Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220327/7/Ga/Hm

Linz, 23.12.1992

VwSen - 220327/7/Ga/Hm Linz, am 23. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Karl B, gegen das wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 13. Oktober 1992, Zl. Ge96-43-1992, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind 800 S, zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr.51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr.52; § 19, § 51 und § 51e Abs.2 VStG. Zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 9. März 1992, wie bei einer an diesem Tag in seinem Betrieb in G, durchgeführten Inspektion durch das Arbeitsinspektorat Linz festgestellt worden sei, die Furnierpresse ohne eine "Notaus-Reißleine" verwendet; dadurch habe er § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes iVm § 35 Abs.2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung verletzt und deswegen eine Verwaltungsübertretung begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von 4.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt wurde; außerdem wurde er zur Zahlung eines Beitrages von 400 S zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

1.2. Gegen dieses dem Beschuldigten am 16. Oktober 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 29. Oktober 1992 - und damit rechtzeitig - mündlich eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis begründet die belangte Behörde Schuldspruch und Bestrafung im wesentlichen mit dem am 9. März 1992 vom Arbeitsinspektorat festgestellten und angezeigten Sachverhalt; außerdem sei der Berufungswerber schon im Jahre 1991 auf die fehlende Notaus-Reißleine vom Arbeitsinspektor aufmerksam gemacht worden und schließlich habe er entgegen seiner Zusicherung, wie am 21. Juli 1992 bei einer Nachkontrolle durch den Arbeitsinspektor festgestellt worden sei, die Notaus-Reißleine der Furnierpresse zwar "irgendwie", keinesfalls aber fachgerecht montiert, sodaß dem Antrag des anzeigenden Arbeitsinspektorates entsprechend eine Geldstrafe, die unter Rücksichtnahme auf § 19 VStG festgesetzt worden sei, zu verhängen gewesen sei.

2.2. Demgegenüber bringt der Berufungswerber vor, daß er die vorgeschriebene Notaus-Reißleine "ca. zwei Monate nach Beanstandung durch den Arbeitsinspektor (9. März 1992) in der Furnierpresse installiert habe"; er sei somit der Verpflichtung nach Installierung dieser Sicherungseinrichtung schließlich doch nachgekommen, weshalb er ersuche, von einer Bestrafung Abstand zu nehmen bzw. den Strafbetrag auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Berufung ist zulässig.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land - als nunmehr belangte Behörde - hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt, jedoch ohne Gegenäußerung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser ist gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde sachlich und örtlich zuständig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 66 Abs.4 AVG (iVm § 24 VStG) hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Die Sache, auf deren Entscheidung der unabhängige Verwaltungssenat dabei beschränkt ist, ergibt sich zunächst aus dem spruchgemäßen Tatvorwurf des bekämpften Straferkenntnisses. Dieser Tatvorwurf, aber auch schon jener aus der ersten Verfolgungshandlung (das ist die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. März 1992), bezieht sich allein auf den am 9. März 1992 erhobenen und auf diesen Tag bezogenen, von der belangten Behörde für ihren Schuldspruch schließlich als maßgebend festgestellten Sachverhalt; was allenfalls später an der Furnierpresse montiert oder nicht montiert worden ist, ist nicht Sache dieses Berufungsverfahrens.

4.2. In dieser, durch den ausdrücklichen Tatvorwurf umschriebenen Sache bekämpft der Berufungswerber das Straferkenntnis nicht. Hiezu enthält seine Berufung weder eine Sachverhaltsbestreitung noch eine Schuldbestreitung. Seine Berufung ist daher, bezogen auf die Sache (vorhin Punkt 4.1.), als ein nur gegen die Strafhöhe gerichtetes Rechtsmittel zu werten. Mit der Konsequenz, daß das Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig geworden ist: Eben deswegen ist der Schuldspruch der Kognition des unabhängigen Verwaltungssenates entzogen. Allein nur mehr die verhängte Strafe und die bei der Strafbemessung durch die belangte Behörde maßgeblichen Erwägungen verbleiben als Sache des vom unabhängigen Verwaltungssenat zu führenden Verfahrens.

4.3. Der Strafbehörde obliegt es auf der Grundlage des § 19 Abs.1 VStG ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzutun. Dazu gehört die Beantwortung der rechtserheblichen Frage nach der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, ob und inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben diesen objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat sind auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehalts der Tat auf der Grundlage des § 19 Abs.2 VStG zu erörtern. Diese Vorschrift verlangt ausdrücklich die besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung selbst bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Zur Erleichterung dieses Vorganges ist die sinngemäße Anwendung der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) angeordnet. Und schließlich sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

4.3.1. Die belangte Behörde gibt im Straferkenntnis keine Auskunft über ihre Wertung des Unrechtsgehalts und des Schuldgehalts der vorgeworfenen Tat. Die Begründung enthält nur den Formelsatz: "Es war somit unter Rücksichtnahme auf § 19 VStG spruchgemäß zu entscheiden." Insoweit verstößt die Begründung gegen § 60 AVG (iVm § 24 sowie § 44 Abs.1 Z.7 VStG).

