Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220391/7/Ga/Fb

Linz, 06.07.1993

VwSen - 220391/7/Ga/Fb Linz, am 6. Juli 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des W, gegen das wegen Übertretung der Azetylenverordnung erlassene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. November 1992, Zl. Ge-96/253/1990/Eich, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52; § 31 Abs.1 und Abs.2, § 32, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c und § 51e Abs.1 VStG. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis den Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung schuldig gesprochen, weil er als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der "A", zu vertreten habe, daß in dem in K (vorherige Straßenbenennung: E), wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz anläßlich einer Überprüfung am 18. Oktober 1990 festgestellt worden ist, bei der in der Werkstätte aufgestellten Autogenschweißanlage die Ummantelung des Azetylen- und des Sauerstoffschlauches ab den Armaturen in einem rissigen und porösen Zustand gewesen sei und diese Schläuche somit nicht gut instand gehalten gewesen seien, obwohl gemäß Punkt 4. des Anhangs zur Azetylenverordnung Gasschläuche von autogenen Schweißanlagen gut instand gehalten werden müssen; deswegen wurde über ihn wegen Verletzung des § 66 der Azetylenverordnung iVm Punkt 4. des Anhangs zu dieser Vorschrift gemäß § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt; außerdem wurde der Berufungswerber verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 300 S zu leisten.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die bei der Strafbehörde eingebrachte Berufung; der Berufungswerber bestreitet - erkennbar mit dem Vorwurf inhaltlicher Rechtswidrigkeit -, daß eine Übertretung der Azetylenverordnung überhaupt vorliege, weil, selbst wenn die Ummantelung der Gasschläuche tatsächlich porös gewesen wäre, daraus allein (noch) nicht geschlossen werden könne, daß die Schläuche als solche nicht gut instand gehalten gewesen wären.

2. Die Strafbehörde als belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern die Berufung samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat, nach Einsicht in den Strafakt zu Zl. Ge-96/253/1990/Eich, über die zulässige - Berufung erwogen:

3.1. Schon aus der Aktenlage war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aufzuheben ist.

3.2.1. § 66 der (als Bundesgesetz weitergeltenden) Azetylenverordnung verweist hinsichtlich der (auch) arbeitnehmerbezogenen Sicherheitsvorschriften auf den Anhang; dessen Punkt 4. "Schläuche" ordnet mit seinem ersten Absatz an, daß Gasschläuche u.a. sicher befestigt und gut instand gehalten werden müssen. Was unter Gasschlauch zu verstehen ist, definiert die Azetylenverordnung nicht; weder ist geregelt, aus welchen Bestandteilen derartige Gasschläuche bestehen (müssen) noch daß der Begriff "Schlauch" auch eine allfällig vorhandene Ummantelung umfaßt.

3.2.2. Nach § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist (hier: sechs Monate) von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 VStG) vorgenommen worden ist.

3.2.3. Nach § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wurde in diesem Fall ein behördlicher Akt gesetzt, der als Verfolgungshandlung in Betracht kommt, nämlich die Strafverfügung vom 23. Jänner 1991 (abgesendet am 6. Februar 1991).

3.3. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (vgl. die VwGH-Erkenntnisse verstärkter Senate vom 19. Oktober 1978, Slg. NF 9664/A, und vom 19. September 1984, Slg. NF 11525/A, sowie die Erkenntnisse vom 16. Jänner 1984, Zl. 10/2883/80 = ZfVB 1984/5/3055, und vom 9. Juli 1992, Zl. 92/10/0004). Die Strafverfügung vom 23. Jänner 1991 enthält (nur) den Vorwurf, daß die Azetylen- und Sauerstoffschläuche (als solche) ab den Armaturen in einem rissigen und porösen Zustand gewesen seien. Dem sachverhaltsbezogenen Tatvorwurf dieser Verfolgungshandlung ist jedoch nicht zu entnehmen, daß ein rissiger und poröser Zustand lediglich an der Ummantelung des Azetylen- und des Sauerstoffschlauches festgestellt worden wäre. Vom Faktum der Ummantelung, und davon abgeleitet von einer Schlußziehung auf den Zustand der Schläuche selbst war das erste Mal im Zuge der Zeugenvernehmung vom 29. Juni 1992 und sodann in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7. Juli 1992 die Rede. Indem aber der Vorwurf im bekämpften Schuldspruch, daß nämlich die Schläuche nicht gut instand gehalten worden seien, auf eine vom Zustand der Ummantelung abgeleitete Schlußziehung gestützt ist, hat somit die Strafverfügung vom 23. Jänner 1991 als Verfolgungshandlung ein wesentliches, der Bestrafung zugrundeliegendes Sachverhaltselement nicht enthalten gehabt. Einer Bestrafung des Berufungswerbers steht daher Verfolgungsverjährung entgegen.

4. Im Ergebnis ist die Berufung begründet und war das Straferkenntnis aufzuheben. Die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens war zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die weitere Verfolgung des Berufungswerbers in dieser Sache ausschließen.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine schriftliche Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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