Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400748/5/WEI/Da

Linz, 13.12.2005

 

 

 

VwSen-400748/5/WEI/Da Linz, am 13. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des F B Y, Staatsangehöriger der D R K, dzt in Schubhaft im Polizeianhaltezentrum Wels, wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

 

 

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der Schubhaftbescheid vom 1. Dezember 2005, Zl. 40-8580, sowie die darauf beruhende Anhaltung in Schubhaft seit 1. Dezember 2005 für rechtswidrig erklärt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 72 Abs 1, 73 Abs 2 und 4 Fremdengesetz 1997 - FrG 1997 (BGBl Nr. 75/1997 idF BGBl I Nr. 134/2003) iVm §§ 67 c und 79a AVG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Oö. Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 1. Dezember 2005, Zl. Sich 40-8580, hat die belangte Behörde auf der Rechtsgrundlage des § 61 Abs 1 und 2 FrG 1997 iVm § 57 AVG gegen den Beschwerdeführer (Bf) die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbots oder einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Der Beschwerdeführer (Bf) übernahm den Bescheid persönlich am 1. Dezember 2005 um 11.00 Uhr. Zu dieser Zeit wurde er der belangten Behörde vorgeführt, nachdem er zuvor in Anwendung des deutsch-österreichischen Rückübernahmeabkommens von deutschen Behörden nach Österreich zur Polizeiinspektion Schärding zurückgeschoben worden war. Die Schubhaft wird im Polizeianhaltezentrum der BPD Wels vollzogen.

 

1.2. Der Bf, ein Staatsangehöriger der D R K, befand sich seit 7. Oktober 2005 in deutscher Abschiebehaft und wurde nach dem Rückübernahmeabkommen mit Deutschland am 1. Dezember 2005 auf Grund einer Verfügung der deutschen Ausländerbehörde nach Österreich zurückgeschoben. Der Bf reiste Ende Mai 2005 mit dem Zug von Österreich nach Deutschland aus und wurde am 6. Oktober 2005 in München festgenommen. Er konnte kein gültiges Reisedokument vorweisen.

 

Am 14. März 2005 stellte der Bf mittels Formblatt einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck A9 "vom AuslBG ausg. unselbst. Erwerb, § 19 Abs. 2 Z 3 FrG" und legte laut Antrag den Reisepass Nr., ausgestellt am 23. Juli 1999, mit Ablaufdatum 19. Juli 2008 vor. Als Wohnsitz gab er W, S, an.

 

Mit Bestätigung vom 2. Februar 2005 hat das Bischöfliche Ordinariat in L mitgeteilt, dass der Bf während seines Promotionsstudiums in der Pfarrseelsorge im Raum S tätig sein werde und ein Stipendium erhalte. Die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung werde daher sehr befürwortet.

 

Nach Darstellung der belangten Behörde im Schubhaftbescheid und einem Erledigungsvermerk wurde der Aufenthaltstitel am 6. Mai 2005 ausgestellt. Die Gültigkeitsdauer ist im Beiblatt zum Antrag bis 6. Mai 2006 vermerkt.

 

1.3. Am 2. Dezember 2005 wurde der Bf im Rechtshilfeweg von der BPD Wels fremdenpolizeilich einvernommen. Dabei wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass die belangte Behörde beabsichtige, ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot zu erlassen und den Bf danach in sein Heimatland abzuschieben.

 

Der Bf gab an, dass er seit September 2000 in Deutschland aufhältig gewesen und am 1. Februar 2005 nach Österreich gekommen sei. In der Diözese L sei er als Priester für die Pfarrgemeinde W tätig gewesen Seine letzte Messe habe er am 12. Juni 2005 gelesen und dann sei er nach Deutschland zurückgefahren. Die deutsche Fremdenbehörde in München hätten am 9. Mai 2005 eine Ausweisung gegen ihn erlassen. Er habe damals unrichtige Angaben über seine persönlichen Bindungen gemacht. Tatsächlich habe er ein Kind mit seiner Lebenspartnerin, die in M wohnhaft sei. Die Kindesmutter und seine Tochter seinen k Staatsangehörige. Ein weiteres Kind seiner Lebenspartnerin habe die d Staatsangehörigkeit. An Barmittel verfüge er über 33,50 Euro.

