Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210205/9/Le/La

Linz, 14.02.1996

VwSen-210205/9/Le/La Linz, am 14. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau I S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H und Dr. K H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 14.10.1994 (richtig: 14.12.1994), Ge96-318-1994/Ew, im Spruchteil 2. wegen Übertretung des O.ö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen Spruchabschnitt 2. des Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2.

aufgehoben. Gleichzeitig wird hinsichtlich der in Punkt 2. vorgeworfenen Verwaltungsübertretung das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens hinsichtlich Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: §§ 65 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 14.10.1994 (richtig: 14.12.1994) wurde Frau Ingeburg Schmidt als verantwortliche Inhaberin des Handelsgewerbes, im Spruchabschnitt 1. wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z2 Gewerbeordnung und im Spruchabschnitt 2. wegen Übertretung des § 42 Abs.1 Z2 lit.b iVm § 7 Abs.1 des O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) bestraft. Hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach dem O.ö. AWG wurde eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag) verhängt; gleichzeitig wurde sie verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu bezahlen.

(Hinsichtlich der unter Spruchabschnitt 1. vorgeworfenen Übertretung der Gewerbeordnung entscheidet das nach der Geschäftsverteilung des O.ö. Verwaltungssenates zuständige Mitglied; das gegenständliche Erkenntnis bezieht sich daher ausschließlich auf die unter Spruchabschnitt 2. vorgeworfene Übertretung des O.ö. AWG.) Im einzelnen wurde der nunmehrigen Bw vorgeworfen, auf dem rückwärtigen Teil der Liegenschaft K, Traun, Strauchschnitt, Baustellenabfälle, wie Drahtgitter, Wellplatten, Leergebinde, Metallteile, Holzreste und Schaumkartuschen, 4 m3 Holzpaletten und 7 m3 Altholz in Entledigungsabsicht gelagert und somit Abfälle iSd O.ö. AWG entgegen § 7 Abs.1 O.ö. AWG außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage gelagert zu haben.

In der Begründung wurde nach einer Wiedergabe der Rechtslage dargelegt, daß von Behördenorganen am 13.10.1994 festgestellt worden sei, daß die angeführten Abfälle in Entledigungsabsicht entgegen § 7 O.ö. AWG nicht wie gefordert in Abfallbehältern gelagert wurden. Durch diese Handlungsweise sei ein strafbarer Tatbestand gemäß § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. AWG verwirklicht worden.

Hinsichtlich des Verschuldens nahm die Erstbehörde in Anwendung des § 5 Abs.1 VStG Fahrlässigkeit an.

Abschließend legte die Behörde die Gründe für die Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 2.1.1995, mit der die Bw beantragte, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Strafausmaß zu reduzieren.

In der Begründung wurde auf das falsche Datum des Straferkenntnisses hingewiesen und eine Verletzung von Verfahrensrechten in diesem Zusammenhang behauptet.

Schließlich brachte die Bw vor, die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben und daß auch der Spruch nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat antragsgemäß eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und diese am 24.10.1995 auch durchgeführt. An dieser Verhandlung nahmen beide nach der Geschäftsverteilung des O.ö.

Verwaltungssenates zur Behandlung dieses Straferkenntnisses bzw. der eingebrachten Berufung zuständigen Mitglieder des unabhängigen Verwaltungssenates teil.

Dabei wurde zunächst festgestellt, daß es sich bei der Datierung des angefochtenen Straferkenntnisses um einen offensichtlichen Schreibfehler handelte und das korrekte Datum "14. Dezember 1994" heißen müßte.

Der Rechtsvertreter der Bw behauptete eine falsche Tatortbezeichnung, da die Bw an der Adresse K ihre Betriebsliegenschaft habe und nicht an der Hausnummer .. .

Zu den vorgeworfenen Abfällen gab die Bw an, daß diese im Zuge von Umbauarbeiten an Ort und Stelle angefallen wären.

Diese Lagerung wäre jedoch nur kurzfristig erfolgt, da diese ungefähr am 17.10.1994 nach Asten entsorgt worden wären.

Der Vertreter der belangten Behörde bestätigte, daß bei einem weiteren Lokalaugenschein vom 27.7.1995 die Abfälle nicht mehr vorgefunden worden sind.

Die Verhandlung wurde vertagt, um die richtige Adresse feststellen zu können. Aus den im folgenden angeführten Gründen war jedoch eine weitere Verhandlung nicht mehr erforderlich, sondern spruchgemäß zu entscheiden.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Beschuldigten steht das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Der nunmehrigen Bw wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, auf der bezeichneten Liegenschaft Strauchschnitt, Baustellenabfälle wie Drahtgitter, Wellplatten, Leergebinde, Metallteile, Holzreste und Schaumkartuschen sowie 4 m3 Holzpaletten und 7 m3 Altholz in Entledigungsabsicht gelagert zu haben und somit Abfälle entgegen § 7 Abs.1 O.ö. AWG außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage gelagert zu haben.

