Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220082/11/Fra/Rl

Linz, 28.11.1991

VwSen - 220082/11/Fra/Rl Linz, am 28. November 1991 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungsenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk, 4010 Linz, Hauptplatz 8, gegen das Ausmaß der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. Juli 1991, Ge96/48/1991-5/91/H, betreffend Übertretung der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 i.V.m. dem Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 i.d.g.F., verhängten Strafe, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24, 51 und 51e Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 17. Juli 1991, Ge96/48/1991-5/91/H, über Herrn W, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954, i.V.m. § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972, gemäß § 31 des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zehn Tagen verhängt, weil er als Gewerbeberechtigter des Spenglerbetriebes in, am 6. März 1991 die Arbeitnehmer auf der Baustelle 4020 Linz, A, mit dem Aufbringen der Kupferblechverkleidungen auf die Dachhaut beschäftigt hat, ohne für die Einhaltung der gesetzlichen Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen und Materialien verhindern sollen, zu sorgen. Die Arbeitnehmer trugen wohl Sicherheitsgürtel, die dazugehörigen Sicherheitsseile wurden jedoch nicht verwendet.

1.2. Weiters wurde der Beschuldigte gemäß § 64 Abs.2 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 1.000 S, das sind 10% der verhängten Strafe, verpflichtet.

2. Gegen die Herabsetzung des beantragten Strafausmaßes in Höhe von 50.000 S auf 10.000 S im angefochtenen Straferkenntnis hat das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk rechtzeitig Berufung erhoben und dieses Rechtsmittel im wesentlichen wie folgt begründet:

Der Strafrahmen für die gegenständliche Verwaltungsübertretung betrage bis zu 50.000 S. Damit verfolge der Gesetzgeber offensichtlich die Absicht, derartige Übertretungen scharf zu ahnden, obwohl zum Tatbestand der im § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes normierten Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Das Arbeitsinspektorat hat im gegenständlichen Fall die Tatsache, daß Tatbestände mit latenten Gesundheitsgefährdungen vorlagen, als erschwerend gewertet. Bei einer auf dieser Baustelle vorgefundenen möglichen Absturzhöhe von ca. 20 Meter könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß ein Absturz von einem Arbeitnehmer nicht überlebt worden wäre. Daher sei auch durch das Arbeitsinspektorat gemäß § 7 Abs.3 Arbeitsinspektionsgesetz 1974, BGBl.Nr. 143, eine Sperre verfügt worden. Weiters sei die bereits rechtskräftige Verurteilung des Beschuldigten als erschwerend gewertet worden. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften und auch im Hinblick auf das Verschulden des Beschuldigten erscheine daher die festgelegte Strafe als angemessen (wohl: unangemessen).

Abschließend stellt daher das Arbeitsinspektorat den Antrag, dem ursprünglich geforderten Strafausmaß in seiner gesamten Höhe stattzugeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Aufgrund des eingebrachten Rechtsmittels war zu überprüfen, ob die Erstbehörde bei der Strafbemessung die Kriterien des § 19 VStG, eingehalten hat. Danach hat die Behörde unter Zugrundelegung des Absatzes 1 ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzulegen. Dazu gehört die rechtserhebliche Frage nach dem Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen und des Berufungsantrages war daher zu überprüfen, ob die Erstbehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht und die Strafzumessungsgründe richtig angenommen hat. Der unabhängige Verwaltungssenat ist aus nachfolgenden Gründen zur Auffassung gelangt, daß die Erstbehörde die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen im angefochtenen Bescheid ausreichend aufgezeigt hat. Der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ist zu entnehmen, daß die Erstbehörde das ihr zustehende Ermessen im Sinne des Gesetzes nicht mißbraucht hat.

3.2. Einerseits ist die Argumentation der Erstbehörde dahingehend schlüssig, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Übertretung in der Schuldform der Fahrlässigkeit begangen wurde. Die Behörde hat überzeugend ausgeführt, daß die Sicherheitsmaßnahmen für die in Rede stehenden Arbeiten nicht eingehalten wurden und der Beschuldigte keinen Nachweis über die tatsächliche Durchführung der Kontrollen beigebracht hat. Jedenfalls kann - so fügt der unabhängige Verwaltungssenat hinzu - die Rechtfertigung des Beschuldigten vom 27. Mai 1991 dahingehend, daß Herr K die Unterlassung der Sicherung nur damit erklären konnte, daß die Arbeitspartie kurz vor der festgestellten Übertretung noch in einem anderen Arbeitsbereich dieser Baustelle tätig gewesen, sei nicht entschuldigen, sodaß die Verwaltungsübertretung in der Form von Fahrlässigkeit jedenfalls anzunehmen ist.

3.3. Die Erstbehörde hat weiters als Erschwerungsgrund eine rechtskräftige Vorstrafe, als Milderungsgrund keinen Umstand gewertet. Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten ist sie mangels Angaben von folgender Einschätzung ausgegangen: Monatliches Nettoeinkommen ca. 35.000 S, kein Vermögen, keine Sorgepflicht, weshalb sie zusammenfassend zu der ausgesprochenen Strafe gelangt ist.

3.4. Wenn das Arbeitsinspektorat die Auffassung vertritt, daß aufgrund des hohen Strafrahmens bis zu 50.000 S der Gesetzgeber offensichtlich die Absicht verfolge, derartige Übertretungen streng zu ahnden und im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der gegenständlichen Übertretung die Höchststrafe als angemessen gehalten wird, so kann ihr nicht gefolgt werden.

Das Arbeitsinspektorat ist darauf hinzuweisen, daß auch im Bereich des VStG der sogenannte "Doppelverwertungsverbot" gilt, welches besagt, daß Merkmale, die die Strafdrohung bestimmen bzw. Tatbestandsmerkmale sind, nicht noch zusätzlich als Strafzumessungsgründe berücksichtigt werden dürfen. Was den Verschuldensgrad betrifft, so hat - wie oben ausgeführt - die Erstbehörde ausreichend dargelegt, daß sie aufgrund der Verhaltensweise des Beschuldigten die Verhängung der Strafe in Höhe von 10.000 S als angemessen erachtet. Der unabhängige Verwaltungssenat kann diesen Erwägungen folgen. Wenn das Arbeitsinspektorat darauf hinweist, daß aufgrund der bei der Baustelle vorgefundenen Absturzhöhe von 20m mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Absturz tödliche Folgen gehabt hätte, so kann dieser Annahme nicht entgegengetreten werden. Dieser Umstand ist jedoch nicht geeignet zwingend die Höchststrafe zu verhängen, zumal ja - wie erwähnt unter Berücksichtigung der weiteren vorliegenden Umstände auch die verhängte Strafe in Höhe von 10.000 S - auch aus präventiven Gründen - angepaßt erscheint und im übrigen zu berücksichtigen ist, daß die Übertretung keine nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, sodaß mit der verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden kann.

3.5. Abschließend darf zur Argumentation des Beschuldigten, daß nicht ihm ein strafbares Fehlverhalten vorwerfbar sei, weil er zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Herrn K bestellt hat, festgehalten werden, daß die Berufungsbehörde einen allfälligen fehlerhaften Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses deshalb nicht richtigstellen darf, da lediglich die Höhe der auferlegten Strafe angefochten wurde und daher der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist.

4. Gemäß § 51e Abs.2 VStG ist, wenn sich eine Berufung gegen die Höhe der Strafe richtet, eine Verhandlung nur dann anzuberaumen, wenn es in der Berufung ausdrücklich verlangt wurde. Da ein derartiges Verlangen seitens der Berufungswerberin nicht gestellt wurde, konnte die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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