Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220018/7/Fra/Ka

Linz, 01.05.1996

VwSen - 220018/7/Fra/Ka Linz, am . Mai 1996 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung der R, handelsrechtliche Geschäftsführerin der Verfahrenstechnik Gesellschaft m.b.H., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W, gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. April 1991, GZ: 100-1/16, wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z.2 GewO 1973, verhängten Strafe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51, 51e Abs.2, 19, 20 und 21 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren 1. Instanz ermäßigt sich auf 200 S. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG. Entscheidungsgründe:

I.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 12.4.1991, GZ: 100-1/16, über Frau R als nach außen zur Vertretung berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der Verfahrenstechnik Gesellschaft m.b.H. wegen der Übertretung des § 366 Abs.1 Z.2 GewO 1973 eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt, weil sie es in der angeführten Funktion zu verantworten hat, daß durch die oben genannte Firma zumindest seit 1. Oktober 1990 das konzessionierte Gewerbe "Technisches Büro" durch Erstellung von Projekten für die Firmen Gustav Wurm GesmbH in Neumarkt sowie österreichische Meßlander GesmbH in Gallspach ausgeübt wurde, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

I.2. Die Berufungswerberin erhebt lediglich Berufung gegen das Strafausmaß und begründet ihr Rechtsmittel im wesentlichen wie folgt:

Die Erstbehörde habe in unrichtiger Gegenüberstellung von Erschwerungs- und Milderungsgründen eine wesentlich zu hohe Strafe festgesetzt. Es sei unrichtig, daß die Fa. Verfahrenstechnik Gesellschaft m.b.H. weiterhin unbefugt das genannte Gewerbe ausübe. Die Firma sei im Besitz zweier Gewerbeberechtigungen, nämlich der Berechtigung zur Ausübung des Handelsgewerbes sowie der Dienstleistungen der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik. Die Firma S entfalte nur in diesem Bereich Tätigkeiten, weshalb dieser Erschwerungsgrund damit wegfalle. Zweifellos habe die Erstbehörde die Unbescholtenheit sowie das Geständnis als strafmildernd gewertet. Weiters sei anzuführen, daß die diesbezüglichen Tätigkeiten sicherlich keinen Schaden verursacht haben. Die Tätigkeiten waren zum eindeutigen Vorteil der Kunden, wobei sie darauf hinweisen möchte, daß bereits sämtliche Voraussetzungen zur Ausübung des Gewerbes des technischen Büros vorgelegen seien. Lediglich der namhaft gemachte Geschäftsführer konnte aufgrund bürokratischer Hindernisse seine Prüfung längere Zeit nicht ablegen, weshalb diese Umstände besonders mildernde Fakten darstellen.

Sie beantrage daher aus den genannten Gründen die Strafe angemessen herabzusetzen bzw. gemäß § 21 VStG von der Strafe abzusehen, in eventu gemäß § 20 VStG außerordentlich zu mildern.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

I.3.1. Gemäß § 19 VStG ist neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen (im gegenständlichen Fall bis zu 50.000 S) Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Bei der Bemessung von Geldstrafen sind weiters die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. § 20 VStG normiert die Voraussetzungen zur Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes der Strafe und im § 21 VStG sind die Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe umschrieben.

Im Sinne des Berufungsantrages und der zitierten Gesetzesnormen war daher zu überprüfen, ob seitens der Erstbehörde die Strafzumessungsgründe richtig angenommen und unter die Bestimmung des § 19 VStG subsumiert wurden; weiters ist zu überprüfen, ob allenfalls die oben erwähnten Rechtsinstitute des § 20 und § 21 VStG anzuwenden sind, wobei von folgenden Erwägungen ausgegangen wurde:

I.3.2. Eine außerordentliche Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG konnte schon deshalb nicht in Betracht kommen, da die hier in Betracht kommende Strafdrohung keine gesetzliche Untergrenze kennt. § 20 VStG fordert jedoch als Voraussetzung zur Anwendung dieses Rechtsinstitutes das Vorliegen einer Mindeststrafe oder das Vorliegen des Umstandes, daß der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor, weshalb die Anwendung des § 20 VStG ausscheidet.

