Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-220325/13/Gu/Atz

Linz, 11.06.1993

VwSen - 220325/13/Gu/Atz Linz, am 11. Juni 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des Johann P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 13. Oktober 1992, Ge-96-25-1992, wegen Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung in Verbindung mit dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Schuldspruch bezüglich des Faktums 1. wird wie folgt neu gefaßt: "Johann P, Tischlermeister, hat es zu verantworten, daß in seinem Tischlereibetrieb in Wartberg/Krems 159 die Flügeltüre zum Heizraum - einem brandgefährdeten Raum - am 21.1.1992 infolge Federbruches und im Schwenkbereich der Türe liegenden Holz- und Papierabfällen nicht selbstschließend war." Er hat dadurch § 22 Abs.5 i.V.m. § 100 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. Nr. 218/83 i.d.g.F. BGBl. Nr. 593/87 (AAV) verletzt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über ihn in Anwendung des § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 2.000,--, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen verhängt.

Gemäß § 64 VStG hat der Beschuldigte einen Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von S 200,-- zu bezahlen.

Der Spruch zu Faktum 2. im angefochtenen Straferkenntnis wird wie folgt neu gefaßt: "Johann P ist schuldig, am 21.1.1992 im Heizraum seines Tischlereibetriebes in Wartberg/Krems 159 am Boden außerhalb von Aschenladen Asche und Eisenrückstände aus der Verbrennung wie Nägel, Schaniere und dgl. sowie Holzund Papierabfälle und eine leere Coca-Cola-Dose gelagert zu haben und hiedurch nicht für die Reinhaltung dieses Raumes Sorge getragen zu haben." Dadurch hat er § 91 Abs.1 i.V.m. § 100 AAV verletzt und wird ihm in Anwendung des § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe von S 1.500,-(Ersatzfreiheitsstrafe 1 1/2 Tage) und unter Bezugnahme auf § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von S 150,-auferlegt.

Gemäß § 65 VStG entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat am 13. Oktober 1992 zur Zahl Ge-96-25-1992 ein Straferkenntnis erlassen, dessen Spruch lautet: "Bei einer am 21.1.1992 durch den Arbeitsinspektor Ing. V in Ihrem Betrieb durchgeführten Kontrolle wurden folgende Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl.218/1983, festgestellt: 1. Die Brandschutztür zum Heizraum war durch Holzabfälle und Unrat, wie Papierabfälle, alten Dichtungen, Alugetränkedosen usw. in halb offenem Zustand derart verkeilt, sodaß ein Schließen bzw. Öffnen der Tür nur unter größerer Kraftanwendung erfolgen konnte. Überdies war ein Selbstschließen der Brandschutztür nicht gegeben, da die dafür notwendige Feder außer Funktion war. Gemäß § 22 Abs. 5 AAV i.V.m. § 29 Abs. 1 AAV müssen Brandschutztüren selbstschließend sein und dürfen funktionsgemäß nicht durch Verkeilen offengehalten werden.

2. Im Heizraum war vor dem Brennstoffofen mindestens 1 Kubikmeter Asche angesammelt, die bis zur Unterkante des Ofentürls (in einer Höhe von ca. 0,5 m) reichte. Weiters wurden Holzabfälle, Eisenabfälle (zerknülltes Flachbandeisen, ca. 2 Kubikmeter!), Alugetränkedosen, Papierabfälle udgl. mehr im Heizraum vorgefunden. Gemäß § 91 Abs.1 AAV ist für die Reinhaltung der Betriebsgebäude und Betriebsräumlichkeiten Sorge zu tragen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: zu 1.) § 22 (5) der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung, BGBl. 218/83 i.d.g.F. BGBl.Nr. 593/87 (AAV) zu 2.) § 91 (1) AAV.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von Schilling zu 1.) 3.000,--, zu 2.) 3.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von zu 1.) 3 Tage, zu 2.) 3 Tage gemäß § 31 (2) lit. p) ANSchG. Weitere Verfügungen:

Das Strafverfahren wegen Übertretung nach § 75 (1) AAV i.V.m. § 12 (1) ANSchG (Fehlen der unteren Ofentür) wird gemäß § 45 (1) lit.a) VStG eingestellt. Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:S 600,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je nach Tag Arrest wird gleich S 50,-angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 6.000,--.

Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 67 VStG)." In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß wohl die Feder beim Schließmechanismus der Heizraumtüre gebrochen gewesen sei. Dies sei höhere Gewalt und müsse er nicht vertreten. Im übrigen sei die Türe geschlossen gewesen und hätte sich die Türe öffnen und schließen lassen.

Bezüglich der Reinhaltung von Betriebsräumen sei zu berücksichtigen gewesen, daß im Betrieb Umstellungen vorgenommen worden seien, wodurch es sich habe nicht vermeiden lassen, daß gewisse Abfälle, für deren Aufräumung er bereits Anordnungen getroffen habe, noch vorgefunden werden konnten. Beim Ausräumen eines Ofens falle zwangsläufig die Anhäufung von Asche an.

Mangels Verschuldens beantragt der Beschuldigte die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

Über die Berufung wurde am 29. April 1993 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten und seines Vertreters sowie eines Vertreters des befaßten Arbeitsinspektorates abgehalten, in deren Rahmen der Beschuldigte sowie die Zeugen Karl Plursch und Ing. V vernommen wurden.

Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen:

Am 21.1.1992 inspizierte der Arbeitsinspektor Ing. V des Arbeitsinspektorates Wels den Betrieb des Beschuldigten in Wartberg/Krems 159. Anlaß war die bekannt gewordene Verletzung eines ausländischen Dienstnehmers durch Glas.

Beim Eintreffen des Arbeitsinspektors war der Beschuldigte im Betrieb nicht anwesend, sondern stieß erst später zum Inspizienten. Nach Vorstellung im Büro begleitete der Dienstnehmer Karl Plursch den Arbeitsinspektor durch die Betriebsräume.

Dabei stellte der Arbeitsinspektor fest, daß in einem Gang (in der Art einer Schleuse) vor dem Heizraum Betriebsabfälle aus Holz gelagert waren, die Heizraumtüre halb geöffnet stand und am Boden im Schwenkbereich der Türe Abfälle lagen. Die eigenhändige Probe des Arbeitsinspektors ergab, daß die Türe schwer gängig war und nach Wegstreifen der Abfälle nicht von selbst zufiel.

Die den Schließmechanismus betätigende Feder war gebrochen; das Ersatzstück lagerte im Betrieb, war jedoch noch nicht eingebaut. Im Heizraum vor der Ofentüre lagerte in einem Aschenbehälter der Größe 20 x 40 x 80 cm und in einem weiteren Behälter an der Wand Asche. Darüber hinaus lagerten am Boden verstreut ca. 0,2 Kubikmeter Asche. Ferner lagen am Boden des Heizraumes noch Dichtungen, Holz- und Papierabfälle und zumindest eine Alugetränkedose.

Bei der Würdigung der Beweise war davon auszugehen, daß der eingeschrittene Arbeitsinspektor aufgrund seiner Ausbildung in den Dienstnehmerschutzvorschriften, insbesondere was den Brandschutz anlangt, zielgerichtet und folgerichtig die Brandschutztüre angesprochen und diese auch persönlich auf ihre Funktionstüchtigkeit probiert hat. Die Ausstattung und Funktionsweise von Brandschutztüren ist für ihn ein Bereich des beruflichen Alltages. Ihr kommt bezüglich der einwandfreien Funktionsweise im Hinblick auf Leib und Leben der Dienstnehmer eine besondere Bedeutung zu und sie ist ihm auch deshalb vertraut. Aus diesem Grunde konnte der O.ö. Verwaltungssenat von der Überzeugungskraft seiner Aussage ausgehen.

Das Nichtfunktionieren der Brandschutztüre dem Grunde nach (Selbstzufallen nach Öffnung) wird weder vom Beschuldigten, noch vom vernommenen Zeugen P bestritten.

Im übrigen konnte die Verantwortung des Beschuldigten und die Aussage des Zeugen P bezüglich des Halboffenstehens der Brandschutztüre, wie wohl dies nicht entscheidungsrelevant ist, und bezüglich des Fehlens von Abfällen im Schwenkbereich der Brandschutztür infolge Widersprüchlichkeit nicht überzeugen, zumal der Beschuldigte den Zeugen P als denjenigen benannte, der im Bereich rund um den Heizraum in Abwesenheit des Beschuldigten nach dem Rechten zu sehen habe; der Zeuge P stellte dies hingegen entschieden in Abrede.

