Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220231/2/Kl/Rd

Linz, 13.09.1993

VwSen - 220231/2/Kl/Rd Linz, am 13. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3.6.1992, Ge96-1076-1992/Bi, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 Folge gegeben, diesbezüglich das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt. Hinsichtlich des Faktums 2 wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beginn des Spruchpunktes 2 wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 30. März 1992 gegen 19.30 Uhr in S, an G Orangensaft sowie an T Bier gegen Entgelt ausgeschenkt und durch diese Ausschanktätigkeiten das dort im Jahr 1989 errichtete Gastlokal, ...".

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a, 45 Abs.1 Z3 VStG; § 366 Abs.1 Z2 und § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973.

II. Hinsichtlich des Faktums 1 entfällt jeglicher Strafkostenbeitrag. Hinsichtlich des Faktums 2 ist ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat von 20% der verhängten Strafe, ds 400 S, bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.1 VStG, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 3.6.1992, Ge96-1076-1992/Bi, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und 2.) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er 1.) am 30. März 1992 gegen 19.30 Uhr in S, M an G Orangensaft sowie an T Bier gegen Entgelt ausgeschenkt, somit Tätigkeiten ausgeübt hat, die dem konzessionierten Gastgewerbe vorbehalten sind, obwohl er nicht im Besitze einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe ist und dieses Gewerbe erst nach rechtsgültig erteilter Konzession ausgeübt werden darf; 2.) durch die unter Punkt 1) beschriebenen Ausschanktätigkeiten das im Jahre 1989 errichtete Gastlokal, durch dessen Betrieb Lärmbelästigungen der Nachbarn H hervorgerufen werden können, am 30. März 1992 ohne gewerbebehördliche Genehmigung in Betrieb genommen hat, obwohl gewerbliche Betriebsanlagen, die geeignet sind, unter anderem Belästigungen der Nachbarschaft herbeizuführen, erst nach rechtskräftig erteilter Betriebsanlagengenehmigung betrieben werden dürfen. Er habe daher folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1.) § 366 Abs.1 Z2 iVm §§ 189 ff GewO 1973 2.) § 366 Abs.1 Z3 iVm §§ 74 ff GewO 1973. Gleichzeitig wurde ein Strafkostenbeitrag auferlegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht eine mündliche Berufung eingebracht, in welcher im wesentlichen vorgebracht wurde, daß seit dem 30.3.1992 in diesem Hause in M keinerlei Gäste mehr waren und die Verwaltungsübertretung lediglich eine Bagatelle darstelle. Es werde auf die Rechtfertigungsangaben vom 15.4.1992 hingewiesen. In dieser niederschriftlichen Einvernahme gab der Berufungswerber an, daß er die Verwaltungsübertretungen dem Grunde nach nicht in Abrede stellen kann, aber als Rechtfertigung darauf hinweise, daß bereits im Jahr 1989 um die Gastgewerbekonzession sowie auch um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung angesucht worden sei. Daß es im Verfahren noch zu keiner rechtskräftigen Entscheidung gekommen sei - aufgrund scheinbar unüberwindlicher Probleme mit den Nachbarn könne ihm nicht angelastet werden. Vielmehr müßten durch die Errichtung des Gastlokals erwachsene Investitionskosten nunmehr abgegolten werden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, da einerseits bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid hinsichtlich des Faktums 1 aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG), und andererseits die Sachverhaltslage geklärt erscheint und der Sachverhalt im übrigen nicht bestritten wurde und lediglich die rechtliche Beurteilung bzw. das Strafausmaß angefochten wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zu Faktum 1: Gemäß § 189 Abs.1 Z3 und Z4 der GewO 1973, BGBl.Nr. 50/1974 idF BGBl.Nr. 686/1991, unterliegen der Konzessionspflicht der Ausschank von alkoholischen und von nicht alkoholischen Getränken.

