Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210243/13/Ki/Shn

Linz, 01.10.1996

VwSen-210243/13/Ki/Shn Linz, am 1. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. Franz S, vom 15. April 1996, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz (Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 28.

März 1996, GZ 502-32/Sta/3/96c, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 18. September 1996 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Hinsichtlich der Schuld wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II: Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 21 Abs.1, 24 und 51 VStG zu II: § 65 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz (Bauwirt schaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit Straferkenntnis vom 28. März 1996, GZ 502-32/Sta/3/96c, dem Berufungswerber (Bw) vorgeworfen, er habe es als Präsident des Vereines "O, Landesverband Oberösterreich" mit dem Sitz in Linz und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des o.a. Vereines und gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu vertreten, daß der o.a. Verein als Bauherr in der Zeit von 1.8.1995 bis 1.11.1995 von dem mit Bescheiden des Magistrates Linz vom 20.10.1993, GZ 501/O-506/92h, und vom 13.3.1995, GZ 501/O-506/92m, genehmigten Bauvorhaben "Errichtung eines Einsatzzentrums in Form verschiedener Umbauten des bestehenden Gebäudekomplexes sowie Aufstockung desselben um ein Geschoß in der K sowie Errichtung eines Neubaues, bestehend aus zwei Untergeschoßen mit einer Tiefgarage für insgesamt 94 KFZ-Stellplätze einschließlich einer mechanischen Be- und Entlüftungsanlage, einem Erdgeschoß und drei Obergeschoßen in der H mit Ausnahme der Funkantennenanlage sowie Abbruch des an der H situierten Garagenriegels" im Standort K 26-28/H 13 in gemäß § 39 Abs.2 i.V.m. § 24 Abs.1 Z.4 lit.a O.ö. Bauordnung genehmigungspflichtiger Weise abgewichen sei, ohne daß die hiefür erforderliche rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen wäre. Die einzelnen baulichen Maßnahmen wurden im Spruch des Straferkenntnisses konkretisiert.

Der Beschuldigte habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.1 Z2 i.V.m. § 39 Abs.2 i.V.m. § 24 Abs.1 Z4 lit.a O.ö. Bauordnung (O.ö. BauO) 1994, LGBl.Nr.66/1994 i.d.g.F., begangen und es wurde über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.2 O.ö. BauO eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Geldstrafe (500 S) verpflichtet.

I.2. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 15. April 1996 Berufung erhoben und die Aufhebung des rechtswidrigen Straferkenntnisses und die Einstellung des gegen ihn ohne rechtlich begründeten Anlaß eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Er begründet das Rechtsmittel damit, daß die Realisierung des Bauvorhabens mit dem Übereinkommen vom 14.6.1994 der Stadtbetriebe Linz Ges.m.b.H. (SBL) übertragen wurde und diese gegen Entgelt die Realisierung dieses Bauvorhabens und damit auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der mit dieser Bauausführung verbundenen baurechtlichen Vorschriften übernommen habe.

Ferner führt der Bw aus, daß die Erstbehörde irre, wenn sie ungeachtet dieses Übereinkommens ihm als vertretungsbefugtem Organ des Bewilligungsträgers und Bauherrn (R) eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit in Form einer Fahrlässigkeit anzulasten bemüht sei, weil er die SBL nicht persönlich und nicht genau genug überprüft hätte, daß diese die vertraglich übernommenen Verpflichtungen auch hinsichtlich der Beachtung der mit dieser Bauausführung verbundenen baurechtlichen Vorschriften einhält.

In monatlichen Kontaktgesprächen (sog. Baukontrolle) an jedem zweitem Montag im Monat - unter seiner persönlichen Leitung - hätten die örtlichen Bauleiter der SBL jedesmal den Vertretern des R über den Baufortschritt und über die damit im Zusammenhang aufgetretenen oder anstehenden Einzelheiten berichtet. Die für ihn nunmehr angelastete, schuldbegründende und verwaltungsbehördlich zu bestrafende Fahrlässigkeit finde keine Erklärung.

I.3. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. September 1996. Bei dieser mündlichen Verhandlung wurden der Bw sowie als Zeugen Mitarbeiter der SBL, nämlich Dipl.Ing. Herbert P und Ing.

Peter H, einvernommen. Eine Vertreterin der Erstbehörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Der Bw hat bei seiner Einvernahme bestätigt, daß er verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 VStG des R sei. Er verwies auf die mit den Vertretern der SBL durchgeführten Besprechungen und legte zum Beweis verschiedene Sitzungsprotokolle vor. Er sei bei den Kontaktgesprächen mit der SBL immer dabei gewesen und es habe jedenfalls ständiger Kontakt zwischen der SBL und dem R geherrscht.

