Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220245/15/Ga/La

Linz, 06.04.1994

VwSen-220245/15/Ga/La Linz, am 6. April 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der E G, vertreten durch Dr. E P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 13. Juni 1992, Zl. VerkGe96-40-1991, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und durch öffentliche Verkündung am 3. November 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zum Verwaltungsstrafverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: AVG: § 66 Abs.4; VStG: § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.1, § 51g und § 51i; Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Das Beweisverfahren im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. November 1993 hat ergeben, daß der Berufungswerberin keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als Beschuldigte im Sinne des bekämpften Straferkenntnisses zugekommen ist. Es ist erwiesen, daß die Berufungswerberin nur vermeintlich zur verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 und Abs.4 VStG bestellt gewesen ist. Tatsächlich war ihr die für eine gesetzmäßige Bestellung auch erforderliche Anordnungsbefugnis zur Tatzeit nicht zugewiesen. Infolge des erwiesenen Befugnismangels war daher auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Firma K & Co Ges.mbH auf die Berufungswerberin rechtlich nicht übertragen.

Die Berufungswerberin hätte daher nicht bestraft werden dürfen, weil ein Umstand vorliegt, der die Verfolgung ausschließt. Deswegen war das Straferkenntnis als rechtswidrig erlassen aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Der Kostenausspruch gründet sich auf die genannte Gesetzesstelle.

Nähere Ausführung der Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin als für die Einhaltung der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes verantwortliche Beauftragte der K & Co Ges.m.b.H. in Rohr der mehrfachen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes schuldig erkannt; als erwiesen wurde angenommen, sie habe mehrere Arbeitnehmer als Lenker von Kraftfahrzeugen beschäftigt, wobei an jeweils bestimmt genannten Tagen (u.zw. in den Monaten Juni bis September 1991) diesen Arbeitnehmern 1. keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 10 Stunden (im jeweils angeführten Unterschreitungsausmaß) gewährt wurde, 2. die höchstzulässige Lenkzeit von 8 Stunden (im jeweils angeführten Ausmaß) überschritten wurde und 3. die höchstzulässige Einsatzzeit von 14 Stunden (im jeweils angeführten Ausmaß) überschritten wurde; dadurch habe die Berufungswerberin § 12 Abs.1, § 14 Abs.2 und § 16 Abs.3, jeweils iVm § 28 Abs.1 AZG verletzt; deswegen wurden über sie in insgesamt 40 Fällen Geldstrafen in der Höhe zwischen 1.000 S und 6.000 S, ds.

zusammengezählt 162.500 S (Ersatzfreiheitsstrafen: zwischen 24 und 144 Stunden, ds. zusammengezählt 3.900 Stunden bzw.

162 1/2 Tage) kostenpflichtig verhängt.

1.2. Dagegen wendet sich die bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung, u.zw. unter anderem mit dem Vorbringen, daß im Straferkenntnis Feststellungen zur entsprechenden Anordnungsbefugnis, die der verantwortlichen Beauftragten zugewiesen sein müsse, nicht getroffen worden seien. Damit im Zusammenhang steht das weitere Vorbringen der Berufungswerberin, daß sie, entgegen der Formulierung im Schuldspruch des Straferkenntnisses, keine Arbeitnehmer beschäftigt habe und daß sie weiters auch keine Ermächtigung zur Kündigung bzw. Entlassung der Fahrer habe. Die Berufungswerberin beantragt die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, jedenfalls aber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der Berufung hat sie sich nicht geäußert.

Die dem Strafakt nicht angeschlossen gewesene Urkunde über die Bestellung der Berufungswerberin zur verantwortlichen Beauftragten hat die belangte Behörde über Ersuchen des unabhängigen Verwaltungssenates nachgereicht (allerdings nur als Kopie).

Den am Verwaltungsstrafverfahren beteiligten Arbeitsinspektoraten für den 9. und den 18. Aufsichtsbezirk wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

3. Nach Einsicht in den zu Zl. VerkGe96-40-1991 vorgelegten Strafakt einerseits und im Hinblick auf die Berufungsbegründung und die Bestellungsurkunde vom 1. Juli 1990 andererseits mußte für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vorläufig davon ausgegangen werden, daß wesentliche, der Bestrafung der Berufungswerberin zugrundegelegt gewesene Sachverhalte nicht hinreichend geklärt sind.

Aus diesem Grund hat der unabhängige Verwaltungssenat am 3.

November 1993 eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsanwalts der Berufungswerberin sowie eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9.

