Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220277/7/Kl/Rd

Linz, 20.10.1993

VwSen - 220277/7/Kl/Rd Linz, am 20. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der P, gegen das mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7.8.1992, Ge-96/22/1992-1/Gru, verhängte Strafausmaß wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf einen Tag, herabgesetzt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und VStG sowie § 28 AZG.

II. Der Strafkostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 S; zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 64 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7.8.1992, Ge-96/22/1992-1/Gru, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 12 Abs.1 AZG verhängt, weil sie als gemäß § 9 Abs.2 VStG für die Einhaltung der dem Arbeitnehmerschutz dienenden gesetzlichen Vorschriften bestellte verantwortliche Beauftragte der Familia Betriebsgesellschaft F.M. Z, der Arbeitnehmerin R nach Beendigung der Tagesarbeitszeit am folgenden Tag keine mindestens 11stündige ununterbrochene Ruhezeit gewährt hat, weil das Arbeitsende am 17.12.1991 um 22.30 Uhr und der Arbeitsbeginn am 18.12.1991 um 7.30 Uhr, Ruhezeit: 9 Stunden, war. Als Kostenbeitrag zum Strafverfahren wurden 300 S vorgeschrieben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht, mit welcher die verhängte Strafhöhe als überhöht gerügt wurde und begründend ausgeführt wurde, daß am Tattag 17.12.1991, also kurz vor Weihnachten, mit den Mitarbeiterinnen der Markt auf "Vordermann" gebracht werden sollte, um vor dem Heiligen Abend ein sauberes Geschäft vorzeigen zu können. Schädigungen oder Gefährdungen bzw. nachteilige Folgen sind nicht eingetreten. Es seien die Gründe nach § 19 VStG nicht ausreichend berücksichtigt worden. Insbesondere sei bei dem Strafrahmen von 300 S bis 6.000 S die verhängte Strafe überhöht, zumal Unbescholtenheit bestehe. Es wurde daher beantragt, "die in gegenständlichen Straferkenntnissen ausgesprochenen Strafen herabzusetzen".

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme erstattet.

Da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet, und im übrigen von den Verfahrensparteien eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

Gemäß § 8 Abs.4 und 5 ArbIG 1974 wurde das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk in Vöcklabruck am Verfahren beteiligt, welches in seiner Stellungnahme mitteilte, daß Gründe, die die Übertretung der gesetzlichen Bestimmungen rechtfertigen, nicht vorgebracht wurden und im übrigen auch keine nachweislichen Milderungsgründe vorgebracht wurden. Es wäre hingegen leicht möglich gewesen, durch organisatorische Maßnahmen die Übertretungen zu vermeiden. Im Zuge des Parteiengehörs wurde von der Berufungswerberin dazu erwidert, daß § 19 VStG nicht richtig beurteilt wurde, da die Bemessung der Strafe und das Ausmaß der Tat in keinem Verhältnis zueinander stehen. Auch seien die Erschwerungs- und Milderungsgründe nicht genügend abgewogen worden. Vielmehr sei zu beachten, daß die Verwaltungsübertretung nicht in Absicht und nicht bewußt begangen wurde. Weiters wurde vorgebracht, daß in dem Bestellungsschreiben zur verantwortlichen Beauftragten der Unterschrift des Geschäftsführers, Dkfm. M, kein Datum hinzugefügt wurde und daher die urkundliche Bestellung nicht rechtswirksam geworden sei.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Voranzustellen ist, daß mit der eingangs zitierten rechtzeitigen Berufung - nach dem eindeutigen Wortlaut lediglich gegen das Strafausmaß Berufung erhoben wurde. Es ist sohin hinsichtlich des Schuldspruches Teilrechtskraft eingetreten, weshalb die im weiteren Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgebrachten (aber verspäteten) Einwände, daß die Bestellungsurkunde eine rechtswirksame Bestellung zur verantwortlichen Beauftragten nicht bewirken konnte, nicht mehr Berücksichtigung finden können. Es war daher nur mehr über das Strafausmaß zu entscheiden.

4.2. Gemäß § 28 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl.Nr. 461/1969 idgF, sind Dienstgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.3. Im Sinn dieser Gesetzesbestimmung (Abs.1) ist daher zu werten, daß gerade Arbeitszeitbestimmungen dazu dienen, die Gesundheit und die persönlichen und sozialen Verhältnisse der Arbeitnehmer zu schützen. Aus diesem Grund sind auch die höchstzulässigen täglichen Arbeitszeiten sowie auch die an die Tagesarbeitszeit anzuschließende Ruhezeiten genau festgelegt. Durch diese gesetzlichen Vorschriften soll gerade eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Gesundheit der Arbeitnehmer ausgeschlossen und ihre persönlichen und sozialen Interessen geschützt werden. Wenn auch die Einwendungen der Berufung zutreffen, daß eine Schädigung nicht eingetreten ist, so ist aber zumindest eine Gefährdung der geschützten Interessen möglich. Es ist aber zuzugestehen, daß nachteilige Folgen nicht bekannt geworden sind bzw. nicht eingetreten sind. Eine besondere Berücksichtigung muß auch finden, daß die Übertretung hinsichtlich der Ruhezeit bzw. hinsichtlich der täglichen Arbeitszeit lediglich an einem Tag stattgefunden hat.

