechnet werden müsse. § 1 Abs.3 AWG enthalte eine Aufteilung in acht Ziffern von Gefahren oder Beeinträchtigungen, die im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich machen. Die Behörde hätte konkret anzugeben gehabt, unter welche Ziffer des Abs.3 der Sachverhalt zu subsumieren wäre. Eine Verunreinigung des Grundwassers sei in diesem Katalog jedenfalls nicht enthalten. Daher sei die Behandlung des Fahrzeuges als Abfall nicht im öffentlichen Interesse geboten, weshalb es keinen Abfall iSd AWG darstelle.

Die Behörde hätte auch nicht ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens aus dem Bereich des Kraftfahrzeugwesens davon ausgehen dürfen, daß die bloße Anwesenheit von Motor und Getriebe im Fahrzeug Gefahren auslösen könnte. Ein derartiger Sachverständigenbeweis hätte zum Ergebnis gehabt, daß von dem Fahrzeug keine größere Undichtheitsgefahr ausgehe als von jedem anderen geparkten PKW.

Die Behörde habe auch zu Unrecht einen Verstoß gegen § 17 Abs.1 AWG angenommen. Einerseits sei nicht klar, ob ein Verstoß gegen den ersten oder den zweiten Satz des Abs.1 den Betrachtungen zugrundegelegt worden ist, andererseits wäre eine Strafbarkeit im Zusammenhalt mit dieser Bestimmung nur dann gegeben, wenn eine Beeinträchtigung iSd § 1 Abs.3 nicht vermieden worden wäre, sohin eine solche Beeinträchtigung iSd Kataloges des § 1 Abs.3 tatsächlich aufgetreten wäre.

Sogar das von der Behörde eingeholte Gutachten komme aber zu dem Ergebnis, daß es nicht zum Austritt von gefährlichen Flüssigkeiten bis dorthin gekommen sei. Die von der Behörde herangezogene Strafbestimmung sei daher auch deswegen auf den gegenständlichen Sachverhalt nicht anzuwenden.

Im übrigen wäre das Verschulden zu geringfügig, daß von der Strafe abzusehen gewesen wäre bzw. die Mindeststrafe jedenfalls zur Hälfte hätte unterschritten werden müssen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt einen für die spruchmäßige Entscheidung ausreichend ermittelten Sachverhalt vorgefunden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin aus Gründen der Verwaltungsökonomie entfallen.

3.1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, daß die belangte Behörde bei der Beurteilung des Sachverhaltes (allein) von der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft beim Amt der o.ö.

Landesregierung vom 23.9.1994 ausgegangen ist. Dabei war folgendes festgestellt worden:

"Beim dritten Fahrzeug handelte es sich um einen weinroten PKW Marke Ford Scorpio (Foto Nr. 8 und 9). Am Fahrzeug war eine Überprüfungsplakette mit den Nummern B sowie ADT angebracht.

Das Fahrzeug wies an der Vorderfront einen Unfallschaden auf. Die Frontpartie war völlig aufgerissen. Die Vorderachse war verschoben. Die Windschutzscheibe wies Sprünge auf.

Motor und Getriebe befanden sich noch im Fahrzeug. Der ggst.

PKW war mit einer Plane abgedeckt.

Das Austreten von Flüssigkeiten, wie zB Motoröl oder Bremsflüssigkeit etc. konnte bei den abgestellten Fahrzeugen augenscheinlich nicht festgestellt werden.

Das Abstellen der vier beschriebenen Fahrzeuge in der vorgefundenen Form ist aus fachlicher Sicht jedenfalls als unzulässig anzusehen, da auf Grund des teilweise hohen Beschädigungsgrades bei Auftreten von Undichtheiten die in den Fahrzeugen enthaltenen grundwassergefährdenden Flüssigkeiten austreten könnten.

Die vorgefundenen Fahrzeuge können aus fachlicher Sicht auf Grund des oben beschriebenen Zustandes als gefährlicher Abfall angesehen werden und wären der Schlüsselnummer 35103 "Eisen- und Stahlabfälle, verunreinigt" gemäß ÖNORM S 2100 "Abfallkatalog" zuzuordnen.

Die abgestellten Fahrzeuge wären umgehend zu entfernen und einer nachweislichen fachgerechten Entsorgung zuzuführen." Aus den beiden erwähnten Fotos ist ersichtlich, daß der genannte PKW auf einer Wiese unmittelbar neben einem Haus abgestellt war. Er war fast vollständig mit einer Plane bedeckt (auch die Windschutzscheibe!); lediglich der rechte Kotflügel, das rechte Vorderrad sowie die Beifahrerseite waren nicht abgedeckt. Aus den Konturen der Frontpartie, die ebenfalls mit der Plane abgedeckt war, ist ersichtlich, daß die Motorhaube weitgehend unverformt war und auch die Stoßstange - mit Ausnahme des rechten Teiles, der abgerissen beim Vorderrad hing - unverformt war.

