Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210350/11/Lg/Bk

Linz, 14.12.2001

VwSen-210350/11/Lg/Bk Linz, am 14. Dezember 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Langeder, Beisitzer: Dr. Grof) nach der am 7. November 2001 durchgeführten öffentlichen Verhandlung über die Berufung des Herrn G gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 14. Mai 2001, Zl. BauR96-45-2000-Lac, wegen einer Übertretung der Oö. Bauordnung 1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird dem Grunde nach abgewiesen. Es wird jedoch von einer Bestrafung abgesehen.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 21 Abs.1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er es als Bauherr zu verantworten habe, dass ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt wurde, indem er in den Monaten Oktober und November 2000 auf den Grundstücken , und , KG J, Gemeinde J, eine Garage und einen Keller im Ausmaß von jeweils ca 50 m2 errichtet habe, ohne im Besitz einer rechtskräftigen Baubewilligung zu sein. Dieses Gebäude sei an ein Wohnhaus angebaut worden. Der Bw habe dadurch § 57 Abs.1 Z2 Oö. BauO. 1994 übertreten und sei gemäß Abs.2 leg.cit. in der genannten Höhe zu bestrafen gewesen.

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf anonyme Anzeigen vom 7.11.2000 sowie auf eine Vorsprache des Bw und des Bürgermeisters der Gemeinde J vor der belangten Behörde am 21.11.2000, ferner auf einen Aktenvermerk der belangten Behörde vom 23.11.2000 sowie auf eine Vermessungsurkunde des Zivilgeometers Ö vom 13.11.2000 und das Bauansuchen vom 28.11.2000. Ferner zitiert das angefochtene Straferkenntnis eine Zeugenaussage des Bürgermeisters der Gemeinde J vom 2.2.2001 sowie eine Anfragebeantwortung der Gemeinde J vom 15.2.2001. Hingewiesen wird ferner auf ein Schreiben der Frau S vom 8.1.2001. Ferner nimmt das angefochtene Straferkenntnis Bezug auf zwei Rechtfertigungen des Bw vom 23.2.2001 und vom 7.3.2001.

Das angefochtene Straferkenntnis beschreibt das gegenständliche Objekt wie folgt: Es "wurde zu einem Hauptgebäude ein Nebengebäude zugebaut. Das Nebengebäude ist laut Plan eingeschossig und 3 m hoch, wobei jedoch die Traufe rückseitig angeordnet ist und niedriger liegt. Das Grundrissausmaß des Gebäudes (Garage und 2 Kellerräume) ist ca. 100 m2. Das Gebäude ist auf der Rückseite teilweise ins Erdreich integriert. Der Zubau befindet sich auf Grundstück ."

Ferner wird festgestellt, dass das Verfahren betreffend Abtrennung des nördlichen Grundstücksteiles, auf dem die Garage und der nördliche Kellerraum stehen und der die Nr. erhalten soll, laufe. Ein diesbezüglicher Teilungsplan liege vor. Die Baubewilligung sei dem Bw diesbezüglich bereits unter Berücksichtigung der neuen Grundstücksbezeichnung für die Garage und den nördlichen Keller und dem Bruder des Bw für den südlichen Keller erteilt worden.

In der Folge wird begründet, warum nach Ansicht der Behörde ein bewilligungspflichtiges - und daher kein bloß anzeigepflichtiges - Bauvorhaben vorliege.

Da der Baubescheid erst am 7.2.2001 rechtskräftig geworden sei, also mehr als zwei Monate nach Ausführung des Vorhabens, habe der Bw den Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht. Zur Verschuldensfrage wird bemerkt, dass die Tatsache, dass es sich bei Baubewilligungsverfahren um ein schriftliches Verfahren handelt, allgemein bekannt sei. Die Aussage des Bürgermeisters, "dass mit dem Bau begonnen werden kann" vermöge den Bw nicht zu entschuldigen. Vielmehr sei darauf hinzuweisen, dass der Bausachverständige beim ersten Lokalaugenschein erklärt habe, dass es sich um eine baubewilligungspflichtige Maßnahme handelt. Der Sachverständige sei dabei für die Behörde tätig geworden. Der Bw sei daher über die Rechtslage nicht in Unkenntnis gewesen. Es sei ihm daher zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Bei der Bemessung der Strafhöhe wird vom gesetzlichen Strafrahmen sowie von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 20.000 S und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Auf präventive Gründe wird hingewiesen. (In einem nach der öffentlichen Verhandlung dem Unabhängigen Verwaltungssenat zugeleiteten Schreiben sieht die belangte Behörde im Hinblick auf das geringe Verschulden des Bw einen Anwendungsfall des § 20 VStG gegeben.)