I.3.3. Die Voraussetzung für das Absehen von der Strafe im Sinne des § 21 VStG liegt dann vor, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schuld des Beschuldigten dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsund Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. u.a. VwGH vom 14. Jänner 1988, 86/08/0073). Davon kann jedoch - wie die Erstbehörde bereits richtig vermerkt hat - schon deshalb nicht gesprochen werden, da die gegenständliche Übertretung wissentlich - also vorsätzlich - begangen wurde.

I.3.4. Hinsichtlich der Kriterien nach § 19 VStG ist folgendes zu bemerken:

Dem Argument der Berufungswerberin, daß durch die gegenständliche Tätigkeit kein Schaden, sondern nur Nutzen entstanden sei, weil die beratende Tätigkeit nicht aus eigenem angeboten, sondern die Firma aufgrund des bereits vorhandenen "Know-how" kontaktiert wurde, kann nicht entgegengetreten werden. Der Unrechtsgehalt ist durch den inkriminierten Verstoß als gering zu bewerten.

Der von der Erstbehörde angenommene Straferschwerungsgrund, daß das Gewerbe auch weiterhin unbefugt ausgeübt wird, stützt sich lediglich auf eine telefonische Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen und wurde durch keine weiteren Ermittlungsergebnisse verifiziert. Hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Lage ist der unabhängige Verwaltungssenat der Auffassung, daß die Formulierung, "keine ungünstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angenommen zu haben" zu vage erscheint. Dem Akt ist lediglich zu entnehmen, daß die Beschuldigte mit Ladung vom 6. März 1991 eingeladen wurde, zur Behörde zu kommen. Aus dieser Ladung geht jedoch nicht hervor, daß die Beschuldigte konkret zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen Angaben machen solle. Die Beschuldigte ist in der Folge bis zur Erlassung des Straferkenntnisses dezidiert nie aufgefordert worden, diesbezügliche Angaben zu machen. Es wurde daher im Berufungsverfahren die entsprechende Erhebung nachgeholt und die laut Bericht des Erhebungsdienstes vom 17. Juli 1991 ermittelten Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse der Beschuldigten berücksichtigt (mtl. Nettoeinkommen ca. 19.000 S, vermögenslos, für ein minderjähriges Kind sorgepflichtig, Abzahlung für die Eigentumswohnung Linz, Glaserstraße 2 inkl. Betriebskosten mtl. 7.500 S).

Was insbesondere den Umstand betrifft, daß - wie die Berufungswerberin behauptet - der gewerberechtliche Geschäftsführer Ing. Prammer fast ein Jahr lang warten mußte, um die Prüfung ablegen zu können, kann darin allerdings kein mildernder Umstand gefunden werden. Es wird diesbezüglich auf die Stellungnahme der Abteilung Gewerbe des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 20. September 1991, Ge-51.663/1-1991/Kut/Kai, verwiesen. Aus dieser Stellungnahme - welche nicht wiederholt wird, da sie der Berufungswerberin ohnehin zur Kenntnis gebracht wurde - geht hervor, daß die Wartezeit hinsichtlich der gegenständlichen Konzessionsprüfung aufgrund der darin geschilderten Umstände in einem vertretbaren Zeitrahmen war. Ein mildernder Umstand wird allerdings darin erblickt, daß die Beschuldigte offenbar - trotz Betonung der Dringlichkeit der Sache - nicht dezidiert aufmerksam gemacht wurde, daß andere Landesregierungen bereits Prüfungskommissionen eingerichtet hätten und auch Prüfungen abhalten.

Aus den genannten Gründen war die Strafe auf ein schuldangemessenes Ausmaß zu reduzieren und spruchgemäß zu entscheiden.

I.4. Von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG Abstand genommen werden, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und ein ausdrückliches Verlangen auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gestellt wurde.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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