Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220257/2/Ga/Fb

Linz, 22.07.1993

VwSen - 220257/2/Ga/Fb Linz, am 22. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H 7, gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 14. Juli 1992, Zl. Ge-2065/1992/Dr.V, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; das Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 20 % der verhängten Strafe, das sind 600 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z1 iVm § 5 Z1, § 103 Abs.1 lit.b Z25 und § 1 Abs.4 GewO 1973 (idF vor der Gewerberechtsnovelle 1992) sowie iVm § 7 VStG schuldig erkannt, weil er am 2. April 1992 die Herren Christian D Harald T und A vorsätzlich veranlaßt habe, daß diese die Verwaltungsübertretung der unbefugten Ausübung eines Anmeldungsgewerbes begangen haben, indem er diese Personen nach Thalheim bei Wels gebracht und sie damit beauftragt habe, im Umherziehen von Haus zu Haus Glückwunschkarten mit Kuverts zu verkaufen; in der Folge hätten die Herren T und D an eine bestimmt genannte Person in Thalheim bei Wels, an bestimmter Adresse, fünf Stück Glückwunschkarten samt Kuvert zum Preis von 80 S, sowie Herr M an eine bestimmt genannte Person im selben Ort, an bestimmter Adresse, zehn Stück Glückwunschkarten samt Kurverts zum Preis von 198 S verkauft, obwohl die genannten Verkäufer nicht im Besitze der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung gemäß § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO 1973 waren und dem Berufungswerber genauestens bekannt gewesen sei, daß diese Personen durch die Ausübung dieser Tätigkeit eine unbefugte Gewerbeausübung begehen; deswegen wurde über ihn gemäß § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 300 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde durch Schriftsatz eingebrachte, die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrende Berufung. Aus der Begründung ist immerhin erkennbar, daß sich der Rechtsmittelwerber nicht schuldig fühlt; außerdem bringt er vor, daß der für die Strafbemessung berücksichtigte Erschwerungsgrund einer rechtskräftigen Vorstrafe nicht den Tatsachen entspreche.

2. Begründend verweist die Strafbehörde auf die Anzeige des Gendarmeriepostens Thalheim bei Wels, auf dessen Erhebungen der in der Folge angelastete Sachverhalt gestützt ist; dabei wurde auch ermittelt, daß die als Verkäufer der Glückwunschkarten auftretenden Personen zur Tatzeit nicht die entsprechende Gewerbeberechtigung gehabt haben. Diese Personen hätten angegeben, daß sie ihre Anweisungen lediglich vom Berufungswerber erhalten und von ihm auch stets zu den einzelnen Gemeinden - so auch nach Thalheim - zum Verkauf der Glückwunschkarten gefahren und von dort auch wieder abgeholt würden; auch sei ihnen bewußt gewesen, daß ihre Tätigkeit nicht erlaubt sei. Obzwar der Berufungswerber daraufhin sich damit verantwortete, daß er die Verkäufer zur Beachtung der Gewerbeordnung aufgefordert hätte, hat die belangte Behörde schließlich die bedingt vorsätzliche Anstiftungstäterschaft des Berufungswerbers als erwiesen angenommen. Strafbemessend hat die Strafbehörde als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe vom 7. November 1991 berücksichtigt; Milderungsgründe seien nicht vorgelegen; die schließlich festgesetzte Geldstrafe, die in der Begründung (Seite 4) offenbar irrtümlich mit "5.000 S" angegeben ist, sei im Hinblick auf den bewerteten Unrechtsgehalt der Tat und nach Berücksichtigung der vom Berufungswerber in einem Parallelverfahren selbst angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse angemessen festgesetzt worden.

3.1. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat stellt, um Wiederholungen zu vermeiden, nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-2065/1992/He, den in der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses auf Seite 2 und 3 zusammengefaßten, der Tatanlastung zugrundegelegten Sachverhalt als für seine Entscheidung maßgebend fest; dieser an sich unbestrittene Sachverhalt ist vollständig und widerspruchsfrei wiedergegeben. Weder waren daher weitere Sachverhaltsermittlungen noch die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung geboten (vgl. VwGH vom 25.9.1992, 92/09/0188).

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 begeht, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Der in dieser Vorschrift verwiesene § 5 Z1 GewO 1973 bestimmt als Anmeldungsgewerbe solche Gewerbe, die bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen. Das daraus dann abgeleitete persönliche, nicht übertragbare Recht bezeichnet § 38 Abs.1 GewO 1973 als 'Gewerbeberechtigung'. Der Handel mit Glückwunschkarten (Billetts) ist ein solches Anmeldungsgewerbe; näher beschrieben ist es als sog. gebundenes Gewerbe, wofür - schon bei der Anmeldung die vorgeschriebene Befähigung nachzuweisen ist. Unter Ausübung eines Gewerbes wird in Judikatur und Lehre übereinstimmend eine den Gegenstand des Gewerbes bildende Tätigkeit verstanden. Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1973 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann.

