Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-210345/9/Lg/Ni

Linz, 06.06.2002

VwSen-210345/9/Lg/Ni Linz, am 6. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung der W, vertreten durch den Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck, vom 13. März 2001, Zl. BauR96-106, wegen einer Übertretung der Oö. Bauordnung 1994, nach der am 17. Mai 2002 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen und das Straferkenntnis insoweit bestätigt. Die Geldstrafe wird jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf eine Stunde herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 10 Euro. Ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist nicht zu leisten

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2,19 VStG.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S (218,02 Euro) bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil sie der baubehördlichen Anordnung des Bürgermeisters der Gemeinde P (Bescheid vom 27.11.1995, Zl. BauA-368/1995), nämlich das auf dem Grst. bestehende Holzgebäude innerhalb von drei Jahren nach Zustellung dieses Bescheides abzutragen, bis zumindest 5.8.1999 nicht nachgekommen sei. Sie habe daher die genannte baubehördliche Anordnung nicht bescheidgemäß erfüllt und dadurch § 57 Abs.1 Z11 der Oö. BauO 1994 iVm dem oben genannten Bescheid verletzt und sei gemäß § 57 Abs.2 Oö. BauO in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.
  2. In der Begründung bezieht sich das angefochtene Straferkenntnis auf den genannten Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P. Diese sei in Rechtskraft erwachsen. Die Berufungswerberin sei dem Entfernungsauftrag innerhalb der eingeräumten Dreijahresfrist nicht nachgekommen. Dies sei von der Beschuldigten auch nicht in Abrede gestellt worden. Ihr Einwand, dass das Objekt nicht von ihr errichtet wurde bzw. dass sie sich um die Aufhebung des Entfernungsbescheids bemühen werde, was aber bis dato nicht erfolgt sei, sei für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes irrelevant.

    Im Zusammenhang mit der Bemessung der Strafhöhe geht das angefochtene Straferkenntnis davon aus, dass die Berufungswerberin ein monatliches Nettoeinkommen von 15.140 S bezieht, keine Sorgepflichten hat und mit Ausnahme des Grst. kein Vermögen besitzt.

  3. In der Berufung wird eingewendet, das Gebäude sei von einem Voreigentümer errichtet worden und zur Zeit der Errichtung nicht genehmigungspflichtig gewesen. Da auf das gegenständliche Gebäude die seinerzeitigen Widmungsvorschriften anzuwenden seien, sei der Abbruchsbescheid nichtig.
  4. Nach Androhung einer Ersatzvornahme habe die Beschuldigte bei der Behörde vorgesprochen und mündlich einen Aufschub erreicht.

    Im Übrigen stehe das Gebäude nicht im Widerspruch zur Grünlandwidmung, weil es entsprechend landwirtschaftlich genutzt werde. Ein entsprechender Antrag sei am 19.1.2000 bzw. am 11.5.2000 bei der Gemeinde P (Bgm. K) eingebracht worden. Dabei sei auch darauf hingewiesen worden, dass der Imker Alois Reichl dieses Gebäude benötigt. Das Verfahren zur Bewilligung nach Grünlandgrundsätzen sei nach wie vor anhängig.

  5. Aus dem Akt ist ersichtlich:
  6. Dem Akt liegt die Kopie des Abbruchbescheides vom 27.11.1995 sowie das Schreiben der Gemeinde P an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.3.1999, wonach das Gebäude bisher nicht entfernt worden sei, bei.

    Ferner liegt dem Akt die Strafverfügung vom 5.8.1999 bei, in welcher der Berufungswerberin vorgeworfen wurde, sie habe bis dato das Gebäude nicht entfernt. Mit Einspruch vom 19.8.1999 wandte die Berufungswerberin ein, das Holzgebäude stehe seit über 25 Jahren und sei von der Voreigentümerin H errichtet worden. Diese habe damals entsprechende Zusagen des Bürgermeisters gehabt. Die Gemeinde habe gegen die Errichtung der Hütte keine Einwendungen gehabt und seinerzeit in einem Flächenwidmungsplan eine Änderung des Grundstückes als Bauplatz aufgenommen. Die Oö. Landesregierung habe die Änderung des Flächenwidmungsplanes untersagt. Die Hütte könne außerdem einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Naturschutzrechtliche Belange würden nicht berührt. Eine Baubewilligung sei zur Zeit der Errichtung nicht nötig gewesen. Diese Einwendungen würden möglicherweise in Widerspruch mit dem Abbruchsauftrag vom 27.11.1995 stehen. Daher werde die Berufungswerberin den Abbruchsauftrag nunmehr bekämpfen bzw. eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Dem Akt liegt ferner die Korrespondenz betreffend die finanziellen Verhältnisse der Berufungswerberin bei.

