Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220336/3/Kon/Fb

Linz, 03.12.1992

VwSen - 220336/3/Kon/Fb Linz, am 3. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erläßt durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Franz H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 12.12.1991, 3-6761-91, nachstehenden S p r u c h :

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung über die eingangs zitierte Berufung gemäß § 51 Abs.1 VStG i.V.m. § 6 Abs.1 erster Halbsatz AVG und § 24 VStG nicht zuständig.

Begründung:

Der vorliegenden Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Laut Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 13. Juni 1991, erstattet bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land, hat Franz H, die Bestimmungen des § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr.267/1954 i.d.F. BGBl.Nr.39/1974, verletzt. Die Anzeige enthält eine nähere Darstellung der Tat und den Antrag, über den Genannten eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S gemäß § 31 Abs.2 lit.p des ANSchG zu verhängen.

Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat diese Anzeige mit Schreiben vom 24.6.1991, gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten zur Durchführung des Strafverfahrens abgetreten. Von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten ist daraufhin mit Schreiben vom 2.7.1991, 3-6761-91, gemäß § 40 Abs.2 VStG die Aufforderung zur Rechtfertigung ergangen. In der darin enthaltenen Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat ist, als Ort der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung angeführt. Bemerkt wird - wenngleich für die vorliegende Entscheidung unerheblich - das im erstbehördlichen Akt divergierende Tatzeiten (11.6.1991 bzw. 11.7.1991) aufscheinen. Ein Umstand, der nach h. Dafürhalten von einem offensichtlichem Irrtum der Erstbehörde herrührt.

In weiterer Folge ist im erstbehördlichen Verfahren von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als im Rechtshilfeweg ersuchte Behörde eine Zeugenladung ergangen, in der bei der Beschreibung der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit, der Unternehmenssitz des Beschuldigten,und der Ort der Baustelle: L, "Schulwarthaus", angeführt sind. Am 12.12.1991 ist sodann unter Zl.: 3-6761-91 das erstbehördliche Straferkenntnis ergangen. Aufzuzeigen ist, daß im Spruch desselben, abweichend vom Tatvorwurf laut Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.7.1991, der als Tatort herangezogene Unternehmenssitz des Beschuldigten nicht angeführt; der Spruch enthält lediglich die Bezeichnung der Baustelle:"Schulwarthaus" in In der Rechtsmittelbelehrung des erstbehördlichen Erkenntnisses ist der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich p.A. 3100 St. Pölten, Neugebäudeplatz, alternativ als Rechtsmitteleinbringungsstelle angegeben.

Der Beschuldigte hat gegen das erstbehördliche Straferkenntnis Berufung erhoben und diese bei der Erstbehörde eingebracht. Diese Berufung wurde nunmehr vom unabhängigen Verwaltungssenat im Lande Niederösterreich mit Schreiben vom 10. November 1992, Senat-AM-92-012, unter Anschluß des erstbehördlichen Verfahrensaktes unter Bezugnahme auf § 6 Abs.1 AVG und § 51 Abs.1 VStG an den h. Verwaltungssenat unter gleichzeitiger Verständigung der Verfahrensparteien weitergeleitet. Der unabhängige Verwaltungssenat im Lande Niederösterreich begründet diese Weiterleitung im wesentlichen damit, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnises keine ausdrückliche Bezeichnung eines Tatortes im Sinne des § 51 Abs.1 VStG enthalte. Im Hinblick auf die von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land am 24. Juni 1991 vorgenommene Abtretung der Strafsache gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Amstetten müsse davon ausgegangen werden, daß die einzige im Spruch enthaltene Ortsangabe, nämlich die in Oberösterreich gelegene Baustelle "Schulwarthaus", in, den von der ersten Instanz angenommenen Tatort darstelle.

Der O.ö. Verwaltungssenat vermag sich dieser Rechtsmeinung aus nachstehenden Gründen nicht anzuschließen.

Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung stellt ein Unterlassungsdelikt dar, bei dem als Ort der Begehung jener zu gelten hat, an dem der Täter hätte handeln sollen (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Wien 1990, Seite 854 f 1 unter Hinweis auf VwGH vom 26.2.1987, 86/08/0231). Als solcher Ort gilt bei Verletzung von dem Arbeitnehmerschutz dienenden Vorschriften der Sitz der Unternehmensleitung (Siehe wie vorhin Seite 856 E lit.b und lit.c unter Hinweis auf zahlreiche VwGH-Entscheidungen). Auch aus der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes so z.B. aus den Erkenntnissen vom 16. Dezember 1991 Zl.: 91/19/0289 bringt dieser zum Ausdruck, daß bei Arbeitnehmerschutzdelikten der Sitz der Unternehmensleitung als Ort der Begehung (Tatort) zu gelten hat.