2. In der Berufung wird eingewendet, dass bereits vor der Bauausführung ein mündlicher Vertrag zwischen dem Bw und der Nachbarin S bestand, dass der Bw einen geringen Teil ihres Grundstückes benützen dürfe. Kaufpreis und Abtretung des benötigten Grundstücksteiles seien zu diesem Zeitpunkt bereits festgestanden.

Überdies habe, nach Aussage des Bürgermeisters der Gemeinde J, bereits im Zeitraum Mai/Juni 2000 ein Lokalaugenschein im Beisein des Bürgermeisters, des Amtsleiters Traxler sowie des Bausachverständigen Ing. V stattgefunden. Daher habe der Bürgermeister als Baubehörde zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von den beabsichtigten Baumaßnahmen gehabt. Deshalb sei davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Anzeige iSd § 25 Oö. BauO. vorlag. Es wäre dem Bürgermeister im Rahmen der Manuduktionspflicht obgelegen, den Bw über die nötigen baurechtlichen Schritte aufzuklären, etwa dass keine Anzeige sondern ein Baubewilligungsantrag iSd § 24 Oö. BauO. erforderlich sei. Dergleichen sei jedoch nicht geschehen, sondern es seien zwei weitere Zusammenkünfte an Ort und Stelle erfolgt, ohne dass schriftliche Aufzeichnungen darüber gemacht worden wären, wofür jedoch der Bw keine Verantwortung trägt.

Darüber hinaus habe der Bürgermeister ausgesagt, die mündliche Zusage erteilt zu haben, dass mit dem beabsichtigten Bau begonnen werden könne. Daher habe der Bw vom Vorliegen eines mündlichen Baubescheids ausgehen können, jedenfalls aber davon, dass er aufgrund dieser mündlichen Zusage berechtigt war, mit der Errichtung des Bauwerks zu beginnen. Dies werde bekräftigt durch die weitere Aussage des Bürgermeisters vom 2.2.2001, wonach der Bw damals darauf hingewiesen worden sei, dass das Vorhaben bei der nächsten Bauverhandlung verhandelt werde. Der Bw habe damit den Eindruck gewinnen müssen, dass alle weiteren Schritte nur noch formaler Art seien, zu welchen sein weiteres Zutun nicht mehr erforderlich ist.

In weiterer Folge behauptet die Berufung, dass gegenständlich kein bewilligungspflichtiges, sondern lediglich ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben vorliege. Gemäß § 25 Abs.1 Z2 lit.b Oö. BauO. sei der Neu-, Zu- oder Umbau von Nebengebäuden lediglich anzuzeigen, wenn die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben, die Überwachung der gesamten Bauausführung von befugten Bauführern und erforderlichenfalls von besonders sachverständigen Personen übernommen und diese Übernahme schriftlich bestätigt wurde und die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit allen baurechtlichen Vorschriften von einem befugten Planverfasser schriftlich bestätigt wurde. Entgegen der Rechtsansicht der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach liege ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben nicht bloß dann vor, wenn alle formellen Erfordernisse der Anzeigepflicht vollständig vorliegen, da ansonsten der Verweis des § 25a Abs.5 Z1 Oö. BauO., welcher das Anzeigeverfahren regelt und ausdrücklich normiert, dass auch § 30 Oö. BauO. im Anzeigeverfahren anzuwenden ist, keinen Anwendungsbereich fände.