Der Bw führte ferner aus, daß die Bezirksstelle Linz-Stadt in völlig unzureichender Weise untergebracht war. Die SBL ist an das R herangetreten und hat ein in ihrem Eigentum stehendes Haus zum Kauf angeboten. Bevor der Kauf stattgefunden hat, hätten mehrere Besprechungen mit dem Bürgermeister bzw den zuständigen Stellen des Magistrates und der SBL stattgefunden. Dabei habe festgestellt werden können, daß das angebotene Haus entsprechend adaptiert werden könnte. Dem R sei dann die SBL als Baubetreuer nahegelegt worden und zwar mit Hinweis auf die erfolgreiche Bauausführung der Krankenhausbauten. In der Folge sei ein Betreuungsvertrag mit der SBL abgeschlossen worden. Nachdem der Bau begonnen wurde, habe es bereits große Schwierigkeiten gegeben, weil Verzug eingetreten ist. Die Mitarbeiter des R hätten bereits ihre Dienste eingeschränkt, weil die Verhältnisse ziemlich katastrophal waren.

Diesbezüglich habe sich auch der Stadtsenat die Umstände angeschaut. Dadurch sei ein großer Zeit- aber auch finanzieller Druck entstanden. Es mußten bestimmte Teile einvernehmlich aus dem Verfahren herausgenommen und einem gesonderten Verfahren vorbehalten werden, dies einvernehmlich mit der Baubehörde. Zur Aufrechterhaltung des Betriebes während der Bauzeit sei ein in Verfügung der SBL stehendes Grundstück gepachtet worden. Dort sei der Rettungsbetrieb zwei Winter lang in einem Zelt provisorisch aufrechterhalten worden. Der Funkbetrieb habe in das Landessekretariat verlegt werden müssen.

Die geringfügigen Abweichungen hätten vorgenommen werden müssen. Die Bewilligungspflicht sei bekannt gewesen, es habe jedoch die Absicht bestanden, sofort den Umständen entsprechend zu veranlassen, daß eine Baubewilligung beantragt wird.

Die als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter der SBL haben diese Aussage des Bw im wesentlichen bestätigt und dargelegt, daß die Änderungen bloß geringfügiger Natur waren, welche sich im Zuge der Bauausführung kurzfristig ergeben hätten. Im Vertrauen auf die bisherige Praxis, wonach, wenn sich im Zuge des Bauvorhabens mehrere Änderungen ergeben, diese entweder zusammengefaßt bei der Kollaudierung oder zu einem gegebenen Zeitpunkt der Baubehörde bekanntgegeben werden, hätten sie vorerst nicht sofort die Erteilung einer Baubewilligung für die Abweichungen beantragt.

I.6. Nach Durchführung des Beweisverfahrens geht der unabhängige Verwaltungssenat von nachstehendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom 20. Oktober 1993, GZ 501/O-506/92h, hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz (Baurechtsamt als Baubehörde 1. Instanz) dem Ansuchen des Österreichischen R, Landesverband Oberösterreich, vom 12.5.1992 nach den geprüften Bauplänen Folge gegeben und die Baubewilligung für das verfahrensgegenständliche Bauprojekt erteilt. Laut Baubeginnsanzeige wurde mit den Bauarbeiten am 27. Juni 1994 begonnen.

Im Verfahrensakt findet sich ferner ein Übereinkommen abgeschlossen zwischen dem Österreichischen R Landesverband Oberösterreich und der SBL - Stadtbetriebe Linz Gesellschaft m.b.H. vom 14. Juni 1994, wonach das R die SBL mit der Baubetreuung "RK - Einsatzzentrum Linz" gemäß den Bestimmungen dieses Übereinkommens beauftragt hat. Unter Baubetreuung wurde die Planung und Realisierung des Projektes definiert.

Mit Bescheid vom 13. März 1995, GZ 501/O-506/92m, hat der Magistrat der Landeshauptstadt Linz (Baurechtsamt als Baubehörde 1. Instanz) dem Ansuchen des Österreichischen R, Landesverband Oberösterreich, vom 8. Juli 1994 nach den geprüften Bauplänen Folge gegeben und die Bewilligung zur Abweichung von dem mit Bescheid vom 20.10.1993 genehmigten Bauvorhaben erteilt. Die einzelnen genehmigten Abweichungen wurden im Spruch dieses Bescheides angeführt.