 

Aus den vom Bf vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass die Dauer des Aufenthalts auf zwei Jahre begrenzt und nach einem Jahr ein Bericht über den Studienfortgang verlangt war. Ein Stipendium von monatlich 710 Euro abzüglich der Krankenversicherung war vorgesehen (Schreiben des Bischöflichen Ordinariats vom 2.2.2005, Zl. 172/2005). Im Schreiben vom 23. Mai 2005, Zl. 1056/2005, teilt dieses Ordinariat mit, dass man nach Rücksprache mit Univ.-Prof. DDr. H R erfahren habe, dass der Bf sein Studium nicht in Deutschland zu Ende führen werde. Somit ende auch sein Aufenthalt in S bzw W a I. Der Auftrag zur Mithilfe in der Seelsorge sowie das Stipendium enden mit 31. Mai 2005. Man danke für seine Mithilfe und wünsche ihm alles Gute für die Zukunft.

 

1.4. Auf Anfrage der belangten Behörde vom 25. November 2005 verwies das Bischöfliche Ordinariat auf das schon zitierte Schreiben vom 23. Mai 2005. Da der Bf sein Promotionsstudium offenbar nicht fortführe, sei auch das Stipendium der Diözese L eingestellt worden. Die Befürwortung der Aufenthaltsbewilligung werde daher nicht länger aufrecht erhalten.

 

Im Schubhaftbescheid vertritt die belangte Behörde die Auffassung, dass die erteilte aufenthaltsrechtliche Bewilligung nicht mehr als gültig anzusehen sei, da diese nur auf Grund der Bestätigung der Diözese ausgestellt worden sei. Da diese ihre Auftrag zur Seelsorge beendete und die finanziellen Leistungen einstellte, sei der Bf seit 31. Mai 2005 nicht mehr zur Selbstversicherung in der Krankenversicherung gemeldet. Da der Bf zum Zeitpunkt des Bescheides nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments sei, halte er sich illegal im Bundesgebiet auf.

 

Es bestehe ernsthaft die Gefahr, dass sich der Bf dem Zugriff der Behörde entziehen und die fremdenpolizeilichen Maßnahmen verhindern werde. Es könnten auch mit keinen gelinderen Mitteln das Auslangen gefunden werden.

 

1.5. Mit handschriftlicher Eingabe vom 2. Dezember 2005 ersuchte der Bf um Asyl. Dieser Antrag wurde am 6. Dezember 2005 von der BPD Wels per Telefax an die belangte Behörde weitergeleitet. Diese legte ihn mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 zuständigkeitshalber der Erstaufnahmestelle West in S. G i A vor. Weitere Schritte im Asylverfahren sind nicht aktenkundig.

 

Die handschriftlich verfasste Schubhaftbeschwerde vom 5. Dezember 2005 wurde am 6. Dezember 2005 per Telefax an die belangte Behörde übermittelt, welche sie mit Schreiben vom 6. Dezember 2005, eingelangt am 9. Dezember 2005, samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat vorlegte. Das Original der Beschwerde ging am 12. Dezember 2005 beim Oö. Verwaltungssenat ein.

 

2.1. In der Schubhaftbeschwerde bringt der Bf zunächst vor, dass er im September 2000 nach Deutschland gekommen war, um in der katholischen Kirche als Seelsorger mitzuhelfen und gleichzeitig ein Promotionsstudium in Theologie (Exegese des neuen Testaments) zu absolvieren. Sein Studienfortgang sei nach vier Jahren (mit einem Jahr Deutschkurs und und einem Jahr Unterbrechung) leider nicht erfolgreich gewesen, da er sich mit mindestens sechs Sprachen hätte beschäftigen müssen. Er habe finanzielle Schwierigkeiten gehabt und infolge Stress Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen, die ihm den deutschen Führerschein kosteten. Ausserdem habe er seit August 2003 eine Tochter, die mit ihrer Mutter in M lebt. Er hätte zwischen M und seinem Arbeitsplatz in R und dann in W a I fast täglich Fahrten unternommen. Alle dies sei für ihn ein echte Herausforderung gewesen und er habe einen hohen Preis gezahlt. Die Ausländerbehörde in München habe sensible und geschützte Informationen an die Ordinariate weitergegeben, was auf den Verlust der Arbeits- und Promotionsstelle in den Diözesen R und L Einfluss nahm. Er habe aber in Deutschland Steuern bezahlt und Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben.

