Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220188/31/Kon/Shn

Linz, 21.07.1993

VwSen - 220188/31/Kon/Shn Linz, am 21. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat über die Berufung des Dr. Franz H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. März 1992, Ge-2124/1991/He, zu Recht erkannt:

I.: Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.p ANSchG BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl. 544/1982, § 31 Abs.5 leg.cit und § 7 Abs.1 der Verordnung BGBl.Nr. 267/1954; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 51i VStG und § 19 VStG.

II.: Der Berufungswerber hat 20 % der gegen ihn verhängten Strafe, ds 1.000 S als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: Im eingangs angeführten Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin "M, und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG) am 19. September 1991 um 11.00 Uhr auf der Baustelle ÖMV-Chemie, Linz, Bau 424, den Arbeitnehmer Josef A mit dem Verschrauben von ca. 30 cm breiten Stahlträgern in einer Höhe von 10 m über der Bühne beschäftigt zu haben, ohne vorzusorgen, daß Absturzsicherungen auf der Arbeitsstelle verwendet werden, noch daß Sicherungen zum Erreichen der Arbeitsstelle vorhanden waren und dadurch die Rechtsvorschriften: § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und § 33 Abs.7 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.234/1972 idgF sowie iVm § 7 Abs.1 der Verordnung über Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl.Nr. 267/1954 idgF verletzt zu haben.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe von 5.000 S, falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 60 Stunden verhängt. Ferner wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 500 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Begründend führt die Erstbehörde aus, daß der im Tatvorwurf umschriebene Sachverhalt von Organen des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt worden sei. Der Beschuldigte hätte es demnach unterlassen, geeignete Kontrollmaßnahmen und wirksame Anordnungen zu treffen, die sichergestellt hätten, daß die Sicherheitseinrichtungen auf der Baustelle vorhanden und auch tatsächlich verwendet worden seien. Dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates sei unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 19 VStG Folge zu geben gewesen, da Leben und Gesundheit von Menschen höchstrangige Rechtsgüter darstellten. Die aufgrund der Tatsache, daß der Arbeitnehmer Josef A in einer möglichen Absturzhöhe von 10 m ungesichert tätig war, sei eine gravierende Verletzung der Sicherheitsvorschriften der Bauarbeiterschutzvorschriften vorgelegen. Die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten sei berücksichtigt worden. Erschwerende oder mildernde Umstände seien im Verfahren nicht zu Tage getreten. Bei der Strafbemessung sei auch von monatlichen Nettoeinkommen des Beschuldigten in der Höhe von 23.300 S ausgegangen worden.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig berufen und die Bestellung des Herrn Alois P als Bevollmächtigter iS des § 34 Abs.2 ANSchG gegen seine Bestrafung eingewandt. Im weiteren weist der Berufungswerber darauf hin, daß die Stahlbau- und Industriemontagen Franz H in drei Abteilungen gegliedert sei, denen jeweils Abteilungsleiter, welche auch für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes verantwortlich seien, vorstünden. Hinsichtlich der Abteilung Industriemontage sei Herr Leopold B der verantwortliche Abteilungsleiter. Diesem unterstellt seien der Personalchef Siegfried S, der ebenso verantwortlich für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften sei. Für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften der gegenständlichen Baustelle in der ÖMV-Chemie, sei konkret Herr Alois P als zuständiger Bauleiter verantwortlich gewesen.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Anberaumung zweier mündlicher Verhandlungen und zwar am 19. November 1992 und am 4. Jänner 1993. Die Anberaumung zu diesen Verhandlungen erfolgte unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen. Die Zeugen, Alois P und Siegfried S wurden jeweils gesondert (nicht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung) vernommen, da sie zu den anberaumten mündlichen Verhandlungen nicht erschienen sind. Das Vernehmungsergebnis der angeführten beiden Zeugen wurde den Parteien unter Wahrung des Parteiengehörs schriftlich zur Kenntnis gebracht. Die Parteien haben dieser Vorgangsweise zugestimmt.

Aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlungen und der Vernehmung der Zeugen Alois P und Siegfried S am 14. Jänner 1993 bzw. am 12. März 1993 ergibt sich nachstehend rechtserheblicher Sachverhalt: Die Beschäftigung des Arbeitnehmers Josef A laut Tatvorwurf ist unstrittig. Der Monteur Alois P hatte im Tatzeitraum für die verfahrensgegenständliche Baustelle die Stellung eines Bevollmächtigten iS des § 31 Abs.2 ANSchG inne. Herr Prokurist Leopold B war in Überordnung zu Alois P für die gegenständliche Baustelle verantwortlich; die Baustelle bestand über einen Zeitraum von ungefähr fünf Monaten; Prokurist B hat sich ca. fünfmal zu Kontroll- und Aufsichtszwecken auf der gegenständlichen Baustelle befunden und zwar zu Baustellenbeginn zweimal, nach Ablauf von ungefähr zwei bis drei Monaten noch weitere zwei- bis dreimale (siehe Verhandlungsprotokoll vom 4. März 1993 betreffend Zeugeneinvernahme Leopold B). Herr Gerhard S war zur Tatzeit Personalreferent in der Firma des Beschuldigten und hat in dieser Eigenschaft jeden neu eingestellten Monteur über die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften instruiert. Eine Kontroll- und Aufsichtsfunktion über den Bauleiter Alois P hat Gerhard S nicht ausgeübt bzw. wäre ihm auch nicht zugestanden. Der Beschuldigte Dr. H hat die gegenständliche Baustelle nie besucht und sohin persönlich keine Beaufsichtigung des Bevollmächtigten P vorgenommen.

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen: Gemäß § 31 Abs.2 lit.p ANSchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis 50.000 S oder mit Arrest bis zu drei Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden; bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände sind sie nebeneinander zu verhängen.

Gemäß § 31 Abs.5 leg.cit. sind Arbeitgeber neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn sie bei der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen.

§ 31 Abs.5 leg.cit. verpflichtet sohin den Arbeitgeber zu einer sorgfältigen Beaufsichtigung des von ihm bestellten Bevollmächtigten und befreit ihn nur diesfalls von seiner Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften. Vom unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz war im vorliegenden Fall zu prüfen und unter Beweis zu stellen, ob es der Beschuldigte bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten Alois P an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen oder nicht. Was den anzulegenden Sorgfaltsmaßstab betrifft, wird vom unabhängigen Verwaltungssenat auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Oktober 1992, Zl.92/18/0300, verwiesen, wonach bloß stichprobenartige Kontrollen des Bevollmächtigten nicht ausreichen, eine sorgfältige Beaufsichtigung des Bevollmächtigten iS des § 31 Abs.5 leg.cit. zu begründen. Eine Beaufsichtigung des Bevollmächtigten P hat stattgefunden, wobei dem Sachverhalt nach davon auszugehen ist, daß der Beschuldigte den Prokuristen Leopold B mit dieser Beaufsichtigung betraut hat. In Anbetracht der Baustellendauer von ca. fünf Monaten einerseits (siehe Aussage des Zeugen B vom 4. Jänner 1993) und des Umstandes, daß Prokurist B seinen Angaben nach die Baustelle ca. fünfmal zu Kontrollzwecken besuchte andererseits, ist aber keine über das stichprobenartige Ausmaß hinausgehende und sohin eine nur unzureichende Beaufsichtigung des Bevollmächtigten P erfolgt. Auch eine Anzahl von rund zehn Kontrollbesuchen des Prokuristen B, an die sich der Zeuge P zu erinnern glaubt, würde daran nichts ändern.

Aus den dargelegten Gründen war daher der Schuldspruch der Erstbehörde zu bestätigen. Bezüglich der Angemessenheit der verhängten Strafe, wird der Beschuldigte auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des erstbehördlichen Straferkenntnisses verwiesen. Bemerkt wird, daß die Höhe der Strafe vom Beschuldigten in seiner Berufung im besonderen nicht bekämpft worden ist. Zu II.: Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens (Spruchabschnitt II) ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein weiteres ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Wird vom Beschuldigten eine solche Beschwerde erhoben, ist sie von einem Rechtsanwalt zu unterfertigen.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h 6

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