Selbst der Zeuge P räumte ein, daß die Heizraumtüre "etwas gezwickt hat".

Zudem ist nicht lebensfremd, daß bei der über die Aschenlade hinaus am Boden liegenden verstreuten Asche im Heizraum, und der auch vom Beschuldigten nicht ausgeschlossenen Lagerung von Eisenteilen wie Nägel und Schrauben unter der Ofenasche, sowie einer Cola-Dose, Reste der im Gang (der Schleuse) gelagerten Abfälle, wie sie zur händischen Beigabe zur Verfeuerung bereitgehalten wurden, beim Transport im Schwenkbereich der Türe und im Heizraum zu Boden gefallen sind und als kleinere Reste dort verblieben sind.

Was hingegen die Reinhaltung des Betriebes speziell im Bereich eines Heizraumes anlangt, so ging der O.ö. Verwaltungssenat davon aus, daß der unbestimmte Gesetzesbegriff in § 91 Abs.1 AAV von den Arbeitsinspektoren durch eigene Anschauung und Erfahrung je nach Betriebsarten konkretisiert werden müssen und das, was einen normalen Ablauf von Zwischenlagerungen von Abfällen in einem Betrieb ausmacht, nicht immer einfach zu interpretieren ist. Speziell der Grenzbereich, der die Verletzung des Reinhaltungsgebotes bereits als erfüllt erscheinen läßt, gebietet Vorsicht. Dementsprechend sind auch die Wahrnehmungen der einschreitenden Personen zu würdigen.

Die Lagerung von alten (Verpackungs-) Stahlbändern an einem Tage in einer Aschenlade an einer Wand des Heizraumes erfüllt von sich aus noch nicht die Verletzung des Reinhaltungsgebotes, wohl aber die Lagerung von Aschenresten und Eisenteile sowie Holzabfälle am Boden neben dem Aschenbehältern im Heizraum. Nur insoweit überzeugte die Aussage des vernommenen Arbeitsinspektors und hat sich der Beschuldigte dagegen auch nicht diametral verantwortet.

Die objektive Tatseite im Sinn des eingeschränkten Spruches ist somit erfüllt.

Auch die subjektive Tatseite war nicht zweifelhaft, zumal der Beschuldigte der Arbeitgeber ist und eine rechtswirksame Übertragung der Verantwortung an eine andere Person nicht dokumentiert ist. Bezüglich der Mißachtung des Reinhaltungsgebotes konnte er im übrigen nicht plausibel machen, inwiefern ein Übergehen der Aschenlade und ein Nichtzusammenkehren von Holz und sonstigen Abfällen des im Betrieb befindlichen Ofens, die bei der Beschickung verstreut worden waren, mit einer Färbelungs- und Generalsanierungsaktion im Betrieb in Verbindung stehen soll, dasselbe gilt für die vorgefundene Cola-Dose.

Ähnliches gilt für das nicht Selbstschließen der Brandschutztüre zum Heizraum.

Fahrlässigkeit ausschließende Umstände konnten weder in den am Boden im Schwenkbereich befindlichen Holzabfällen, noch in dem Umstand erblickt werden, daß die den Schließmechanismus betätigende Feder nach deren Bruch im Betrieb zur Montage zwar bereitgehalten, nicht aber sofort, sondern erst nach Beanstandung durch das Arbeitsinspektorat montiert wurde.

Bezüglich der Strafbemessung war zu erwägen: Bei einem Geldstrafrahmen bis zu S 50.000,-- angesichts des monatlichen Bruttoeinkommens von S 7.217,70 und der Sorgepflichten für Ehegattin und vier minderjährige Kinder, bei nicht zu Tage getretenen besonderen Milderungs- oder Erschwerungsgründen unter Berücksichtigung des bedeutsamen Unrechtsgehaltes der Taten sowie unter Bedachtnahme auf den ebenfalls nicht geringfügigen Schuldgehalt, welche Umstände eine Ermahnung ausschlossen, unter dem weiteren Gesichtspunkt, daß im Berufungsverfahren der den Unrechtgehalt bestimmende Sachverhalt etwas eingeschränkt werden mußte, waren die Strafen dementsprechend herabzusetzen.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung entfielen für das Berufungsverfahren Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Erkenntnis ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum