Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220329/2/Ga/Fb

Linz, 29.12.1993

VwSen-220329/2/Ga/Fb Linz, am 29. Dezember 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des H G , vertreten durch Dr. W R , Rechtsanwalt in L , F , gegen das wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1973 (GewO 1973) erlassene Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15. September 1992, Zl.

501/N-24/92d-StR, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruchs keine Folge gegeben und das Straferkenntnis insoweit bestätigt; dies mit der Maßgabe, daß im Ausspruch über die verhängte Strafe in der vierten Zeile das Spruchelement "über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung" durch folgende Formulierung ersetzt wird:

"über ihn gemäß § 366 Abs.1 Einleitung GewO 1973"; II. hinsichtlich der Strafe wird der Berufung stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage herabgesetzt; III. in der Begründung des Straferkenntnisses wird a) in der vierten Zeile von unten des ersten Absatzes der Seite 4 der Ausdruck "abstrakter" durch den Ausdruck "konkreter" ersetzt und hat b) der vierte Absatz der Seite 4 wie folgt zu lauten: "Einen Schuldentlastungsbeweis iSd § 5 Abs.2 VStG erbrachte der Beschuldigte nicht."; IV. der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde wird auf 500 S herabgesetzt; ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I. bis III.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 16, § 19, § 44a Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.2 VStG.

Zu IV.: § 64 Abs. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I. bis III.:

1.1. Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz (als Bezirksverwaltungsbehörde) über den Berufungswerber wegen Verletzung des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 eine Geldstrafe von 7.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe:

sieben Tage) kostenpflichtig verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Fa. G GesmbH & Co.KG mit dem Sitz in L , K , gemäß § 370 Abs.2 GewO 1973 verantwortlich zu vertreten habe, daß von dieser Gesellschaft im genannten Standort zumindest am 8. November und am 11. November 1991 eine gemäß § 74 Abs.2 Z2 und Z5 GewO 1973 genehmigungspflichtige Betriebsanlage, nämlich ein Malereibetrieb samt Lagerung und Liefertätigkeit betrieben wurde, ohne daß die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen wäre, obwohl dieser Betrieb insbesondere auf Grund der Liefertätigkeit, der gelagerten mit Reststoffen verunreinigten Leergebinde im Freien und der Lagerung von Farben und Lacken geeignet ist, Nachbarn durch Geruch und Lärm zu belästigen und eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen.

1.2. Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 23.

Oktober 1992 bei der Strafbehörde mit der Erklärung, das Straferkenntnis zur Gänze anzufechten, und dem Antrag auf Aufhebung eingebrachte Berufung.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und hat das Rechtsmittel samt Strafakt vorgelegt. Zum Inhalt der zulässigen - Berufung hat sie sich nicht geäußert.

3.1. Nach Beweisaufnahme durch Einsicht in den vorgelegten Strafakt sowie unter Einbeziehung der Berufungsbegründung wird der dem bekämpften Straferkenntnis zugrundegelegte Sachverhalt, wie er im Spruch (oben P. 1.1.) und in der Begründung auf Seite 2 im ersten Absatz sowie auf Seite 4 im ersten Absatz dargestellt ist, als erwiesen und als maßgebend auch für die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates festgestellt. Dieser Sachverhalt, auf den zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, war schon dem "Ladungsbescheid" vom 19. Februar 1992 (der, obzwar als Verfolgungshandlung tauglich, mangels vollstreckungsfähigem Inhalts in Wahrheit die Qualität nur einer einfachen Ladung hat) zugrundegelegt und ist von den im Akt einliegenden Überprüfungsberichten der Amtssachverständigen vom 12. und 21. November 1991 gedeckt.

3.2. Auch der Berufungswerber bestreitet weder Zeitpunkte noch Örtlichkeit der behördlich angeordnet gewesenen Augenscheine durch Amtssachverständige, somit weder Tatzeit noch Tatort, weiters weder das Faktum der Betriebsanlage als solche, noch die Liefertätigkeit als solche, noch die Lagerung von Farben und Lacken (die er allerdings einwendend - als "nur zur Zwischenlagerung" bezeichnet; siehe unten P. 5.1.), noch die Lagerung von mit Reststoffen verunreinigten Leergebinden im Freien als solche, noch die von der belangten Behörde angenommene Eignung der Betriebsanlage zur Belästigung der Nachbarn durch Lärm, noch, daß Nachbarn zur Betriebsanlage tatsächlich vorhanden sind, noch die angenommene Eignung der Betriebsanlage zur nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer; und schließlich bestreitet der Berufungswerber nicht die Zurechnung der inkriminierten Anlage zu der im Sachverhalt (oben P. 1.1.) genannten Gesellschaft, auch nicht das Fehlen einer gewerbebehördlichen Bewilligung für den Betrieb dieser Anlage sowie seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit als gewerberechtlicher Geschäftsführer der für die Nichterfüllung der verletzten Unterlassungspflicht eigentlich verantwortlichen Gesellschaft.