Die verfahrensgegenständlichen Abweichungen von den Bauplänen hinsichtlich der Fassadengestaltung wurden anläßlich einer Rohbaukontrolle am 3. November 1995 durch ein Organ der Baubehörde festgestellt. Der die Kontrolle durchführende baupolizeiliche Amtssachverständige hat dabei festgestellt, daß es sich bei den beschriebenen Änderungen um wesentliche Veränderungen des äußeren Erscheinungsbildes bzw um eine wesentliche Änderung des Projekts handle.

Aufgrund dieser Feststellungen wurde schließlich gegen den Bw das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und das angefochtene Straferkenntnis erlassen. Offensichtlich wurde zwischenzeitig die Baubewilligung für die verfahrensgegenständlichen Abweichungen erteilt.

I.7. Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes hat der O.ö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

I.7.1. Gemäß § 57 Abs.1 Z2 O.ö. Bauordnung 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Bauauftraggeber oder Bauführer ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung auszuführen beginnt, ausführt oder ausgeführt hat oder ohne rechtskräftige Baubewilligung oder vor rechtskräftigem Abschluß des Vorstellungsverfahrens gegen die Baubewilligung vom bewilligten Bauvorhaben in bewilligungspflichtiger Weise abweicht oder abgewichen ist.

Verwaltungsübertretungen gemäß Abs.1 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu S 300.000 zu bestrafen (§ 57 Abs.2 leg.cit.) Vom bewilligten Bauvorhaben darf gemäß § 39 Abs.2 leg.cit. sofern nicht Abs.3 zur Anwendung kommt - nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.

Gemäß § 39 Abs.3 leg.cit. darf ohne Bewilligung der Baubehörde vom bewilligten Bauvorhaben abgewichen werden, wenn 1. die Abweichung solche Änderungen betrifft, zu deren Vornahme auch bei bestehenden baulichen Anlagen eine Bewilligung nicht erforderlich ist, sowie 2. Auflagen und Bedingungen des Baubewilligungsbescheides hievon nicht berührt werden.

Gemäß § 24 Abs.1 Z4 lit.a O.ö. Bauordnung bedarf die nicht unter Z1 (Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden) fallende Änderung oder die Instandsetzung von Gebäuden der Bewilligung einer Baubehörde (Baubewilligung).

I.7.2. Die im konkreten Falle vorgenommenen Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben werden vom Bw sowie von den Zeugen dem Grunde nach sowohl hinsichtlich Umfang als auch hinsichtlich Tatzeit zugestanden. Wenn auch diese Baumaßnahmen im Verhältnis zum konkreten Gesamtprojekt relativ geringfügig sind, so wurde doch das äußere Aussehen des Baues in Summe wesentlich verändert. Dies wurde offensichtlich auch von dem Bauauftraggeber bzw dem mit der Ausführung des Baues beauftragten Unternehmen akzeptiert, zumal letztlich um eine Baubewilligung für diese Abänderungen angesucht wurde.

Der Argumentation der als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter des bauausführenden Unternehmens, die Kellerfenster wären nicht verändert worden, sondern es sei lediglich eine davor situierte Rampe beseitigt worden, ist entgegenzuhalten, daß auch diese Maßnahme das Erscheinungsbild der gegenständlichen Kellerfenster wesentlich beeinträchtigt.

Die Entfernung der Rampe hatte nämlich zur Folge, daß die Kellerfenster nunmehr - entgegen dem ursprünglichen Projekt - über dem bestehenden Niveau in Erscheinung treten.

Was die Nichtausführung des Gesimsbandes zwischen dem zweiten und dritten Obergeschoß anbelangt, so argumentieren die Vertreter des bauausführenden Unternehmens, daß sich der Architekt alter Bestandspläne, in denen das Gesimsband eingezeichnet war, bedient hätte. Tatsächlich sei das Gesimsband in Natur nie vorhanden gewesen. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, daß die Einreichpläne Bestandteil des Bauprojektes bzw der Baubewilligung sind.

Erst anhand dieser Bestandspläne ist es grundsätzlich möglich, sich bereits im Baubewilligungsverfahren ein Bild über das Bauvorhaben zu machen bzw nach Erteilung der Baubewilligung den Inhalt nachzuvollziehen. Das behauptetermaßen irrtümlich im Einreichplan dargestellte Gesimsband wurde daher Inhalt der Baubewilligung und zwar mit der Konsequenz, daß dieses auch auszuführen gewesen wäre. Die Nichtausführung stellt sohin eine Abweichung im Sinne der zitierten Bestimmung der O.ö. Bauordnung dar.