Aufsichtsbezirk durchgeführt; die belangte Behörde war geladen, jedoch nicht vertreten. Im Zuge der Verhandlung wurden die anwesenden Parteienvertreter angehört sowie G S, handelsrechtlicher Geschäftsführer der vom Strafverfahren betroffenen K & Co Ges.m.b.H. und L D, Prokurist der genannten Firma, als Zeugen förmlich vernommen.

Im Hinblick auf die vorläufig anzunehmen gewesenen Zweifel an einer gesetzmäßigen Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der genannten Firma auf die Berufungswerberin hatte das Beweisverfahren - unter Einbeziehung der Bestellungsurkunde vom 1. Juli 1990 zunächst der Frage nachzugehen, ob im Sinne des § 9 Abs.4 letzter Halbsatz VStG auch die entsprechende Anordnungsbefugnis für den übertragenen Verantwortungsbereich zugewiesen gewesen ist.

Auf Grund dieses Beweisverfahrens wird als maßgebender Sachverhalt festgestellt und diesem Erkenntnis zugrundegelegt:

4.1. Die (im Sinne der Judikatur, zB VwGH vom 12.12.1991, 91/06/0084, aus der Zeit vor der Tat stammende) Bestellungsurkunde vom 1. Juli 1990 ist vom handelsrechtlichen Geschäftsführer des schon genannten Unternehmens und der Berufungswerberin gefertigt und hat folgenden Wortlaut:

"Frl. E G ist Disponent der Fa. K & Co.

Ges.m.b.H., A- R, U.

Nebst anderen Tätigkeiten ist Frl. G mit der Überwachung und Überprüfung der Fahrtenbücher sowie der Überprüfung der Einsatz- und Lenkzeiten und deren Einhaltung als verantwortlicher Beauftragter bestellt und hat dies angenommen." Zum einen ist daraus ersichtlich, daß der Verantwortungsbereich der Berufungswerberin sich räumlich offenbar auf das ganze Unternehmen, sachlich hingegen eingeschränkt auf die Überwachung und Überprüfung (nicht des Arbeitszeitgesetzes generell, sondern) ausdrücklich angesprochener, spezieller Vorschriften des AZG erstrecken sollte (nämlich: Fahrtenbücher, Lenkzeiten, Einsatzzeiten; nicht jedoch: Ruhezeiten). Darüber, ob und in welchem Umfang der Berufungswerberin eine Anordnungsbefugnis zugewiesen ist, geht aus der Bestellungsurkunde nichts hervor.

4.2. Der Zeugenbeweis hat diesbezüglich jedoch folgendes ergeben:

Zeuge G S:

Zur Tatzeit war die Berufungswerberin LKW-Disponent, dh. sie war in der Firma für die Organisierung der durchzuführenden Fahrten und die Einteilung der Fahrer verantwortlich. Wenn die Berufungswerberin anhand einer ihr vorgelegten Tachographenscheibe einen Verstoß gegen die Vorschriften des AZG festgestellt hat, dann hat sie den betreffenden Fahrer sicherlich ernsthaft ermahnt. Allenfalls konnte sie einem Fahrer, etwa im Wiederholungsfall, die Kündigung androhen.

Konkrete Maßnahmen jedoch, welcher Art auch immer, konnte die Berufungswerberin nicht treffen. Vielmehr mußte sie den Prokuristen über eine festgestellte Unkorrektheit informieren, weil Maßnahmen, insbesondere die Kündigung, nur über den Prokuristen möglich gewesen sind. Selbständig konnte die Berufungswerberin einen Fahrer, bei dem eine Übertretung des AZG festgestellt wurde, zu einer für ihn ungünstigeren Fahrt, bei der er weniger verdient, einteilen.

Im Konfliktfall jedoch, immer dann also, wenn die Einhaltung von Vorschriften des AZG durch einen bestimmten Fahrer von der Berufungswerberin sicherzustellen gewesen wäre, konnte sie dieses ohne den Prokuristen nicht erreichen. Die Berufungswerberin war nicht machtlos, aber zur Durchsetzung brauchte sie den Prokuristen. Im übrigen ist mit dem Text der Bestellungsurkunde genau das abgedeckt, was als Aufgabenbereich abgedeckt sein sollte.