 

Die Mutter seiner zweijährigen Tochter, Frau C M, habe auch ein vierjähriges Kind, welches die d Staatsangehörigkeit besitzt. Sie werde daher voraussichtlich ihren Aufenthalt in Deutschland beibehalten. Der Bf möchte mit seiner Familie zusammenleben. Seine kleine Tochter hätte bereits psychische Probleme durch die Trennung vom Vater. Der Bf habe dauerhafte Bindungen in Deutschland und sei auch zum Unterhalt verpflichtet. Er wolle daher eine Arbeitsstelle als Diplom Theologe finden.

 

In seinem Heimatland K herrsche seit ca 8 Jahren ein Bürgerkrieg. Er hätte dort 10 Jahre lang als Pfarrer gegen die Regierung, das System und die Korruption sowie gegen die nutzlosen Strukturen wie Nepotismus oder Zölibat innerhalb der Kirche gepredigt. Die politische Situation in seiner Heimat würde im Falle der Rückkehr sicherlich sein Leben gefährden. Mit der Ausübung des Priesterberufs könnte er auf alle Fälle nicht mehr rechnen.

 

Aus dem Vorbringen des Bf könne man ersehen, dass er ein Familienmensch sei und ein geordnetes Leben im EU-Raum führen wolle. Aus diesem Grund sei es für ihn nicht möglich, sich dem Zugriff der Behörde zu entziehen oder unterzutauchen. Er hätte seine Lektion gelernt und ersucht um die Möglichkeit, ein neues Leben anzufangen. Sinngemäß wird die fehlende Notwendigkeit und damit die Rechtswidrigkeit der Schubhaft behauptet.

 

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2005 ihren Verfahrensakt in Kopie zur Entscheidung vorgelegt und auf die Erstattung von Gegenausführungen verzichtet.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der wesentliche Sachverhalt hinlänglich geklärt und unstrittig erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung kann der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 72 Abs 1 FrG 1997 von dem angerufen werden, der gemäß § 63 FrG 1997 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf das Fremdengesetz 1997 angehalten wird oder wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 73 Abs 4 FrG 1997).

 

Gemäß § 61 Abs 1 FrG 1997 können Fremde festgenommen und in Schubhaft angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 61 Abs 2 FrG 1997 grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft.

 

4.2. Gemäß § 19 Abs 1 Satz 1 AsylG 1997 (BGBl I Nr. 76/1997) idFd AsylG-Novelle 2003 (BGBl I Nr. 101/2003) können Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben, bis zur Erlangung der Aufenthaltsberechtigungskarte oder bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden (faktischer Abschiebeschutz).

 

Nach § 19 Abs 2 AsylG 1997 sind Asylwerber, deren Asylverfahren zugelassen ist (§ 24a), bis zum rechtskräftigen Abschluss oder der Einstellung des Verfahrens zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt; dieses Aufenthaltsrecht ist durch das Ausstellen einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 36b) zu dokumentieren.

 

Gemäß § 24a Abs 8 Satz 2 AsylG 1997 ersetzt die Abweisung des Asylantrags gemäß § 6 oder eine Entscheidung gemäß §§ 7 oder 10 leg.cit. die Entscheidung im Zulassungsverfahren.

 

4.3. Die belangte Behörde hat im Schubhaftbescheid die dem Bf am 6. Mai 2005 erteilte aufenthaltsrechtliche Bewilligung für nicht mehr gültig angesehen, da diese nur auf Grund einer Bestätigung der Diözese L, für die Kosten der Krankenversicherung aufzukommen, ausgestellt worden wäre. Die Diözese habe aber ihren Tätigkeitsauftrag beendet und ihre finanziellen Leistungen eingestellt.

 

Die belangte Behörde verkennt damit nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats, dass der dem Bf in Form einer Vignette im Reisepass (vgl § 3 FrG-DV, BGBl II Nr. 418/1997 idF BGBl II 2002/364) erteilte befristete Aufenthaltstitel nicht schon deshalb wegfällt, weil die Diözese - mangels Fortsetzung des Promotionsstudiums oder aus welchem Grund immer - das zugesagte Stipendium nicht mehr auszahlt. Eine Vorschrift, aus der diese Folge abgeleitet werden könnte, ist dem Fremdengesetz 1997 nicht zu entnehmen. Auch eine solche Einschränkung des Aufenthaltstitels ist nach der Aktenlage nicht ersichtlich.

