Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220215/13/Kl/Rd

Linz, 23.02.1993

VwSen - 220215/13/Kl/Rd Linz, am 23. Februar 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner; Berichterin: Dr. Ilse Klempt; Beisitzer und Stimmführer: Mag. Michael Gallnbrunner) über die Berufung der E, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8. April 1992, Ge96/133/1991/E, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1973 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15. Dezember 1992 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Strafausmaßes dahingehend Folge gegeben, daß die verhängte Geldstrafe auf 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage herabgesetzt wird. Im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld bestätigt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 16 VStG.

II Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz vermindert sich auf 800 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 8. April 1992, Ge96/133/1991/E, über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 15.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Tagen verhängt, weil sie das Fliesen- und Plattenlegerhandwerk unbefugt ausgeübt hat, indem zwei bzw. drei hiezu nicht befugte Personen im Auftrag und im Namen und auf Rechnung und Gefahr der Beschuldigten in der Zeit vom 14.8.1991 bis 30.10.1991 im Haus des Herrn Dr. R, Fliesenund Plattenverlegearbeiten (einschließlich verfugen) in einem Auftragsumfang von 181.125 S durchgeführt haben, wofür mit Rechnung vom 14.11.1991 die Beschuldigte den genannten Betrag zur Bezahlung vorgeschrieben hat, obwohl sie nicht im Besitz einer hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Fliesen- und Plattenlegergewerbes war, und sie dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 und § 94 Z65 iVm § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1973 begangen hat.

2. Dagegen wurde rechtzeitig Berufung eingebracht und das zitierte Straferkenntnis dem ganzen Umfang nach unter Geltendmachung der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angefochten. Begründend wurde ausgeführt, daß weder Ermittlungen zur Gewinnabsicht noch zur Regelmäßigkeit durch die belangte Behörde vorgenommen wurden. Im übrigen wurde auch die rechtliche Beurteilung hinsichtlich dieser Tatbestandsmerkmale angefochten. Im übrigen wurden bei der Strafzumessung zu Unrecht keine Milderungsgründe gefunden und wurde das Gebot der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Strafe gröblichst verletzt. Gleiches gilt für die Ersatzfreiheitsstrafe.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt Einsicht genommen; eine Gegenschrift wurde von der belangten Behörde nicht erstattet. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 15. Dezember 1992 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die Verfahrensparteien sowie die Zeugin Jutta S geladen wurden.

4. Im Grunde der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergab sich folgender erwiesener Sachverhalt:

4.1. Die Berufungswerberin betreibt am Standort W in F als Alleininhaberin das Handelsgewerbe, beschränkt auf den Einzelhandel, Handel mit Fliesen und Sanitäreinrichtungsgegenständen, und zwar bereits in einem Zeitraum von 15 Jahren. Die Familie S kam im Hinblick auf Renovierungsarbeiten im Haus H in F in das Geschäft der Frau W in der W, um sich dort ein Anbot für den Fliesenankauf und für Verlegearbeiten erstellen zu lassen, wobei es für die Familie S selbstverständlich war, daß die diesbezüglichen Verlegearbeiten vom Geschäft durchgeführt werden. Ein diesbezügliches Anbot bzw. ein Kostenvoranschlag wurde dann auch seitens der Berufungswerberin am 22. Juni 1991 erstellt. Bei Erstellung des Anbotes und Vertragsabschluß stand es für die Kunden S fest, daß die Arbeiten von Frau W organisiert werden, dh. daß sie auch die Bauaufsicht bzw. die Aufsicht über die Arbeiten durchführte, sodaß auch Reklamationen an sie gerichtet werden können. Ein Teil des Anbotes vom 22. Juni 1991 wurde auch im Zeitraum von 14.8.1991 bis 30.10.1991 realisiert, wobei für diesen Teilbereich auch mit 14. November 1991 Arbeiten von der Berufungswerberin in Rechnung gestellt wurden und ihr mit Skonto bezahlt wurden. Aufgrund der Geschäftsabwicklung und der tatsächlichen Arbeitsausführung bestand für die Kunden der Eindruck, daß die Arbeiten im Namen und auf Rechnung der Berufungswerberin durchgeführt wurden. Die Fliesenarbeiten mußten in Abstimmung mit anderen Renovierungsarbeiten termingerecht durchgeführt werden. Die über den Rechnungsbetrag vom 14.11.1991 hinausgehenden Fliesenverlegearbeiten wurden von jemandem anderen durchgeführt und wurde auch von dritter Seite sodann Rechnung gelegt. Bis zum Oktober 1991 war nicht bekannt, daß die Berufungswerberin zu Verlegearbeiten nicht befugt sei.