3.2. In seiner Rechtfertigung vor der belangten Behörde vom 18.11.1994 bestritt der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung mit der Begründung, daß es sich seiner Ansicht nach beim gegenständlichen Fahrzeug nicht um Abfall iSd AWG handle. Nach Vorhalt des SV-Gutachtens wies er darauf hin, daß es sich bei diesem Fahrzeug, das er um 200.000 S gekauft hatte, um ein solches handle, mit dem er kurz vor dem Abstellen (Juni oder Juli 1994) einen Unfall hatte. Er habe die Absicht, das Fahrzeug reparieren zu lassen, da kein Totalschaden vorliege. Es sei lediglich der rechte Kotflügel sowie die Beifahrerseite beschädigt, der Motor sei jedoch nicht beschädigt. Er glaube daher, daß aus dem Fahrzeug keine Betriebsflüssigkeiten austreten würden, er habe jedoch unmittelbar nach der durch den Amtssachverständigen durchgeführten Überprüfung das Fahrzeug in seiner Garage abgestellt, welche über einen betonierten Boden verfüge, sodaß selbst bei Austreten von Betriebsflüssigkeiten eine Grundwassergefährdung ausgeschlossen sei.

3.3. Die belangte Behörde hat - laut vorgelegtem Verwaltungsakt - diese Rechtfertigungsangaben nicht weiter überprüft.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Dem Beschuldigten steht gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat zu, in dessen Sprengel nach dem Ausspruch der Behörde erster Instanz die Tat begangen wurde. Nach dem angefochtenen Straferkenntnis liegt der Tatort in der Gemeinde Schalchen, sodaß die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates gegeben ist.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 AWG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen a) mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert, ...

§ 17 Abs.1 AWG bestimmt folgendes:

"(1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln), daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig" § 1 Abs.3 AWG legt taxativ die geschützten öffentlichen Interessen fest. Demnach ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls 1. die Gesundheit des Menschen gefährdet und unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können, 2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen verursacht werden können, 3. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann, 4. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können, 5. Geräusche und Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können, 6. das Auftreten und die Vermehrung von schädlichen Tieren und Pflanzen sowie von Krankheitserregern begünstigt werden, 7. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann, 8. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

Nach § 2 Abs.1 AWG sind Abfälle bewegliche Sachen, 1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder 2. deren Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs.3) geboten ist.

Die Erfassung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

Abs.2 leg.cit. bestimmt, daß eine geordnete Erfassung und Behandlung iSd Bundesgesetzes jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs.3) geboten ist, 1. als eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder 2. solange sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht oder 3. solange die Sache nach dem Ende ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung im unmittelbaren Bereich des Haushaltes bzw. der Betriebsstätte auf eine zulässige Weise verwendet oder verwertet wird.

§ 2 Abs.5 AWG definiert gefährliche Abfälle als Abfälle, deren ordnungsgemäße Behandlung besondere Umsicht und besondere Vorkehrungen im Hinblick auf die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) erfordert und deren ordnungsgemäße Behandlung jedenfalls weitergehender Vorkehrungen oder einer größeren Umsicht bedarf, als dies für die Behandlung von Hausmüll entsprechend den Grundsätzen des § 1 Abs.3 erforderlich ist.

Entsprechend der Verordnungsermächtigung des § 2 Abs.7 AWG hat der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie die Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl.

49/1991 erlassen und darin festgelegt, welche Abfälle im einzelnen als gefährlich zu gelten haben. Darin wurde die ÖNORM S 2101, Ausgabe 1983, sowie der darin enthaltene Abfallkatalog zur Gänze als verbindlich iSd Verordnung erklärt; weiters wurden einzelne Abfälle aus dem allgemeinen Abfallkatalog der ÖNORM S 2100, Ausgabe 1990, als gefährliche Abfälle erklärt.

4.3. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren hat sich darauf beschränkt, die augenscheinliche Feststellung eines Amtssachverständigen für Abfalltechnik vom 23.9.1994 (siehe oben unter 3.1.) einem Straferkenntnis zugrundezulegen, mit dem immerhin eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S verhängt wurde, obwohl diese "gutachtliche Stellungnahme" in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig geblieben war und obwohl der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung auf diese triftigen Mängel hingewiesen hatte.

