Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220042/20/Weg/Ri

Linz, 10.09.1993

VwSen - 220042/20/Weg/Ri Linz, am 10. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des L vom 14. September 1991 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4. September 1991, Ge 2312/1991+1/Mag.Ko, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, idF BGBl.Nr. 866/1992 (AVG), iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, idF BGBl.Nr. 867/1992 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG) der Firma C Transportgesellschaft m.b.H. wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 28 Abs.1 iVm § 16 Arbeitszeitgesetz, 2.) § 28 Abs.1 iVm § 14 Arbeitszeitgesetz, 3.) § 28 Abs.1 iVm § 12 Arbeitszeitgesetz und 4.) § 28 Abs.1 iVm § 17 Abs.2 Arbeitszeitgesetz Geldstrafen von 1.) 1.500 S, 2.) 3.000 S, 3.) 2.000 S und 4.) 1.000 S sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 36 Stunden, 2.) 3 Tagen, 3.) 2 Tagen und 4.) 1 Tag verhängt, weil er es unterlassen hat, dafür Sorge zu tragen, daß der Arbeitnehmer A 1.) die höchstzulässigen Einsatzzeiten von 14 Stunden beachtet bzw. eingehalten hat, da diese am 24. April 1991 um 1 Stunde und 18 Minuten überschritten wurde, 2.) die höchstzulässige Lenkzeit von 8 Stunden beachtet und eingehalten hat, da diese am 24. April 1991 um 4 Stunden und 38 Minuten überschritten wurde, 3.) die mindest vorgeschriebenen ununterbrochenen Ruhezeiten von 10 Stunden beachtet bzw. eingehalten hat, da diese am 23. April zum 24. April 1991 um 1 Stunde und 50 Minuten unterschritten wurden und 4.) dem Lenker des LKW mit Sattelanhänger und , K kein persönliches Fahrtenbuch ausgegeben hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 750 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dieses Straferkenntnis gründet auf einer Anzeige des Arbeitsinspektorates Graz vom 30. April 1991, Zl 2095/110-11/91, und auf das von der Erstbehörde durchgeführte ordentliche Verfahren.

3. Der Berufungswerber wendet dagegen sinngemäß ein, es treffe ihn kein Verschulden an den festgestellten Verletzungen des Arbeitszeitgesetzes. Er habe durch seinen Disponenten sowohl die Routenwahl und die zu bewältigende Arbeit so eingeteilt und objektiv dafür vorgesorgt, daß die Einhaltung der Arbeitszeit ohne weiteres möglich gewesen wäre. Im Zuge des Verfahrens wird noch vorgebracht, daß dem Kraftfahrer A sehrwohl ein persönliches Fahrtenbuch übergeben worden sei.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Arbeitsinspektors für den elften Aufsichtsbezirk Herrn Ing.M sowie durch Vernehmung des nunmehrigen Disponenten der C Transportgesellschaft m.b.H., Herrn M N, anläßlich der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 1990 sowie nach diesbezüglich eingeholtem Einverständnis des Berufungsarbeitsinspektorates durch zeugenschaftliche Vernehmung des Kraftfahrers K A am 30. Oktober 1992. Es wurden ferner vorgelegt ein Wochenberichtsblatt, betreffend den Kraftfahrer K A für den Zeitraum vom 22. April bis einschließlich 28. April 1991. Das Tachographenschaublatt, welches hinsichtlich der Überschreitungen des Arbeitszeitgesetzes genauere und detailliertere Auskünfte gegeben hätte, konnte nicht beigeschafft bzw. nicht aufgefunden werden.