Aufgrund eines von der Berufungswerberin vorgelegten Schriftverkehres ist zu entnehmen, daß die Berufungswerberin im Zeitraum Mai bis Juni 1991 beabsichtigte, am Standort E, eine Fliesenhandelsund Verlegungsgesellschaft, nämlich Fliesenstube GesmbH, zu gründen. Diese sollte auch hinsichtlich Verlegearbeiten bei der Gewerbebehörde angemeldet werden. Der Gesellschaftsvertrag kam aber wegen Schwierigkeiten unter den Gesellschaftern nicht zum Abschluß. Wegen der Urlaubssaison ist eine Vergabe an eine Fremdfirma nicht gelungen, sodaß die Verlegearbeiten durch von der Berufungswerberin besorgte Arbeitnehmer unter Leitung der Berufungswerberin durchgeführt wurden.

4.2. Dieser Sachverhalt ergab sich widerspruchslos aus den Ausführungen der Berufungswerberin selbst, sowie den Aussagen der Zeugin J, welche sehr glaubwürdig erschien und im übrigen auch den genannten Kostenvoranschlag und die erstellte Rechnung vorwies. Diese sowie ein Schriftsatz vom 9. Dezember 1992 über die geplante GesmbH-Gründung wurden als Beweisstücke zum Akt genommen.

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 der GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 94 Z65 leg.cit. zählt das Gewerbe der Plattenund Fliesenleger zu den Handwerken, welche gemäß § 6 Z1 leg.cit. zu den Anmeldungsgewerben zählen.

Gemäß § 5 Z1 leg.cit. dürfen Anmeldungsgewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden.

Die Durchführung von Fliesenverlegearbeiten wurde von der Berufungswerberin nach ihren eigenen Angaben nicht der Behörde angemeldet. Eine Gewerbeberechtigung lag daher nicht vor.

5.2. Zur gewerbsmäßigen Durchführung der gegenständlichen Arbeiten und dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen wird nachstehendes ausgeführt:

Gemäß § 1 Abs.1 GewO 1973 gilt diese, soweit nicht anderes bestimmt ist, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

5.2.1. Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist (§ 1 Abs.2 leg.cit.). Hiebei liegt Selbständigkeit nach der Legaldefinition des § 1 Abs.3 leg.cit. vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Wie sich aus den Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung durch die Einvernahme der Berufungswerberin und der genannten Zeugin ergeben hat, wurden die Verlegearbeiten im Haus H in F durch Besorgung der Arbeitnehmer durch die Berufungswerberin, die Anleitung und Kontrolle ihrer Tätigkeit, sowie auch durch eine entsprechende Rechnungslegung durch die Berufungswerberin durchgeführt, sodaß dieses Tatbestandsmerkmal als erfüllt erwiesen ist. Auch allfällige Gewährleistungsansprüche wären an sie zu richten gewesen.

5.2.2. Zur Regelmäßigkeit gibt § 1 Abs.4 leg.cit. an, daß auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Den diesbezüglichen Berufungsbehauptungen, daß die Tätigkeit nur einmal durchgeführt wurde und Begleitumstände, aus denen geschlossen werden kann, daß es bei dieser einmaligen Handlung nicht sein Bewenden haben wird, nicht vorlagen, kann nicht Rechnung getragen werden. So hat sich sowohl aus dem Verfahren der belangten Behörde als auch im Berufungsverfahren, insbesondere in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, als erwiesen gezeigt, daß die von der Berufungswerberin angebotenen und durchgeführten Fliesenverlegearbeiten von Mitte August 1991 bis Ende Oktober 1991, also für einen Zeitraum von insgesamt zweieinhalb Monaten durchgeführt wurden. Es handelt sich daher um keine kurzfristige einmalige Tätigkeit, sondern eine Tätigkeit über einen längeren Zeitraum. Dies ergibt sich immerhin auch aus dem nicht unbeträchtlichen Auftragsumfang von 181.125 S. Unter diesem Gesichtspunkt ist daher das Tatbestandsmerkmal der Regelmäßigkeit erfüllt. Im übrigen ist auch noch heranzuziehen, daß sich das Anbot über einen weit größeren Umfang von Verlegearbeiten erstreckt, welche nur aufgrund der diesem Verfahren zugrundeliegenden Erhebungen der belangten Behörde dann nicht mehr von der Berufungswerberin durchgeführt wurden.

