Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220366/6/Kon/Fb

Linz, 04.03.1994

VwSen-220366/6/Kon/Fb Linz, am 4. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des S H , R , W , gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 20.10.1992, Ge96-2663-1991+1, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß:

1) der Beschuldigte in seiner Eigenschaft als Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 544/1982, bestraft wird und 2) die Zitierung des § 9 Abs.3 VStG als verletzte Rechtsvorschrift zu entfallen hat.

II. Der Berufungswerber hat 20 % der gegen ihn verhängten Strafe, ds 400 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 31 Abs.2 lit.p iVm § 61 Abs.3 AAV, BGBl.Nr.

218/1983 idF BGBl.Nr. 220/1993; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte der Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm § 61 Abs.3 AAV für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 31 Abs.2 ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 S, im Falle deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden verhängt, weil er es als bevollmächtigter Polier des Dipl.-Ing. K E unterlassen hat, dafür zu sorgen, daß am 12.11.1991 auf der Baustelle in V zwischen den Häusern F die 1,7 m tiefe Künette, in der S I als Dienstnehmer des Dipl.-Ing. K E an diesem Tag um 13.55 Uhr Arbeiten verrichtete, zu Pölzen obwohl Künetten bei Tiefen von mehr als 1,25 m so abzuböschen oder zu verbauen sind, daß Arbeitnehmer nicht gefährdet werden können.

Gleichzeitig wurde der Bestrafte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 200 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte S H rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung eingewandt, daß er sich zum Zeitpunkt, als die gegrabene Künette von S I betreten worden sei, nicht auf dieser Baustelle befunden habe. Tatsache sei auch, daß er zum Betreten der Künette keinen Auftrag gegeben habe und aufgrund seiner Abwesenheit hiefür nicht verantwortlich gemacht werden könne. Wer den Auftrag zum Betreten der Künette gegeben hat, wisse er nicht. Seiner Ansicht nach sei es nicht richtig, daß er auch für die Zeit seiner Abwesenheit von der Baustelle für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zuständig und verantwortlich gewesen wäre.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p ASchG begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 50.000 S oder mit Arrest bis zu drei Wochen zu bestrafen.

Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden; bei Vorliegen besonders erschwerender Umstände sind sie nebeneinander zu verhängen.

Gemäß § 61 Abs.3 AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr.

220/1993, sind beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretenden Erschütterungen mit dem Aushub fortschreitend so abzuböschen oder zu verbauen, daß Arbeitnehmer durch abrutschendes Material nicht gefährdet werden können. Wenn schlechte Bodenverhältnisse oder besondere Einflüsse, wie Erschütterungen durch den Straßenverkehr vorliegen, müssen auch schon bei einer geringeren Tiefe entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen sein.

Unbestritten ist, daß der Beschuldigte bei der gegenständlichen Baustelle als Polier der Firma Dipl.-Ing. K E zum Tatzeitpunkt eingesetzt war und als solcher dort auch die Funktion eines Bevollmächtigten iSd § 31 Abs.2 ASchG innehatte. Als Bevollmächtigten trifft ihn die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für die verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung.

Die Tatsache, was sich der Arbeitnehmer S I am 12.11.1991 in der nicht den Bestimmungen des § 61 Abs.3 AAV entsprechenden Künette befand und dort arbeitete, ist der Aktenlage nach erwiesen und wird vom Beschuldigten in seiner Berufung auch nicht bestritten. Sein Vorbringen, er hätte sich um 13.55 Uhr, das ist der Zeitpunkt in dem der genannte Arbeitnehmer am 12.11.1991 in der vorschriftswidrigen Künette angetroffen wurde, nicht auf der Baustelle befunden bzw daß er dem genannten Arbeitnehmer keinen Auftrag zum Betreten der Künette erteilt habe, vermag seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit nicht zu beseitigen.

Abgesehen davon, daß eine Künette bei einer Tiefe von 1,25 m jedenfalls - bei ungünstigen Bodenverhältnissen schon bei einer geringeren Tiefe zu pölzen ist - hätte er diesfalls solche Maßnahmen zu treffen gehabt, die auch im Falle seiner Abwesenheit unter den voraussehbaren Umständen die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften (im vorliegenden Fall der AAV) mit ausreichender Sicherheit hätten erwarten lassen. Es ist dabei weder Aufgabe der Erstbehörde noch der Berufungsinstanz, dem Beschuldigten darzulegen, welche Maßnahmen im besonderen er diesbezüglich zu treffen gehabt hätte.

Da jedenfalls nach der Verantwortung des Beschuldigten in seiner Berufung nicht davon ausgegangen werden kann, daß ihm die Einhaltung der von ihm verletzten Verwaltungsvorschrift unverschuldet nicht möglich gewesen war, ist auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung im Sinne des Verschuldens voll erfüllt. Der Schuldspruch der Erstbehörde ist sohin zu Recht erfolgt.

Zum Strafausmaß:

In Anbetracht der im Gesetz vorgesehenen Höchststrafe von 50.000 S stellt sich die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe von 2.000 S als im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen dar. In diesem Ausmaß entspricht sie voll dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat und ist dem Beschuldigten, der laut eigenen Angaben über ein Nettogehalt von 23.000 S verfügt, ein Einfamilienhaus besitzt und sorgepflichtig für seine Gattin und eine Tochter ist, ungeachtet seines aufgenommenen Darlehens in der Höhe von 300.000 S zwecks Haussanierung, wirtschaftlich zumutbar. Da berechtigterweise davon ausgegangen werden kann, daß die Verhängung einer, wenngleich auch nur geringen Strafe, den Beschuldigten in Hinkunft dazu verhalten wird, die Arbeitnehmerschutzvorschriften bei Aushubarbeiten strenger zu beachten, wird mit diesem Strafbetrag der Präventivzweck der Strafe noch erreicht. Ein weiteres Herabsetzen der Strafe oder gar ein Absehen von dieser, würde jedoch den Schutzzweck der übertretenen Norm, der im Schutz des Lebens und der Gesundheit von Arbeitnehmern gelegen ist, zuwiderlaufen. Es war daher das Strafausmaß zu bestätigen.

Aus den dargelegten Gründen war der vorliegenden Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruch (Abschnitt I.) zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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