Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210379/6/Lg/Ni

Linz, 21.03.2003

 

 

 VwSen-210379/6/Lg/Ni Linz, am 21. März 2003

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 12. März 2003 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H H, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. März 2002, Zl. PrA-II-S-0132083e, wegen einer Übertretung der Oö. BauO 1994, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Stunden verhängt, weil er es als Bescheidverpflichteter zu vertreten habe, dass von ihm die mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 8.5.2000, GZ 501/W980101l, in der Fassung des Berufungsbescheides des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 19.2.2001, GZ 0-2-5/1/W980101j, verfügten baubehördlichen Anordnungen, mit welchen die Verpflichtung zur Duldung der vorübergehenden Inanspruchnahme der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke, nämlich das Befahren der o.a. Liegenschaften mit Baufahrzeugen für die Zulieferung von Baumaterialien, den Wegtransport von Erdaushub und die Durchführung von Erdarbeiten sowie die Errichtung einer Pkw-Garage mit anschließender Gartenhütte in Massivbauweise auf dem Grundstück zu Gunsten von Frau H E rechtskräftig festgelegt wurde (wobei die Erdarbeiten innerhalb eines Zeitraumes von zwei Tagen sowie die Rohbauarbeiten innerhalb eines Zeitraumes von vier Arbeitswochen durchzuführen und in letztgenannten Zeitraum die Erdarbeiten nicht einzurechnen sind) am 12.4.2001 nicht bescheidgemäß erfüllt wurden, in dem seitens des Beschuldigten dem von Frau H E mit dem Wegtransport von Erdaushub von deren Grundstück, beauftragten Lkw-Fahrer der Firma W Transporte GmbH, S, die Zufahrt zu den o.a. Grundstücken, beide KG W, bzw. das Befahren derselben sowohl verbal unter Androhung der sonstigen Erstattung einer Anzeige bei der Polizeibehörde ausdrücklich untersagt wurde, als auch die Zufahrt des Lkw vom Beschuldigten faktisch verhindert wurde, in dem er den von ihm gelenkten Pkw während des Rückwärts-Zufahrens des Lkw am Ende eines an den S anschließenden Vorplatzes hinter dem zufahrenden Lkw derart abstellte, dass auf Grund der geringen verbleibenden Straßenbreite eine weitere Zufahrt für den Lkw nicht möglich gewesen sei. Der Beschuldigte habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.1 Z11 Oö. BauO 1994 in Verbindung mit den oben zitierten Bescheiden des Magistrates der Landeshauptstadt Linz begangen und sei über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 57 Abs.2 Oö. BauO 1994 die erwähnte Strafe zu verhängen gewesen.
  2.  

    In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf die Erlassung des gegenständlichen Bescheides vom 5.5.2000 und dessen Abänderung im folgenden Verfahren durch Bescheide des Stadtsenats (22.8.2000) der Oö. Landesregierung (16.10.2000) sowie abermals des Stadtsenats (19.2.2001) und die daraus resultierende Rechtskraft zur Tatzeit. Mit dem letztgenannten Bescheid seien die Berechtigungen der H E, unbeschadet der vorgängigen Konsumation daraus resultierender Rechte, in vollem Umfang neu entstanden.

     

    Das Handeln des Bw sei schuldhaft, da es ihm oblegen wäre, sich vor seiner Selbsthilfe bei der Behörde über die Rechtslage zu erkundigen.

     

     

  3. In der Berufung wird behauptet, dass im gegenständlichen Bescheid gemäß § 15 Abs.4 Oö. BauO keine baubehördliche Anordnung im Sinne der zitierten Strafbestimmung zu erblicken sei. Ferner wird darauf hingewiesen, dass das Verhalten des Bw schon deshalb nicht als rechtswidrig einzustufen sei, weil H E zivilrechtlich in zwei Instanzen schuldig erkannt wurde, das Fahren über die gegenständlich betroffene Liegenschaft zum Zwecke der Erreichung der Garage zu unterlassen. Überdies sei die, wenn auch rechtskräftige, Baubewilligung für die gegenständliche Garage rechtswidriger Weise erfolgt, zumal eine Anbindung des Baugrundstückes an das öffentliche Straßennetz nicht gegeben sei.
  4.  

    Ferner wird vorgebracht, die im Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 19.2.2001 festgelegte Dauer der vorübergehenden Fremdgrundinanspruchnahme für Erdarbeiten von zwei Tagen sei, mangels Festlegung einer Frist, zu unbestimmt. Bei dieser Formulierung wäre es möglich, dass das gegenständliche Delikt auch noch nach Jahren gesetzt wird.

