Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-420134/35/Gf/Pe VwSen420135/39/Gf/Pe VwSen420139/36/Gf/Pe

Linz, 28.05.2003

VwSen-420134/35/Gf/Pe VwSen-420135/39/Gf/Pe VwSen-420139/36/Gf/Pe
Linz, am 28. Mai 2003

DVR.0690392

B E S C H L U S S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof aus Anlass der Beschwerden der JK, des BG und der IH, alle vertreten durch RA Mag. HP, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 8. April 1997, beschlossen:

I. Die Beschwerden werden mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

II. Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Verfahrenspartei: Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich) Kosten in Höhe von 498 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG.

Begründung:

1.1. Mit h. Beschluss vom 17. Juli 1997, Zlen. VwSen-420134/17 bis 420139/15/Gf/Km, wurden u.a. die auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerden der Rechtsmittelwerber wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich am 8. April 1997 mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen.

1.2. Den gegen diesen Zurückweisungsbeschluss erhobenen Beschwerden hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14. Jänner 2003 (!), Zl. 98/01/0121-7, im Umfang der Anfechtung - nämlich: "Festhaltung" der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers im Haus in Linz bzw. "Abnahme des Handtelefons und Telefonierverbot" hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin während der Hausdurchsuchung in Vöcklabruck - stattgegeben und diesen Beschluss insoweit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Sachverhaltsfeststellungen insofern einer Ergänzung bedürfen, ob auch die Unterbindung des Fernsprechverkehrs und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Beschwerdeführer von der Ermächtigung zur richterlichen Hausdurchsuchung i.S. einer diese unterstützenden, "notwendigen" Hilfsmaßnahme gedeckt waren.

2.1. Unter Bindung an diese Rechtsansicht (vgl. § 63 Abs. 1 VwGG) hat der Oö. Verwaltungssenat daher Beweis erhoben im Wege der Durchführung einer ergänzenden öffentlichen Verhandlung am 27. Mai 2003, zu der als Parteien einerseits IH und deren Rechtsvertreter Dr. SN und andererseits AD AV als Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeugen AI HA, BI MP, GI WS, BI HW, Mag. JP und PH erschienen sind. Hingegen sind die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer dieser Verhandlung - wie auch schon am 26. Juni 1997 - unentschuldigt ferngeblieben.

2.2. Im Zuge dieser ergänzenden Beweisaufnahme sowie in Verbindung mit den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung vom 26. Juni 1997 (vgl. das diesbezügliche h. Verhandlungsprotokoll, Zl. VwSen-420134/17/Gf/Km) wurde mit Blick auf den Beschwerdegegenstand folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde vom Landesgericht Wels im Wege eines richterlichen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehles (zu Zlen. 7 Vr 1023/96 u. 7 Ur 154/96 des LG Wels bzw. P 57/96-33-Wak des Landesgendarmeriekommandos für Oberösterreich - LGK ) damit beauftragt, am 8. April 1997 im Rahmen einer "konzertierten Aktion" gleichzeitig an insgesamt acht verschiedenen Orten jeweils Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen gegen mehrere, des schweren gewerbsmäßigen Betruges, der Untreue, der verbotenen kriminellen Organisation und des verbotenen Glückspiels verdächtige Personen - darunter auch die Rechtsmittelwerber - durchzuführen. Die Exekutivbeamten des LGK wurden mit entsprechend gleichlautenden schriftlichen Hausdurchsuchungsbefehlen (insgesamt etwa 12) ausgestattet, die sie u.a. auch gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer anlässlich der Hausdurchsuchung unter der Adresse K in Linz vorgewiesen haben. Hingegen wurde bezüglich der Drittbeschwerdeführerin ein Hausdurchsuchungsbefehl offenkundig erst nach telefonischer Rücksprache mit dem Untersuchungsrichter erlassen, weil sich erst im Zuge der Hausdurchsuchung selbst entsprechende Verdachtsmomente auch gegen die von dieser Person unter der Adresse R in Vöcklabruck benützten Gegenstände und Räumlichkeiten ergeben hatten.

Schon in den schriftlichen Hausdurchsuchungsbefehlen war u.a. ausdrücklich angeordnet, dass "sämtliche ..... Geschäftsbehelfe (u.a. Handy), die als Beweis dienlich sein könnten", zu beschlagnahmen sind. Weiters wurde festgelegt, dass die "Durchsuchung ..... zeitlich abzustimmen und von zumindest zwei Beamten pro Untersuchungsort durchzuführen" und dass, "um die Untersuchung nicht zu gefährden, ..... von einer Verständigung der Verdächtigen bzw. der jeweiligen Betriebsstätten unbedingt abzusehen" ist.

