Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220262/6/Ga/Km

Linz, 07.06.1994

VwSen-220262/6/Ga/Km Linz, am 7. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der Martha Baumann, vertreten durch J B in B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10. August 1992, Zl.Ge96-2628-1991, wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes - ARG, zu Recht erkannt:

I. Zu den Spruchpunkten 1) und 2) wird der Berufung Folge gegeben; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

II. Zu den Spruchpunkten 3) und 4) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

III. Die Berufungswerberin hat keine Beiträge zu den Kosten des in den Spruchpunkten 1) und 2) geführten Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 45 Abs.1 Z1 und Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG.

Zu II.: § 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I. und II.:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin in vier Fällen der Übertretung des ARG schuldig erkannt.

Als erwiesen wurde angenommen (§ 44a Z1 VStG): Die Berufungswerberin habe in ihrem örtlich bezeichneten Gastgewerbebetrieb "laut Anzeige nach einer am 10. Juli 1991 vom Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk durchgeführten Kontrolle 1) für die Arbeitnehmer C M, S M, A H und G Z keinen Aushang über den Beginn und das Ende der wöchentlichen Ruhezeit gut sichtbar angebracht, 2) für den Arbeitnehmer S M keine vollständigen Aufzeichnungen zur Einhaltung der Ruhezeiten dem Organ der Arbeitsinspektion vorgelegt, 3) der Arbeitnehmerin A H in der 24.

Kalenderwoche 1991 (10.-16.06.1991) keine 36-stündige Wochenruhe gewährt und 4) der Arbeitnehmerin C M in der 23.

Kalenderwoche 1991 (3.-09.06.1991) keine 36-stündige Wochenruhe gewährt." Dadurch habe die Berufungswerberin im Spruchpunkt 1) den § 24 ARG, im Spruchpunkt 2) den § 25 Abs.2 ARG, im Spruchpunkt 3) und 4) jeweils den § 4 ARG verletzt.

Deswegen wurden über sie Geldstrafen in der Höhe von 1) 600 S und 2) bis 4) je 500 S (je Ersatzfreiheitsstrafen) je kostenpflichtig verhängt.

1.2. Begründend verweist die Strafbehörde auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates und auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren.

1.3. Die dagegen von der Bestraften durch ihren Ehemann vor der Strafbehörde erhobene Berufung enthält zwar eine auf die Bestreitung gerichtete Begründung, jedoch keinen ausdrücklichen Antrag. Das Rechtsmittel ist dennoch als zulässig zu werten (vgl. VwGH 29.9.1993, 93/02/0129).

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat die Berufung und den Strafakt, ohne Gegenäußerung, vorgelegt.

Das aus dem Strafakt zu Zl. Ge96-2628-1991 ersichtliche, gegen die Berufungswerberin mit Strafverfügung vom 4.

Dezember 1991 eingeleitete und mit dem bekämpften Straferkenntnis schließlich abgeschlossene Strafverfahren ist - unter Einbeziehung des Berufungsvorbringens und nach Anhörung der Arbeitsinspektorate - aus dem Blickwinkel der dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegenden Rechtmäßigkeitskontrolle mit dem Ergebnis zu beurteilen, daß dieses Straferkenntnis zum einen in den Spruchpunkten 1) und 2) wegen Tatbildfehler aufzuheben und zum anderen in den Spruchpunkten 3) und 4) unter Zugrundelegung des darin jeweils festgestellten Sachverhalts zu bestätigen ist.

Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Gemäß § 27 Abs.1 ARG begehen Arbeitgeber..., die (ua.) den §§ 4, 24 und 25 ARG zuwiderhandeln, eine mit Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S bedrohte Verwaltungsübertretung.

Der (gemäß Spruchpunkt 1. als verletzt zugrundegelegte § 24 ARG verpflichtet den Arbeitgeber, an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle einen Aushang über den Beginn und das Ende der wöchentlichen Ruhezeit gut sichtbar anzubringen.

Der (gemäß Spruchpunkt 2. als verletzt zugrundegelegte) § 25 Abs.2 ARG verpflichtet den Arbeitgeber, der Arbeitsinspektion und ihren Organen ... auf Verlangen die zur Überwachung der Einhaltung der Ruhezeiten zu führenden Aufzeichnungen zur Einsicht vorzulegen.

Der (gemäß den Spruchpunkten 3. und 4. als verletzt zugrundegelegte) § 4 ARG bestimmt, daß Arbeitnehmer, die nach der für sie geltenden Arbeitszeiteinteilung während der Zeit der Wochenendruhe beschäftigt werden, in jeder Kalenderwoche anstelle der Wochenendruhe Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden (Wochenruhe) haben.

3.2. Zufolge § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Im Hinblick auf diese Bestimmung ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß nicht nur die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht, sondern daß insbesondere auch die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Es sind somit entsprechende, dh. in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich (vgl. die seit dem Erk. VwGH [verst.Sen.] vom 13.6.1984, Slg.

NF Nr. 11466/A, diesbezüglich ständige Judikatur).

3.3. Ein wegen der Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs.1 ARG verurteilendes Straferkenntnis hat in seinem § 44a Z1 VStG betreffenden Spruchteil jene Tatumstände in konkretisierter Form zu umschreiben, die eine Zuordnung der Tat zu der dadurch verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglichen.

4. Das ist vorliegend in den Spruchpunkten 1) und 2) nicht der Fall.

4.1. Im Spruchpunkt 1) besteht der wesentliche Sachverhalt nur in dem Vorwurf, keinen Aushang ... gut sichtbar angebracht zu haben. Mit einem so formulierten Tatvorwurf bleibt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal unberücksichtigt.