  7. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrat der Vertreter der Berufungswerberin abermals den Rechtsstandpunkt, der Beseitigungsauftragsbescheid sei nichtig. Aus dem Vollstreckungsaufschub im Ersatzvornahmeverfahren sei abzuleiten, dass öffentliche Interessen nicht berührt seien. Die Nichtbekämpfung des Beseitigungsauftrages sei ein aus der Krankheit ihres Gatten resultierendes "minderes Versehen" der Berufungswerberin gewesen. Die Tat sei der Berufungswerberin nicht vorwerfbar, zumindest lägen die Voraussetzungen des § 21 VStG vor. Ein Baubewilligungsantrag sei von der Gemeinde bis dato nicht erledigt worden.
  8. Die Berufungswerberin brachte vor, sie und ihr Gatte würden ein Wohnhaus in der Nähe der Hütte bewohnen. Die Hütte habe das Ehepaar damals gekauft, damit sie nicht mehr als Wochenendhaus genutzt werde. Derzeit würde die Berufungswerberin mit ihrem schwerstkranken Gatten Spaziergänge von der Wohnung bis zur Hütte unternehmen. Nur dies sei der Zweck der Hütte und dies sei auch der humanitäre Grund für den Vollstreckungsaufschub. Wenn die Hütte landwirtschaftlichen Zwecken (Imkerei eines Bekannten) zugeführt werden könnte, wäre sie froh.

    Der Bürgermeister der Gemeinde P führte aus, dass "in der Gemeinde" unterschiedliche Auffassungen über die richtige Vorgangsweise im gegenständlichen Fall bestünden. Der Strafantrag stamme von seinem Amtsvorgänger. Er selber sehe wegen der langen Dauer der Anhängigkeit der Sache kein Strafbedürfnis. Seiner Meinung nach wäre es zu begrüßen, wenn sich die rechtliche Sanierung über eine grünlandkonforme Nutzung herstellen ließe; im Gefolge eines Sachverständigengutachtens stoße dies jedoch auf Schwierigkeiten, weshalb auch noch kein Bescheid im Baubewilligungsverfahren erlassen worden sei. Es sei auch eine Flächenwidmungsänderung versucht worden, was jedoch nicht gelungen sei.

    Der Vertreter der Behörde hob hervor, dass der Vollstreckungsaufschub rein humanitäre Gründe habe und zur Tatzeit nicht aktuell gewesen sei. Die Rechtskraft des Abbruchsbescheids begründe den gegenständlichen Tatvorwurf. Es handle sich um ein Offizialdelikt. Eine Geldstrafe von 3.000 S sei bei einem Strafrahmen bis zu 500.000 S ohnehin eher symbolisch.

  9. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Die Nichtbefolgung des Beseitigungsauftrags während der vorgeworfenen Zeit ist unstrittig. Eine Nichtigkeit des Bescheids kann ohne Behauptung eines Nichtigkeitsgrundes, (zur Dogmatik der Nichtigkeit von Bescheiden vgl. statt Vieler Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, 1999, RZ 936ff), nicht sinnvoll geltend gemacht werden. Vielmehr ist von der Rechtskraft (Rechtwirksamkeit) des gegenständlichen Beseitigungsauftragsbescheids auszugehen. Auch ist aus dem Umstand der Rechtskraft dieses Bescheids kein minderes Verschulden oder gar eine Schuldlosigkeit der Berufungswerberin im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Delikt abzuleiten. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass ihr die Pflicht zur Beseitigung ab Zustellung des in Rede stehenden Bescheids bewusst sein musste.

Die Tat ist daher der Berufungswerberin in objektiver Hinsicht und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe ist ausgehend vom gesetzlichen Strafrahmen auf den Unrechtsgehalt der Tat (Nichtabbruch der flächenwidmungswidrigen Hütte) und den Schuldgehalt der Tat (Vorsatz, wobei die Errichtung durch Vorbesitzer und die menschlich schwierige Situation der Berufungswerberin sowie die möglicherweise auch durch Teile der Gemeinde genährte Hoffnung auf eine rechtliche Sanierung) ins Kalkül zu ziehen. Ferner sind die oben erwähnten finanziellen Verhältnisse der Berufungswerberin zu beachten. In Anbetracht dieser Umstände erscheint die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe in der Tat nicht überzogen. Unter (noch) stärkerer Berücksichtigung der humanitären Aspekte setzt der Unabhängige Verwaltungssenat die Strafe auf noch geringerem Niveau fest, was der Berufungswerberin unter anderem die Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat erspart. Die Tat bleibt jedoch nach dem Gesagten nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 VStG vertretbar erscheint.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum