Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220376/2/Kl/Rd

Linz, 05.05.1993

VwSen - 220376/2/Kl/Rd Linz, am 5. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Dipl.Ing. D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 3.11.1992, Ge96-21-1991/Fr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitszeitgesetz (Faktum 2) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis (Faktum 2) aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlagen: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

II. Es entfällt jeglicher Strafkostenbeitrag.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 3.11.1992, Ge96-21-1991/Fr, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1) 18.000 S und 2) 8.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1) 9 Tagen und 2) 4 Tagen verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der "W" zu verantworten hat, daß, wie im Zuge einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, die bei der obgenannten Baufirma beschäftigten namentlich genannten 1) 8 Arbeitnehmer und 2) 4 Arbeitnehmer in der Zeit vom 12. bis 23.11.1990 auf der Baustelle "L" in, zur Arbeitsleistung 1) von einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 10 Stunden und 2) von einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 50 Stunden herangezogen wurden, obwohl die tägliche/wöchentliche Arbeitszeit nicht 10 Stunden/50 Stunden überschreiten darf. Es wurden daher Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 und § 7 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes begangen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis dem ganzen Inhalte nach angefochten. Als Begründung wurde im wesentlichen die örtliche Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Perg geltend gemacht und bemängelt, daß eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers aufgrund der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 9 VStG mit nachweisbarer Zustimmung am 11.12.1989 nämlich des Herrn Ing. B - nicht gegeben sei. Im übrigen wurde auch der Tatvorwurf hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer und die Strafhöhe angefochten. Es wurde daher die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Strafherabsetzung beantragt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt. Im übrigen wurde zu den Verwaltungsstrafverfahren VwSen-220371, 220372 und 220409/1992, in welchen ebenfalls die Verantwortlichkeit des Berufungswerbers aufgrund einer Bestellungsurkunde eines verantwortlichen Beauftragten vom 1.12.1989 bestritten wird, zur Klärung dieser Frage eine öffentliche mündlichen Verhandlung am 7.4.1993 abgehalten, zu der neben den Verfahrensparteien das Arbeitsinspektorat für den 18. Aufsichtsbezirk als Verfahrensbeteiligter sowie die Zeugen geladen wurden, wobei die beiden letztgenannten Zeugen nicht erschienen sind. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war daher nicht mehr anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgenden entscheidungsrelevanten erwiesenen Sachverhalt festgestellt:

4.1. Die der Berufung angeschlossene als "Rundschreiben an alle Bauleiter" titulierte Bestellungsurkunde über die Bestellung des Ing. B zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Hochbau vom 1.12.1989 enthält folgenden Inhalt: "Aus gegebenem Anlaß werden alle Bauleiter um genaue Einhaltung aller gesetzlicher Vorschriften, insbesondere des Arbeitszeitgesetzes, des Sonntagsruhegesetzes und der Bauarbeiterschutzverordnung ersucht.

Da in letzter Zeit laufend Anzeigen durch das Arbeitsinspektorat eingegangen sind, werden die Bauleiter darauf hingewiesen, daß sie in Zukunft für ihre Baustelle als verantwortliche Beauftragte im Fall einer Anzeige gelten. Wir ersuchen sie daher zum Zeichen ihres Einverständnisses, dieses Rundschreiben zu unterfertigen.".

4.2. Die Einvernahme des Zeugen Ing. W hat in glaubwürdiger und unzweifelhafter Weise ergeben, daß ihm dieses Rundschreiben bei einer firmeninternen Besprechung als Schreiben der Geschäftsführung, also des Herrn Dipl.Ing. D, überreicht wurde, und zwar mit dem Zweck, daß Dipl.Ing. W nicht mehr für Anzeigen und Verwaltungsstrafverfahren einstehen sollte, sondern daß der genannte Zeuge nunmehr für den Bereich des Hochbaues selbständig und verantwortlich, auch im Hinblick einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, sei. Wie schon der Unternehmensname besagt, ist das Unternehmen dem Gegenstande nach in den Bereich Hochbau und in den Bereich Tiefbau geteilt, wobei der einvernommene Zeuge für den Bereich Hochbau die Leitung, Organisation und Personalgewalt innehatte und für diesen Bereich auch für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen im weitesten Sinne zu sorgen hatte bzw. für die Nichteinhaltung verantwortlich ist. Die gesetzlichen Bestimmungen sind dem Zeugen bekannt und werden diese auch an die Bauleiter und Poliere weitergegeben, und es werden diese zur Einhaltung ermahnt und werden diesen für den Fall der Nichteinhaltung letztlich auch personelle Konsequenzen bis hin zu einer Entlassung angedroht und nötigenfalls auch durchgeführt. Zur Entscheidungsbefugnis bzw. Anordnungsbefugnis hat der Zeuge keinen Zweifel offengelassen, daß ihm diese Befugnis einerseits schon aufgrund seiner Anstellung in der Firma als Bauleiter bzw. mit dem Einstieg als Gesellschafter in die GesmbH zukam, wobei er ohne Rücksprache mit Dipl.Ing. D Personal selbständig aufnehmen und entlassen kann. Auch werden die Arbeitnehmer für die jeweiligen Baustellen von ihm persönlich zugeteilt. Ein Mehrbedarf wäre dann bei ihm durch den jeweiligen Bauleiter bzw. Polier geltend zu machen. Auch eventuelle personelle Schwierigkeiten sind ihm zu melden, sodaß er persönlich dann personelle Konsequenzen ziehen könne. Auch steht dem Zeugen die jederzeitige Kontrolle der Baustellen bzw. Arbeitnehmer offen und wird eine solche auch stichprobenartig durchgeführt. Die personellen Befugnisse stehen anderen Personen im Bereich des Hochbaues nicht zu. Zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften werden die Poliere bzw. Bauleiter vom genannten Zeugen angewiesen und angehalten, insbesondere auch in der jährlichen BauleiterPolierbesprechung. Auch werden Besonderheiten an Baustellen mit ihm abgeklärt. Auch werden Beanstandungen durch Arbeitsinspektorate an Baustellen dem Zeugen gemeldet und von ihm eine Behebung angeordnet.