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein konzessioniertes Gewerbe ohne die erforderliche Konzession ausübt.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat gemäß § 44a Z1 VStG der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatvorhaltes zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Im Sinne dieser Judikatur ist es daher zum einen erforderlich, daß die belangte Behörde die von ihr als einem konzessionierten Gewerbe unterliegend gewertete Tätigkeiten des Berufungswerbers im Spruch unter Anführung dieser Tätigkeiten näher umschreibt - diesem Erfordernis ist die belangte Behörde auch tatsächlich nachgekommen -, es unterließ zum anderen aber die belangte Behörde, die nunmehr angeführten Tätigkeiten unter Beachtung der hiefür maßgeblichen Tatbestandsmerkmale im Hinblick auf die Gewerbsmäßigkeit näher zu umschreiben. Es indiziert nämlich der Vorwurf der bezeichneten dem genannten Gastgewerbe zugerechneten Arbeiten allein noch nicht die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit. Es wäre nämlich hiezu erforderlich gewesen, im Spruch auch jene Sachverhaltsumstände, die die Gewerbsmäßigkeit im Sinn des § 1 Abs.2 GewO 1973 ausmachen, konkret vorzuwerfen (vgl. dazu analoge Erkenntnisse des VwGH vom 10.9.1991, 91/04/0098 bzw. vom 24.11.1992, 92/04/0156). Dabei ist wesentlich, daß die Entgeltlichkeit allein noch nicht den Tatbestand der Gewerbsmäßigkeit erfüllt. Diesbezüglich ist auch erforderlich, daß die Tätigkeit selbständig und regelmäßig durchgeführt wird. Auf letzteres Sachverhaltselement wurde jedoch nicht im gegenständlichen Spruch Bedacht genommen. Eine entsprechende Bescheidbegründung kann jedoch das essentielle Sprucherfordernis nicht ersetzen. Sofern sich die belangte Behörde auf Wiederholungsabsicht gemäß § 1 Abs.4 GewO 1973 stützt, so hätte auch dieser Umstand im Spruch zum Ausdruck gelangen müssen.

Weil eine weitere Verfolgung wegen der bereits verstrichenen Verjährungsfrist nicht mehr möglich ist, war daher hinsichtlich des Faktums 1 das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

4.2. Zu Faktum 2: Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Im gesamten Verwaltungsstrafverfahren gibt der Berufungswerber den ihm angelasteten Sachverhalt zu, indem er die Übertretung als Bagatelle darstellt bzw. die Verwaltungsübertretung dem Grunde nach nicht in Abrede stellt. Auch stellt der Berufungswerber einwandfrei außer Streit, daß im Haus S, im Jahr 1989 ein Gastlokal errichtet wurde, dessen Investitionsverbindlichkeiten in Höhe von 500.000 S er nun zu decken habe. Da der im Spruch unter Faktum 2 vorgeworfene Sachverhalt vom Berufungswerber nicht bestritten wurde, gilt er als erwiesen und war auch dieser Entscheidung zugrundezulegen. Es war daher als erwiesen anzusehen, daß zum Tatzeitpunkt vom Berufungswerber am Tatort ein Gastlokal betrieben wurde, welches geeignet ist, durch Lärmbelästigung die Nachbarn zu beeinträchtigen und somit genehmigungspflichtig im Sinn der Bestimmungen der GewO ist. Die erforderliche Betriebsanlagengenehmigung wurde jedoch noch nicht rechtskräftig erteilt. Auch dies blieb unbestritten. Es war daher der objektive Tatbestand erfüllt.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß dieser gesetzlichen Bestimmung war daher jedenfalls von Fahrlässigkeit des Berufungswerbers auszugehen. Das in der Berufung bzw. in seiner Rechtfertigung vom 15.4.1992 gemachte Vorbringen hingegen ist nicht geeignet, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Vielmehr wußte der Berufungswerber sehr wohl, daß er zum Betrieb des Gasthauses einer Betriebsanlagengenehmigung durch die Behörde bedarf und hat er eine solche auch beantragt. Es ist ihm auch anzulasten, daß er trotz des noch offenen Genehmigungsverfahrens die Anlage betrieben hat. Die von ihm angeführten Gründe, nämlich eine Belastung wegen der enormen Investitionen von 500.000 S hingegen sind nicht geeignet, sein Verschulden auszuschließen. Einen Notstand, der die Tat entschuldigt, kann der Berufungswerber deshalb nicht für sich in Anspruch nehmen, weil das Wesen des Notstandes ist, daß die Gefahr zumutbarer Weise nicht in anderer Art als durch die Begehung der objektiven strafbaren Handlung zu beheben ist und ferner, daß die Zwangslage nicht selbst verschuldet ist (VwGH 25.11.1986, 86/04/0116). Indem er aber die Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung errichtet bzw. betrieben hat, hat sich der Berufungswerber gerade in jene Zwangslage versetzt, die er nun zu seinen Gunsten heranziehen möchte. Er hat die Zwangslage selbst verschuldet.