     

    Ferner wird vorgebracht, dass entgegen dem Bescheid vom 22.8.2000 bzw. 19.2.2001 dem Bw die Benützung der fremden Grundstücke nicht schriftlich zur Kenntnis gebracht worden sei. Aus diesem Grund habe der Bw die Inanspruchnahme zu Recht verweigert.

     

    Ferner wird vorgebracht, dass die gegenständliche Garage vor der Erlassung des Bescheides vom 19.2.2001 bereits errichtet war. Ginge man mit dem angefochtenen Straferkenntnis davon aus, dass die Berechtigungen mit Erlassung dieses Bescheides neu und in vollem Umfang entstanden sind, so wäre dennoch davon auszugehen, dass die im Bescheid vorgesehene vierwöchige Frist spätestens vier Wochen nach Fertigstellung der Garage am Tattag, dem 12.4.2001, längst abgelaufen war. Auch aus diesem Grund sei das Befahren des gegenständlichen Grundstücks durch den Lkw nicht gedeckt gewesen und habe sich der Bw rechtmäßig verhalten. Da behördliche Hilfe zu spät gekommen wäre, lägen auch die Voraussetzungen des § 6 VStG vor.

     

    Weiters wendet sich die Berufung gegen die Strafhöhe. Der Bw sei unbescholten, bestreite den Sachverhalt nicht und habe sich, so man seine Rechtsauffassung nicht teilt, in einem Rechtsirrtum befunden. Überdies sei das Delikt so gut wie folgenlos geblieben.

     

     

  5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw neuerlich vor, dass es sich gegenständlich um Reihenhäuser mit einem gesonderten Grundstücksanteil für Garagen handle. Die Häuser hätten nur Zugang über das öffentliche Gut. Derzeit seien sechs Personen Miteigentümer des Grundstückes, worauf sich acht Garagen befinden, an den Garagen bestünden Miteigentumsanteile mit einer zivilrechtlichen Benützungsregelung. Zwischen den Eigentümern dieses Grundstückes, auf dem die Garagen liegen, und den Eigentümern der Häuser gebe es darüber hinaus einen Dienstbarkeitsvertrag, der den Miteigentümern der Häuser ein Gehrecht einräumt. Dieses sei grundbücherlich einverleibt. Zivilrechtlich bedeute dies, dass die Eigentümer der Reihenhäuser kein Fahrtrecht über dieses Grundstück haben, über das man zu den Garagen gelangt. Es gebe nur die Ansprüche der jeweiligen Garagenliegenschaftseigentümer, zu ihrer Garage zuzufahren. Daraus folge, dass Frau E nur berechtigt sei, über das gegenständliche Grundstück zu ihrer Garage zuzufahren, nicht jedoch auf ihr Grundstück. In dieser Situation hatte Frau E die Errichtung der Baubewilligung für eine Garage beantragt. Dies sei trotz Einwendungen des Bw genehmigt worden. Die Genehmigung hätte an sich vorausgesetzt, dass ein Anschluss an das öffentliche Gut besteht. Frau E habe daraufhin beim Magistrat einen Bescheid nach § 15 Abs. 4 Oö. Bauordnung beantragt. Dieser Bescheid wäre überflüssig gewesen, wenn für die projektierte Garage ein Anschluss an das öffentliche Gut bestanden hätte. Dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Hierauf habe Frau E ihre Bautätigkeit durchgeführt. Dies sei während der im Bescheid angeführten Dauer auch geduldet worden. Geraume Zeit nach Fertigstellung der Garage beabsichtigte Frau E in unmittelbarer Nähe der gegenständlichen Garage weitere Tätigkeiten. Näherhin bedeutet dies, dass sie sechs Monate nach Ablauf der ersten Duldungsperiode zusätzliche Tätigkeiten, nämlich den Abtransport von Erdaushub vornehmen wollte.

 

Laut Verständigungsschreiben der Frau E vom 30.8.2000 sei mit den Bauarbeiten für die Garage am 11.9.2000 begonnen worden. Wenn man ab diesem Zeitpunkt die Fristen rechnet, sei klar ersichtlich dass zum hier gegenständlichen Tatzeitpunkt die bescheidmäßige Frist längst abgelaufen sei.

 

Dies sei der Grund gewesen, warum sich der Bw auf den Standpunkt gestellt habe, dass er dies nicht zu dulden brauche. Gegenständlich sei der Vorfall so gewesen, dass er morgens ins Büro fahren musste und wegen dringender Geschäfte nervös gewesen sei. Da ihn der Lkw-Fahrer bei der Abfahrt behindert habe, habe es der Bw um so weniger eingesehen, die Zufahrt des ihm den Weg verstellenden Lkw zu dulden. Im Übrigen sei er der Meinung gewesen, dass sich der Duldungsbescheid gar nicht auf das Areal bezog, in dem sich der gegenständliche Vorfall ereignete.

