Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220243/2/Ga/La

Linz, 27.09.1993

VwSen - 220243/2/Ga/La Linz, am 27. September 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des J in , gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11. Mai 1992, GZ. 501/0-18/91b-Str., zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 schuldig erkannt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma C Gastronomie GesmbH. und Co KG mit dem Sitz in L zu vertreten habe, daß in der Zeit vom 24. November 1980 bis 14. Juni 1991 im Standort L in L"von der o.a. Firma" eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Restaurant-Cafe mit mechanischer Lüftungsanlage "betrieben wurde", ohne daß die hiefür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung (rechtskräftig) vorgelegen sei, obwohl die Betriebsanlage auf Grund ihrer Betriebsart und der technischen Einrichtungen geeignet sei, Nachbarn durch Geruch und Lärm zu belästigen; deswegen wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die mit dem erkennbaren Vorwurf der inhaltlichen Rechtswidrigkeit eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den Strafakt zu GZ. 501/0-18/91c-Str.; schon daraus war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis auf Grund der - zulässigen - Berufung, gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung, aufzuheben ist, u.zw. aus folgenden Erwägungen:

3.1.1. Gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz und Z3 GewO 1973 begeht eine mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

3.1.2. Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist (hier: sechs Monate) von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) vorgenommen worden ist.

Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung, u.zw. auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

3.2. Im Berufungsfall wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ein behördlicher Akt gesetzt, der als Verfolgungshandlung in Betracht kommt, nämlich die Strafverfügung vom 23. Juli 1991 (abgesendet am 31. Juli 1991).

3.3. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. zB. die VwGH-Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19.10.1978, Slg. NF 9664/A, und vom 19.9.1984, Slg. NF 11525/A, sowie die Erkenntnisse vom 16.1.1984, Zl. 10/2883/80 = ZfVB 1984/5/3055, und vom 9.7.1992, Zl. 92/10/0004).

3.4. Der Berufungswerber hält das angefochtene Straferkenntnis im wesentlichen deshalb für inhaltlich rechtswidrig, weil er wegen einer bereits verjährten Tat bestraft worden sei. Bereits dieses Vorbringen führt die Berufung zum Erfolg.

Mit der Verfolgungshandlung vom 23. Juli 1991 lastet die belangte Behörde den Berufungswerber an, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der "Fa. C Gastronomie Gesellschaft mbH." zu vertreten, daß im Tatzeitraum im Standort L in L "von der o.a. Firma" - somit also von der C Gastronomie Gesellschaft mbH. - eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne Konsens betrieben wurde. Mit Schreiben vom 4. Mai 1992 teilt der Berufungswerber der belangten Behörde zum ersten Mal mit, daß nicht die C Gastronomie Gesellschaft mbH, sondern die C GesmbH & Co KG das Gastgewerbe ausübt und ausgeübt hat. Die Strafbehörde hat diese Mitteilung aufgegriffen und sodann im Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses den entsprechenden Passus ausdrücklich auf "C Gastronomie GesmbH. und Co KG" geändert. Sie hat dabei jedoch übersehen, daß es sich bei diesem Faktum um ein entscheidungswesentliches Sachverhaltselement deswegen handelt, weil sie selbst diesen Umstand zufolge ausdrücklicher Formulierung (arg.: "von der o.a. Firma") in der Verfolgungshandlung vom 23. Juli 1991 in diesen Status gehoben hatte. Aus der Sicht des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 ist es eine wesentliche Tatbestands-Erfüllungsmodalität, wer die Betriebsanlage (unbefugt) betreibt. Ein aliud ist dann die Frage, wer für den Betreiber (im Falle einer juristischen Person, die ansonsten nicht "greifbar" wäre) verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist. Der Umstand, wer aus dem Blickwinkel des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1973 als Betreiber auftritt, ist somit nicht bloß eine - für die Verfolgungsverjährung nicht belangvolle - Nuance der rechtlichen Qualifikation der gegebenen Verantwortung des Bestraften, sondern ist wesentlich für die Begründung der Verantwortung selbst, u.zw. als ein für die Vollständigkeit der Tatanlastung unverzichtbares Tatbestandselement. Anders nämlich als bei der sogenannten Arbeitgeber-Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zB. Erk. v. 30.7.1992, 92/18/0211 bis 0218) geht es bei der hier vorliegenden Diskrepanz zwischen der Strafverfügung vom 23. Juli 1991 und dem Straferkenntnis vom 11. Mai 1992 nicht um Merkmale der Verantwortlichkeit (eigene persönliche oder suppletorische für die jur. Person) des von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Berufungswerbers, sondern darum, daß sich die Verfolgungshandlung (was im Berufungsfall geschehen ist) auf eine bestimmte physische Person als Beschuldigter, ferner (was vorliegend gleichfalls geschehen ist) auf eine bestimmte Tatzeit und auf den ausreichend zu konkretisierenden Tatort sowie (was vorliegend, wie sich herausgestellt hat, eben nicht geschehen ist) sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen muß. Ein solches Tatbestandselement ist, wie aufgezeigt, die Antwort auf die Frage, wer die Betriebsanlage betreibt bzw. wer eigentlich antragslegitimiert für den sträflich unterlassenen Genehmigungsantrag ist bzw. für welchen Gewerbetreibenden der gewerberechtliche Geschäftsführer iSd § 370 Abs.2 GewO 1973 verwaltungsstrafrechtlich einstehen muß. Diese Frage hat die Strafverfügung vom 23. Juli 1991 mit einem anderen Sachverhalt beantwortet als das angefochtene Straferkenntnis vom 11. Mai 1992.

Damit hat aber die Strafverfügung als Verfolgungshandlung ein wesentliches, der Bestrafung zugrundeliegendes Sachverhaltselement nicht enthalten gehabt. Das Straferkenntnis hätte nicht mehr erlassen werden dürfen, weil zum Erlassungszeitpunkt der Bestrafung des Berufungswerbers bereits Verfolgungsverjährung entgegengestanden ist.

4. Im Ergebnis ist die Berufung begründet und war das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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