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt daher zunächst die Auffassung, daß der Tatvorwurf in bezug auf die im erstinstanzlichen Straferkenntnis detailliert aufgelisteten konsenslosen Baumaßnahmen zu Recht erhoben wurde.

I.7.3. Wie bereits dargelegt wurde, ist die verfahrensgegenständliche Abweichung vom ursprünglichen Bauplan trotz der relativen Geringfügigkeit baubewilligungspflichtig. Der Gesetzgeber hat diese Baubewilligungspflicht ausdrücklich statuiert. An diese gesetzliche Anordnung sind sowohl die (Verwaltungs-)behörden als auch die einzelnen Staatsbürger gebunden. Dies trifft auch für den unabhängigen Verwaltungssenat selbst zu, der, wie der VfGH bereits eindeutig ausjudiziert hat, als Verwaltungsbehörde anzusehen und daher in seinen Entscheidungen an bestehende Normen gebunden ist. Unter diesem Aspekt ist es auch - jedenfalls verfahrensbezogen nicht zielführend, die Sinn- und Zweckhaftigkeit einer gesonderten Bewilligungspflicht für die relativ geringfügigen Abweichungen in Frage zu stellen.

Wohl obliegt es dem unabhängigen Verwaltungssenat, eine Gesetzesprüfung durch den VfGH auf eine Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes hin zu beantragen, eine solche Verfassungswidrigkeit der O.ö. Bauordnung 1994 liegt jedoch - jedenfalls bezogen auf den Anlaßfall - nicht vor. Der Wille des Gesetzgebers war eben, daß auch solche Änderungen einer rigorosen (bau-)behördlichen Kontrolle unterworfen sind. Dies steht nicht im Widerspruch zum österreichischen Verfassungsrecht.

Darüber hinaus wird festgestellt, daß es in einem demokratischen Staate keinem Staatsbürger verwehrt ist bzw sein darf, sich über Gesetze Gedanken zu machen und diese Gedanken auch öffentlich zu artikulieren. Es geht aber nicht an, demokratisch zustandegekommene verbindliche Normen zu ignorieren. Die Folge wäre nämlich, daß ein geordnetes und von den Grundsätzen der Rechtssicherheit geprägtes ordentliches Staatswesen scheitern müßte.

Einen wesentlichen Bestandteil der österreichischen Verfassungsrechtsordnung bildet das Gewaltenteilungsprinzip, durch welches die Kompetenzen im Staate zur Wahrung einer ausgewogenen Gesellschaftsordnung aufgeteilt sind. Ein Faktum dieses Gewaltenteilungsprinzips ist die Trennung von Gesetzgebung und Vollziehung. Nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers soll die Gesetzgebung - abgesehen von nunmehr supranationalen Belangen - ausschließlich den vom Staatsvolk gewählten Organen obliegen. Würde nun die Verwaltung demokratisch zustandegekommene (Gesetzes-)Normen einfach ignorieren, so würde dies auch einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich vorgesehene Gewaltenteilungsprinzip darstellen.

Das in der gegenständlichen Angelegenheit erkennende Mitglied des O.ö. Verwaltungssenates ist durchaus der Ansicht, daß im Sinne einer bürgernahen und effizienten (Bau-)Verwaltung für derartige relative Bagatellfälle anstelle einer förmlichen Baubewilligungspflicht andere Lösungsmodelle diskutiert werden könnten, dies aber ausschließlich im Rahmen der hiefür verfassungsmäßig vorgesehenen Instrumentarien. Solange aber die gegenständliche Gesetzesnorm dem Rechtsbestand angehört, ist diese auch zu befolgen bzw. sind eben kompromißlos die Konsequenzen für deren Nichtbefolgung auszuschöpfen. Nur dann ist nämlich im Sinne der Rechtssicherheit gewährleistet, daß die Gesellschaft tatsächlich auf bestehende Normen bzw. deren Konsequenzen vertrauen kann.

I.8.1. Adressat der verfahrensgegenständlichen Strafbestimmung ist im vorliegenden Falle der Bauherr bzw.