Damit aber hat die belangte Behörde den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, der sich aus § 25 Abs.2 VStG iVm § 37 AVG ergibt, verletzt.

Im Ermittlungsverfahren wäre zu klären gewesen, ob sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt sind, nämlich die Abfalleigenschaft des PKWs, bejahendenfalls die Gefährlichkeit des Abfalls, die Lagerung als Abfall und die Verletzung eines oder mehrerer öffentlicher Interessen.

Dabei wäre von folgenden Kriterien auszugehen gewesen:

Zur Abfalleigenschaft:

Es hätte zunächst geprüft werden müssen, ob dem abgestellten PKW die Eigenschaft als Abfall im objektiven Sinn zukommt (die subjektive Abfalleigenschaft konnte auf Grund der Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten ausgeschlossen werden).

Zur Feststellung der objektiven Abfalleigenschaft hätte der Zustand des PKWs an Ort und Stelle begutachtet werden müssen, allenfalls unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik.

Die vom abfalltechnischen Amtssachverständigen abgegebene Zustandsbeschreibung (= Befund) reicht - unter Berücksichtigung der angefertigten Lichtbilder und der Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten - jedenfalls nicht dafür aus, daraus den gutachtlichen Schluß zu ziehen, daß es sich bei diesem KFZ um Abfall handelt. So divergieren etwa die Angaben über die Beschädigungen des Fahrzeuges: Während der Amtssachverständige beschrieb, daß die Frontpartie völlig aufgerissen sei, gab der Beschuldigte nach Vorhalt der gutachtlichen Stellungnahme an, daß lediglich der rechte Kotflügel und die Beifahrerseite beschädigt wären (der Motor jedoch nicht). Es ist zumindest unklar, was der Amtssachverständige mit dem Begriff "Frontpartie" meinte:

Wenn damit der Vorderwagen bezeichnet werden sollte, so muß dem entgegengehalten werden, daß aus den beiden angefertigten Fotos erkennbar ist, daß unter der eng aufliegenden Plane die Motorhaube und die Kühlerpartie einschließlich Stoßstange und Nummerntafelhalterung des PKW (zumindest nahezu) unbeschädigt erscheinen (der Amtssachverständige hatte sich nicht einmal die Mühe genommen, zur Anfertigung der Dokumentationsfotos die Plane zu entfernen!). Auch die belangte Behörde hätte erkennen müssen, daß die "Frontpartie" iSd Vorderwagens eben nicht aufgerissen erscheint, sondern lediglich der rechte Kotflügel zerstört und die Beifahrerseite eingedrückt ist (wie es den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten entspricht).

Während der Beschuldigte angegeben hatte, daß er die Absicht habe, das Fahrzeug reparieren zu lassen, da kein Totalschaden vorliege, liegt dazu keine konkrete Stellungnahme des Amtssachverständigen vor: Dieser hatte sich mit der globalen, vier Kraftfahrzeuge umfassenden Aussage begnügt, daß "das Abstellen der vier beschriebenen Fahrzeuge in der vorgefundenen Form aus fachlicher Sicht jedenfalls als unzulässig anzusehen (sei), da auf Grund des teilweise hohen Beschädigungsgrades bei Auftreten von Undichtheiten, die in den Fahrzeugen enthaltenen grundwassergefährdenden Flüssigkeiten austreten könnten".

Damit wurde aber nicht dargetan, daß bei diesem KFZ Undichtheiten aufgetreten sind. Der Sachverständige hatte vielmehr zuvor ausdrücklich angegeben, daß das Austreten von Flüssigkeiten bei den abgestellten Fahrzeugen augenscheinlich nicht festgestellt werden konnte. Die lediglich allgemein gehaltene Feststellung, daß "bei Auftreten von Undichtheiten die in den Fahrzeugen enthaltenen grundwassergefährdenden Flüssigkeiten austreten könnten" trifft auf jeden PKW zu; selbst bei einem Neuwagen könnten bei Auftreten von Undichtheiten grundwassergefährdende Flüssigkeiten austreten.

Damit aber kann aus dieser gutachtlichen Stellungnahme nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Gewißheit entnommen werden, daß es sich bei diesem Fahrzeug um Abfall handelte. Vielmehr kann aus dieser Stellungnahme in Verbindung mit den beiden Fotos und den Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten als wahrscheinlich angenommen werden, daß es sich bei diesem Fahrzeug eben um keinen Abfall handelt.

Hinzuweisen ist auch noch auf den für die belangte Behörde bindenden Erlaß des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 9.11.1993, Zl. 08 3504/833-V/4/93-Lo, wonach bei Fahrzeugen, die zur Reparatur bestimmt sind, die Reparaturkosten derselben in Österreich maßgebendes Kriterium für die Beurteilung der Abfalleigenschaft sind.

