Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220286/3/Kl/Rd

Linz, 28.03.1994

VwSen-220286/3/Kl/Rd Linz, am 28. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing.

J W, vertreten durch RA Dr. M K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 7.9.1992, MA2-Ge-2698-1991 Scho, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu ergänzen bzw zu berichtigen ist:

1. Die Einleitung hat zu lauten: "Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma ..."; 2. Als verletzte Rechtsvorschriften sind zu zitieren:

"zu Punkt 1 lit.a bis e und 2 lit.a bis c: jeweils § 46 Abs.6 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 idgF (kurz: AAV) iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ASchG) zu Punkt 3 und 4: jeweils § 46 Abs.3 AAV iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG zu Punkt 5: § 35 Abs.1 AAV iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG zu Punkt 6: § 35 Abs.8 AAV iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG zu Punkt 7: § 33 Abs.1 AAV iVm § 100 AAV iVm § 31 Abs.2 lit.p ASchG" 3. Für die verhängten Geldstrafen werden im einzelnen folgende Ersatzfreiheitsstrafen festgelegt:

"zu Punkt 1a und 1b je 15 Stunden zu Punkt 1c, 1d und 1e je 7,6 Stunden zu Punkt 2a und 2b je 22 Stunden zu Punkt 2c 15 Stunden zu Punkt 3 und 4 je 15 Stunden zu Punkt 5, 6 und 7 je 7,6 Stunden" 4. Als Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG ist zu zitieren:

"§ 31 Abs.2 letzter Satzteil ASchG iVm § 100 AAV".

5. Die Gesetzesbestimmung hinsichtlich des Verfahrenskostenbeitrages hat "§ 64 Abs.1 und 2 VStG" zu lauten.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist ein Betrag von 4.400 S, ds 20% der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16, 19, 9 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 7.9.1992, MA2-Ge-2698-1991 Scho, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen in der Höhe von insgesamt 22.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 7 Tagen, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 46 Abs.6 AAV (in 8 Fällen), § 46 Abs.3 AAV (in 2 Fällen), § 35 Abs.1 AAV, § 35 Abs.8 AAV, § 33 Abs.1 AAV verhängt, weil er es als verantwortlicher Beauftragter der Firma M-W, Hoch-, Tief- und StahlbetonbaugesmbH, W, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat, daß wie am 18.9.1991 anläßlich einer Kontrolle festgestellt wurde, auf der Baustelle V, K, die im Spruch näher angeführten Verstöße gegen Bestimmungen der AAV gesetzt wurden.

Gleichzeitig wurde ein Kostenbeitrag von 2.200 S festgelegt.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wird. Begründend wurde ausgeführt, daß der Berufungswerber leitender Angestellter der M-W, Baugesellschaft mbH, also Bauleiter und daher Verantwortlicher auf der Baustelle V L war. Der Berufungswerber sei aber nicht verantwortlicher Beauftragter und auch nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer gewesen.

Tatsächlich sei er zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen. Er sei daher nicht iSd § 9 VStG verantwortlich. Eine Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.1 VStG gegen den Berufungswerber als bestimmte zu verfolgende Person verfehlt. Es sei daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben.

3. Der Bürgermeister (Magistrat) der Stadt Wels als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.

Da der Sachverhalt in der Berufung nicht bestritten wurde und die Berufung sich nur gegen die rechtliche Beurteilung im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers richtet, und in der Berufung eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat ergänzend einen Auszug aus dem Firmenbuch erhoben, woraus hervorgeht, daß der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der M-W, Baugesellschaft mbH, in W zum Tatzeitpunkt war.

Dies geht im übrigen auch aus der bereits zitierten Berufung hervor und ist daher als erwiesen der Entscheidung zugrundezulegen. Der übrige Sachverhalt blieb unbestritten und war daher der Entscheidung als erwiesen zugrundezulegen.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 100 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl.Nr. 218/1983 idgF (kurz: AAV), sind Übertretungen dieser Verordnung nach Maßgabe des § 31 des ASchG zu ahnden.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ASchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

5.2. "Arbeitgeber" iSd § 31 Abs.2 ASchG ist dabei in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ, also derjenige, der zur Vertretung nach außen berufen ist. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Es ist daher der zeichnungsberechtigte Geschäftsführer einer GesmbH ein gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Gesellschaft und als solches nach der angeführten Gesetzesstelle für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich (vgl. HauerLeukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 761 E.6).

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG wurde im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht behauptet und es wurde ein diesbezüglicher schriftlicher Nachweis nicht erbracht, weshalb von der Verantwortung gemäß § 9 Abs.1 VStG auszugehen ist. Es hat daher der Berufungswerber zwar nicht als verantwortlicher Beauftragter (wie dem Vorwurf zu entnehmen ist), sondern als handelsrechtlicher Geschäftsführer und nach außen vertretungsbefugtes Organ der M BaugesmbH die Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

5.3. Wenn nunmehr der Berufungswerber vorbringt, daß die Verantwortlichkeit als handelsrechtlicher Geschäftsführer dem Berufungswerber im gesamten Verwaltungsstrafverfahren nicht vorgeworfen wurde, daher eine entsprechende Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde und sohin ein Umstand vorliegt, der die Verfolgung ausschließt, so ist er damit nicht im Recht.

Ob der Beschuldigte die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter zu verantworten hat, ist nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigten angesprochenen Person betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG ohne Einfluß ist. Es liegt daher keine Verjährung vor, wenn dem Beschuldigten erstmals im Berufungsbescheid, und zwar nach Ablauf der Frist des § 31 Abs.2 VStG vorgeworfen wird, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 756 mwN der entsprechenden VwGH-Judikatur). Es ist daher der unabhängige Verwaltungssenat berechtigt, die Bestrafung eines Beschuldigten mit der Maßgabe aufrechtzuerhalten, daß ihm die Straftat nicht für seine Person, sondern als Organ einer juristischen Person (GesmbH) zuzurechnen sei (vgl.

Hauer-Leukauf, zu § 9 VStG, E.62a).

Es hat daher der Berufungswerber sehr wohl die ihm im Spruch angelasteten Verwaltungsübertretungen mit der Maßgabe zu verantworten, daß er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M-W BaugesmbH zur Verantwortung gezogen wird.

Es war daher vom unabhängigen Verwaltungssenat eine entsprechende Spruchkorrektur vorzunehmen.

5.4. Was die einzelnen Verwaltungsübertretungen anlangt, so wurden dazu keine Ausführungen in der Berufung gemacht und sind diese daher als erwiesen anzusehen, zumal auch nach Prüfung des unabhängigen Verwaltungssenates unter Zugrundelegung der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keine Gesetzwidrigkeit festgestellt werden kann. Es werden daher die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses vollinhaltlich aufrechterhalten.

5.5. Gemäß § 44a VStG hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

Z2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (um Formfehler zu vermeiden, ist es notwendig, im Spruch nicht nur die (Verbots-)Norm, sondern auch jene Bestimmung, die das Verhalten ausdrücklich als Übertretung erklärt, als verletzte Verwaltungsvorschrift anzuführen (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 940 zu § 44a) und Z3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung. Es bedarf grundsätzlich der Anführung der richtigen Bestimmung, nach der die Strafe zu verhängen ist, also jene Verwaltungsvorschrift, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im Fall des Vorliegens mehrerer Verwaltungsübertretungen ist nicht eine einheitliche Strafe, sondern für jede Verwaltungsübertretung eine gesonderte Strafe zu verhängen, weil sich der Beschuldigte gegen die Verfolgung jedes einzelnen der ihm zur Last gelegten Delikte zur Wehr setzen können muß.

Entsprechend ist für jede verhängte Strafe die angewendete Norm anzugeben.

Die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift nach Ablauf der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ist möglich, wenn kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt wird. Dies gilt auch für die Strafsanktionsnorm, da hinsichtlich einer rechtlichen Qualifikation keine Verfolgungsverjährung eintreten kann (vgl. Hauer-Leukauf, Seite 942f zu § 44a VStG).

Entsprechend diesen Ausführungen war daher eine Spruchberichtigung vorzunehmen.

5.6. Im übrigen ist nicht nur für jede Verwaltungsübertretung eine gesonderte Strafe auszusprechen, sondern gemäß § 16 VStG auch für jede Geldstrafe jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen. Im Sinne dieses Gebotes wurde auch diesbezüglich eine Spruchberichtigung vorgenommen, wobei das Gesamtausmaß der nunmehr einzeln festgelegten Ersatzfreiheitsstrafen das von der belangten Behörde verhängte Gesamtausmaß nicht übersteigt und daher der Berufungswerber in seinen Rechten nicht verletzt wird.

5.7. Ein Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ist gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG in der Höhe von 10% der verhängten Strafe festzulegen. Auch diesbezüglich war die Rechtsvorschrift zu korrigieren.

6. Die Strafbemessung wurde von der Erstbehörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Dabei konnte eine Gesetzwidrigkeit bei der der belangten Behörde zustehenden Anwendung des Ermessens nicht festgestellt werden. Es waren daher die verhängten Geldstrafen - nicht zuletzt da sie im untersten Bereich des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens bis zu 50.000 S gelegen sind - als angemessen und geeignet, den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten, zu bestätigen. Auch hat die belangte Behörde auf die verschiedene Gewichtung der einzelnen Verwaltungsübertretungen Bedacht genommen.

7. Da der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war auch zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20% der verhängten Strafen aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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