5. Auf Grund der oben angeführten Beweismittel, insbesondere auf Grund der Aussage des K ist von nachstehendem Sachverhalt auszugehen: Der Kraftfahrer A bekam von Herrn H, dem seinerzeitigen Disponenten der C Transportgesellschaft m.b.H., den Auftrag, einen überlangen Transport aus dem damaligen Jugoslawien nach Deutschland durchzuführen. Die vorgegebene Fahrtroute und der vorgegebene Transport war innerhalb der durch das Arbeitszeitgesetz festgelegten und erlaubten Zeiten an sich möglich. Der Kraftfahrer hatte ausreichend Zeit, diese Fahrt durchzuführen. Es gab auch damals keine besonderen Verzögerungen, auf die allenfalls die letztlich festgestellten Übertretungen der Arbeitszeit zurückzuführen sein könnten. Es war - so der Zeuge vielmehr so, daß er denAuftrag hatte, von Veljane (Slowenien) einen überlangen Transport nach Deutschland (den Zielpunkt wußte der Zeuge nicht mehr) durchzuführen. Die Abfahrt erfolgte am 23. April 1991 in den Abendstunden von Marchtrenk, also dem Standort des Unternehmens. Bis Veljane handelte es sich um eine Leerfahrt. Der Zeuge hat in der Nähe von V Verwandte und zwar in K, das liegt ca 80 km von Veljane entfernt (zwischen Maribor und Agram). Der Zeuge nutzte die Gelegenheit, die sich bei diesem Transport auftat, die Verwandten zu besuchen. Seitens des Unternehmens bestand kein Wissen um diese Fahrt nach Kumrewec. Es handelte sich nach den Ausführungen des Zeugen um eine eigenmächtige Handlung. Um den Umstand dieser unerlaubten Fahrt zu verschleiern, hat der Zeuge den Tachographen in einer Form betätigt, wodurch diese unerlaubte und eigenmächtige Fahrt als Lenkzeit aufschien. Durch die eigenmächtige Routenänderung konnte der Zeuge die vom Unternehmer eingeplante und vorbestimmte Ruhezeit nicht einhalten. Es hat sich durch diese Fahrt nach Kumrewec alles verschoben und wurde dadurch auch die erlaubte Einsatzzeit überschritten. Hinsichtlich des Fahrtenbuches führt der Zeuge an, daß er dieses tatsächlich bei der Kontrolle nicht aushändigen konnte, daß aber vom Beschuldigten ein solches ausgegeben wurde. Der Zeuge hatte aufgrund eines Fahrzeugwechsels dieses Fahrtenbuch in einem anderen LKW vergessen. Über Vorhalt, warum er damals vor dem Kontrollorgan angegeben habe, daß das Fahrtenbuch vom Arbeitgeber nicht ausgegeben worden sei, führte der Zeuge aus, daß er damals die Verantwortung deshalb auf den Chef abschieben wollte, um zu verhindern, daß er persönlich bestraft werde. Er hatte nämlich Angst, wegen der nur auf drei Jahre befristeten Lenkerberechtigung Schwierigkeiten mit der Behörde zu bekommen und möglicherweise die Lenkerberechtigung zu verlieren. Zur Unterstützung der Aussage hinsichtlich des Fahrtenbuches legte er das ihm vom Chef mitgegebene Wochenberichtsblatt betreffend die Woche vom 22. April bis 28. April 1991 vor.

Bei der Bewertung obiger Zeugenaussage auf ihre Glaubwürdigkeit ist zu bemerken, daß auf Grund des persönlichen Eindruckes und auf Grund der in jeder Weise situationsbezogenen Antworten die Behörde nicht davon ausgehen kann, daß der Zeuge keine falsche Aussage getätigt hat, zumal er ausdrücklich und in unmißverständlicher Form auf die Folgen einer solchen hingewiesen wurde.

Es steht sohin zwar fest, daß die vom Arbeitsinspektorat Graz festgestellten, aber wegen des Fehlens der Tachographenschaublätter im einzelnen nicht näher belegten Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes durch den Arbeitnehmer objektiv vorliegen, daß aber dem Beschuldigten nicht zum Vorwurf gemacht werden konnte, nicht alle Maßnahmen getroffen zu haben, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Es hat hinsichtlich des Kraftfahrers K noch nie derartige Probleme gegeben, die besondere Vorsichtsmaßnahmen seitens des Dienstgebers erfordert hätten. Die Routenwahl und die Arbeitsmenge war innerhalb der Arbeitszeit objektiv zu bewältigen. Dem Beschuldigten ist durch die Namhaftmachung des Zeugen K der schuldbefreiende Entlastungsbeweis vom Tatbild des § 28 Abs.1 Arbeitszeitgesetz gelungen. Dies trifft nicht nur auf die Überschreitung der Einsatzeit bzw der höchstzulässigen Lenkzeit sowie die Unterschreitung der Ruhezeit zu, sondern auch darauf, daß auf Grund dieser Aussage dem Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden kann, er hätte es verabsäumt, die Ausgabe der persönlichen Fahrtenbücher vorzunehmen.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Übertretungen nach § 28 Arbeitszeitgesetz gehören zum Typus der Ungehorsamsdelikte. Daraus folgt, daß der Arbeitgeber glaubhaft zu machen hat, ihm sei die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen. Dieser Entlastungsbeweis ist durch die glaubwürdige Aussage des Zeugen A in einem Ausmaß gelungen, welches - zumindest im Zweifel - für den Beschuldigten schuldbefreiende Wirkung nach sich zieht.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Nachdem dieser Beweis - wie oben ausgeführt - nicht mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit vorliegt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider 6

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