§ 25 Oö. BauO. sei vielmehr so zu verstehen, dass die dort genannten Bauvorhaben bloß anzeigepflichtig sind, sobald klar ist, dass die Nachbarn keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben erheben, die Überwachung der Bauausführung von befugten Bauausführern oder sonstigen qualifizierten Personen übernommen sowie die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit allen baurechtlichen Vorschriften von einem befugten Planverfasser bestätigt wird. Die formalen Voraussetzungen müssen noch nicht vorliegen, sondern können iSd § 30 Oö. BauO. nachträglich beigebracht werden, ohne dass das Bauvorhaben seine Qualität als anzeigepflichtiges Vorhaben verlieren würde.

Da im beschriebenen Sinne vom Vorliegen einer Anzeige auszugehen sei, habe der Bw berechtigterweise nach Ablauf der im § 25a Oö. BauO. festgelegten achtwöchigen Frist jedenfalls davon ausgehen können, berechtigt zu sein, mit der Ausführung des Bauvorhabens zu beginnen.

Ferner wird darauf hingewiesen, dass nach § 49 Oö. BauO. die Möglichkeit einer nachträglichen Baubewilligung besteht und dies, als legitimes Vorgehen einer Baubehörde, einer besonders im ländlichen Raum verbreiteten Praxis entspreche. Dass der Behörde die Möglichkeit eingeräumt werde, ihre eigenen Fehler im Wege einer nachträglichen Bauverhandlung zu korrigieren, andererseits jedoch ein Bauwerber für seine im Einklang mit der Zusage der Baubehörde und im Vertrauen auf die Richtigkeit und Zulässigkeit der durchgeführten Handlungen bestraft werden kann, bilde ein massives Ungleichgewicht der Wertungen, welche von einem vernünftigen Menschen nicht nachvollzogen werden könne. An der späten Durchführung der nachträglichen Bauverhandlung treffe den Bw, der von sich aus die Gemeinde umfassend vom beabsichtigten Bauvorhaben informiert hat, kein Verschulden.

Es könne vom Bw als juristischen Laien nicht verlangt werden, in den gegenständlich berührten Fragen des Baurechts versiert zu sein. Vielmehr habe er sich auf die Aussagen des Bürgermeisters verlassen dürfen sowie darauf, dass seitens der Baubehörde keine weiteren Schritte vom Bw nachverlangt wurden. Der Hinweis im angefochtenen Straferkenntnis auf die Auskunft des Sachverständigen sei irrelevant, da ein Sachverständiger nicht mit einer Behörde gleichzusetzen sei.

Überdies wird die Begründung der Strafbemessung im angefochtenen Straferkenntnis bemängelt, da das Straferkenntnis selbst einräume, dass die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, weil das Vorhaben nachträglich genehmigt wurde. Eine Bestrafung würde in einem Fall wie dem gegenständlichen in der Bevölkerung auf Unverständnis stoßen, da der Bw im Vertrauen auf die mündlich erteilte Zusage des Bürgermeisters gehandelt habe und als Bürger erwarten habe dürfen, dass von einer Behörde erteilte Informationen befolgt werden können. Generalpräventive Gründe lägen daher nicht vor.

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

Nach zwei anonymen Anzeigen, wonach der Bw konsenslos, aber im Einverständnis mit dem Bürgermeister eine Garage errichtet habe, erschienen laut Aktenvermerk vom 23.11.2000 am 21.11.2000 vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach der Bw und der Bürgermeister der Gemeinde J. Dabei sei (offenbar gemeinsam durch den Bw und den Bürgermeister) erklärt worden, dass der Bw vor Errichtung der Garage mit der Nachbarin M Kontakt aufgenommen hat und von dieser die mündliche Zusage erhalten habe, dass sie ihm einen Grundstückstreifen abtreten werde, was notwendig sei, weil die Garage geringfügig auf dem Grundstück von Frau S errichtet worden sei. Die Garage sei fast fertig, es würden nur noch geringe Arbeiten (Dachrinnenmontage udgl.) erforderlich sein. Seitens der Gemeinde J als Baubehörde sei das gegenständliche Bauvorhaben bis zum Vorliegen einer entsprechenden baubehördlichen Bewilligung eingestellt worden. Der Bürgermeister bestätige, dass vom Bw vor Errichtung der Garage Kontakt mit der Gemeinde aufgenommen und mehrere Lokalaugenscheine zusammen mit dem bautechnischen Amtssachverständigen durchgeführt wurden. Laut Aussage des bautechnischen Amtssachverständigen sei die Errichtung der Garage in der vorliegenden Form aus bautechnischer Sicht bewilligungsfähig, sofern der notwendige Grundstücksteil angekauft werde. Der Bw werde sich bemühen, die Unterschrift von Frau S einzuholen.