4.3.2. Schon der Unrechtsgehalt der Tat ist nicht als vernachlässigbar zu werten. Denn immerhin muß berücksichtigt werden, daß jene Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient (hier: das Interesse vor allem der in einem Abhängigkeitsverhältnis als Arbeitnehmer stehenden Benützer von gefahrengeneigten Maschinen, durch die vorschriftsmäßige, verläßliche und fachgerechte Anbringung von Sicherheitseinrichtungen vor möglichen Gefahren aus der Benützung geschützt zu werden), durch längere Zeit hindurch gefährdet gewesen sind. Schon ab Ende März 1990 nämlich ist der Berufungswerber mit einer gemäß § 6 Abs.1 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1974 ergangenen schriftlichen Aufforderung des Arbeitsinspektorates, "die Furnierpresse mit einer Notaus-Reißleine auszustatten", konfrontiert gewesen. Durch die (mindestens) zwei Jahre währende Fortsetzung des von der zuständigen Inspektionsbehörde festgestellten, vorschriftswidrigen Zustandes muß sich der Berufungswerber einen eben deswegen verstärkten Unrechtsgehalt der Tat vorwerfen lassen. Dieser wird nicht dadurch gemildert, daß - wie der Berufungswerber im ordentlichen Verfahren vor der belangten Behörde eingewendet hat - er selbst den ganzen Tag über im Betrieb anwesend sei und jederzeit alle Arbeiten überwachen könne. Darauf kommt es nämlich nicht an: Die Sicherheitsvorkehrungen im Sinne des § 35 Abs.2 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung sind (naheliegenderweise) unabhängig von allfälligen Anwesenheiten des Arbeitgebers in seinem Betrieb zu treffen.

Aus der Nichtbefolgung der erwähnten Aufforderung ergibt sich aber auch ein Schuldgehalt der Tat, der über die leichte Fahrlässigkeit, die hier für eine Bestrafung schon genügen würde und von der belangten Behörde offenbar auch angenommen wurde, hinausgeht. Vielmehr ist eine auffallende Sorglosigkeit des Berufungswerbers im vorliegenden Fall deswegen anzunehmen gewesen, weil er trotz Kenntnis der behördlichen Feststellung der Vorschriftswidrigkeit und der deshalb ergangenen Aufforderung, noch derart lange in diesem vorschriftswidrigen Zustand verharrte (und schließlich zumindest am 9. März 1992 den gesetzmäßigen Zustand an der gefahrgeneigten Maschine noch immer nicht hergestellt hatte).

4.3.3. Das vom Berufungswerber beantragte Absehen von der Strafe ist daher schon wegen der im § 21 Abs.1 VStG festgelegten Voraussetzungen (u.a. Geringfügigkeit des Verschuldens), die in diesem Fall nicht erfüllt sind, ausgeschlossen.

4.3.4. Für die in eventu beantragte Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ist zugunsten des Berufungswerbers auch sonst nichts hervorgekommen. Immerhin hat die belangte Behörde aktenkundig im ordentlichen Verfahren die Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers erhoben. Wenngleich sie darauf in der Begründung des Straferkenntnisses nicht näher eingeht, kann in vertretbarer Weise angenommen werden, daß sie diese Verhältnisse bei Bemessung der Geldstrafe berücksichtigt hat. Eine mittlerweile eingetretene Änderung der persönlichen Verhältnisse hat der Berufungswerber nicht eingewendet. Gleichfalls keine Auskunft gibt die Begründung des Straferkenntnisses über die Berücksichtigung von Milderungs- und Erschwerungsgründen. Immerhin wäre als Milderungsgrund anzuführen, daß der Berufungswerber, jedenfalls nach der Aktenlage, verwaltungsstrafrechtlich absolut und relativ unbescholten ist. Mildernd ist weiters zu werten, daß der Berufungswerber, zwar erst nach seiner Bestrafung und möglicherweise nicht völlig fachgerecht, aber immerhin versucht hat, den vorschriftswidrigen Ausstattungsmangel der Furnierpresse zu beseitigen. Diesen Milderungsgründen steht jedoch ein dem § 33 Z.1 StGB sinngemäß zu unterstellender besonderer Erschwerungsgrund gegenüber, nämlich daß der Berufungswerber das strafbare Verhalten durch längere Zeit hindurch aufrechterhalten hat.

4.4. Zusammenfassend beurteilt der unabhängige Verwaltungssenat die verhängte Geldstrafe in der Höhe von nicht einmal einem Zehntel des gesetzlichen Strafrahmens (hier: bis zur Obergrenze von 50.000 S) als unrecht- und schuldangemessen sowie unter spezialpräventiven Gesichtspunkten als nicht überhöht.

4.5. Aus den dargelegten Gründen war dem als Strafberufung zu wertenden Rechtsmittel der Erfolg zu versagen und wie im Spruch zu entscheiden.

Zu II.: Der Ausspruch über den Beitrag zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in der angeführten Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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