Für die Erfüllung der Tatbildmäßigkeit fehlt vor allem der Vorwurf solcher Sachverhaltsmerkmale, die die Unterlassung der Anbringung des Aushanges an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle so konkret belegen, daß die Beschuldigte in die Lage versetzt wird, darauf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen (zB VwGH 31.3.1992, 91/04/0233 uwZ; uva.).

4.2. Im Spruchpunkt 2) übersieht die belangte Behörde, daß es nach der Rechtslage für die Tatbildmäßigkeit eines Verstoßes gegen die im § 25 Abs.2 ARG geregelte Vorlagepflicht wesentlich darauf ankommt, daß die Vorlage der zu führenden Aufzeichnungen vom Organ der Arbeitsinspektion verlangt wird. Mit anderen Worten: Die gesetzliche Vorlagepflicht ist an dieses Verlangen gebunden.

Es hätte der Schuldspruch, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse, unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen, daß die Aufzeichnungen trotz Verlangens nicht vorgelegt wurden. Darauf, daß auch das Arbeitsinspektorat in seiner Anzeige vom 23. September 1991 den Hinweis auf das gestellte Verlangen unterlassen hat, kommt es nicht an.

4.3. Aus diesen Gründen verfehlen die wesentlich unvollständig vorgeworfenen Schuldsprüche zu den Spruchpunkten 1) und 2) im Lichte des § 44a Z1 VStG das objektive Tatbild der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen.

Da auch die Strafverfügung vom 4. Dezember 1991 als erste Verfolgungshandlung diesbezüglich einen gleichlautenden Tatvorwurf enthielt, ist die Verjährungsfrist nicht unterbrochen worden. Die Spruchkorrektur ist dem unabhängigen Verwaltungssenat schon aus diesem Grund nicht (mehr) zugänglich.

Deshalb war aus Anlaß der Berufung das Straferkenntnis in den Spruchpunkten 1) und 2) aufzuheben. Gleichzeitig war diesbezüglich die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil jedenfalls Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache jeweils ausschließen.

5.1. Zu den Spruchpunkten 3) und 4) hingegen war das Straferkenntnis zu bestätigen.

Zu beiden Schuldsprüchen ist der zugrundegelegt gewesene, maßgebende Sachverhalt als erwiesen anzusehen; er ist von der Anzeige gedeckt und weder im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde noch in der Berufung mit konkretem Vorbringen bestritten worden. In der Niederschrift über ihre Vernehmung vom 29. Jänner 1992 gibt die Berufungswerberin zu, daß die Wochenruhe in beiden Fällen möglicherweise nicht genau eingehalten worden ist.

5.2. Auch sind die Schuldsprüche in den Spruchpunkten 3) und 4) hinsichtlich des objektiven Tatbildes ausreichend konkretisiert. Indem beide Schuldsprüche auf den Rechtsbegriff "Wochenruhe", der vom § 4 ARG mit einem ganz bestimmten Inhalt ausgestattet worden ist, abstellen, kann in der Zusammenschau mit der Begründung des Straferkenntnisses kein Zweifel obwalten, daß der Tatvorwurf in beiden Fällen die Nichtgewährung der ununterbrochenen (und nicht etwa einer nur aus mehreren Teilzeiten zusammengerechneten) Ruhezeit von 36 Stunden (= "Wochenruhe") gemeint hat.

5.3. Im Ergebnis steht zufolge der Sach- und Rechtslage die Verwirklichung der Verwaltungsübertretung in beiden Spruchpunkten fest. Entschuldigungsgründe hat die Berufungswerberin nicht vorgebracht, sodaß ihr das rechtswidrige Verhalten wegen der gemäß § 5 Abs.1 VStG schon von Gesetzes wegen anzunehmen gewesenen Sorgfaltsverletzung auch subjektiv zuzurechnen ist.

5.4. Zum Strafbemessungsverfahren und zur Höhe der verhängten Geldstrafen in den Spruchpunkten 3) und 4) hat die Berufungswerberin nichts vorgebracht. Die Grundsätze des § 19 VStG hat die belangte Behörde offensichtlich angewendet. Allerdings hat sie dabei das "Eingeständnis" der Berufungswerberin zu Unrecht (weil als bloßes Zugeben des Tatsächlichen zu sehen; vgl. VwGH 6.5.1974, 1370/73) als Milderungsgrund gewertet. Vielmehr wäre in sinngemäßer Anwendung des § 34 Z15 StGB mildernd zu berücksichtigen gewesen, daß die Berufungswerberin nach ihrer Aussage vom 29. Jänner 1992 ihren beiden namentlich genannten Arbeitnehmerinnnen als Ausgleich der vorenthaltenen Wochenruhe "in der darauffolgenden Woche bzw Wochenende doppelte Freizeit" gewährt habe. Dieser Darstellung hat nach der Aktenlage weder die belangte Behörde selbst noch das anzeigende Arbeitsinspektorat widersprochen.

Insgesamt jedoch waren zu den Spruchpunkten 3) und 4) die ohnedies im Ausmaß bloß der Mindeststrafe verhängten Geldstrafen zu bestätigen.

6. Dieses Erkenntnis war gemäß § 51e Abs.1 und Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung zu fällen.

Zu III.:

Die Aufhebung des Straferkenntnisses in den Spruchpunkten 1) und 2) hat auf der Kostenseite die Entlastung der Berufungswerberin von allen Beiträgen aus Anlaß dieser Spruchpunkte zur Folge; der Kostenausspruch der belangten Behörde zu den Spruchpunkten 3) und 4) des Straferkenntnisses vom 10. August 1992 bleibt unberührt. Ein Beitrag zu den Kosten beim unabhängigen Verwaltungssenat entfällt gemäß § 65 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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