Herr T (BH Rohrbach, der Verfasser des Aktenvermerks) notierte zusätzlich, am 23.11.2000 Frau S angerufen zu haben, welche erklärt habe, dass aus ihrer Sicht eine Zustimmung zum Grundstückskauf nicht ausdrücklich erklärt worden sei. Sie sei nur unter der Voraussetzung mit dem Grundstückskauf einverstanden, dass vom Bw die Garage ordnungsgemäß fertiggestellt werde, sodass auf ihr Grundstück keinerlei Oberflächenwässer bzw. Dachrinnenwässer der Garage abfließen können und die im Zuge der Bauausführung entstehenden Verschmutzungen im Bereich ihres Grundstückes beseitigt werden.

Ferner liegt dem Plan das Bauansuchen vom 28.11.2000, samt Einreichplan (unterschrieben unter anderem von M) der Firma H, P, sowie eine Baubeschreibung bei.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2000 erfolgte die Aufforderung zur Rechtfertigung.

Mit einem am 8.1.2001 beim Gemeindeamt J eingelangten Schreiben bestätigte M, dass sie dem Bau der Garage des Bw vor der Errichtung eine mündliche Zustimmung gegeben habe. Es habe auch ein mündlicher Vertrag vor Baubeginn bestanden, dass der benötigte Grund von Frau S zur Errichtung der Garage benützt werden dürfe. Kaufpreis, Abtretung und Bezahlung des benötigten Grundstückes nach Vermessungsbeurkundung hätten als vereinbart gegolten. Die Vermessung sei bereits durchgeführt worden, die Baupläne seien von Frau S unterschrieben worden.

Laut einer Niederschrift des Gemeindeamtes J vom 11. Jänner 2001 wurde das gegenständliche Bauvorhaben unter Mitwirkung von Bürgermeister A, dem Bausachverständigen Ing. M und als Schriftführer Gemeindesekretär E überprüft. Laut Gutachten des Sachverständigen bestehen gegen die Erteilung der Baubewilligung unter Beachtung gewisser Bedingungen und Auflagen keine Bedenken. Im Befund wird bemerkt, dass die geplante Grundteilung zwischen der Garage und dem angrenzenden Grundstück, auf dem sich das Wohngebäude befindet, beabsichtigt sei, ein entsprechendes Ansuchen jedoch noch nicht vorliege. Eine Bauplatzbewilligung werde spätestens gemeinsam mit der Baubewilligung zu erteilen sein.

Mit Schreiben vom 11. Jänner 2001 wendet sich der Bürgermeister der Gemeinde J an die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach und führt darin aus, dass bereits ein Bauansuchen vom 28.11.2000 vorliege. Eine Verzögerung der rechtskräftigen Baubewilligung resultiere daraus, dass die Planunterlagen noch Mängel aufwiesen, wie vom Amtssachverständigen Ing. V bei einer Vorprüfung gemäß § 30 Oö. Bauordnung festgestellt worden sei. Durch diesen Bausachverständigen seien auch eine Beratung mit dem Bauwerber sowie einige Besichtigungen im Beisein des Bürgermeisters an Ort und Stelle durchgeführt worden, um im Sinne einer bürgernahen Verwaltung etwaige rechtliche Schwierigkeiten bereits im Vorfeld abklären zu können. Die Baubewilligung werde in den nächsten Tagen mit Bescheid ergehen. Wenngleich die schriftliche Baubewilligung für den tatsächlichen Baufortschritt etwas spät erteilt werde, so könne von einem rechtswidrigen Vorgehen keinesfalls ausgegangen werden.