 

Dem Bf wurde als Drittstaatsangehörigem eine Erstniederlassungsbewilligung nach dem § 19 Abs 2 Z 3 FrG 1997 erteilt. Diese Erteilung erlaubte ihm eine unselbständige Erwerbstätigkeit, die vom sachlichen Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen (§ 1 Abs 2 und 4 AuslBG) ist. Diese Ausnahmetatbestände ergeben sich aus § 1 Abs 2 lit a) bis m) AuslBG und aus der Ausländerbeschäftigungsverordnung (BGBl Nr. 609/1990 idF BGBl II Nr. 469/2003). Davon erfasst sind nicht nur seelsorgerische Tätigkeiten im Rahmen von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften (§ 1 Abs 2 lit d AuslBG), sondern auch wissenschaftliche, pädagogische, kulturelle und soziale Tätigkeiten unter bestimmten Voraussetzungen (vgl etwa § 1 Abs 2 lit b oder i AuslBG und § 1 Z 2 und 6 AuslBVO).

 

Außerdem können Fremde nach § 13 Abs 3 FrG 1997 während der Gültigkeitsdauer ihres Aufenthaltstitels den Zweck ihres Aufenthaltes ohne weiters ändern, wenn der ihnen erteilte Aufenthaltstitel auch für den nunmehrigen Aufenthaltszweck erteilt hätte werden können. Eine solche Änderung ist der Behörde ohne unnötigen Aufschub bekannt zu geben, hierbei ist die Zulässigkeit der Änderung nach den hierfür maßgebliche Gesetzen darzulegen. Der Bf könnte die Zweckänderung im Inland selbst für eine quotenpflichtige Beschäftigung beantragen, wenn jemandem als Dienstgeber eine Beschäftigungsbewilligung für ihn nach dem AuslBG erteilt wird und ein Platz in der Niederlassungsquote vorhanden ist (vgl RV FrG , 685 BlgNR 20. GP, 63 f).

 

Aus § 16 Abs 1, 1a und 1b FrG 1997 ergibt sich, dass Einreisetitel und unbefristete Aufenthaltstitel unter bestimmten Voraussetzungen für ungültig erklärt werden können. Dazu bedarf es der Rechtsform des Bescheides. Ansonsten werden gemäß § 16 Abs 2 FrG 1997 Einreise- und Aufenthaltstitel erst ungültig, wenn gegen Fremde ein Aufenthaltsverbot oder eoine Ausweisung durchsetzbar wird. Im vorliegenden Fall gibt es keinen Anhaltspunkt für eine solche Ungültigkeit der erteilten Niederlassungsbewilligung. Aus § 16 FrG 1997 folgt, dass ein Aufenthaltstitel nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen ungültig werden kann. Damit erscheint auch die sinngemäße Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach es für die Gültigkeit des Aufenthaltstitels darauf ankäme, ob das Motiv der Behörde für die Erteilung der Niederlassungsbewilligung noch zutrifft, nicht vertretbar.

 

Nicht nachvollziehbar ist schließlich die Feststellung der belangten Behörde, dass der Bf nicht im Besitz eines gültigen Reisedokuments sei und sich deshalb illegal im Bundesgebiet aufhalte. Im Antrag auf Niederlassungsbewilligung war noch von einem Reisepass Nr. des Bf mit Gültigkeit bis 19. Juli 2008 die Rede. Wo dieser Reisepass, in dem die Vignette eingeklebt worden sein muss und von dem sich leider auch keine Kopie in den vorgelegten Akten befindet, verblieben ein soll, hat die belangte Behörde nicht erhoben. Abgesehen davon ist der gezogen Schluss auf illegalen Aufenthalt unzutreffend, weil die Behörde aktenkundig selbst davon ausgeht, dass dem Bf ein bis 6. Mai 2006 befristeter Aufenthaltstitel erteilt worden ist.

 

Zusammenfassend ist daher nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats davon auszugehen, dass sich der Bf rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Die belangte Behörde hätte daher gemäß § 61 Abs 1 Satz 2 FrG 1997 die Schubhaft nur verhängen dürfen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, der Bf würde sich dem Verfahren entziehen.

