Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220213/2/Kl/Rd

Linz, 14.07.1993

VwSen - 220213/2/Kl/Rd Linz, am 14. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des F, vertreten durch RA Dr. M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2.4.1992, Zl. 100-1/16-9, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

II. Als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 20% der verhängten Strafe, ds 400 S, binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 2.4.1992, Zl. 100-1/16-9, wegen einer Übertretung nach § 368 Z11 und § 198 Abs.2 GewO 1973 iVm § 1 Abs.1 lit.d und § 3 Abs.1 der O.ö. Sperrzeiten-Verordnung 1978 eine Geldstrafe von 2.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt, weil der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der F GastronomiegesmbH & Co KG es zu verantworten hat, daß am 16.11.1991 um 5.30 Uhr und am 30.11.1991 um 5.45 Uhr der Gaststättenbetrieb in L P, noch offengehalten wurde, obwohl die Sperrstunde für das Lokal mit 4.00 Uhr festgelegt ist.

2. Dagegen richtet sich die nunmehr fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher im wesentlichen eingewendet wird, daß der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer von insgesamt fünf Betrieben verläßliche langjährige Beschäftigte mit der Überwachung betraut hat, nämlich im konkreten Fall Herrn M, welcher für die Einhaltung der Sperrstunde im "P" betraut wurde. Die Berufung stützt sich weiters auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Besorgung einzelner Angelegenheiten durch andere Personen zugebilligt wird. Im übrigen sei die Nichtanwendbarkeit des § 9 Abs.2 VStG verfassungswidrig. Da der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer an der Tat in keiner Weise mitgewirkt habe, wird die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Beweis erhoben wurde durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt.

4. Nach Einsichtnahme erweist sich der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten als geklärt, und es wird daher der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene Sachverhalt auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundegelegt. Im übrigen wurde in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und eine mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht verlangt, weshalb eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht anzuberaumen war.

Es wurde daher der Entscheidung der erwiesene, weil in der Berufung nicht bestrittene Sachverhalt zugrundegelegt, daß am 16.11.1991 um 5.30 Uhr und am 30.11.1991 um 5.45 Uhr in der Gaststätte in L, P, für welche die Sperrstunde mit 4.00 Uhr festgelegt ist, noch Gäste anwesend waren und daher der Betrieb offengehalten wurde. Der Berufungswerber F ist als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt und genehmigt.

5. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 198 Abs.1 der GewO 1973 wurde mit der Sperrzeiten-Verordnung 1978, LGBl.Nr. 73/1977, im § 1 Abs.1 lit.d für das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Cafe, Kaffeehauses oder Cafe-Restaurants die Sperrstunde mit 4.00 Uhr und die Aufsperrstunde mit 6.00 Uhr festgelegt.

Gemäß § 198 Abs.2 GewO 1973 hat der Gewerbebetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit darf er Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten. Die Gäste sind rechtzeitig auf den Eintritt der Sperrstunde aufmerksam zu machen; sie haben den Betrieb spätestens zur Sperrstunde zu verlassen.

Diesen Inhalt regelt auch § 3 Abs.1 der obzitierten Verordnung, welche aber entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.1993, Zl. 92/04/0129-7, nur einen deklarativen Hinweis darstellt.

5.2. Vom Berufungswerber blieb in seiner Berufung unbestritten, daß zum genannten Zeitpunkt am Tatort sich Gäste im Lokal aufhielten und das Lokal offengehalten wurde.

Dies steht aber im Widerspruch zu dem zitierten § 198 Abs.2 der GewO bzw. § 3 Abs.1 der Sperrzeiten-Verordnung 1978. Danach haben nämlich die Gäste den Gastgewerbebetrieb spätestens zur Sperrstunde, also im konkreten Fall spätestens um 4.00 Uhr, zu verlassen. Ein weiteres Offenhalten ist nicht gestattet.

Gemäß § 368 Z11 der GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Bestimmungen des § 198 Abs.2 oder der gemäß § 198 Abs.1 der erlassenen Verordnungen über Sperrstunden und Aufsperrstunden nicht einhält.

Es wurde daher der Tatbestand objektiv erfüllt.

5.3. Wenn der Berufungswerber seine Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestreitet und die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG geltend macht, so geht dieses Vorbringen ins Leere.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, daß ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung im § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, 1990, Seite 755 mit Nachweis).

Gemäß § 9 Abs.1 der GewO 1973 können juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer bestellen. Wurde daher für das konzessionierte Gewerbe eines Cafe-Restaurants ein Geschäftsführer gemäß § 39 GewO 1973 bestellt und behördlich genehmigt, so ist der Geschäftsführer dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich. Es muß sich daher der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedienen, der sich im Betrieb entsprechend betätigt (§ 39 Abs.3 GewO 1973). Unter diesem Aspekt ist auch die Regelung des § 370 Abs.2 GewO 1973, wonach Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen sind, naheliegend bzw. logische Folge.