Mit Bescheid vom 15.1.2001 wurde dem Bw die Baubewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben erteilt.

Mit Schreiben vom 23.1.2001 rechtfertigte sich der anwaltlich vertretene Bw. Die diesbezüglichen Ausführungen gehen nicht über die in der Berufung vorgetragenen Argumente (siehe oben) hinaus.

Am 2.2.2001 sagte der Bürgermeister der Gemeinde J, A, vor der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach aus: Der erste Lokalaugenschein sei im Zeitraum Mai bis Juni 2000 gewesen. Dabei seien der Bürgermeister selbst, der Bausachverständige Ing. V, der Amtsleiter T sowie der Bw anwesend gewesen. Der Bw sei über die baurechtliche Situation aufgeklärt worden und zwar betreffend die bautechnischen Erfordernisse. Bezüglich des Grundkaufes habe der Bw behauptet, mit der Nachbarin schon darüber gesprochen zu haben. Über diese Zusammenkunft seien keine schriftlichen Aufzeichnungen gemacht worden.

Nach dieser Zusammenkunft hätten bis zur mündlichen Verhandlung am 11.1.2001 noch zwei weitere Zusammenkünfte an Ort und Stelle im Beisein der Genannten stattgefunden. Auch über diese Zusammenkünfte gebe es keine schriftlichen Aufzeichnungen. Die mündliche Zusage, dass der Bw das Bauen anfangen könne, habe der Bürgermeister etwa in den Monaten August oder September 2000 erteilt. Es sei darauf hingewiesen worden, dass das Vorhaben bei der nächsten Bauverhandlung verhandelt werden würde. Die für die Grundstücksteilung erforderliche Vermessung sei am 13.11.2000 erfolgt. Ing. V habe von Anfang an Herrn E darüber aufgeklärt, dass es sich um eine baubewilligungspflichtige Maßnahme handelt.

Laut Aktenvermerk vom 15.2.2001 habe der Bürgermeister der Gemeinde J telefonisch mitgeteilt, dass er keine Rechtsbelehrung hinsichtlich der Rechtsfolgen bei Bauen ohne Baubewilligung vor Ausführung des Vorhabens erteilt habe. Es seien vor allem informative Weichen gestellt worden, damit das Bauvorhaben ohne Schwierigkeiten über die Bühne gehen könne. Diese Aussage würde der Bürgermeister auch zeugenschaftlich zu Protokoll geben.

Über Anfrage vom 15.2.2001 teilte die Gemeinde J mit, dass es außer dem Baubewilligungsantrag keine Bauanzeige des Bw gebe. Auf die Frage, ob seitens der Gemeinde der Bw über die Möglichkeit einer Bauanzeige informiert wurde, wird anstelle einer Antwort auf die mündlichen Bauberatungen hingewiesen. Das erste Schriftstück, welches von Seiten des Bw an die Gemeinde übermittelt wurde, sei das Bauansuchen samt Unterlagen gewesen, welches am 28.11.2000 bei der Gemeinde eingelangt sei. Die Baupläne seien zur Mängelbehebung zurückgegeben und später nachgereicht worden.

Nach Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nahm der Bw mit Schreiben vom 7.3.2001 ebenfalls anwaltlich vertreten Stellung. Auch dieses Schreiben geht inhaltlich nicht über die Berufung hinaus.

4. In der öffentlichen Verhandlung legte der Bw dar, er habe sich am Beginn des Jahres 2000 entschlossen, eine Garage zu bauen. Im Frühjahr 2000 habe er sich diesbezüglich mit dem Bürgermeister in Verbindung gesetzt, welcher ihm gesagt habe, dass sich dies gut treffe, weil er in den nächsten Tagen ohnehin eine Bauverhandlung in der Nähe habe und daher ein Bausachverständiger verfügbar sei. Der Bw und der Bürgermeister hätten einen Termin für einen Ortsaugenschein vereinbart (idF: "1. Termin").