Als übertretene Verwaltungsvorschriften wurden die §§ 42 Abs.1 Z2 lit.b iVm 7 Abs.1 O.ö. AWG festgestellt.

Die Strafnorm des § 42 Abs.1 Z2 lit.b O.ö. AWG hat folgenden Wortlaut:

Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen 2. mit Geldstrafe bis 100.000 S, wer b) entgegen § 7 Abs.1 Abfälle wegwirft oder sonst außerhalb von Abfallbehältern oder Abfallbehandlungsanlagen lagert bzw.

ablagert, ... .

In § 7 stellte der Landesgesetzgeber eine "allgemeine Regel für die Lagerung und Ablagerung von Abfällen" auf. Demnach dürfen gemäß Abs.1 Abfälle nur in Abfallbehältern (§ 11 Abs.1 und § 14) vorübergehend gelagert oder in Abfallbehandlungsanlagen (§ 20 Abs.1), je nach deren Zweckbestimmung, vorübergehend gelagert oder dauernd abgelagert werden.

Absatz 2 dieser Bestimmung normiert Ausnahmen von dieser allgemeinen Regel, indem angeordnet wird, daß Abs.1 nicht gilt für 1. Abfälle, die für eine unmittelbar bevorstehende Sammlung und Abfuhr bereitgestellt werden, 3. Abfälle, die ihrer Natur nach in anderer Weise als iSd Abs.1 gelagert oder abgelagert werden, ... .

Bei den vorgefundenen Abfällen, die im Spruch des Straferkenntnisses beschrieben wurden als Strauchschnitt, Baustellenabfälle, Holzpaletten und Altholz, handelt es sich um "sonstige Abfälle" iSd § 2 Abs.7, insbesonders Z1c, 4 und 10 O.ö. AWG. Aufgrund ihrer Größe und Form passen sie daher nicht in Abfallbehälter iSd § 11 Abs.1 bzw. § 14.

Es war daher zu prüfen, ob die vorgefundenen Abfälle nur in einer Abfallbehandlungsanlage hätten gelagert bzw.

abgelagert werden dürfen, oder ob diese auch einfach "liegengelassen" werden durften. In diesem Zusammenhang hat es die belangte Behörde unterlassen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs.2 O.ö. AWG zu prüfen.

Insbesonders deutet der von den Behördenorganen vorgefundene Zustand an Ort und Stelle darauf hin, daß die Ziffern 1 oder 3 des § 7 Abs.2 O.ö. AWG auf diesen Sachverhalt hätten angewendet werden können.

Weiters hat die belangte Behörde eine "Entledigungsabsicht" angenommen: Abgesehen davon, daß sie dann nicht von einer "Lagerung", sondern von einer "Ablagerung" hätte sprechen müssen (in Anwendung der Legaldefinition des § 2 Abs.3 lit.b O.ö. AWG), hat sie keinen Beweis für die angenommene "Entledigungsabsicht" erbracht. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt geht vielmehr hervor, daß am 13.10.1994 anläßlich eines Lokalaugenscheines die beschriebenen Abfälle vorgefunden wurden, nicht jedoch, daß bereits zuvor diese Abfälle irgendwann festgestellt worden wären. Aus dem Aktenvermerk über die Überprüfung geht dagegen hervor, daß "ein Mann mit Aufräumarbeiten beschäftigt" gewesen sei.

Das deutet aber darauf hin, daß eben keine Entledigungsabsicht bestand, weil ansonsten nicht aufgeräumt worden wäre, sondern daß vielmehr diese Abfälle nicht in Entledigungsabsicht gelagert waren.

Anläßlich der mündlichen Verhandlung gab der Rechtsvertreter der Bw auch an, daß diese Abfälle einige Tage später nach Asten gebracht worden seien. Der Vertreter der belangten Behörde räumte ein, daß bei einem weiteren Lokalaugenschein am 27.7.1995 diese Abfälle nicht mehr auf dem Grundstück lagen.

Das hat aber zur Folge, daß der Tatvorwurf der Entledigungsabsicht nicht erwiesen ist. Die äußeren Umstände sprechen vielmehr gegen eine derartige Absicht.

4.3. Bei dieser Sach- und Rechtslage, die durch das Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 24.10.1995 erhärtet wurden, war eine weitere Verhandlung zur Feststellung der richtigen Adresse nicht mehr entscheidungsrelevant, sondern war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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