Der Bw hat in seiner Rechtfertigung vom 18.11.1994 angegeben, die Absicht zu haben, das Fahrzeug reparieren zu lassen. Auch dieser Einwand wurde von der belangten Behörde ohne weitere Begründung unberücksichtigt gelassen.

Zur Gefährlichkeit des Abfalls:

Wenn das Ermittlungsverfahren ergeben hätte, daß der PKW als Abfall einzustufen ist, hätte weiters untersucht werden müssen, ob es sich um gefährlichen oder nicht gefährlichen Abfall handelt. Das Vorhandensein von Betriebsflüssigkeiten, wie Motoröl, Kühlflüssigkeit, Kraftstoff und Batterieflüssigkeit ist zwar ein Indiz für die Einstufung eines Altautos als gefährlicher Abfall, doch muß deren Vorhandensein erst nachgewiesen werden.

Auch diesbezüglich läßt die gutachtliche Stellungnahme des abfalltechnischen Amtssachverständigen jegliche Erhebung vermissen (zB durch Untersuchung des Motors mittels Ölmeßstab, des Kraftstofftankes, der Batterie udgl.).

Derartige konkrete Erhebungen sind jedoch nicht durchgeführt worden, warum die Behörde auch nicht darlegen konnte, warum die Behandlung dieses PKWs als gefährlicher Abfall geboten gewesen wäre.

Insbesonders wird darauf hingewiesen, daß bei Fehlen von gefährlichen Bestandteilen ein Autowrack nicht gefährlichen Abfall iSd § 2 Abs.5 AWG, sondern nichtgefährlichen Abfall iSd § 2 Abs.7 Z7 des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 darstellen würde (Was zur Folge hätte, daß der Sachverhalt unter den Gesichtspunkten eines anderen Gesetzes zu sehen gewesen wäre!).

Zur Lagerung:

Wenn man davon ausgeht, daß die Abfalleigenschaft des PKWs festgestellt worden wäre, so wäre der Umstand des "Lagerns" als offenkundige Tatsache nicht näher zu erweisen gewesen.

Andernfalls aber handelt es sich um das bloße "Abstellen" eines unfallbeschädigten PKWs auf eigenem Grund, das abfallwirtschaftsrechtlich nicht relevant ist.

Zur Verletzung öffentlicher Interessen:

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (siehe etwa VwSen-210101/2/Ga/La vom 9.12.1994), daß die in einem Ermittlungsverfahren festgestellte, sachverhaltsbezogen nicht auszuschließende Beeinträchtigung der in § 1 Abs.3 AWG umschriebenen öffentlichen Interessen genügt. Das heißt, daß auf der einen Seite die Beeinträchtigung nicht schon aktuell eingetreten sein muß, auf der anderen Seite würde aber eine bloß abstrakte, dh vom vorgefundenen Sachverhalt ganz losgelöste Denkmöglichkeit allein nicht genügen.

Vom Amtssachverständigen wurde festgestellt, daß keine aktuelle Umweltbeeinträchtigung durch Austreten von Flüssigkeiten festgestellt werden konnte. Eine konkrete Begründung dafür, daß eine solche aber zu erwarten ist, fehlt. Der Amtssachverständige hat vielmehr eine bloß abstrakte Denkmöglichkeit ("bei Auftreten von Undichtheiten könnten grundwassergefährdende Flüssigkeiten austreten") einer gutachtlichen Beurteilung zugrundegelegt.

Damit aber wurde eine Verletzung öffentlicher Interessen nicht in der erforderlichen konkreten Form nachgewiesen.

4.4. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ist daher so mangelhaft geblieben, daß der Tatvorwurf mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Deutlichkeit nicht erwiesen ist.

Es ist dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht möglich, dieses Beweisverfahren nachzuholen, weil sich die Umstände an Ort und Stelle nach etwa einem Jahr mit Sicherheit so geändert haben, daß eine Feststellung des wahren Sachverhaltes an Ort und Stelle nicht mehr möglich sein wird.

Überdies ist es mit der verfassungsrechtlichen Stellung des unabhängigen Verwaltungssenates als einem Organ der Gesetzmäßigkeitskontrolle nicht vereinbar, daß er an Stelle der belangten Behörde substantielle, sich auf die Klärung offensichtlicher Zweifelsfragen beziehende Versäumnisse des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens nachholt. Er würde dadurch nämlich nicht bloß die Funktion des entscheidenden, sondern auch des untersuchenden Organes ausüben (siehe hiezu VwSen-210085/5/Ga/La vom 15.9.1994).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Berufungswerber weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum