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des Landes Oberösterreich
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VwSen-220279/14/Gu/Ho

Linz, 20.10.1993

VwSen - 220279/14/Gu/Ho Linz, am 20. Oktober 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des x., vertreten durch Dr. G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 13. August 1993, Ge96-1017-1992/Bi, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes nach der am 1. Februar 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch nach den Worten "Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12.9.1986, Zl. Ge 760-1986" folgende Worte, Zahlen und Zeichen einzufügen sind: "Punkt I Z3 iVm dem als "Beilage zur Verhandlungsschrift vom 21.7.1986" signierten Schriftsatz des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12.8.1986, Zl. ad 1938/57-9/86 Punkt 7" als Auflage .....

Rechtsgrundlage: § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. September 1986, Zl. 760-1986 Punkt I.3., iVm der integrierten Auflage aus dem Schriftsatz des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12. August 1986, Zl. ad 1938/57-9/86 Punkt 7, § 19 VStG, § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

II. Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 2.000 S an den O.ö. Verwaltungssenat zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Beschuldigten schuldig erkannt, als Inhaber der Diskothek "B, es zugelassen zu haben, daß - wie im Zuge einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk Wels festgestellt worden sei - am 16. Jänner 1992 um 0.20 Uhr die Musikanlage der Diskothek in der Weise betrieben wurde, daß durchgeführte Lärmmessungen einen Kurzzeit-LEQ-Wert von 100 dB(A) mit Spitzen bis zu 110 dB(A) ergeben hätten, obwohl in dem aufgrund des § 27 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz ergangenen Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. September 1986, Zl. Ge760-1986, als Auflage unter anderem vorgeschrieben worden sei, daß der wirkungsäquivalente Dauerschallpegel in den Betriebsräumen 85 dB(A) nicht überschreiten dürfe und derjenige eine Verwaltungsübertretung begehe, wer den aufgrund des § 27 Arbeitnehmerschutzgesetz vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen zuwider handle.

Wegen Verletzung des § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz iVm dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. September 1986, Zl. Ge760-1986 Spruchabschnitt I/3/7, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen und ein Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S verhängt. In seiner mündlich bei der belangten Behörde eingebrachten rechtzeitigen Berufung, macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß er zu unrecht bestraft worden sei, zumal es ihm nicht zuzumuten sei, den Lärm zu reduzieren. Diskotheken brächten es eben mit sich, daß die musikalischen Darbietungen in einer gewissen Lautstärke vom Konsumenten erwartet werden. Andererseits würden nach seiner Meinung andere Diskotheken unbehelligt gelassen, wodurch die Wettbewerbsituation verzerrt werde.

Über die Berufung wurde am 1. Februar 1993 die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der Rechtsanwalt Dr. G als Vertreter des Beschuldigten und ein Vertreter der belangten Behörde erschienen ist. In dieser mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Beschuldigten die Berufung weiter ausgeführt und darauf hingewiesen, daß der Genehmigungsbescheid in seinem Spruch nicht den Anforderungen der Bestimmtheit im Sinne des § 59 AVG entspreche. Nach seiner Auffassung ließen sich aus dem Genehmigungsbescheid keine nachvollziehbaren (die Lärmfrage betreffenden) Auflagen und damit Gebots- oder Verbotsnormen ableiten. Darüber hinaus sei aus dem Straferkenntnis nicht ableitbar, wo die Messungen durchgeführt worden seien, möglicherweise seien die Dienstnehmer vom gemessenen Lärm gar nicht betroffen gewesen.

Er beantragt neue Lärmmessungen durch einen Sachverständigen und im übrigen, da das Straferkenntnis sich auf einen Bescheid stütze, der im Umfang der Auflagen rechtswidrig sei, die Abänderung des Straferkenntnisses, Einstellung des Verfahrens und Erlassung der Geldstrafe.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der mit dem seinerzeitigen Meßvorgang befaßte Zeuge und Bedienstete des Arbeitsinspektorates Wels G vernommen und in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. September 1986, Ge760/1986 Punkt I Z3, und in die darauf konkret in Bezug genommene, als Beilage zur Verhandlungsschrift ausgewiesene Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12. August 1986, Zl. ad 1938/58-9/86 Punkt 7, Einsicht genommen.

Aus der Beweisaufnahme ergibt sich folgender Sachverhalt: Am 16. Jänner 1992 nahm der Arbeitsinspektor G im Diskothekenbetrieb des Beschuldigten in W in Gegenwart seines Amtskollegen Wolf des Arbeitsinspektorates Wels, unter Zuhilfenahme des aus dem Jahre 1987 stammenden, vor der Messung kalibrierten, amtseigenen Lärmmeßgerätes, während des Betriebes der Musikanlage der Diskothek um ca. 0.20 Uhr im Bereich der südseitigen Bar zwei Lärmmessungen in der Dauer von jeweils 15 Minuten vor. Der Arbeitsinspektor war im Rahmen seiner Ausbildung in der Handhabung des Gerätes geschult. Die Messungen für die zwei Zeiträume erbrachten LEQ-Werte von 100 dB(A) mit Spitzen bis zu 110 dB(A).

Daraufhin begab sich der Arbeitsinspektor zum Beschuldigten, teilte die Meßergebnisse mit, worauf dieser den Regler zurückstellte und eine Nachmessung einen LEQ-Wert von 93 dB(A), mit Spitzen bis zu 99 dB(A) erbrachte. Eine weitere Senkung des Musiklärms wollte der Beschuldigte nicht durchführen.

Zu diesem Sachverhalt und den gestellten Beweisanträgen hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

Der Betriebsanlagengenehmigungsbescheid samt Verhandlungsschrift und der als Beilage erklärte Schriftsatz des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12. August 1986, Zl. ad 1938/57-9/86, liegt vor und reicht für die Beurteilung der Sache hin.

Mit der Vornahme einer weiteren Messung des Musik- und Betriebslärms in der Diskothek des Beschuldigten ist nichts gewonnen, weil damit keine Aussagen bzw. zwingenden Rückschlüsse auf die damaligen zur Tatzeit herrschenden Verhältnisse gewonnen werden kann. Somit war eine weitere Beweisaufnahme entbehrlich.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz begehen Arbeitgeber, die den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung, die - sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist - von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist.

Eine Tat mit strengerer Strafdrohung liegt nicht vor.

Die für den vorliegenden Fall in Frage kommende Auflage ist im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 12. September 1986, Ge760/1986, unter dem Punkt I Z3 des Spruches enthalten.

Der diesbezügliche Text lautet: "3. Den Auflagen des Arbeitsinspektors in der Beilage zur Verhandlungsschrift ist zu entsprechen." Dem Bescheid angeschlossen ist ein Schriftstück des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 12. August 1986, Zl. ad 1938/57-9/86, welches als "Beilage zur Verhandlungsschrift vom 21. Juli 1986" ausdrücklich gekennzeichnet und beschrieben wurde.

Diesbezüglich hatte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zulässigerweise ehdem eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates, eingeholt, welche dem Beschuldigten damals zum Parteigehör zur Kenntnis gebracht wurde. Das Arbeitsinspektorat hatte bestanden, sieben zusätzliche Auflagen in den Genehmigungsbescheid aufzunehmen. Der für das gegenständliche Verfahren in Betracht kommende Punkt sieben lautet: "Der wirkungsäquivalente Dauerschallpegel in den Betriebsräumen darf 85 dB(A) nicht überschreiten." Der Beschuldigte ist mit seiner grundsätzlichen Meinung im Recht, daß Betriebsanlagenbescheide, was den Gegenstand, Umfang und die Auflagen anlagt, für die Normunterworfenen leicht erkennbar und bestimmt abgefaßt sein müssen, um Rechte und Pflichten zu begründen.

Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf daraus abzuleitende Straftatbestände, zumal diesbezüglich ein besonderer Vertrauensschutz des Betroffenen besteht.

Diese Grundsätze haben in der Judikatur ihren Niederschlag darin gefunden, daß Genehmigungsbescheide, die im Spruch summarisch auf Verhandlungsschriften verweisen, diesen Erfordernissen nicht entsprechen.

Im konkreten Fall ist jedoch durch den in einem gesonderten Punkt (drei) des Betriebsanlagenbescheides auf einen unverwechselbaren Text Bezug genommen worden und steht der Inhalt des bedingten Polizeibefehls (der Auflage) und der Bescheidwille fest, daß die vom Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk vorgeschlagenen Auflagen nunmehr als Auflagen der Behörde für den Betrieb der Diskothek gelten sollen.

Der wirkungsäquivalente Dauerschallpegel in den Betriebsräumen (nicht lokalisiert auf einzelne Bereiche) darf somit schlechthin 85 dB(A) nicht überschreiten.

Aufgrund der Aussage des Zeugen Günter Puchner, an deren Beweiskraft für den unabhängigen Verwaltungssenat keine Zweifel bestanden, steht fest, daß der Beschuldigte diese Arbeitnehmerschutzbestimmung nicht eingehalten hat und selbst nach Beanstandung nicht bereit war, den Betrieb konsensgemäß zu führen.

Die bloße Grenzwertangabe des Schallpegels verletzte das Bestimmtheitsgebot nicht, weil der Beschuldigte keine baulichen Maßnahmen zu treffen hatte und die bloße Betätigung eines Lautstärkereglers zu einer maßhaltenden Position (eine Justierung ist durch zahlreiche am Markt befindlichen Geräte möglich und zumutbar) eine Verrichtung des täglichen Lebens darstellt.

Nachdem weder am Geltungsbereich der verletzten Norm noch am zugrundeliegenden Sachverhalt Zweifel bestanden, war der Schuldspruch zu bestätigen.

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe, obwohl diese in der Berufung nicht gerügt wurde, war von Belang, daß einerseits ein gewichtiges Verschulden und andererseits eine bedeutsame Verletzung der objektiven Schutzinteressen der übertretenen Norm (Schutz des Gehörapparates und des vegetativen Nervensystems der Dienstnehmer) vorliegt.

Demgegenüber fielen wirtschaftliche Betrachtungsweisen und Wünsche der sich über die Auswirkungen eines überhöhten Lärms nicht bewußten Gäste nicht ins Gewicht. Besondere Milderunsgründe traten im Berufungsverfahren nicht hervor, sodaß der ersten Instanz in der Zusammenschau mit den von ihr berücksichtigten persönlichen Verhältnissen kein Ermessensmißbrauch unterlaufen ist, wenn sie den Strafrahmen bis zu einem Fünftel ausgeschöpft hat.

Die Vorschreibung des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren infolge Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung gründet sich auf § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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