Ausgehend von der durch die zahlreiche Rechtsprechung des VwGH untermauerten Ansicht, daß im vorliegenden Fall als Ort der Begehung der Sitz des Unternehmens, das ist St., zu gelten hat, liegt, was das gegenständliche Straferkenntnis betrifft, überhaupt kein Ausspruch der Behörde erster Instanz im Sinne des § 51 Abs.1 VStG (Sprengel der Tatbegehung) vor.

Eine Auslegung des § 51 Abs.1 VStG dergestalt, daß in Ermangelung eines Tatortausspruches andere im erstbehördlichen Spruch enthaltene Ortsangaben zwecks Ermittlung der zuständigen Berufungsinstanz, als Ort der Begehung heranzuziehen sind, ist nach h. Ansicht nicht zulässig. Enthält die Tatumschreibung des erstbehördlichen Straferkenntnisses keinen Tatort, so wäre dieser zunächst aus der Erkenntnisbegründung zu ermitteln. Enthält auch die Bescheidbegründung - wie im vorliegenden Fall - auch keine Angaben über den Tatort, so ist dieser anhand der sonst zur Verfügung stehenden Aktenteile zu ermitteln (siehe Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1991, G187/91-10 und G269/91-8, Seite 15 bis einschließlich Seite 17). Im vorliegenden Fall ist anhand der Aktenlage und zwar aufgrund der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2.7.1991 der Unternehmenssitz des Beschuldigten, St., als Tatort festzustellen gewesen. Aufgrund dieser Tatortangabe in der Verfolgungshandlung wie letztlich auch aus der Rechtsmittelbelehrung im angefochtenen Bescheid, in der der unabhängige Verwaltungssenat Niederösterreich als Berufungsinstanz aufscheint ist nach Ansicht des h. Verwaltungssenates auch davon auszugehen, daß sich die Bezirkshauptmannschaft Amstetten ungeachtet der unrichtigen Abtretung nach § 29a VStG, anstatt nichtigerweise gemäß § 27 VStG, durch die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als Tatortbehörde im Sinne des § 27 VStG erachtete.

Im Ergebnis ist sohin St.als Tatort anzusehen, weshalb zur Entscheidung über die Berufung gegen das vorliegende Straferkenntnis der unabhängige Verwaltungssenat im Lande Niederösterreich zuständig ist. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte daher seine Unzuständigkeit festzustellen.

Die Zulässigkeit zur bescheidmäßigen Absprechung über die Zuständigkeit (Unzuständigkeit) des O.ö. Verwaltungssenates ergibt sich daraus, daß dieser gemäß § 24 VStG i.V.m. § 6 Abs.1 erster Halbsatz AVG seine Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen hat. Eine Weiterleitung im Sinne einer zuständigkeitshalber erfolgenden Rückübermittlung durch den O.ö. Verwaltungssenat wäre aber nur im Fall einer mehr oder minder offenkundigen Unzuständigkeit in Betracht gekommen (vgl. VwGH vom 9.3.1970, Zl.: 526/89, abgedruckt in: Mannlicher-Quell, das Verwaltungsverfahren, 8. Auflage, Band I, Wien 1975, S. 645). Da aber im vorliegenden Fall von einer offenkundigen Zuständigkeit nicht ausgegangen werden kann, war mit der Regelform der bescheidmäßigen Absprache vorzugehen (vgl. R. Walter-H.Mayer, Grundriß des österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Wien 1987, RN 373 und 376; Hauer-Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Wien 1990, S. 381, FN 2).

Der Verfassungsgerichtshof hat die Erlassung von Feststellungsbescheiden auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage für zulässig erklärt, "wenn seine Erlassung für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist", was etwa auch dann der Fall ist, wenn sich die Partei bei ungeklärter Rechtslage der Gefahr einer Bestrafung aussetzen würde (siehe Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1991, S.155).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung die Beschwerde an den Verwaltungs- oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sofern sie vom Beschuldigten erhoben wird, ist sie von einem Rechtsanwalt zu unterfertigen.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h 6

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