 

Nochmals wies der Bw darauf hin, er sei der Auffassung gewesen, dass allein aus dem Grund, dass der gegenständliche Bescheid durch mehrere Instanzen durchgefochten wurde, nicht davon ausgegangen werden könne, dass damit jeweils neue Berechtigungen normiert wurden. Vielmehr sei er davon ausgegangen, dass die gegenständliche Berechtigung nur einmal konsumiert habe werden können. Selbst wenn man den gegenteiligen Standpunkt vertrete, müsse sinnvoller Weise davon ausgegangen werden, dass auch die Verpflichtung bestand, die im Bescheid vorgesehene Verständigung jeweils neu vorzunehmen.

Dem gegenüber führte die Vertreterin des Magistrates Linz aus, es sei bereits im angefochtenen Straferkenntnis dargelegt worden, warum jeweils von neu entstehenden Berechtigungen ausgegangen werden müsse. Die, wenn auch späte, Beseitigung des Erdaushubmaterials sei von der aus dem Bescheid resultierenden Berechtigung gedeckt und somit eine baubehördliche Anordnung im Sinne der verfahrensgegenständlich relevanten Strafbestimmung. Bei der Pflicht zur schriftlichen Verständigung handle es sich um eine Bescheidauflage, sodass die aus dem Bescheid resultierende Berechtigung von der Frage der Erfüllung der Auflage unabhängig zu beurteilen sei. Das Argument, dass das Delikt nicht auf dem von der Duldungspflicht unmittelbar betroffenen Grundstück stattgefunden hatte, ändere nichts daran, dass die Handlung zum Zweck der Vereitelung der Duldungspflicht gedient habe.

 

 

  1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die rechtlichen und faktischen Implikationen des gegenständlichen Verfahrens komplex sind. Die darauf zurückzuführenden Unsicherheiten beginnen damit, dass nicht nur die gesetzliche Grundlage des die Frau E berechtigenden Bescheides interpretationsbedürftig ist sondern auch der Bescheid selbst unterschiedliche Auslegungen zulässt. In diesem Zusammenhang ist etwa darauf hinzuweisen, dass, wie aus dem Akt ersichtlich, seitens des Magistrates Linz die Oö. Landesregierung um Auskunft ersucht wurde, ob sie die (daraufhin aufgegebene) Auffassung des Magistrates Linz teile, wonach der Bescheid gemäß § 15 Abs.1 und 4 Oö. BauO keine geeignete Grundlage für eine Bestrafung gemäß § 57 Abs.1 Z11 Oö. BauO darstellt. Als weiteres Beispiel sei die auf subtile Judiakturanalyse gestützte Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hinsichtlich der Neuentstehung der Rechte der Frau E durch Entscheidungen über den Bescheid gemäß § 15 Abs.1 und 4 Oö. BauO im Instanzenverfahren erwähnt. Ferner ist, aus der Sicht des Bw, auch der eng mit dem gegenständlichen Verfahren im Zusammenhang stehende Zivilrechtsstreit nicht aus den Augen zu verlieren.

 

Ohne weitere Beispiele von Aspekten des Verfahrens aufzulisten, welche die Durchschaubarkeit der Rechtssituation für den juristischen Laien erschweren, sei festgestellt, dass es nicht unverständlich erscheint, wenn der Bw zum Zeitpunkt der Tat davon ausging, im Recht zu sein, insbesondere dahingehend, dass die Berechtigung seitens der Frau E bereits konsumiert war oder, falls die Berechtigung durch im Instanzenzug ergangene Bescheide neu entstanden sein sollte, die neuerliche Konsumation einer neuerlichen Verständigung bedurft hätte (auch wenn die Verständigungspflicht etwa im Bescheid vom 19. Februar 2001 unter der Rubrik "Auflagen" erwähnt wird).

Aus der hier maßgeblichen Perspektive des Bw ist, wenn man die in Anbetracht des gegenständlichen Verfahrensergebnisses nicht zu beurteilte Tatbestandmäßigkeit seines Verhaltens voraussetzt, jedenfalls ein entschuldbarer Rechtsirrtum gegeben, zumal der Bw zum Zeitpunkt seines Handels unter Zeitdruck stand, der ihn einerseits nervlich belastete und der ihm andrerseits keine Zeit zur Klärung der Rechtslage ließ.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 
 

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