Bauauftraggeber. Zentrale Frage im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren ist daher, wer tatsächlich die konsenslose Abweichung vom genehmigten Bauvorhaben als Bauauftraggeber zu verantworten hat. Der Bw vertritt die Auffassung, daß ein Unternehmen, nämlich die SBL, vertragsmäßig mit der gesamten Realisierung des Bauvorhabens beauftragt war und ihn sohin an dem Tatvorwurf kein Verschulden treffe.

In diesem vom Bw angesprochenen (Baubetreuungs-)Übereinkommen zwischen dem österr. R - Landesverband und der SBL - Stadtbetriebe Linz Gesellschaft mbH, in der Fassung vom 14. Juni 1994, wurde die SBL allgemein als juristische Person vom Roten Kreuz mit der Planung und Realisierung des verfahrensgegenständlichen Projektes im Sinne einer umfassenden Baubetreuung beauftragt. Ausdrücklich wurde ua vereinbart, daß die Realisierung des Bauvorhabens durch die SBL im Namen und für Rechnung des R erfolgen soll (§ 2 Abs.3 des Übereinkommens).

Weiters wurde im gegenständlichen Übereinkommen klargestellt, daß an den zu errichteten Bauabschnitten einschließlich der technischen Ausstattung und Einrichtung unmittelbar Eigentum des R entstehe (§ 2 Abs.4).

Ausdrücklich wurde im Übereinkommen auch festgelegt, daß die Bauherrninteressen im Zusammenhang mit der Errichtung der RK-Einsatzzentrale Linz durch den Präsidenten des Landesverbandes oder eine von ihm im Einzelfall namhaft gemachte Person wahrgenommen werden. Projektsänderungen, -erweiterungen, -ergänzungen usw werden ausschließlich im Einvernehmen mit dem R durchgeführt. Nach Fertigstellung des Gesamtbauvorhabens hat die SBL das Bauwerk einschließlich der technischen Ausstattung und Einrichtung dem R unverzüglich zu übergeben (§§ 8 und 9).

Schließlich wurde vereinbart, daß das R berechtigt ist, zur Wahrung seiner Interessen durch seine Organe oder durch dritte Personen jederzeit im allgemeinen oder hinsichtlich bestimmter Einzelheiten prüfen zu lassen, ob und inwieweit die SBL die ihr aufgrund dieses Übereinkommens obliegenden Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat (§ 10).

Es entspricht den allgemeinen Grundsätzen des O.ö.

Baurechtes, daß derjenige, der im eigenen Namen um eine Baubewilligung einschreitet zunächst als Bauwerber anzusehen ist. Bauwerber und ausschließlicher Adressat der gegenständlichen Baubewilligung ist laut Bewilligungsbescheid das R (Landesverband ). Dieser Umstand für sich besagt jedoch noch nicht, daß letztlich nicht die Bauherrnschaft bzw. die Rolle des Bauauftraggebers auf eine andere (juristische oder natürliche) Person übergegangen sein könnte. In der Regel ist wohl der Bauwerber auch zugleich Bauherr bzw. Bauauftraggeber, aufgrund der dinglichen Wirkung eines Baubewilligungsbescheides kann jedoch jedermann von der Baubewilligung Gebrauch machen, allerdings mit der Konsequenz, daß dann sämtliche aus der Bauherrnschaft erfließenden Rechte und auch Pflichten auf die von der Bewilligung Gebrauch machende Person übergehen.

Ein bloß internes Übereinkommen zwischen dem (ursprünglichen) Adressaten einer Baubewilligung und einer anderen juristischen oder natürlichen Person vermag jedoch derartige Rechtswirkungen nicht auszulösen. Als ausschließliches Kriterium zur Beurteilung der Frage, wer letztlich als Bauherr bzw. Bauauftraggeber anzusehen ist, gilt, über wessen Auftrag und für wessen Rechnung der Bau ausgeführt wird.

Im oben erwähnten Übereinkommen ist eindeutig klargestellt worden, daß das Bauvorhaben über Auftrag und auf Rechnung des R ausgeführt wird. Wohl wurde der SBL die umfassende Baubetreuung hinsichtlich Planung und Realisierung des Einsatzzentrums übertragen, dem Übereinkommen ist aber auch eindeutig zu entnehmen, daß das Bauvorhaben über Auftrag und auf Rechnung des R ausgeführt werden soll. Eine Übertragung der Bauherrn- bzw. Bauauftraggeberschaft vom R auf die SBL hat demnach niemals stattgefunden und es trifft daher das R bzw., wie im folgenden noch ausgeführt wird, den Bw als Träger der aus der Baubewilligung resultierenden Rechte und Pflichten auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die konsenslose Bauabweichung.

