Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220308/29/Gu/Atz

Linz, 10.11.1993

VwSen - 220308/29/Gu/Atz Linz, am 10. November 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Josef M gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 29.9.1992, Ge96 - 1335/1992/Ju, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. § 24 VStG, § 44a Z.1 VStG, § 45 Abs.1 Z.1 zweiter Sachverhalt VStG, § 367 Z.26 GewO 1973, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18.3.1985, Ge - 935 - 1980, Punkt B. 11), Bescheid des LH für vom 7.8.1985, Ge - 6666/6 - 1985/Kut/Kai Der Beschuldigte hat keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 1 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, am 2.6.1992 um 9.40 Uhr, 10.25 Uhr, 10.35 Uhr und 11.OO Uhr sowie am 16.6.1992 zwischen 16.12 Uhr und 16.22 Uhr das große Rolltor seines Betriebes in Ried im Innkreis,zur Gänze offengehalten zu haben, wobei während dieser Zeiten weder Fahrzeuge in das Betriebsgebäude ein- oder ausgefahren sind und auch keinerlei Material während dieser Zeiten in das Betriebsgebäude eingebracht wurde, wobei während des offenen Tores am 16.6.1992 durch das Hineinschlagen von Alulatten in die Aufbaueinrichtung eines LKW-Zuges eine massive Lärmentwicklung gegeben war und wobei keine automatische Meßvorrichtung beim Rolltor, die die gesamte Öffnungszeit pro Tag summiert und aufzeichnet, installiert war, obwohl im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18.3.1985, Ge-935-1980, unter Punkt B. Z 11) bzw. im Bescheid des Amtes der oö. Landesregierung vom 7.8.1985, Ge-6666/6-1985/Kut/Kai, vorgeschrieben gewesen sei, daß das Rolltor während der Betriebszeit ständig geschlossen zu halten ist und nur für das betriebsbedingt notwendige Ausmaß zum Einbringen und Ausbringen von Kraftfahrzeugen, Anhängern und größeren Montageteilen geöffnet werden darf und während der Öffnungszeiten lärmerzeugende Arbeiten in den Betriebshallen einzustellen sind und das vollständige Geschlossenhalten der Tore durch eine zu installierende automatische Meßvorrichtung, die die gesamte Öffnungszeit pro Tag aufzeichnet, zu kontrollieren sei.

Wegen Nichterfüllung der Auflagen in den vorzitierten Betriebsanlagenbescheiden in Zusammenhalt mit § 367 Z.26 GewO 1973 wurde dem Beschuldigten eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

Dagegen hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und im wesentlichen ausgeführt, daß das Offenhalten des Rolltores notwendig gewesen sei und er andererseits nicht für jedes Fehlverhalten des polnischen Arbeitnehmers Jan W verantwortlich sein könne. Nach Bekanntwerden dieses Fehlverhaltens habe er den Arbeitnehmer entlassen.

Zum Nachweis dessen, daß am 2.6. und am 16.6.1992 amtliche Überprüfungen von Kraftfahrzeugen in der Halle bzw. am Gelände des Berufungswerbers stattgefunden hätten - welche das Geöffnethalten des Rolltores erforderlich machten legt der Berufungswerber mehrere Prüfungsbefunde vor.

Bezüglich der Installierung der Meßeinrichtung habe er die Firma Schüssel, Linz, konsultiert, welche nach eingehenden Recherchen bekanntgegeben habe, daß solche Meßeinrichtungen nicht vorgefertigt erhältlich seien.

Im übrigen weise der Betrieb zwei große Rolltore auf, welche beide an der Front zur Wildfellnerstraße eingebaut sind.

Aufgrund der Berufung wurde am 20. Oktober 1993 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Berufungswerbers durchgeführt, in deren Rahmen der Beschuldigte sowie die Zeugen Friedrich Glechner und Franz Weibold vernommen und Einsicht in die im Akt erliegenden Urkunden, insbesondere in den Betriebsanlagenbescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 13.3.1985, Ge-935-1980 und in den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. August 1985, Ge - 6666/6-1985/Kut/Kai, genommen und die "Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter" der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 17.6.1992, Ge96-1335-1992, zur Erörterung gestellt.

Demnach ergibt sich folgender Sachverhalt: Die beiden vernommenen Zeugen - Gendarmeriebeamte des GPK Ried - wurden am 2.6.1992 von einer Passantin aufmerksam gemacht, daß das Tor zur Werkstätte des Josef M in Ried im Innkreis, Wildfellnerstraße 6, nicht geschlossen sei, obwohl dies ein Bescheid der Gewerbebehörde verlange.

Die Gendarmeriebeamten fanden bei mehreren in kurzen Intervallen durchgeführten Vorbeifahrten ein Tor des Betriebes geöffnet, vernahmen jedoch keine auffälligen Geräusche.