Zeuge L D:

Für den Fall einer Übertretung des AZG konnte die Berufungswerberin den betreffenden Fahrer ermahnen. Im Falle der Fruchtlosigkeit der Ermahnung, wenn also die Berufungswerberin die Wiederholung der Übertretung festgestellt hat, hatte sie nur die Möglichkeit, sich an den Geschäftsführer oder an mich zu wenden. Dies mußte sie in einem solchen Fall deswegen tun, weil sie selber keine "Züchtigungsmöglichkeit", dh. keine Möglichkeit gehabt hat, einen Fahrer in finanzieller oder in arbeitsrechtlicher Weise zu tadeln oder zu belasten, um die Einhaltung der Arbeitzeitvorschriften durchzusetzen. Tatsächlich hat die Berufungswerberin einen Fahrer nicht einmal zu einer für ihn ungünstigeren Fahrt einteilen können; das erklärt sich aus den Eigentümlichkeiten des Tagesgeschäftes, wodurch es äußerst schwierig ist, selbst mittelfristig vorauszuplanen, ja kaum möglich ist, von einem Tag auf den anderen vorauszuplanen. Es werden daher die Fahrer auch nicht eine Woche im voraus mit einem Regelplan eingeteilt. Dies ergibt sich auch aus dem in Westeuropa gelegenen Geschäftsbereich der Firma K & Co Ges.m.b.H., weil die Fahrtrouten nicht so lange sein können, daß allein schon deshalb eine mittelfristige Vorausplanung notwendig wäre. Die aus diesen Gründen eben nur kurzfristig mögliche Disposition erklärt auch, daß ein gleichsam strafweises Belegen eines Fahrers mit einer für ihn ungünstigeren Fahrt beispielsweise am Wochenende praktisch nicht durchführbar ist. Die Berufungswerberin hatte daher außer der Ermahnung eines Fahrers, künftig Vorschriften des AZG einzuhalten, keine Möglichkeiten und keine Befugnisse. Wenn die Berufungswerberin besorgt gewesen wäre, daß ihre Ermahnungen fruchtlos bleiben, hätte sie nur und ausnahmslos die Möglichkeit gehabt, den Geschäftsführer oder mir als Prokuristen Mitteilung zu machen. Sie selbst konnte arbeitsrechtlich jedenfalls nicht eingreifen.

Darüber hat der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

5.1. Für den Fall, daß - wie hier - der Vorwurf einer Verwaltungsübertretung eine juristische Person trifft, hat (von Sonderfällen abgesehen) verwaltungsstrafrechtlich zunächst der handelsrechtliche Geschäftsführer einzustehen.

Diese seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit kann er, unter strengen Voraussetzungen allerdings, gemäß § 9 Abs.2 VStG auf einen oder mehrere sogen. verantwortliche Beauftragte übertragen, der (die) im Falle der Erfüllung dieser Voraussetzungen dann allein (vom Fall des § 9 Abs.6 VStG abgesehen) die strafrechtliche Verantwortung trägt (tragen).

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Nach dem Gesetzeswortlaut muß die Zuweisung der Anordnungsbefugnis nicht schon aus der Bestellungsurkunde nachweislich sein; es genügt, wenn die faktische Zuweisung der Anordnungsbefugnis sonst stattgefunden hat und für die Zeit der geltend gemachten Bestellung nachgewiesen werden kann.

5.2. Die Anordnungsbefugnis ist dann entsprechend (vgl. VwGH vom 12. Juni 1992, 90/19/0464 ua.), wenn sie der verantwortlichen Beauftragten ermöglicht, die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sicherzustellen; dh. die eingeräumte Gestaltungsmöglichkeit muß in die Lage versetzen, die Verwaltungsvorschriften einhalten zu können. Eine bloße Möglichkeit, die Unternehmensleitung bzw. das zur Vertretung nach außen berufene Organ des Unternehmens von einer drohenden oder unvermeidlichen Verletzung von Verwaltungsvorschriften (nur) zu informieren, stellt demnach keine Anordnungsbefugnis in diesem Sinne dar.

5.3. Der sachliche Bereich, für den die Bestellung erfolgt (und für den die entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen sein muß), kann hinreichend klar auch durch die Benennung bestimmter Verwaltungsvorschriften umschrieben werden (VwGH vom 17.3.1992, 92/11/0001).

5.4. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und Entscheidungspraxis des unabhängigen Verwaltungssenates handelt es sich bei der Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit um eine Rechtsfrage, die schon im Verfahren vor der Strafbehörde, erforderlichenfalls jedoch auch im Berufungsverfahren unabhängig von einem allfälligen Zugeständnis der Partei oder der Verfahrensbeteiligten selbständig gelöst werden muß (zB VwGH vom 23.11.1993, 93/04/0152; zB VwSen-210057/6 vom 28.3.1994).