I.8.2. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Das oberösterr. R, Landesverband , ist ein Verein und als solcher eine juristische Person. Der Bw ist - unbestritten Präsident dieses Vereins und auch zur Vertretung nach außen berufen. Eine Bestellung einer anderen - physischen Person zu einem verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG ist nachweislich nicht erfolgt.

Nachdem, wie oben bereits dargelegt wurde, die konsenslose Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben und damit die Nichteinhaltung einer Verwaltungsvorschrift dem R als Bauauftraggeber zuzurechnen ist, hat der Bw als (verwaltungs-)strafrechtlicher Verantwortlicher des Bauauftraggebers diesen Umstand zu vertreten.

Die Tatsache, daß mit der SBL ein (Bauausführungs-)Übereinkommen geschlossen wurde, vermag den Bw in keiner Weise hinsichtlich der generellen Schuldfrage zu entlasten. Abgesehen davon, daß grundsätzlich die bloße Erteilung einer Handlungsvollmacht allein noch nicht die Stellung des Bevollmächtigten als verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs.2 VStG begründet, ist eine derartige Delegierung nur an eine physische Person zulässig.

Juristische Personen können nicht in gleicher Weise strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, wie natürliche Personen (VwGH 24.6.1983, Slg. 11098A). Die vorliegende Betrauung der SBL mit der umfassenden Baubetreuung bildet daher keine den Bw entlastende Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit.

I.8.3. Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand einer Verwaltungsübertretung entspricht, vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

Unter Notstand kann nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in denen jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht (zB VwGH vom 27.5.1987, 87/03/0112 ua). Dies trifft aber selbst bei Annahme einer wirtschaftlichen Schädigung sofern sie die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht, nicht zu (VwGH vom 11.4.1986, 86/18/0051 ua).

Der O.ö. Verwaltungssenat verkennt in keiner Weise, daß es sich beim R um eine Organisation handelt, welche für humanitäre Belange von immenser Wichtigkeit ist.

Nachweislich stellt die Aufrechterhaltung der Einsatzbereitschaft des R während der Bauarbeiten unter den gegebenen Bedingungen eine enorme Belastung für sämtliche davon Betroffene dar. Es ist daher durchaus verständlich, daß großes Interesse an einer raschen und zügigen Bauausführung bestanden hat. Offensichtlich waren sowohl der Bauauftraggeber als auch das bauausführende Unternehmen vorwiegend daran interessiert, daß es zu keinen Verzögerungen kommt, was in Anbetracht der gegebenen Umstände auch durchaus verständlich ist. Dennoch wäre es aber zumutbar gewesen, gesetzeskonform zu handeln, zumal gerade im Hinblick auf die relative Geringfügigkeit der Abweichung es kaum zu Verzögerungen durch das Bewilligungsverfahren gekommen wäre. Das konsenslose Vorgehen bzw. das Verharren im konsenslosen Zustand bis zur Aufdeckung im Zuge einer Baukontrolle stellte daher im vorliegenden konkreten Falle bei weitem nicht den einzigen Weg dar, andere aus unmittelbarer schwerer Gefahr zu retten.

Selbst unter der Annahme, daß unter besonderen Umständen auch notstandsähnliche Situationen berücksichtigt werden könnten, stellt der vorliegende Sachverhalt keinen Schuldausschließungsgrund dar.

I.8.4. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt gemäß § 5 Abs.1 VStG zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 5 Abs.2 leg.cit. entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

Nachdem in der O.ö. Bauordnung 1994 bezüglich Verschulden keine Regelung getroffen worden ist, genügt zur Strafbarkeit für eine Übertretung dieser Norm fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn die objektiv gebotene und subjektiv mögliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Nach objektiv-normativen Maßstäben ist von einem Bauauftraggeber zu erwarten, daß er bei der Bauausführung die hiefür geltenden Vorschriften einhält. Weiters ist zu erwarten, daß er auch dafür Sorge trägt, daß sich die von ihm mit der Bauausführung Beauftragten nicht den gesetzlichen Anordnungen widersetzen. Allfälligen Ungereimtheiten hat er entgegenzuwirken. Ein Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG wäre lediglich dann auszuschließen, wenn dem Beschuldigten der Nachweis gelingt, daß Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (VwGH vom 30.3.1982, 81/11/0080 ua).