3.3. Hingegen bestreitet der Berufungswerber die "theoretische Möglichkeit" einer Geruchsbelästigung für Nachbarn mit der Begründung, daß die Räumlichkeiten nur zur Zwischenlagerung von geschlossenen Gebinden, die keine Lösungsmittel enthielten, verwendet würden, und dies auch nur in geringfügigem Ausmaß, weil 90 % der erforderlichen Farben an die Baustellen geliefert würden.

Diese Behauptung ist nicht geeignet, die auf konkrete Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens gestützte Annahme der belangten Behörde, nämlich die Eignung der Betriebsanlage zur Belästigung der Nachbarn (auch) durch Geruch, zu erschüttern. Der Berufungswerber übergeht nämlich, daß, wie auf Seite 2 des Straferkenntnisses in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt dargestellt ist, erst eine Nachbarbeschwerde zur behördlich angeordneten, zweimaligen Überprüfung der Betriebsanlage geführt hat und dabei die sachverständigen Amtsorgane im Wege des Augenscheinsbeweises (§ 55 Abs.1 zweiter Satz AVG) an Ort und Stelle folgendes vorgefunden haben: "Ein Lager für Farben und Lacke im nördlich gelegenen Teil des Betriebsgebäudes, ein Kunststoffbehälter mit ca.

1 m3 Fassungsvermögen mit Farb- und Lackdosen, farbverunreinigten Pinseln etc. im Hof, 30 Stück nicht gereinigte unverschlossene PVC-Gebinde im Hofbereich, 2 Stück Lackbehälter mit nicht ausgehärteten Lackresten auf einer Holzpalette und ein 200 Liter Faß mit Lösungsmittel und Lackresten". Diese konkreten Angaben kann der Berufungswerber mit seinem undifferenzierten, schlicht verneinenden Einwand nicht entkräften; irgendwelche Beweise zur Unterstützung seiner Behauptung hat er - entgegen seiner Mitwirkungspflicht (vgl. VwGH vom 22.9.1993, 93/06/0126 ua.) - weder angeschlossen noch hat er die Aufnahme von Beweisen beantragt.

Indem dann die belangte Behörde die den Berufungswerber belastende Sachverständigenannahme, wonach die Betriebsanlage (wegen ihrer Betriebsweise und Ausstattung) zur Belästigung der Nachbarn geeignet ist, beweiswürdigend als "durchaus nachvollziehbar", dh. schlüssig im Sinne des Einklangs mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung, wertet, kann ihr weder darin noch in der Richtigkeit der Beweiswürdigung entgegengetreten werden.

Dies umso weniger, als selbst der Berufungswerber für immerhin noch 10 % aller "zwischengelagerten" Gebinde weder deren Anlieferung zur Betriebsanlage noch die Manipulationen mit eben diesen Gebinden in der Betriebsanlage bestreitet.

4. Auch in der rechtlichen Beurteilung ist die belangte Behörde hinsichtlich der Verwirklichung sowohl des objektiven Tatbestandes als auch der Vorwerfbarkeit der Tat zu richtigen Ergebnissen gekommen.

Allerdings war in der Begründung des Straferkenntnisses (Seite 4) richtigzustellen, daß für die Genehmigungspflichtigkeit einer Betriebsanlage, auch der gegenständlichen, im Grunde des § 74 Abs.2 GewO 1973 nicht schon die bloß abstrakte (dh. von Sachverhaltselementen losgelöste), sondern (erst) die konkrete Eignung zur Beeinträchtigung der vom Gewerberechtsgesetzgeber geschützten Interessen genügt (vgl. zB VwGH vom 25.6.1991, 90/04/0216). Daß vorliegend die Beeinträchtigungs-Eignung als wenigstens konkret möglich angenommen werden mußte, hat das Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben.

Was die Schuldseite anbelangt, hat die belangte Behörde zutreffend die Verwirklichung eines sogenannten Ungehorsams delikts angenommen. Sie hat dabei in der Begründung des Straferkenntnisses jedoch übersehen, die vom Berufungswerber (mindestens) zu verantwortende Fahrlässigkeitsschuld ausdrücklich klarzustellen.