Als Nebentäter, und zwar als Anstifter ist gemäß § 7 VStG zu bestrafen, wer vorsätzlich einen anderen zur Begehung einer Verwaltungsübertretung veranlaßt, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar sein sollte. Jedenfalls muß die (vorsätzliche) Tatanstiftung bewirkt haben, daß eine andere Person den objektiven Tatbestand einer Verwaltungsübertretung - hier: jene gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1973 - verwirklicht hat.

4.2.1. Die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Berufungswerbers iSd Tatvorwurfs steht nach dem Ergebnis der Sachverhaltsermittlungen (Punkt 3.2.) fest. Indem die Verkäufer die Glückwunschkarten vom Berufungswerber erhalten und nach seinen Anweisungen "gearbeitet" haben, ist dem Berufungswerber, dem, wie aus den Begleitumständen zu schließen ist, bekannt gewesen sein mußte, daß diese Verkäufer über keine Gewerbeberechtigung verfügen, zumindest bedingter Vorsatz im fortgesetzten deliktischen Verhalten anzulasten (s. nachfolgend Punkt 4.2.2.). Aus dem Strafakt der belangten Behörde geht hervor, daß der Berufungswerber vom gesetzlichen Erfordernis des Vorliegens einer Handelsgewerbeberechtigung für die inkriminierten Verkaufstätigkeiten gewußt hat. Auch steht fest, daß der Beitrag des Berufungswerbers ursächlich zu den Straftaten der Haupttäter gewesen ist.

4.2.2. Hinsichtlich der Vorwerfbarkeit der Tat gewinnt der Berufungswerber mit seiner Verteidigung nichts für sich. Nach der herrschenden Schuldlehre genügt für die Verschuldensform des Vorsatzes beim Täter (somit auch beim Nebentäter iSd § 7 VStG) das sog. Begleitwissen oder Mitbewußtsein, worunter - auch für die graduelle Unterstufe des bedingten Vorsatzes - verstanden wird, daß ihm aus den Begleitumständen oder sonst die Tatbildverwirklichung latent bewußt ist.

Wegen dieses Begleitwissens war vorliegend beim Berufungswerber zumindest bedingter Vorsatz anzunehmen. Indem er nämlich, obwohl er wußte, daß ohne die Gewerbeberechtigung die Verkaufstätigkeiten gesetzwidrig ausgeübt werden, sich nicht selbst davon überzeugt hatte, daß die von ihm angewiesenen Verkäufer den erforderlichen Gewerbeschein besitzen, hat er die Verwirklichung des deliktischen Sachverhalts, nämlich die Verkaufstätigkeit ohne hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung, ernstlich für möglich gehalten, weil er im Hinblick darauf den nachteiligen Ablauf der Ereignisse hinzunehmen gewillt gewesen ist. Hätte der Berufungswerber in Anbetracht seines Wissensstandes die deliktische Verkaufstätigkeit der genannten Personen nicht hinnehmen wollen, hätte er sich nicht damit begnügt, sie (wie er in seiner Berufungsschrift vom 3. August 1992 angibt) "darüber in Kenntnis" zu setzen, "daß sie sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten" haben. Dieser - im übrigen nicht nachgewiesene - bloße Informationshinweis an die Haupttäter kann den Berufungswerber bei Betrachtung der Gesamtumstände des Falles nicht aus dem bedingten Vorsatz seiner Anstiftung herausführen. Dazu hätte es des Nachweises solcher wirksam zielführender Vorkehrungen bedurft, von denen hätte konkret erwartet werden können, daß sie die Haupttäter von einer gesetzwidrigen Handelstätigkeit abhalten. Daß aber der Berufungswerber die von ihm als Verkäufer beauftragten Personen zB ausdrücklich und tatsächlich, mit Sanktionsandrohung für den Fall des Zuwiderhandelns angewiesen hätte, auf keinen Fall ohne Gewerbeberechtigung von Haus zu Haus zu gehen, dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis.

4.3. Da auch weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgründe vorliegen noch solche der Berufungswerber in seiner Rechtsmittelschrift dargetan hat, ist insgesamt nichts hervorgekommen, was den Schuldspruch hätte abwenden können.

5. Die bei der Strafbemessung gemäß § 19 Abs.2 VStG von der belangten Behörde als erschwerend gewertete einschlägige Vorstrafe vom 7. November 1991 liegt, wie der unabhängige Verwaltungssenat durch ergänzende Erhebungen ermittelt hat, nicht vor. Mit seinem diesbezüglichen Einwand ist der Berufungswerber im Recht. Andere Einwände gegen die vorgenommene Strafbemessung der belangten Behörde hat er nicht vorgebracht; in der Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat und der Berücksichtigung des Ausmaßes des Verschuldens bei der Strafbemessung kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden. Daß sich die berücksichtigten Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Berufungswerbers mittlerweile zu seinen Ungunsten geändert hätten, hat er nicht eingewendet. Der Wegfall des zu Unrecht gewerteten Erschwerungsgrundes rechtfertigt jedoch in diesem Fall keine Herabsetzung der - maßvoll bemessenen - Geldstrafe, weil andererseits nicht unberücksichtigt bleiben durfte, daß Anstiftung von immerhin drei Haupttätern nachgewiesen worden ist.

Zu II.:

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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