Im vorliegenden Falle fanden zwischen dem R und der SBL laufend Kontaktgespräche statt, bei denen der Bw meist anwesend war. Außerdem war er seinen eigenen Angaben zufolge während des inkriminierenden Zeitraumes auch häufig auf der Baustelle anwesend. Im Rahmen der Kontaktgespräche wurde der Bw von den verfahrensgegenständlichen Änderungen bzw.

Abweichungen informiert, dh die Abweichungen vom bewilligten Bauvorhaben mußten ihm bekannt sein. Als zur Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlicher Vertreter des Bauauftraggebers hätte er nach objektiv-normativen Maßstäben zumindest wissen müssen, daß für die Abweichung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich wäre und entsprechende Maßnahmen zu setzen gehabt, daß eine Bewilligung beantragt bzw. der konsenslose Zustand saniert würde. Dadurch, daß er aber auf diesen Umstand in keiner Weise reagiert hat, wurde die nötige Sorgfalt außer Acht gelassen, weshalb ein fahrlässiges Verhalten des Bw gegeben ist.

Es wird nicht verkannt, daß der Bw als Präsident des R mit umfangreichen Aufgaben betraut ist und die Verantwortung für das gegenständliche Bauvorhaben nur eine dieser Aufgaben darstellt. Auch dieser Umstand kann jedoch nicht als Entlastung gewertet werden, zumal der Bw nicht von den gemäß § 9 Abs.2 bzw. Abs.4 VStG vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht hat und ihn daher die Verantwortung selbst Kraft seines Amtes trifft.

Ein allfälliger Einwand, die zuständige Baubehörde hätte in gleichgelagerten Fällen konsenslose Abweichungen von bewilligten Bauvorhaben toleriert bzw. im Zuge des Kollaudierungsverfahrens saniert, und der Bw hätte daher im guten Glauben an diese Vorgangsweise der Baubehörde agiert, kann ebenfalls nicht akzeptiert werden. Aus den bereits unter Punkt I.7.3. dargelegten Gründen rechtfertigt auch dieser Umstand keine Verwaltungsübertretung.

Ein Irrtum in bezug auf die Bauauftraggebereigenschaft des R ist ebenfalls irrelevant. Ein derartiger Irrtum könnte nur dann entlasten, wenn er erwiesenermaßen unverschuldet wäre.

Diesbezüglich ist jedoch der Bw dahingehend belastet, daß er in seiner Funktion als Präsident des R wohl hätte wissen müssen, daß das im Innenverhältnis abgeschlossene Übereinkommen mit der SBL nach der O.ö. Bauordnung 1994 nicht den Übergang der Bauauftraggebereigenschaft bewirkt.

Darüber hinaus war der Bw über viele Jahre hindurch in leitender Stellung im höheren rechtskundigen Verwaltungsdienst tätig und ist auch als hervorragender Experte der Rechtswissenschaften anerkannt.

Von einem unverschuldeten Irrtum kann daher im konkreten Falle nicht die Rede sein.

Mit der Argumentation, es wäre letztlich ohnehin die Baubewilligung für die Abweichung erteilt worden, ist ebenfalls nichts zu gewinnen, zumal eine nachträgliche Sanktionierung eines strafbaren Verhaltens jedenfalls nach der O.ö. Bauordnung 1994 nicht vorgesehen ist. Die Strafbarkeit baurechtlicher Verstöße ist unabhängig von der Konsensfähigkeit der Baumaßnahmen gegeben.

I.9. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß die Erstbehörde zu Recht von einer konsenswidrigen Abweichung vom bewilligten Bauvorhaben ausgegangen ist, welche das R als Bauauftraggeber zu vertreten hat. Der Schuldspruch gegenüber dem Bw als strafrechtlich Verantwortlicher des R wird daher auch seitens der Berufungsbehörde dem Grunde nach aufrechterhalten.

I.10. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Der Bw hat, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, einen Anspruch darauf, daß von dieser Bestimmung Gebrauch gemacht wird. Eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen von der Strafe, steht der Behörde nicht zu (VwGH 28.10.1980, 263, 264/80).

Ein Absehen von der Strafe im Sinne der zitierten Bestimmung ist an zwei Kriterien gebunden, welche kumulativ vorliegen müssen. Einerseits darf das Verschulden des Beschuldigten lediglich geringfügig sein und andererseits dürfen die Folgen der Übertretung nur unbedeutender Natur sein.

Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH vom 14.1.1988, 86/08/0073 uva).

