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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220144/2/Kon/Fb

Linz, 22.02.1993

VwSen - 220144/2/Kon/Fb Linz, am 22. Februar 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 1. Kammer unter dem Vorsitzenden Dr. Hans Guschlbauer, den Berichter Dr. Robert Konrath und den Beisitzer Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des Ing. Friedrich H, gegen das Straferkenntnis vom 5.2.1992, Ge-2068/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a VStG und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Es entfällt die Vorschreibung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.: Im eingangs zitierten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 10 Tagen verhängt, weil er als gewerberechtlicher Geschäftsführer der P, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 7.3.1988 genehmigten Betriebsanlage zur Verarbeitung von Kunststoffen 3051/23, KG Marchtrenk dadurch erweitert hat, daß anstelle der genehmigten Betriebshalle mit einer Fläche von 28 x 16 m, eine Betriebshalle mit ca. 1580 m2 (zwei Hallenteile mit den Ausmaßen von 38 x 18 m und 36 x 25 m) errichtet wurde und in diesem somit erweiterten Betriebsgebäude zwei zusätzliche Heizschränke (nunmehr acht statt der genehmigten sechs), zwei zusätzliche Gießtische (nunmehr vier statt der genehmigten zwei) und drei zusätzliche Gießmaschinen (nunmehr vier statt einer genehmigten), sowie Lagerräume in nördlichen Hallenteilen zur Lagerung von Isocyanaten, chlorierten Kohlenwasserstoffen und brennbaren Lösemitteln errichtet wurden und diese erweiterte Betriebsanlage seit 18.10.1990 ohne die erforderliche Genehmigung gemäß § 81 Gewerbeordnung 1973 betreibt, obwohl wegen der größeren Produktionskapazität eine erhöhte Emission von Luftschadstoffen und damit eine größere Belästigung von Nachbarn, wegen der geänderten Lagerung von Chemikalien eine größere Gefahr für das Grundwasser und wegen des größeren Produktionsumfanges im Zusammenhang mit der geänderten Lagerung neue oder erhöhte Brandgefahren und damit Gefahren für Nachbarn nicht auszuschließen sind. Diese Änderung bedurfte daher zur Wahrung des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Nachbarn, des Schutzes der Nachbarn vor unzumutbaren Belästigungen und zum Schutze von Gewässern einer Genehmigung.

Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 1.500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte rechtzeitig Berufung erhoben und darin unter anderem mangelnde Konkretisierung der Tatzeit eingewendet.

Das Straferkenntnis enthalte in seinem Spruch die Formulierung:"..... und betreiben diese erweiterte Betriebsanlage seit 18.10.1990 .....". Diese Formulierung entspreche nicht der sich aus § 44a Z1 VStG ergebende Verpflichtung für die Behörde zur genauen Feststellung der Tatzeit. Diese sei unter anderem deswegen zu konkretisieren, damit eine allenfalls eingetretene Verjährung wahrgenommen werden könne und Doppelbestrafungen vermieden würden. Letztlich sei der Tatzeitraum für die Strafbemessung von entscheidender Bedeutung. Es sei jedenfalls geboten, wie dies auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspreche (Erkenntnis vom 2.12.1983, 83/04/0037) nicht nur den Beginn der angenommenen Verwaltungsübertretung, sondern auch deren Ende in ausreichend bestimmter Art und Weise, nämlich mit kalendermäßiger Bezeichnung des angenommenen Endes der Tatzeit, zu bezeichnen.

Die Erstbehörde hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG Abstand genommen und die gegenständliche Berufung unter Anschluß des Verfahrensaktes sogleich dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Hiedurch ist die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates zur Berufungsentscheidung eingetreten. Eine Gegenschrift zu den Berufungsausführungen wurde von der Erstbehörde nicht erstattet.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Das in der zitierten Gesetzesstelle enthaltene Gebot bedeutet, daß jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muß, daß kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Diesem Gebot ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen oder aber auch Umstände einzuwenden, die der weiteren Verfolgung und Bestrafung der ihm angelasteten Verwaltungsvertretung entgegenstehen. Weiters muß der Spruch geeignet sein, den Bestraften rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 (konsensloser Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage) stellt ein fortgesetztes Delikt dar, bei dem die Verjährungsfrist, unabhängig davon, wann die strafbare Tätigkeit begonnen hat, erst von dem Zeitpunkt an zu berechnen ist, indem diese Tätigkeit abgeschlossen wurde (siehe Mache-Kinscher GewO, 5. Auflage, Manz Wien, Seite 725, E 14). Bei einem fortgesetzten Delikt, wie der gegenständlichen Verwaltungsübertretung, wäre daher eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich gewesen. Dies wird auch durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in vielen Erkenntnissen bestätigt (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 949, E 29). Die Konkretisierung der Tat durch Anführung der Tatzeit (Beginn und Ende) ist vor allem auch dann geboten, wenn durch das Straferkenntnis ein noch nicht abgeschlossenes Geschehen - im vorliegenden Fall der konsenslose Betrieb erfaßt werden soll, wobei, wie im gegenständlichen Fall, bei Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes, für die Entscheidung von der Berufungsinstanz "Sache" nur dieser Tatzeitraum sein kann. Dies gilt, wie im vorliegenden Fall, unabhängig davon, daß die Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z4 GewO 1973 ein fortgesetztes Delikt darstellt, bei dem der über den Tatzeitraum hinausgehende konsenslose Betrieb bis zur Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz von der Bestrafung umfaßt ist.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, wie schon die Tatumschreibung laut Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18.7.1991, entsprechen dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG, was die Umschreibung der Tatzeit betrifft insoferne nicht, weil hier nur der Beginn (18.10.1990) nicht aber das Ende der Tat, angegeben sind. Dieser Mangel behaftet das angefochtene Straferkenntnis unter anderem deswegen mit Rechtswidrigkeit, weil es dadurch der Berufungsinstanz nicht möglich ist, zu prüfen, ob in bezug auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs.2 VStG) eingetreten ist oder nicht.

Der vorgebrachte Berufungseinwand hat sich daher als begründet erwiesen, weshalb der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch (Abschnitt I.) zu entscheiden war.

zu II.: Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sofern sie vom Beschuldigten erhoben wird, ist sie von einem Rechtsanwalt zu unterfertigen.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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