Daß dem Berufungswerber eine Schuldform des Vorsatzes vorzuwerfen gewesen wäre, ist darüber hinaus nicht hervorgekommen.

5. Mit seinen Einwänden gewinnt der Berufungswerber nichts für sich:

5.1. Ob eine Lagerung oder eine "Zwischenlagerung" von Gebinden erfolgte, ist für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der Eignung zu Belästigungsimmissionen auf Nachbarn grundsätzlich unerheblich und war im vorgelegten Fall - so eine nur vorübergehende Lagerung tatsächlich stattgefunden haben sollte - auch konkret ohne Belang (oben P. 3.3.).

5.2. Mit dem Einwand der nur einmalig festgestellten Gegebenheiten im Betrieb (Leergebinde mit Restrückständen etc.) übersieht der Berufungswerber gänzlich die unstrittigen Fakten der vorgängigen Nachbarbeschwerde und der deswegen dann erst (mit Schreiben vom 17. Oktober 1991) angeordneten und schließlich am 8. November und am 11. November 1991 durchgeführten Betriebsüberprüfungen. Von einer Einmaligkeit der Feststellung im Sinne des Berufungsvorbringens kann daher schon deswegen keine Rede sein. Im übrigen ist der Rechtscharakter der gegenständlichen Anlage als gewerbliche Betriebsanlage iSd § 74 Abs.1 GewO 1973 völlig unstrittig.

6. Zusammenfassend erfolgten der Schuldspruch und - dem Grunde nach - auch die Bestrafung des Berufungswerbers zu Recht und war insoweit das Rechtsmittel abzuweisen.

7. Zur Strafbemessung Wenngleich der Berufungswerber gegen die Höhe der verhängten Geldstrafe konkret nichts vorbringt, war die Geldstrafe dennoch herabzusetzen.

7.1. Obzwar die belangte Behörde auf die Vorgaben des § 19 Abs.1 VStG für das Strafbemessungsverfahren verweist, hat sie den Unrechtsgehalt der Tat nicht bewertet. Dieser ist indessen schon im Hinblick auf die festzustellen gewesene Eignung der Betriebsanlage zur nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers nicht bloß geringfügig.

Auch hat die Tat nachteilige Folgen nach sich gezogen, wie durch die Nachbarbeschwerde erwiesen ist. Weitere Folgen, insbesondere eine tatsächliche Verunreinigung des Grundwassers, sind allerdings nicht hervorgekommen.

7.2. Auch die von § 19 Abs.2 VStG angeordnete besondere Bedachtnahme auf das Ausmaß des Verschuldens hat die belangte Behörde nicht - jedenfalls in keiner nachvollziehbaren Weise - vorgenommen. Vorliegend war, wie oben dargelegt, wenigstens Fahrlässigkeitsschuld anzunehmen (im letzten Absatz der Begründung auf Seite 5 des Straferkenntnisses spricht die belangte Behörde nur undifferenziert von "Verschulden", sagt aber nicht, welches Verschulden sie zugrundelegt). Aus der Aktenlage ist kein Hinweis auf vorsätzliche (diesfalls erschwerende) Tatbegehung des Berufungswerbers zu erkennen. Grob fahrlässiges Verhalten hingegen ist immerhin denkbar, wird jedoch im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers nicht angenommen.

7.3. Aus diesem Grund und insbesondere auch in abwägender Würdigung des besonderen Milderungsgrundes der Unbescholtenheit hat im Ergebnis die belangte Behörde mit der verhängten Geldstrafe zu hoch gegriffen. Das nunmehr festgesetzte Ausmaß erfüllt mit immerhin noch einem Zehntel des Strafrahmens die Strafzwecke. Die Bezahlung der Strafe in dieser Höhe ist nach der Aktenlage dem Berufungswerber zumutbar.

7.4. Die Ersatzfreiheitsstrafe war in Wahrung ihres Verhältnisses zur nun herabgesetzten Geldstrafe zu mindern.

8. Die verfügte Änderung des Spruchs modifiziert nicht die Tat, sondern dient der gebotenen Vervollständigung des Spruchteils gemäß § 44a Z3 VStG. Die insoweit beanspruchte Richtigstellungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenates ist auch der Hintergrund für die Verbesserung rechtlich irreführender Darlegungen in der Begründung des Straferkenntnisses; diesbezüglich ist nämlich selbst für einen verständigen Leser nicht leicht erkennbar, daß es sich dabei möglicherweise nur um bloße Versehen (aus denen freilich dem Berufungswerber kein Rechtsnachteil erwachsen wäre) handelt.

Zu IV.:

Der Ausspruch über die Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seinen Grund in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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