Nach Aussage des Untersuchungsrichters in der öffentlichen Verhandlung geben derartige Hausdurchsuchungsbefehle infolge des Umstandes, dass nicht jeweils sämtliche Eventualitäten ex ante vorhersehbar sind, stets nur einen grundsätzlichen, nicht näher detaillierten Handlungsrahmen für die Exekutivbeamten vor, innerhalb dessen sie dann auf Grund ihrer Erfahrung die erforderlichen Entscheidungen selbst zu treffen haben. Dabei müssen die Interessen an der möglichst effektiven Durchsetzung des Befehls gegenüber einer möglichsten Schonung der subjektiven Rechte der davon betroffenen Personen abgewogen werden.

Im konkreten Fall deckten sowohl der schriftliche als auch der um 10.10 Uhr gegenüber der Drittbeschwerdeführerin mündlich erlassene Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl (vgl. das Protokoll über die Hausdurchsuchung des LG Wels vom 8. April 1997, Zlen. 7 Vr 1023/96 u. 7 Ur 154/96, ONr. 18, S. 3, dritter Absatz) die Abnahme von Handys, das Telefonier- und Verständigungsverbot und die Anordnung, sich nicht vom Ort der Durchsuchung zu entfernen bzw. dieser beizuwohnen. Dies deshalb, um ein Beiseiteschaffen von Beweisstücken und - wegen Verdunkelungsgefahr - eine Verständigung der Verdächtigen untereinander wirksam hintan zu halten, um gespeicherte Daten auszuwerten und um zu verhindern, dass durch die allfällige Eingabe von Zifferncodes die Firmencomputer unbenützbar gemacht werden o.ä.. Dass darauf im mündlichen Durchsuchungsbefehl nicht mehr konkret eingegangen wurde, erklärt sich daraus, dass Exekutivbeamte diesbezüglich grundsätzlich keine detaillierten Handlungsanweisungen benötigen und dieser - für jedermann ersichtlich - als Einheit mit den schriftlichen Durchsuchungsbefehlen anzusehen war.

In Ausführung des Hausdurchsuchungsbefehles wurden daher die Handys der Beschwerdeführer beschlagnahmt (und nach erfolgter Datenauswertung diesen wieder zurückgegeben), über diese für die Dauer der Hausdurchsuchung ein Telefonierverbot verhängt und angeordnet, dass sie in diesem Zeitraum den Ort der Hausdurchsuchung nicht verlassen dürfen. Innerhalb der Durchsuchungsobjekte durften sich die Beschwerdeführer hingegen frei bewegen, insbesondere in jenen Räumen, die jeweils bereits durchsucht waren. Im Übrigen haben diese gegenüber den einschreitenden Beamten auch gar nicht begehrt, - allenfalls einem Rechtsvertreter - telefonieren oder das Haus verlassen zu wollen.

2.3. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die insoweit widerspruchsfreien und glaubwürdigen Aussagen der in den öffentlichen Verhandlungen einvernommenen Zeugen; gleichzeitig gelten die h. Verhandlungsprotokolle vom 26. Juni 1997 (Zl. VwSen 420137/17/Gf/Km) und vom 27. Mai 2003 (Zl. VwSen-420134/42/Gf/Pe) als integrierender Bestandteil der Begründung dieses Beschlusses.

3. Über die vorliegenden Beschwerden hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Nach Art. 8 StGG i.V.m. § 1 und § 5 des Gesetzes zum Schutze des Hausrechtes, RGBl.Nr. 88/1862, sind Hausdurchsuchungen - und damit einhergehende Beschlagnahmen - zum Zweck der Strafgerichtspflege kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls nach den Vorschriften der Strafprozessordnung vorzunehmen.

Gemäß § 143 i.V.m. § 98 StPO sind jene Gegenstände, die im Zuge einer Hausdurchsuchung gefunden werden und für die Untersuchung von Bedeutung sein können, in gerichtliche Verwahrung oder in Beschlag zu nehmen.

3.2. Im gegenständlichen Fall ist allseits unbestritten, dass mit schriftlichem richterlichen Befehl die Durchsuchung der Räumlichkeiten der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers angeordnet wurde. Hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin wurde vor Beginn der Durchsuchung und Beschlagnahme ein entsprechender richterlicher Befehl über Antrag des Staatsanwaltes mündlich erteilt. Darüber hinaus wurde in diesen Befehlen u.a. die Beschlagnahme von Handys, ein Telefonierverbot sowie verfügt, dass die Beschwerdeführer jeweils der Durchsuchung bis zu ihrem Abschluss beizuwohnen haben.