Mit der Unterzeichnung dieser Urkunde wurde für den Zeugen klar zum Ausdruck gebracht, daß er nun für den Bereich Hochbau für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlich, auch im Sinne einer verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit, sei. Durch Zurkenntnisbringung dieses Rundschreibens an die übrigen Bauleiter wurden auch diese über die Verantwortlichkeit aufgeklärt.

4.3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde auch der für den Bereich Tiefbau als verantwortlicher Beauftragter bestellte Zeuge Dipl.Ing. T einvernommen, welcher im wesentlichen in seiner Zeugenaussage die gleiche Intention des Rundschreibens glaubwürdig darlegte und insbesondere zum Ausdruck brachte, daß die Zustimmung zur Bestellung als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher für den Bereich der Arbeitnehmerschutzbestimmungen damit von der Geschäftsführung DI W auf die genannten Bauleiter übergehen sollte, wobei die Unterweisung der Bauleiter und Poliere in arbeitnehmerschutzrechtlichen Belangen, die Kontrolle, die Durchführung und auch die Konsequenzen bzw. Maßnahmen bei Nichteinhaltung in die alleinige Verantwortlichkeit der genannten Beauftragten T und B übergehen sollten.

4.4. Die einvernommenen Zeugen vermittelten einen überzeugenden Eindruck, insbesondere auch hinsichtlich der ihnen zukommenden Anordnungsbefugnis. Auch ließen sie eindeutig erkennen, daß die Zustimmung zu ihrer Bestellung den Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit vom handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens Dipl.Ing. W auf ihre Person bedeutet.

5. Es hat daher der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Nach Abs.2 der zitierten Bestimmung sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist (§ 9 Abs.4 leg.cit.).

Im Grunde dieser Bestimmungen und unter Berücksichtigung des unter Punkt 4. festgestellten Sachverhaltes war daher davon auszugehen, daß der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher zur Vertretung nach außen Berufener der W mit Urkunde vom 1.12.1989 Ing. B für den im Unternehmen klar abgegrenzten Bereich Hochbau als verantwortlichen Beauftragten zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bestellt hat. Dieser Bestellung hat der Beauftragte durch seine Unterschrift, insbesondere im Hinblick auf den letzten Satz des Rundschreibens, sein Einverständnis bzw. seine Zustimmung erteilt.

Geht auch aus dieser Bestellungsurkunde eine Anordnungsbefugnis expressis verbis nicht hervor, so war aufgrund des Beweisverfahrens als erwiesen anzusehen, daß eine solche Anordnungsbefugnis tatsächlich bestand, und zwar schon vor der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten.

Die Anordnungsbefugnis muß nämlich dem Umfang der Verantwortlichkeit entsprechen, dh sie muß dem Beauftragten ermöglichen, das Verhalten der Mitarbeiter insoweit nachhaltig zu beeinflussen, als er es zu verantworten hat (vgl. Ringhofer, Manz, Verwaltungsverfahren, Band II, Seite 124, Anm. 16).

Durch seine weitreichende bzw. umfassende Entscheidungsbefugnis hat der für den Hochbau bestellte Beauftragte eindeutig zu erkennen gegeben, daß er das Verhalten der Mitarbeiter nachhaltig zu beeinflussen in der Lage ist, um die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen durchzusetzen.

5.2. Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses blieb daher kein Zweifel offen, daß der Berufungswerber rechtswirksam und noch vor dem Tatzeitpunkt einen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichen Beauftragten bestellt hat. Im Grunde dieses Verfahrensergebnisses war daher das gegen den Berufungswerber gerichtete Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren im Hinblick auf den Berufungswerber einzustellen. Auf die weiteren Berufungsausführungen war daher nicht mehr einzugehen.

6. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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