 

Solche Tatsachen liegen nach der Aktenlage offenkundig nicht vor. Der Bf hat kein Verhalten gesetzt, was auf Missachtung der österreichischen Rechtsvorschriften schließen ließe und ihn vertrauensunwürdig erscheinen ließe. Es sind daher keine Gründe dafür ersichtlich, wie die belangte Behörde zu ihrer Ansicht gelangen konnte, wonach sich der Bf dem fremdenbehördlichen Zugriff entziehen werde. Zumindest die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 66 Abs 1 FrG 1997, wie zBsp die Anordnung in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, wäre wohl naheliegend gewesen.

 

4.4. Der Bf hat mit Schreiben vom 2. Dezember 2005 (Weiterleitung durch die belangten Behörde am 6.12.2005) auch einen Asylantrag gestellt. Die Gründe für seine Bedrohung hat er in der gegenständlichen Beschwerde angesprochen. Sie erscheinen nicht von vornherein unplausibel und werden von den Asylbehörden näher zu prüfen sein. Damit kommt dem Bf der faktische Abschiebeschutz nach § 19 Abs 1 AsylG 1997 und die Stellung nach § 21 Abs 1 AsylG 1997 zu. Da er den Asylantrag erst während der Schubhaft gestellt hat, ist zwar § 61 FrG 1997 weiterhin anwendbar und der Bf kann theoretisch weiter in Schubhaft angehalten werden. Dies aber nur dann, wenn dies notwendig erscheint, zumal die Behörde verpflichtet ist darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert (§ 69 Abs 1 FrG 1997) und nach § 66 Abs 1 FrG 1997 gelindere Mittel anzuwenden sind, wenn damit der Zweck der Schubhaft erreoicht werden kann.

 

Schließlich folgt aus § 21 Abs 1 AsylG 1997, dass § 36 Abs 2 Z 7 FrG 1997 auf Fremde mit faktischem Abschiebeschutz und auf Asylwerber mit Aufenthaltsberechtigung jedenfalls keine Anwendung findet. Damit ist es der Fremdenbehörde für die Dauer des Asylverfahrens unmöglich ein Aufenthaltsverbot im Grunde des § 36 Abs 2 Z 7 FrG 1997 (Fehlender Nachweis des Besitzes der Mittel zum Unterhalt) zu verhängen. Welcher sonstige Sachverhalt für die belangte Behörde als Grund für ein Aufenthaltsverbot gegen den Bf in Betracht käme, wurde nicht offengelegt und ist aus der Aktenlage auch nicht ersichtlich. Deshalb kann die Schubhaft vorläufig wohl auch nicht der Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbots dienen. Im Übrigen kann der erkennende Verwaltungssenat nach der Aktenlage auch keinen Ausweisungsgrund erkennen, auf den sich die belangte Behörde berufen könnte.

 

Schließlich ist auf das Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 (BVG-B 2005) zu verweisen, wonach der Bund Asylwerbern im Zulassungsverfahren die Versorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes leistet. Darauf besteht grundsätzlich ein Rechtsanspruch (vgl dazu und zur Entstehungsgeschichte Diehsbacher, Bundesbetreuungsrecht, 2005, 19 ff). Die Einschränkung oder Entziehung der Versorgung kann nur aus bestimmten im Gesetz genannten Gründen vom Bundesasylamt mit Bescheid erfolgen.

 

Der Bf müsste demnach als Asylwerber in einer Bundesbetreuungsstelle untergebracht werden. Dafür kommt in Oberösterreich - wie amtsbekannt ist - die Erstaufnahmestelle West in T, S G i A in Betracht. Somit lag seit der Asylantragstellung des Bf ein Grund mehr vor, anstatt der Schubhaft gelindere Mittel anzuwenden.

 

5. Im Ergebnis war daher die gegenständliche Beschwerde Folge zu geben und der gegenständliche Schubhaftbescheid sowie die darauf beruhende Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären. Gemäß § 70 Abs 1 Z 2 FrG 1997 hat die belangte Behörde nach der gegenständlichen Entscheidung des Oö. Verwaltungssenats die Schubhaft formlos durch Freilassung aufzuheben.

 

Eine Kostenentscheidung nach § 79a AVG iVm § 73 Abs 2 FrG 1997 war mangels Antragstellung nicht zu treffen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13 Euro für die Schubhaftbeschwerde angefallen.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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