Die belangte Behörde hat bereits zu Recht die Unbescholtenheit der Berufungswerberin als mildernd gewertet. Mildernd war aber auch zu werten, daß das strafbare Verhalten nur an einem Tag gesetzt wurde, wobei die Umstände, welche zum strafbaren Verhalten führten, auch für einen der Rechtsordnung verbundenen Durchschnittsmenschen (als Maßstab) begreiflich waren bzw. eine verlockende Gelegenheit boten, von den Arbeitszeitvorschriften abzuweichen. Dies wirkt sich jedenfalls mildernd im Hinblick auf das Verschulden aus. Wenn die Berufungswerberin in ihrer Berufung anführt, daß keine Absicht bzw. keine Wissentlichkeit vorliegt, so ist dem entgegenzuhalten, daß dieser Vorwurf auch dem angefochtenen Straferkenntnis nicht zugrundeliegt. Dieses führt nichts zum Ausmaß des Verschuldens aus. Im Sinne der allgemeinen Bestimmungen des § 5 Abs.1 VStG genügt aber bereits fahrlässige Tatbegehung. Eine solche Tatbegehung ist aber der Berufungswerberin jedenfalls vorzuwerfen, da sie als Filialleiterin und verantwortliche Beauftragte jedenfalls über die erforderlichen gesetzlichen Vorschriften unterrichtet sein mußte und auch für die Einhaltung hätte Sorge tragen müssen. Diese Sorgfaltspflicht hat sie aber jedenfalls verletzt. Auch hat sie im gesamten Verwaltungsstrafverfahren keine Umstände glaubhaft gemacht, die ihr Verschulden ausschließen könnten. Wenn auch zu berücksichtigen ist, daß die Berufungswerberin die Tat hinsichtlich mehrerer Arbeitnehmerinnen begangen hat bzw. zum Tatzeitpunkt mehrere strafbare Handlungen der gleichen schädlichen Neigung begangen hat, so ist aber auch die Dauer des strafbaren Verhaltens als mildernd gegenüberzustellen. In Zusammenschau aller übrigen zu diesem Tattag ergangenen Straferkenntnisse ist zu berücksichtigen, daß es sich um ein einmaliges - wenn auch auf verschiedene Arbeitnehmerinnen auswirkendes - Versehen gehandelt hat.

Bereits die belangte Behörde hat zwar die persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin (monatliches Bruttoeinkommen von 23.000 S; keine Sorgepflichten) bei der Strafbemessung berücksichtigt. Es konnte aber nach Abwägung aller angeführten Umstände die verhängte Strafe deshalb nicht aufrechterhalten werden, da auch der im AZG festgesetzte Strafrahmen Maßstab bei der Strafbemessung ist. Es ist daher für die erstmalige und nur punktuell stattgefundene Tatbegehung die Verhängung einer Geldstrafe von 3.000 S - dies ist immerhin die Hälfte des gesetzlichen Strafrahmens - als überhöht anzusehen. Vielmehr kann unter Berücksichtigung aller angeführten Strafbemessungsgründe mit der nunmehr festgelegten Geldstrafe von 1.000 S das Auslangen gefunden werden und ist diese Strafe ausreichend, die Berufungswerberin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Dies entspricht im übrigen auch der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die parallel verhängten Geldstrafen nach den Übertretungen nach dem Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen. Auch für die dortige Verwaltungsübertretung wurde für die erstmalige Tatbegehung eine im unteren Bereich des Strafrahmens liegende Geldstrafe, im Ausmaß von 20% des Höchstrahmens, verhängt. Auch unter diesem Gesichtspunkt entspricht die nunmehr festgelegte Geldstrafe mehr dem Unrechts- und Schuldgehalt sowie den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin. Es war daher spruchgemäß die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

Auch die nunmehr festgelegte Geldstrafe reicht im übrigen aus, um allfällige andere Personen von einer Tatbegehung abzuhalten.

4.4. Wenn hingegen die Berufungswerberin die aufgrund mehrerer gleichzeitig begangener Verwaltungsübertretungen verhängten Einzelstrafen in ihrer Gesamtheit ins Treffen führt, so ist auf § 22 Abs.1 VStG hinzuweisen, welcher vorsieht, daß die Strafen nebeneinander zu verhängen sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Unter Zugrundelegung dieses Kumulationsprinzipes ist daher auch für jede begangene Verwaltungsübertretung eine gesonderte Strafe zu verhängen, wobei für jede einzelne Strafe die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen sind.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war daher entsprechend der zitierten Gesetzesstelle der Strafkostenbeitrag vor dem Verfahren erster Instanz auf 10% der verhängten Strafe, also auf 100 S, herabzusetzen. Da der Berufung wenn auch nur teilweise - Erfolg beschieden war, war zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Strafkostenbeitrag nicht zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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