Es wurde daher die Tat auch schuldhaft, nämlich fahrlässig, ausgeführt.

4.3. Die Ergänzung des Spruches zum Faktum 2 war aufgrund der Aufhebung des Faktums 1 erforderlich und entspricht der Verpflichtung des unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsinstanz.

4.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat bereits die belangte Behörde die gesetzlichen Strafbemessungsgründe geprüft und angewendet.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Im Sinne dieser Gesetzesbestimmung ist daher zu werten, daß gerade ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren dazu dient, die Gesundheit der Nachbarn bzw. ihren Anspruch, nicht in unzumutbarem Maße beeinträchtigt zu werden, zu gewährleisten. Indem eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die behördliche Genehmigung betrieben wird - und daher auch ohne die erforderlichen Auflagen betrieben wird -, werden gerade jene geschützten Werte verletzt bzw. können jene Werte verletzt werden, deren Schutz die gesetzliche Bestimmung dient. Darin liegt der besondere Unrechtsgehalt der Tat. Es ist daher die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat nicht als überhöht zu werten. Im übrigen hat bereits die belangte Behörde die Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse ermittelt und ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Auch hat sie bereits den Umstand als mildernd gewertet, daß keine einschlägigen Verwaltungsvormerkungen aufscheinen. Es wurden keine Gründe als erschwerend gewertet. Auch im Berufungsverfahren brachte der Berufungswerber keine weiteren Milderungsgründe vor und traten auch solche nicht hervor. Ein entschuldigender Notstand - wie oben ausgeführt - konnte nicht festgestellt werden bzw. konnte nicht mildernd gewertet werden. Es hat nämlich der Berufungswerber selbst die Notsituation verschuldet. Gerade bei der Errichtung eines Gastlokales im Wohnbereich muß nämlich mit einer möglichen Beeinträchtigung der Nachbarn gerechnet werden. Es hätte daher der Berufungswerber - entsprechend seiner besonderen Sorgfaltspflicht als Gewerbetreibender - auf die behördliche Genehmigung - nicht zuletzt zur Einhaltung von Auflagen - warten müssen.

Unter all diesen angeführten Umständen sowie unter Bedachtnahme darauf, daß die gesetzliche Höchststrafe 50.000 S beträgt, ist die verhängte Geldstrafe als nicht überhöht anzusehen und hingegen als tat- und schuldangemessen sowie den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angemessen zu werten.

Unter diesem Aspekt war daher auch nicht von einer "Bagatelle" zu sprechen und auch nicht der § 21 VStG (Absehen von der Strafe) anzuwenden. Liegt nämlich eine der gesetzlichen Voraussetzungen - wie hier geringfügiges Verschulden, welches aufgrund der obigen Ausführungen nicht anzunehmen war - nicht vor, so ist von dieser gesetzlichen Bestimmung nicht Gebrauch zu machen. Ein Ermessen kommt dabei der Behörde nicht zu.

5. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Ein Kostenbeitrag ist daher nur für das Faktum 2 zu entrichten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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