Eine weitere Delegierung der Verantwortung ist in der GewO nicht vorgesehen. Eine Verfassungswidrigkeit bzw. Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten kann darin aber nicht erblickt werden. Es kennt eben die GewO anstelle des verantwortlichen Beauftragten den gewerberechtlichen Geschäftsführer, der für den Gewerbeinhaber bzw. anstelle des Gewerbeinhabers verantwortlich wird. Im Hinblick auf das öffentliche Interesse einer geordneten Gewerbeausübung ist daher auch eine speziellere Regelung sachlich gerechtfertigt.

5.4. Zum Verschulden ist zu bemerken, daß die Berufung lediglich die Verantwortlichkeit an sich bestreitet, nicht aber eine Glaubhaftmachung einer Schuldlosigkeit unter grundsätzlicher Anerkennung der Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers geltend macht.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Da die gegenständliche Verwaltungsübertretung ein Ungehorsamsdelikt ist, ist daher im Sinne der obigen gesetzlichen Bestimmung Fahrlässigkeit anzunehmen. Es kann einem Gewerbetreibenden nämlich die Kenntnis der maßgeblichen Vorschriften, insbesondere auch der Sperrzeiten-Verordnung zugemutet werden, weshalb jedenfalls Fahrlässigkeit, wenn nicht sogar Vorsatz anzunehmen war. Ein das Verschulden ausschließender Grund wurde hingegen nicht glaubhaft gemacht. Die Behauptung des Berufungswerbers, daß er einen Verantwortlichen zur Einhaltung der Sperrstunde bestellt habe bzw. diesen mit der Einhaltung der Sperrstunde betraut habe, ist im Zusammenhang mit den übrigen Berufungsausführungen zu § 9 Abs.2 VStG (s.o., 5.3.) als Argument für die nichtgegebene Verantwortlichkeit des Berufungswerbers zu sehen. Ein Nachweis für ein mangelndes Verschulden des Berufungswerbers kann hingegen darin nicht erblickt werden. Dessen ungeachtet befindet sich der Berufungswerber nicht im Recht. Wenn auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dem Gewerbeinhaber zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu übertragen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken, so ist doch das mangelnde Verschulden dadurch nachzuweisen, daß alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Hiebei kann jedoch der dem Beschuldigten obliegende Entlastungsbeweis nicht allein schon durch den Nachweis erbracht werden, daß die ihn treffende Verpflichtung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH 18.9.1987, 86/17/0021). Es kann daher die Namhaftmachung einer Person und die Berufung auf ihre Tauglichkeit den Berufungswerber noch nicht entlasten. Ein wirksames Kontrollsystem konnte hingegen nicht nachgewiesen werden, es wurde nämlich nicht einmal eine wirksame Kontrolle behauptet. Schließlich wurde nicht einmal ein Nachweis dafür erbrachte, daß es der Berufungswerber bei der Auswahl des von ihm Beauftragten und dessen Überwachung nicht an der pflichtgemäßen Aufmerksamkeit habe fehlen lassen. Dies erweisen jedenfalls die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, welche vielmehr ausdrücken, daß es sich nicht um ein einmaliges Versehen, sondern gerade um eine mangelhafte Überwachung handelt.

5.5. Hinsichtlich der Strafhöhe ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Danach hat die belangte Behörde zu Recht das Interesse an der geordneten Gewerbeausübung und am Kundenschutz ins Treffen geführt, welches durch die Nichteinhaltung der Sperrstunde bzw. die Überziehung von etwa 1 1/2 Stunden in erheblichem Maße verletzt ist. Nachteilige Folgen sind nicht bekannt geworden.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hat bereits zutreffend einschlägige Vorstrafen als straferschwerend gewertet. Strafmilderungsgründe kamen keine hervor. Hinsichtlich des Verschuldens ist auszuführen, daß dem Berufungswerber eine Sorgfaltsverletzung dahingehend anzulasten ist, daß er nicht jene Maßnahmen gesetzt bzw. jene Sorgfalt aufgewendet hat, die die Begehung von Verwaltungsübertretungen hintanhalten. Auch die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers wurden bereits von der belangten Behörde berücksichtigt. Im übrigen befindet sich die verhängte Strafe im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens (bis zu 15.000 S) und ist daher nicht als überhöht zu werten. Die verhängte Strafe ist tat- und schuldangemessen. Sie ist hingegen jedenfalls erforderlich, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Es war daher auch die verhängte Strafe zu bestätigen.

6. Da in jeder Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren auszusprechen ist, war der Betrag mit 20% der verhängten Strafe, ds 400 S, gemäß der im Spruch angegebenen Gesetzesstelle zu bemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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