Wenn auch in der Frage der Schuld dem Grunde nach das mit der SBL abgeschlossene Übereinkommen nicht berücksichtigt werden konnte, so ist dieses bei der Beurteilung des Ausmaßes der Schuld sehr wohl miteinzubeziehen. In diesem Übereinkommen hat sich die SBL verpflichtet, die Planung und Realisierung des Bauprojektes durchzuführen. Konkret wurde vereinbart, daß die Genehmigung der Einreichunterlagen und die Einreichung der erforderlichen behördlichen Bewilligungen von der SBL wahrzunehmen sind.

Die Beurteilung des Ausmaßes des Verschuldens des Bw ist daher auch mit einer Beurteilung dahingehend, inwieweit die SBL als bauausführendes Unternehmen bzw deren Mitarbeiter schuldhaft gehandelt haben, zu verknüpfen. Wie bereits oben dargelegt wurde, waren die gegenständlichen bewilligungspflichtigen Änderungen im Verhältnis zum Gesamtbauvorhaben äußerst geringfügiger Natur. Die als Zeugen einvernommenen Mitarbeiter der SBL haben bei der mündlichen Berufungsverhandlung glaubhaft versichert, daß sich diese Abweichungen erst im Zuge der praktischen Bauausführung ergeben haben. Wenn auch die gesetzlich festgelegte Baubewilligungspflicht dieser Maßnahmen durch die Berufungsbehörde im Verwaltungsstrafverfahren nicht aufgehoben werden kann, so ergibt sich doch bei einer praktischen Betrachtungsweise, daß im Zuge der Realisierung von Großbauvorhaben es oft kurzfristiger Dispositionen in bezug auf die Bauausführung bedarf. Eine Abgrenzung zwischen baubewilligungspflichtigen Maßnahmen und zulässigen Abweichungen ist in vielen Fällen oft kurzfristig nicht leicht vorzunehmen.

Dazu kommt, daß das Bauvorhaben im öffentlichen Interesse unter größtem Zeitdruck stand. Die Bauarbeiten mußten überdies derart abgewickelt werden, daß der R-Betrieb aufrechterhalten werden konnte.

Außerdem waren die mit der Bauausführung befaßten Mitarbeiter der SBL, bestätigt durch die baubehördliche Vollzugspraxis, im guten Glauben, daß derart geringfügige Abweichungen jedenfalls im Rahmen der Kollaudierung saniert werden würden. Daß letztlich dann doch ein, wie oben dargelegt wurde, formell durchaus begründetes Strafverfahren durchgeführt wurde, war aus der Sicht der mit der Bauausführung betrauten Personen offensichtlich nicht vorhersehbar. Jedenfalls machten die als Zeugen bei der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Mitarbeiter der SBL - ebenso wie der Bw - einen durchaus soliden Eindruck und sie zeigten sich als fachkompetente Personen, die sehr wohl auch gesetzliche Anordnungen akzeptieren und keinesfalls im vorliegenden Falle die O.ö. Bauordnung 1994 bewußt ignoriert hätten.

In Anbetracht dieser Umstände und insbesondere auch im Hinblick auf die Geringfügigkeit der Abweichungen im Verhältnis zum Gesamtbauvorhaben wäre daher maximal ein äußerst geringfügiges Verschulden feststellbar.

Diese Kriterien treffen natürlich auch auf den Bw zu. Umso mehr muß daher diese Rechtswohltat auch ihm zugute kommen, hat sich der von ihm repräsentierte Verein als Bauauftraggeber doch eines kompetenten Partners im Baumanagement von Großprojekten bedient. Der Bw konnte grundsätzlich davon ausgehen, daß durch die SBL, deren alleiniger Gesellschafter der Träger der Erstbehörde (Landeshauptstadt Linz) ist, das Bauvorhaben im Einklang mit den Bestimmungen der O.ö. Bauordnung 1994 realisiert wird.

Wenn letztlich auch das Verschulden aus den oben dargelegten Gründen nicht schlechthin ausgeschlossen werden kann, so ist dieses bei einer gemeinsamen Betrachtungsweise ebenfalls doch äußerst geringfügiger Natur.

Da die Verwaltungsübertretung auch keine Folgen nach sich gezogen hat (es konnte nachträglich eine Baubewilligung erteilt werden) liegen beide Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG vor. Der Bw hatte daher einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung, wobei bemerkt wird, daß es laut Auffassung des O.ö. Verwaltungssenates keiner Ermahnung bedarf, um den Bw vor weiteren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Mag. K i s c h

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