Beim 1. Termin seien anwesend gewesen: der Bw, der Bürgermeister, der Gemeindesekretär (Amtsleiter) und der Bausachverständige. Der Bw habe sein Vorhaben erläutert und der Bausachverständige habe dargelegt, wie das Projekt zu gestalten ist, um rechtskonform zu sein. Über die rechtliche Qualifikation (Bewilligungspflicht oder Anzeigepflicht) sei nicht gesprochen worden.

Zirka 2 1/2 Monate vor Baubeginn habe der Bw den Bürgermeister im Amtsgebäude der Gemeinde J mit einem fertigen Plan kontaktiert. Der Bürgermeister habe dem Bw gesagt, der Bausachverständige befinde sich gerade in H, der Bw möge sich mit dem Plan dorthin begeben, was der Bw in der Folge auch getan habe (idF: "2. Termin"). Der Sachverständige habe auf dem Plan Korrekturen vorgenommen und geäußert, dass mit diesen Korrekturen "alles in Ordnung" sei. Hierauf hätten der Sachverständige und der Bürgermeister miteinander telefoniert; der Bw habe mitgehört und das Telefonat im Wesentlichen dahingehend verstanden, dass die Frage, ob mit dem Bau begonnen werden darf, durch den Bürgermeister zu entscheiden sei.

Nach weiteren zwei Monaten habe der Bw den Bürgermeister zufällig getroffen (idF: "3. Termin") und ihn darauf angesprochen, ob er mit dem Bauen beginnen dürfe. Der Bürgermeister habe geantwortet, der Bw könne jederzeit mit dem Bauen beginnen, was dieser zwei Wochen später auch getan habe. Der Bw fügte hinzu, dass die Bauführung des Hauptgebäudes im Jahre 1989 erfolgt sei. Zwischenzeitig habe es Gesetzesänderungen gegeben, sodass er annahm, der Bürgermeister habe ihm wirksam und rechtskonform die Bauausführung erlaubt.

Zu Baubeginn sei ein Teil des benötigten Grundes noch im Eigentum der Nachbarin S gestanden. Mit dieser habe er sich schon zuvor über die Abtretung geeinigt gehabt, die formale Eigentumsübertragung habe jedoch wegen Verzögerungen bei der Vermessung noch nicht stattgefunden. Der Bürgermeister habe beim 2. und 3. Termin gesagt, der Bw solle die diesbezüglichen Urkunden dem Gemeindeamt nachreichen.

Der Bürgermeister schilderte den Hintergrund des Vorfalls dergestalt, dass der Bw das "Opfer einer politischen Intrige" sei. Der Zeuge sei vor vier Jahren auf der Grundlage des Persönlichkeitswahlrechts zum Bürgermeister gewählt worden, stehe aber im Gemeinderat der Mehrheitsfraktion einer anderen politischen Partei gegenüber. Ein Mitglied der Mehrheitsfraktion habe die Sache aus politischen Gründen in die Zeitung gebracht, was dieses Mitglied aber so gereut habe, dass es sich öffentlich beim Bürgermeister dafür entschuldigt habe. Die Sache sei aber ins Rollen gekommen und nicht mehr aufzuhalten gewesen. Mitglieder der angesprochenen Fraktion hätten auch die Nachbarin S gezielt verunsichert; der Zeuge könne jedoch bestätigen, dass diese Frau die Zustimmung vor Baubeginn und frei von Willensmängeln gegeben habe. Der Bürgermeister schilderte, dass aus der Zeit vor seiner Amtsperiode eine Reihe von Bauten aufgrund mündlicher Zusagen vorhanden gewesen seien, die er "nachverhandeln" habe müssen. In Bausachen halte er ständig Rücksprache mit dem Amtsleiter, welcher gemeindeintern als rechtlicher Sachverständiger in Bauangelegenheiten fungiere.

Der Bürgermeister bestätigte die Darstellung des Bw hinsichtlich der Abfolge der drei Termine. Beim 1. Termin habe der Bw eine Handskizze vorgezeigt und vom Sachverständigen Aufklärung erhalten, was er tun müsse, um die Genehmigungsfähigkeit herzustellen. Das Telefonat mit dem Sachverständigen beim 2. Termin habe aus der Sicht des Bürgermeisters den Sinn gehabt, sich abzusichern, wenn er dem Bw sagt, er könne mit dem Bau beginnen. Der Sachverständige habe nach dem Eindruck des Bürgermeisters geäußert, es bestünden keine Bedenken. Beim 3. Termin habe der Bürgermeister dem Bw gesagt, er könne mit dem Bauen beginnen, die Bauverhandlung werde bei Vorliegen der ausständigen Unterlagen nachgeholt.

Der Bürgermeister legte einerseits dar, dass er selbst spätestens seit dem Telefonat zur Zeit des 2. Termins davon ausging, dass das Projekt bewilligungspflichtig war und dies dem Bw auch klar gewesen sein musste, da ja von der Notwendigkeit einer ("nachzuholenden") Bauverhandlung die Rede gewesen sei. Andererseits relativierte der Bürgermeister diese Aussage dadurch, dass er von Planalternativen (möglicherweise auch, wie vom Bw eingeworfen, in Form unterschiedlicher Widmungsdeklarationen, um unter ein bestimmtes Größenlimit zu kommen) sprach, sodass die Möglichkeit der Anzeigepflicht anfangs im Raum gestanden sei; letztlich habe sich aber aufgrund des Umfangs des Bauvorhabens doch die Bewilligungspflicht herausgestellt, und zwar schon beim 2. Termin.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

Das angefochtene Straferkenntnis geht zutreffend von der Bewilligungspflicht des gegenständlichen Bauvorhabens aus (§ 24 Abs.1 Z2 Oö. BauO.). Die Anzeigepflicht gemäß § 25 Abs.1 Z2 lit.b Oö. BauO. (Neubau von Nebengebäuden) setzt voraus, dass die "Voraussetzungen nach Z.1 lit.b und d" gegeben sind, mithin, dass "die Nachbarn durch ihre Unterschrift auf dem Bauplan erklärt haben, gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben" (Z1 lit.b) und "die Überwachung der gesamten Bauausführung von befugten Bauführern und erforderlichenfalls von besonderen sachverständigen Personen übernommen und diese Übernahme schriftlich bestätigt wurde" (Z1 lit.d). (Die Abhängigkeit der Qualifikation des Bauvorhabens von Erklärungen mag auf den ersten Blick überraschen, ist aber in der gesetzlichen Konstruktion begründet.) Weiters setzt eine Anzeige gemäß § 25a Abs.1 Oö. BauO. das "Einlangen der vollständigen und ordnungsgemäß belegten Bauanzeige" (selbstverständlich: in Schriftform - vgl. auch Neuhofer, Oö. Baurecht/2000, 5. Auflage, 2000, Anm. 12 zu § 25 Oö. BauO.) voraus. Das gegenständliche Bauansuchen (Plan mit Unterschriften der Nachbarn mit einer Baufirma als Planverfasser) stammt laut Akt (und unbestritten) vom 28.11.2000, also aus der Zeit nach der Bauausführung. Da vor der Bauausführung die Voraussetzungen des § 25 Abs.1 Z1 lit.b und lit.d nicht vorlagen, handelte es sich um kein anzeigepflichtiges Bauvorhaben und da zu diesem Zeitpunkt die "vollständige und ordnungsgemäße Bauanzeige" nicht bei der Baubehörde "eingelangt" war, lag auch keine Anzeige vor. Insoweit die Berufung die für das Baubewilligungsverfahren eingerichtete Normierung des Ergänzungsauftrags (§ 30 Abs.4 Oö. BauO.) ins Spiel bringt, ist ihr, abgesehen davon, dass kein anzeigepflichtiges Bauvorhaben vorliegt, Folgendes entgegenzuhalten: Zwar ist einzuräumen, dass § 25a Abs.5 Z1 Oö. BauO. (im Übrigen gilt für anzeigepflichtige Bauvorhaben Folgendes: 1. für Bauvorhaben gemäß § 25 Abs.1 Z1 und 2 gelten alle Vorschriften über vergleichbare bewilligungspflichtige Bauvorhaben sinngemäß, ausgenommen §§ 32 bis 37 ...) in mehrfacher Hinsicht auslegungsbedürftig ist; es kann daraus jedoch nicht abgeleitet werden, dass die bloß mündliche Kundgabe des Bauwillens die Achtwochenfrist des § 25a Abs.1 Oö. BauO. auslöst. Dem Berufungsargument, dass § 49 Oö. BauO. mit nachträglichen Bauansuchen rechnet, ist entgegenzuhalten, dass deshalb der Straftatbestand des § 57 Abs.1 Z2 Oö. BauO. nicht gegenstandslos ist.