5.5. Vor dieser, für die zunächst zu beantwortende Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit maßgebenden Rechtslage steht nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens fest, daß die Berufungswerberin zu Unrecht als verantwortliche Beauftragte im Sinne des § 9 Abs.2 letzter Satz und Abs.4 VStG für die Pönalisierung der von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Verwaltungsübertretungen der K & Co Ges.mbH herangezogen worden ist. Der Berufungswerberin war keine ensprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen, weil sie nicht in die Lage versetzt gewesen ist, die Einhaltung der ihr übertragenen Vorschriften des AZG aus eigener Macht zu erzwingen. Auf den Punkt gebracht, konnte sie nur die eigentlichen Entscheidungsträger des Unternehmens informieren, um so deren Durchsetzungsmacht zu aktivieren. Damit aber fehlt ein wesentliches Element, das der Verfahrensgesetzgeber als Rechtfertigung der Delegierung strafrechtlichen Einstehenmüssens vorgesehen hat.

An dieser Beurteilung ändert auch nichts die - bloß graduelle - Divergenz in den Aussagen beider Zeugen zu der Möglichkeit der Berufungswerberin, einen Fahrer bei Verstößen gegen das AZG zu für ihn ungünstigen Fahrten einzuteilen. Beide Zeugen machten einen glaubwürdigen Eindruck und waren in ihren Antworten sicher und widerspruchsfrei. Die Aussage des Prokuristen allerdings vermittelte insgesamt den Eindruck der doch größeren Nähe zum unmittelbaren Betriebsalltag. Im Ergebnis ist die Divergenz im Zweifel zugunsten der Berufungswerberin dahin aufzulösen, daß in dem beschriebenen Faktum allein eine entsprechende Anordnungsbefugnis nicht zu sehen ist.

Selbst dann aber, wenn unterstellt würde, daß die Berufungswerberin die Einteilung von Fahrten in der geschilderten Weise hätte vornehmen können, wäre auch dann für die Bejahung der hier maßgeblichen Anordnungsbefugnis nichts gewonnen. Es ist nämlich nichts hervorgekommen, was darüber hinaus als echte Durchgriffsmöglichkeit interpretiert werden könnte. Im fortgesetzten Konfliktfall nämlich wäre der Berufungswerberin weiterhin keine andere Möglichkeit offengestanden, als die eigentlichen Befugnisträger über die Unbelehrbarkeit des Fahrers bloß zu informieren, die ihrerseits dann erst die erforderlichen (arbeitsrechtlichen) Maßnahmen hätten setzen können.

6. Aus all diesen Gründen ist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers im Sinne der Tatanlastung nicht auf die Berufungswerberin übertragen gewesen. Die Bestellung vom 1. Juli 1990 hat die ihr - zumindest dem Anschein nach - zugedachte Rechtswirkung in Wahrheit nicht ausgelöst. Die Berufungswerberin ist zu Unrecht bestraft worden.

Das deswegen rechtswidrig erlassene Straferkenntnis war aufzuheben; das Verwaltungsstrafverfahren war einzustellen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache von Anfang an ausgeschlossen haben.

7. Bei diesem Ergebnis ist auf die weitere Berufungsbegründung nicht mehr einzugehen.

Auch kann dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde im Hinblick auf die Eigenart der Beschreibung des in der Bestellungsurkunde vom 1. Juli 1990 übertragenen sachlichen Bereichs die Nichteinhaltung der Ruhezeit (Spruchpunkt 1.

des Straferkenntnisses) überhaupt in den Tatvorwurf hätte aufnehmen dürfen. Irgendwelche Erwägungen in diese Richtung sind weder im Akt noch im Straferkenntnis auffindbar. Vor allem aber leidet das Straferkenntnis an Begründungsmängel dadurch, daß einerseits die Gründe für die Einordnung der Berufungswerberin als verantwortliche Beauftragte und andererseits die Verwirklichung der subjektiven Tatseite durch die Berufungswerberin aus dem Straferkenntnis überhaupt nicht nachvollzogen werden können. Diese den § 60 AVG (§ 24 VStG) verletzende Vorgangsweise ist angesichts eines Gesamtstrafübels von 162.500 S Geldstrafe und 162 1/2 Tagen (angedrohter) Ersatzfreiheitsstrafe als erhebliche Störung rechtsstaatlicher Grundwerte aufzuzeigen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist bundesgesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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