Da es sich um eine sog. "konzertierte Aktion" handelte, bei der es primär darum ging, ein Beiseiteschaffen von Beweisstücken (insbes. schriftliche Unterlagen) und eine Verständigung der mehreren Verdächtigen untereinander zu verhindern, und richterliche Durchsuchungsbefehle grundsätzlich keine - etwa dem Verständnis des Legalitätsprinzips i.S.d. Art. 18 Abs. 1 B-VG entsprechend - detaillierten Handlungsanweisungen für die Exekutivorgane, sondern nur generelle Ermächtigungen enthalten, die es ermöglichen sollen, auf neue oder sich ändernde Umstände möglichst flexibel reagieren zu können, waren die Abnahme der Handys, das Telefonierverbot und die Anordnung, der Durchsuchung bis zu ihrem Abschluss beizuwohnen, hier dem Vollzugsbereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzuordnen.

Denn dafür, dass die Exekutivbeamten diese Maßnahmen ihres primären Zweckes entfremdet - z.B. überschießend, schikanös, die Menschenwürde mißachtend, o.ä. - und in diesem Sinne ohne jegliche rechtliche Grundlage eingesetzt hätten, haben sich im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ergeben, im Gegenteil: Die Abnahme der Handys erfolgte in erster Linie zu dem Zweck, um die darauf gespeicherten Daten auszuwerten; im Anschluss daran wurden diese - der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer jedenfalls noch während der Durchsuchung selbst - wieder zurückgegeben. Darüber hinaus wurde der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer dann auch gestattet, wieder Anrufe entgegen zu nehmen und lediglich untersagt, dabei auf die stattfindende Durchsuchung hinzuweisen. Der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer war es zudem auch ausdrücklich erlaubt, sich im Haus frei zu bewegen sowie sämtliche Räume wieder ungehindert zu benützen, nachdem diese durchsucht worden waren. Für die von ihnen aufgestellte Behauptung, dass diese sieben Stunden lang beim Esstisch hätten sitzen bleiben mussten, konnten hingegen keinerlei Hinweise gefunden werden, wohl aber dafür, dass diese vom Bruder des Zweitbeschwerdeführers mit Essen versorgt wurden. Auch die Drittbeschwerdeführerin konnte sich im Büro ihres Unternehmens frei bewegen und insbesondere die von ihr als erforderlich erachteten Kopien anfertigen. Im Übrigen hat nach den insoweit übereinstimmenden Zeugenaussagen während der Dauer der Durchsuchung auch keiner der Beschwerdeführer begehrt, ein Telefongespräch führen oder den Ort der Durchsuchung verlassen zu wollen.

Es kann daher insgesamt betrachtet nicht davon die Rede sein, dass es sich bei der Abnahme der Handys, der Verhängung des Telefonierverbotes und der Anordnung, den Ort der Durchsuchung nicht verlassen zu dürfen, hier um zweckentfremdete und solcherart originär (eigenständig) der Exekutive zurechenbare Maßnahmen gehandelt hätte. Vielmehr waren diese in vollem Umfang als notwendige Hilfsmaßnahmen zur Hausdurchsuchung von entsprechenden richterlichen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebefehlen gedeckt.

3.3. Davon ausgehend sind daher im vorliegenden Fall die Beschwerdevoraussetzungen des Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG schon insoweit nicht erfüllt, als sich das Vorgehen der Exekutivorgane als ein der ordentlichen Gerichtsbarkeit zuzurechnender Akt darstellt, also keine verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt verkörpert.

Allfällige Rechtswidrigkeiten wären daher mit den Mitteln des gerichtlichen Rechtsschutzes geltend zu machen gewesen.

3.4. Demgegenüber ist dem Oö. Verwaltungssenat aus den dargestellten Gründen eine inhaltliche Kontrolle verwehrt; die gegenständlichen Beschwerden waren sohin mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes gemäß § 67c Abs. 3 AVG als unzulässig zurückzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a Abs. 3 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 bis 5 der AufwandsersatzVO-UVS, BGBl.Nr. 855/1995, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 499/2001, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 498 Euro (Vorlageaufwand: 41 Euro; Schriftsatzaufwand: 203 Euro; Verhandlungsaufwand: 254 Euro) zuzusprechen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

Beachte:

Die Behandlung der von IH erhobenen Beschwerde wurde abgelehnt.

Der vorstehende Bescheid wurde insoweit, als der die ihm zugrunde liegenden Beschwerden des BG und der JK im Umfang ihrer "Festhaltung" im Haus in L zurückgewiesen hat (und damit auch hinsichtlich seines Ausspruches über den diesen Beschwerdeführern auferlegten Kostenersatz), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 13. Oktoer 2006, Zl.: 2003/01/0380-7

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum