Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210221/8/Ki/Shn

Linz, 15.11.1995

VwSen-210221/8/Ki/Shn Linz, am 15. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Lothar W vom 8. September 1995 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24. August 1995, Zl.Agrar96-1532-1995, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird (ohne Einstellung des Verfahrens) behoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 49 Abs.2 und 51 VStG Entscheidungsgründe:

1. Mit Strafverfügung der belangten Behörde vom 21. Juli 1995, Agrar96-1532-1995, wurde über den Berufungswerber gemäß § 11 Z1 Bundesstatistikgesetz 1965 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt, weil er der gesetzlichen Auskunftspflicht, bei der angeordneten als Vollerhebung vom österreichischen statistischen Zentralamt mit Stichtag 1. Juni 1995 durchzuführenden Agrarstrukturerhebung 1995 mitzuwirken und Auskünfte in der Zeit vom 1. bis 30. Juni 1995 der Gemeinde Goldwörth zu erteilen, durch Verweigerung der Auskunft nicht nachgekommen ist.

2. Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber mit Schriftsatz vom 21. August 1995 Einspruch erhoben mit der Begründung, daß er den vorgegebenen Terminen der Gemeinde Goldwörth bezüglich Durchführung der Agrarstrukturerhebung 1995 nicht Folge leisten konnte, zumal er nahezu permanent seinen Zweitbetrieb in Nemeswid in Ungarn mit 1.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche zu betreuen habe und daher nur kurzfristig an seiner Wohnadresse anwesend sei. Seine Ehegattin, die mit der Führung des Gast- und Seminarbetriebes überlastet sei und zudem mit den landwirtschaftlichen Belangen nichts zu tun habe, habe offensichtlich in der allgemeinen Hektik verabsäumt bzw vergessen, ihn auf die Erinnerungen der Gemeinde hinzuweisen. Mit Absicht sei er jedenfalls der Angabepflicht nicht ferngeblieben und die Auskunftspflicht auch verweigert. Aus den angeführten Gründen ersuche er sehr höflich von der verhängten Strafe abzusehen bzw diese jedenfalls zu ermäßigen.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 24. August 1995, Agrar96-1532-1995, hat die belangte Behörde die Geldstrafe auf 500 S bzw die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Tag herabgesetzt. Dabei hat die belangte Behörde den Einspruch ausschließlich als Einspruch gegen das Strafausmaß angesehen.

4. In der nunmehr vorliegenden Berufung vom 8. September 1995 weist der Berufungswerber wieder darauf hin, daß er infolge Erntearbeiten in Ungarn unabkömmlich gewesen sei und er sich deswegen absolut nicht schuldig fühle. Seiner Gattin sei das Schriftstück beim Postamt Ottensheim mit der Zurückweisung nicht ausgehändigt worden, daß dieses nur an ihn ausgehändigt werden könne.

5. Der angefochtene Bescheid wurde laut Postrückschein am 29. August 1995 beim Postamt 4101 Feldkirchen hinterlegt.

Die gegenständliche Berufung wurde am 13. September 1995 zur Post gegeben.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt bzw durch Einvernahme mehrerer Zeugen im Rechtshilfeweg hinsichtlich einer allfälligen verspäteten Einbringung der Berufung Beweis erhoben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

7. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid wurde laut Postrückschein am 29. August 1995 beim Postamt 4101 Feldkirchen hinterlegt.

Trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung hat der Rechtsmittelwerber seine Berufung erst am 13. September 1995 eingebracht. Es war sohin vorerst zu prüfen, ob eine verspätet eingebrachte Berufung vorliegt.

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Auf Vorhalt der möglicherweise verspäteten Einbringung der Berufung rechtfertigte sich der Berufungswerber damit, daß er sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung in Ungarn aufgehalten habe. Wie aus den im Berufungsverfahren eingeholten glaubwürdigen - Zeugenaussagen abzuleiten ist, befand sich der Berufungswerber bis zum 7. September 1995 in Ungarn.

Andererseits hat er laut telefonischer Auskunft des Postamtes Feldkirchen am 8. September 1995 den angefochtenen Bescheid persönlich behoben. Daraus geht hervor, daß der Berufungswerber am 7. September 1995 zur Abgabestelle zurückgekehrt ist und die Zustellung iSd § 17 Abs.3 Zustellgesetz am 8. September 1995 wirksam wurde. Die am 13. September 1995 eingebrachte Berufung ist daher als rechtzeitig anzusehen.

Gemäß § 49 Abs.2 VStG ist, wenn der Einspruch (gegen die Strafverfügung) rechtzeitig eingebracht wird, das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.

Im vorliegenden Falle führt der Berufungswerber in seinem Einspruch vom 21. August 1995 zwar abschließend an, daß er ersuche von der verhängten Strafe abzusehen bzw diese jedenfalls zu ermäßigen, aus der restlichen Begründung des Einspruches geht jedoch hervor, daß sich dieser auch gegen die Schuldfrage schlechthin richtet. Demnach ist nicht davon auszugehen, daß sich der Einspruch ausdrücklich nur auf das Ausmaß der verhängten Strafe bezieht, sondern es ist der Einspruch als solcher gegen die gesamte Strafverfügung anzusehen und es tritt diese Strafverfügung somit ex lege außer Kraft. Dadurch daß die belangte Behörde letztlich nur hinsichtlich der Strafhöhe eine Entscheidung getroffen hat, wurde der Berufungswerber in seinen Rechten verletzt. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Zusatz nur ad 2.:

Im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Verfolgungs verjährungsfrist hätte demnach die belangte Behörde das ordentliche Ermittlungsverfahren einzuleiten und dabei eine entsprechende Klärung hinsichtlich der verfahrenswesentlichen Tatbestandsmerkmale in bezug auf die der Bestrafung zugrundeliegenden Verwaltungsvorschriften herbeizuführen. Aus verfahrensökonomischen Gründen und lediglich der Ordnung halber wird dazu festgestellt, daß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates der in der Strafverfügung erhobene Tatvorwurf für eine Bestrafung bei weitem nicht ausreicht. Beispielsweise sei hiezu angeführt, daß keinerlei Ausführungen hinsichtlich des Tatortes (wo der Beschuldigte hätte handeln sollen) getroffen wurden und auch nicht hervorgeht, für welche Art von Betrieb (konkret) iSd § 3 der Verordnung über eine Agrarstrukturerhebung 1995 eine Auskunftserteilungs- bzw Mitwirkungspflicht gegeben war.

Außerdem finden sich im vorliegenden Verfahrensakt keinerlei Anhaltspunkte dafür, in welcher Form der Berufungswerber zur Auskunftserteilung bzw Mitwirkung aufgefordert wurde bzw in welcher Form die Erhebungen im vorliegenden Falle von der Gemeinde durchgeführt wurden (§ 4 der zitierten Agrarstrukturerhebungsverordnung). Die im Verfahrensakt aufliegende Kopie des Betriebsbogens hinsichtlich Agrarstrukturerhebung 1995 stellt diesbezüglich keine taugliche Grundlage für eine Bestrafung dar.

Sollte die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes als erwiesen angesehen werden, wäre überdies eine Auseinandersetzung mit der Schuldfrage (im Hinblick auf die im Einspruch vorgebrachten Argumente) geboten.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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