Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210209/5/Lg/Bk

Linz, 14.07.1995

VwSen-210209/5/Lg/Bk Linz, am 14. Juli 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Herrn Dr. A D, P, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. März 1995, Zl. 502-32/Kn/We/222/94e, wegen Übertretung der O.ö.

Bauordnung, LGBl.Nr. 35/1976, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und anstelle der verhängten Strafe wird eine Ermahnung ausgesprochen. Verfahrenskostenbeiträge entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 21 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Stunden verhängt, weil er als Bauherr von einem bescheidmäßig bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise konsenslos abgewichen sei, indem ein Erker anstatt in der genehmigten Tiefe von 1,00 m in der Tiefe von 1,90 m ausgeführt worden sei, was im Vergleich zum genehmigten Bauvorhaben einen Zubau darstelle.

Der Berufungswerber habe sich dadurch einer Verwaltungsübertretung gemäß § 68 Abs.1 lit.b iVm § 53 Abs.2 lit.a iVm § 41 Abs.1 lit.a O.ö. BauO. schuldig gemacht.

Begründend verweist das angefochtene Straferkenntnis ua auf die Aussage der Gattin des Berufungswerbers anläßlich ihrer Einvernahme am 11. November 1994 vor der belangten Behörde:

Der Berufungswerber habe bereits im Jahr 1992 um Baubewilligung angesucht. Dieses Ansuchen sei jedoch aufgrund des Widerspruches zum Bebauungsplan abgelehnt worden. Unter anderem habe der Berufungswerber den betreffenden Erker in der Tiefe von 1,90 m eingereicht.

Daraufhin habe der Berufungswerber das Bauansuchen abgeändert und eine Baubewilligung erhalten, die dem geltenden Bebauungsplan entsprach. Es sei dem Berufungswerber in der Folge anläßlich mehrerer Telefonate mitgeteilt worden, daß die Möglichkeit bestünde, nachträglich - sobald der neue Bebauungsplan rechtskräftig sein würde - um eine Planänderungsbewilligung anzusuchen.

Damals habe man dem Berufungswerber gesagt, es bestünde berechtigte Hoffnung, daß die Änderung des Bebauungsplanes in Kürze rechtskräftig sein würde, sodaß der Berufungswerber mit dem Bauvorhaben beginnen sollte. Der Berufungswerber habe damals angenommen, daß der Bebauungsplan zu dem Zeitpunkt, zu dem er am nordseitigen Erker, welcher sich im Obergeschoß befinde, angekommen sein würde, bereits geändert und bereits in dieser Form rechtskräftig sein würde.

Tatsächlich sei der Bebauungsplan aber nicht zu diesem Zeitpunkt rechtskräftig geworden. Der Berufungswerber habe sich zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr beim Magistrat hinsichtlich der weiteren Vorgangsweise erkundigt. Dies deshalb, weil er aufgrund der Vorgespräche der Meinung gewesen sei, daß eine nachträgliche Bewilligung möglich sei.

Dazu stellt die belangte Behörde fest, daß der Berufungswerber die Pflicht gehabt hätte, sich, als der Bau bis zum Erker fortgeschritten war, zu erkundigen, ob der beabsichtigte Weiterbau der aktuellen Rechtslage entsprach.

Das Vertrauen, daß der neue Bebauungsplan bereits in Kraft sei, entschuldige das Verhalten des Berufungswerbers nicht.

2. In der Berufung wird dagegen eingewendet, daß bei dem gegenständlichen Erker die genehmigte Tiefe lediglich um 70 cm überschritten worden sei.

Im übrigen wird darauf verwiesen, daß der neue Bebauungsplan, aufgrund der Genehmigung der tatsächlichen Ausführung des Erkers möglich wäre, mehrmals im Gemeinderat beschlossen aber aufgrund unterschiedlicher Rechtsmeinungen zwischen der Stadt L und dem Land Oberösterreich verursacht durch ein bestimmtes - anderes - Bauvorhaben bzw höchstgerichtlichen Entscheidungen nicht rechtskräftig werden konnte. Die Mitteilung seitens des Magistrats, daß mit einer Genehmigung des Bebauungsplanes zu rechnen und eine nachträgliche Baubewilligung möglich sei, habe auf Seiten des Berufungswerbers einen schuldausschließenden Irrtum erzeugt. Im übrigen sei nicht einzusehen, daß ein politischer Streit zwischen der Stadt L und dem Land Oberösterreich auf dem Rücken der Bürger ausgetragen werde und eine Bestrafung erfolge, obwohl durch diesen Streit dem Berufungswerber bereits große Zeitverzögerungen und erhebliche Mehrkosten entstanden seien.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat nimmt als erwiesen an, daß der Berufungswerber - wie von ihm behauptet - zur Zeit der Errichtung des Erkers der Meinung war, daß der neue Bebauungsplan bereits in Kraft und daß (bei konsenswidrigem Bau) eine nachträgliche Baugenehmigung möglich sei.

Da der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrundegelegte Sachverhalt - abgesehen von der Tiefenüberschreitung (70 cm statt 90 cm) - nicht bestritten wird, ist er (mit Ausnahme der Differenz der Tiefenüberschreitung, die im gegenständlichen Ausmaß aber für das Verfahrensergebnis keine Rolle spielt) als erwiesen anzusehen. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, daß der Berufungswerber den vorgeworfenen Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

Zur Schuldfrage ist zu bemerken, daß der Berufungswerber nicht behauptet hat, von der zuständigen Behörde eine Rechtsauskunft erhalten zu haben, daß eine konsenslose Planabweichung keinen strafbaren Tatbestand erfüllt, wenn die Planabweichung im Einklang mit einem zum Zeitpunkt der Ausführung des Bauvorhabens geltenden - geschweige denn, mit einem erst zu erwartenden - Bebauungsplan steht. Nur ein solcher Irrtum vermöchte jedoch den Berufungswerber zu entschuldigen. Der Berufungswerber hat daher auch schuldhaft gehandelt.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat legt seiner Entscheidung die im angefochtenen Straferkenntnis angeführten, für die Strafbemessung bedeutsamen Umstände zugrunde. Demgemäß geht der unabhängige Verwaltungssenat mit den Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis - auch davon aus, daß die Baubehörde mit dem Berufungswerber diesen verwirrenden Absprachen getroffen hatte und daß durch die Tat keine nachteiligen Folgen entstanden sind. Der unabhängige Verwaltungssenat erblickt darin ein geringfügiges Verschulden des Berufungswerbers und unbedeutende Folgen der Übertretung, weswegen die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG als gegeben zu erachten sind. Da es aufgrund der gegebenen Sachlage erforderlich scheint, den Berufungswerber zu ermahnen, in Hinkunft seinen Informationspflichten besser nachzukommen, ist spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Langeder