Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400715/4/Gf/Pe

Linz, 06.06.2005

VwSen-400715/4/Gf/Pe Linz, am 6. Juni 2005

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des V T, K, L, vertreten durch RA Dr. G S, M, L, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz, zu Recht erkannt:

Die Anhaltung des Beschwerdeführers wird für rechtswidrig erklärt.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. Mai 2005, Zl. 1027085/FRB, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen Staatsangehörigen von Serbien und Montenegro, zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und diese am 30. Mai 2005 unmittelbar nach der Zustellung des Bescheides durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz vollzogen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass gegen ihn eine seit dem 14. September 2004 rechtskräftige und durchsetzbare Ausweisung bestehe; da er dieser bislang nicht freiwillig nachgekommen sei, müsse sie nunmehr zwangsweise im Wege der Abschiebung durchgesetzt werden.

1.2. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 1. Juni 2005 per Telefax eingebrachte Beschwerde.

Darin bringt der Rechtsmittelwerber vor, dass diese Ausweisung derzeit nicht mehr durchsetzbar sei, weil sich seit ihrer Entlassung die Umstände insofern wesentlich geändert hätten, als er am 6. November 2004 eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und in der Folge einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gestellt habe. Eine neuerliche Ausweisung sei aber seither nicht mehr verfügt worden. Außerdem sei er in Linz ordnungsgemäß gemeldet, auf Grund einer aufrechten Arbeitserlaubnis bei einer Baufirma beschäftigt und in Österreich sozial vollständig integriert, da sich seine gesamte Familie und Verwandtschaft hier befinde.

Daher wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung beantragt.

1.3. Mit Schriftsatz vom selben Tag, Zl. 1027085/FRB, hat die belangte Behörde den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer lediglich eine Scheinehe geschlossen habe, die bereits mit Urteil vom 21. Februar 2005 wieder geschieden worden sei. Außerdem sei die mit 14. September 2004 rechtskräftig gewordene Ausweisung nach wie vor vollstreckbar.

2. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

2.1. Nach § 72 Abs. 1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 126/2002 (im Folgenden: FrG), hat u.a. derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit dieser Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 61 Abs. 1 FrG können Fremde u.a. dann in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bzw. die Abschiebung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf eine Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie sich diesem Verfahren entziehen werden.

Daraus folgt umgekehrt, dass ein Fremder, der sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhält, auch dann in Schubhaft genommen werden kann, wenn es für die Behörde als plausibel erscheint, dass dieser - im nunmehrigen Wissen um die zu erwartenden fremdenpolizeilichen Zwangsmaßnahmen - versuchen könnte, sich dem weiteren Verfahren zu entziehen oder dieses zumindest zu erschweren, und darüber hinaus die Voraussetzungen des § 66 FrG (gelindere Mittel) nicht vorliegen.

2.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst der belangten Behörde darin beizupflichten, dass ihre mit Bescheid vom 22. Juni 2004, Zl. 1027085/FRB, verhängte und mit Zustellung des abweisenden Berufungsbescheides der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 14. September 2005 rechtskräftig gewordene, seither (was auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten wird) nie formell aufgehobene Ausweisung schon deshalb weiterhin - im Wege der Abschiebung - vollstreckbar ist, weil die vom Rechtsmittelwerber behauptete wesentliche Änderung im Tatsachenbereich, die allenfalls zu einem Wegfall der Rechtskraft führen könnte, nämlich die am 6. November 2004 erfolgte Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin, infolge der zwischenzeitlich erfolgten Scheidung dieser Ehe jedenfalls derzeit nicht mehr vorliegt.

2.3. Andererseits ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer - dessen Sachverhaltsvorbringen von der belangten Behörde nicht bestritten wird - in Linz ordnungsgemäß gemeldet ist und sich bis zu seiner Festnahme auch tatsächlich dort aufgehalten hat. Zudem verfügte er auf Grund eines legalen Beschäftigungsverhältnisses zweifelsfrei über die zur Bestreitung seines Lebensunterhalts erforderlichen finanziellen Mittel.

Davon ausgehend ist offenkundig, dass die Inschubhaftnahme des Rechtsmittelwerbers hier primär dazu diente, um faktische Schwierigkeiten im Zuge der Abschiebung, die auf dem Luftweg erfolgen soll; insbesondere verursacht in diesem Zusammenhang die Stornierung von gebuchten Flugtickets bekanntlich nicht unerhebliche Kosten, wobei regelmäßig die Frage offen bleibt, ob diese beim Beschwerdeführer wieder eingebracht werden können.

Derartige Unannehmlichkeiten rechtfertigen jedoch nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates generell ebensowenig eine Schubhaftverhängung wie eine ohne entsprechende tatsächliche Hinweise (wie z.B. derart, dass er tatsächlich erst ausgeforscht werden musste) getroffene Prognoseentscheidung dahin, dass sich der Fremde im Bewusstsein um drohende Zwangsmaßnahmen dem behördlichen Zugriff entziehen und seine Abschiebung dadurch erschweren könnte.

Denn ein andernfalls zu Gunsten der bloßen Vermeidung von Vollzugsschwierigkeiten auch nur tendenziell gebilligte Abgehen von dem strikten Grundsatz, dass auch im Fremdenrecht die Haftverhängung stets nur eine ultima-ratio-Maßnahme darstellen darf, wäre eines demokratischen Rechtstaates mitteleuropäischer Prägung schlicht unwürdig.

2.4. Unter den gegebenen Umständen war daher der vorliegenden Beschwerde stattzugeben und gemäß § 67c Abs. 3 AVG die Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung festzustellen.

3. Eine Kostenentscheidung war mangels eines darauf gerichteten Antrages des obsiegenden Beschwerdeführers nicht zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 08.09.2005, Zl.: 2005/21/0301-4

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