5.2.3. Zu der in der Berufung angefochtenen Ertragsabsicht werden der Berufungswerberin die im Anbot vom 22. Juni 1991 mit 335 S pro Quadratmeter exklusive Mehrwertsteuer benannten Arbeitskosten für das Verlegen und Verfugen laut ÖNorm entgegengehalten, wobei dieser Preis einen vergleichsweise marktüblichen Preis darstellt. Es ist daher nicht von einem Unkosten- bzw. Selbstkostenpreis auszugehen, sondern sehr wohl von dem Umstand, daß sich die Berufungswerberin damit auch einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen wollte.

Es ist daher der objektive Tatbestand erfüllt.

5.3. Hinsichtlich des Verschuldens genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, da in der Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt ist. Da es sich um ein Ungehorsamsdelikt handelt, zu dessen Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, war Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen, insbesondere auch deshalb, weil die Berufungswerberin nicht glaubhaft machen konnte, daß sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 VStG). Auch kann der Berufungswerberin zugemutet werden, daß sie als Gewerbetreibende (Einzelhandel) die Bestimmungen der GewO kennt oder sich zumindest danach bei der Behörde erkundigt. Auch konnte von der Berufungswerberin kein das Verschulden ausschließender Umstand dargelegt werden. Es war daher von einer fahrlässigen Begehung auszugehen.

5.4. Zur Strafbemessung ist gemäß § 19 Abs.1 VStG als Grundlage das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, heranzuziehen, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind im ordentlichen Verfahren, die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafverfahrens sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen (§ 19 Abs.2 VStG).

Die unter Nachweis der entsprechenden Befähigung vorgeschriebene Anmeldung des Gewerbes hat einerseits den Schutz der Konsumenten im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten sowie auch den Schutz der übrigen Gewerbetreibenden zum Zweck. Dieser Schutzzweck wurde durch die Tätigkeit der Berufungswerberin verletzt. Es ist aber der Berufungswerberin zugutezuhalten, daß sie das Einzelhandelsgewerbe schon seit 15 Jahren durchführt und unbescholten ist. Hinsichtlich des Verschuldens war der Berufungswerberin Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Weiters ist der Berufungswerberin zugutezuhalten, daß sie gerade in der Zeit der Anboterstellung beabsichtigte, eine Gesellschaft für die Verlegungsarbeiten zu gründen, welche auch behördlich gemeldet werden sollte. Die Berufungswerberin hat im Vertrauen auf das Zustandekommen dieser Gesellschaft gehandelt. Ein Verschulden kann aber durch diesen Umstand nicht ausgeschlossen werden, da der Berufungswerberin angelastet werden muß, daß sie diesen Umstand ihren Auftraggebern zur Kenntnis hätte bringen müssen. Kann auch der Umstand, daß die Berufungswerberin durch ein Zurücktreten von den Verlegearbeiten bzw. ein nicht termingemäßes Durchführen mit beträchtlichem Schaden zu rechnen gehabt hätte, nicht als eine die Schuld ausschließende Notlage anerkannt werden, so ist dieser Umstand insgesamt aber als mildernd zu werten. Im übrigen stellte der an sie gerichtete Auftrag gerade im Hinblick auf eine zu gründende Fliesenverlegungsgesellschaft eine besonders verlockende Gelegenheit dar, welche ebenfalls sinngemäß nach § 34 Z9 des StGB als mildernd zu werten ist. Es erweist sich daher die im Spruch verhängte Strafe als tat- und schuldangemessen und es war daher die von der Erstbehörde verhängte Strafe entsprechend herabzusetzen.

5.5. Gemäß § 16 Abs.2 VStG darf die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe war daher rechtswidrig.

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafe war auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen. Im Hinblick auf die gebotene Verhältnismäßigkeit konnte daher mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen das Auslangen gefunden werden.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierten Gesetzesstellen. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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