Strittig ist auch, ob das bewilligungspflichtige Bauvorhaben konsenslos durchgeführt wurde. Die Frage ist im Hinblick auf das Schriftformgebot des § 35 Abs.1 Oö. BauO. bzw den Umstand, dass die schriftliche Baubewilligung erst nach der Tat erteilt wurde, zu bejahen.

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver Hinsicht zuzurechnen. Auch die subjektive Zurechnung (das Verschulden) ist zu bejahen. Der Aussage des Bürgermeisters in der öffentlichen Verhandlung folgend ist davon auszugehen, dass die Genehmigungspflicht spätestens ab dem 2. Termin dem Bw bekannt sein musste. Auch wenn der Bw sich der mündlichen "Erlaubnis" des Bürgermeisters gewiss sein konnte, so musste er andererseits wissen, dass eine "nachträgliche Bauverhandlung" bzw eine "nachträgliche Genehmigung" als Regelfall dem System der Oö. BauO. vernünftigerweise nicht zusinnbar ist. Dies selbst dann, wenn die Usancen in der betreffenden Gemeinde, wie vom Bürgermeister angedeutet, über längere Zeiträume hinweg an der Rechtsordnung vorbeigingen. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist auch darin beizupflichten, dass die Schriftformgebundenheit der Baubewilligung allgemein bekannt ist und sich der Bw demgemäß nicht auf eine mündliche Erlaubnis des Bürgermeisters verlassen durfte.

Andererseits ist nicht zu verkennen, dass das Verschulden des Bw als geringfügig einzustufen ist. Wenn auch einer "Maßstabsfigur" die Erkenntnis zusinnbar ist, dass ohne rechtskräftige Baubewilligung nicht mit der Bauausführung begonnen werden darf, so ist doch nicht zu übersehen, dass ein von der zuständigen Behörde erzeugter Rechtsirrtum in der Regel entschuldigt und das Verhalten des Bürgermeisters (der Baubehörde) im gegenständlichen Fall ursächlich für die Meinung des Bw, er dürfe mit dem Bau vor der Genehmigung beginnen, war. Dazu kommt, dass die Änderungen des ("Laien" vielfach nicht leicht verständlichen) Baurechts und der Umstand, dass auch baubehördlicherseits vorübergehend eine Anzeigepflicht erwogen wurde, den Bw verunsichert haben mögen. Die Fehlmeinung des Bw ist umso eher verständlich, als, wenn auch außerhalb eines förmlichen Verfahrens, der Sache nach und unter Einbeziehung der Behörde bzw des Sachverständigen geklärt war, dass öffentliche und private Interessen nicht verletzt wurden bzw sich das Projekt "materiell" im Einklang mit der Oö. BauO. befand.

Die Tat hatte überdies nur unbedeutende Folgen. Zwar erfüllt der Umstand der Genehmigungsfähigkeit (eines konsenslos errichteten Bauvorhabens) als solcher dieses Tatbestandsmerkmal des § 21 Abs.1 VStG in der Regel nicht, da die Oö. BauO. es verhindert wissen will, dass ein Bauherr die Behörde vor der Prüfung der Rechtskonformität des Bauvorhabens vor vollendete Tatsachen stellt. Im gegenständlichen Fall hat der Bw jedoch die Behörde nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern in engstem Einvernehmen mit der Baubehörde gehandelt und sich nach den Direktiven des Bausachverständigen gerichtet.

Aus diesen spezifischen Umständen der gegenständlichen Fallkonstellation ergibt sich also, zusammengefasst gesagt, dass die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG vorliegen. Daher war von einer Bestrafung des Bw abzusehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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