Am 16.6.1992 begab sich ein Beamter der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zur Betriebsanlage des Beschuldigten und nahm in einer Entfernung von 70 - 80 m Schläge auf Metallteile wahr. Diese Lärmerregung gelangte durch ein offenstehendes Tor aus der Betriebsanlage in die Umgebung.

Die Betriebsanlage des Beschuldigten im Standort Ried im Innkreis, Wildfellnerstraße 6, ist seit dem Jahre 1973 eine Karosseriebauwerkstätte.

Im Alttrakt ist - zur Straßengrundgrenze der Wildfellnerstraße allerdings etwas versetzt - ein Rolltor von ca. 5 m Breite eingebaut. Die im Jahre 1977 als Material- und Abstellhalle genehmigte und im Anschluß daran errichtete Baulichtkeit grenzt an den Alttrakt an und wurde nach dem am 18.3.1985 zur Zahl Ge-935-1980 der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis ergangenen Genehmigungsbescheid (teilweise ergänzt durch den Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 7. August 1985, Ge - 6666/6 - 1985/Kut/Kai) ebenfalls in eine Werkstätte umgewidmet.

In diesem neuen Werkstättentrakt befindet sich ebenfalls ein Rolltor von ca. 6 m Breite. Punkt B. Z 11) des vorzitierten Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried lautet: "Das Rolltor ist während der Betriebszeit ständig geschlossen zu halten und darf nur für das betriebsbedingt notwendige Ausmaß zum Einbringen und Ausbringen von Kraftfahrzeugen, Anhängern und größeren Montageteilen geöffnet werden. Das gleiche gilt für das Rolltor der bestehenden Werkstätte." Durch den vorzitierten Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich wurde der Text dieser Auflage wie folgt ergänzt:

"Während der Öffnungszeiten sind lärmerzeugende Arbeiten in den Betriebshallen einzustellen. Das vollständige Geschlossenhalten der Tore ist durch eine automatische Meßvorrichtung zu kontrollieren, die die gesamte Öffnungszeit pro Tag aufsummiert und getrennt für das jeweilige Tor mit Datumsanzeige aufzeichnet. Nach Installierung dieser Meßanlage ist in geeigneter Form sicherzustellen (z.B. Plombierung), daß ein Eingriff in die Anlage durch den Konsenswerber nicht möglich ist. Die Aufzeichnungen sind der Behörde eventuell mit den erforderlichen Kommentaren jährlich vorzulegen. Die Erfüllung dieses Auflagenpunktes ist spätestens 4 Monate nach Rechtskraft des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18. März 1985 schriftlich anzuzeigen." Die Auflage betraf somit sowohl das Rolltor des umgewidmeten Traktes als auch das Rolltor der damals schon bestandenen Karosseriebauwerkstätte.

Nachdem nun einerseits in der Verfolgungshandlung und im angefochtenen Straferkenntnis nicht deutlich genug umschrieben ist, bezüglich welchen Rolltores eine Nichterfüllung von Auflagen durch den Gewerbetreibenden stattgefunden haben soll und andererseits die mitzubedenkende Auflage der Berufungsbehörde widersprüchlich ist und jedenfalls die Leistungsfrist nicht feststeht bzw. jedenfalls nicht erwähnt wurde, konnten die Ausführungen des Spruches keine taugliche Grundlage für eine Bestrafung bilden.

Aufgrund des Textes der Ergänzung im Berufungsbescheid im Zusammenhalt mit den diesbezüglichen Ausführungen des Betriebsanlagenbescheides der Gewerbebehörde I. Instanz ist nicht nachvollziehbar, wie einerseits Dauervorschreibungen (vergl. "das Rolltor ist ... geschlossen zu halten ... und während der Öffnungszeiten sind lärmerzeugende Arbeiten in den Betriebshallen einzustellen. Das vollständige Geschlossenhalten der Tore ist durch eine automatische Meßvorrichtung zu kontrollieren, die die gesamte Öffnungszeit pro Tag summiert und getrennt für das jeweilige Tor mit Datumsanzeige aufzeichnet," sowie die Sicherung der Meßanlage nach Installierung gegen unbefugten Eingriff) sowie andererseits eine Vorlage von jährlichen Aufzeichnungen innerhalb von vier Monaten des eben in diesem Punkte nicht rechtskräftig gewordenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 18. März 1985 zu erfüllen wäre.

Aufgrund des konfusen Textes der Auflagen und der damit einhergehenden Verletzung des Bestimmtheitsgebotes konnten diese keine Grundlage für eine Bestrafung bilden und war mit der Einstellung des Verfahrens vorzugehen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. Guschlbauer