Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220401/11/Kon/Fb

Linz, 16.03.1994

VwSen-220401/11/Kon/Fb Linz, am 16. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des H L , L , G , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R , L , F , gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.11.1992, GZ: 501/SW-48/91(g)-Str, wegen Übertretungen des § 31 Abs.2 ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idF BGBl.Nr. 650/1989, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des unter a) erhobenen Tatvorwurfes (Übertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.d ASchG iVm § 8 Abs.2 AAV) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in bezug auf diesen Tatvorwurf voll bestätigt.

II. Hinsichtlich des unter b) erhobenen Tatvorwurfes (Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.3 lit.a iVm § 9 Abs.1 ASchG iVm § 92 Abs.2 AAV) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis bezüglich dieses Tatvorwurfes behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

III. Der Bestrafte hat zuzüglich zu den Verfahrenskosten erster Instanz 20 % der zu Faktum a) verhängten Strafe, ds 600 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsver fahrens zu zahlen; hinsichtlich des mit Spruchabschnitt II entschiedenen Verfahrens entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 31 Abs.2 lit.d iVm § 8 Abs.2 ASchG iVm § 3 Abs.1 Z8 der Verordnung BGBl.Nr. 39/1947; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 31 Abs.3 lit.a iVm § 9 Abs.1 ASchG iVm § 92 Abs.2 AAV; § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG und § 45 Abs.1 Z2 (erster Fall).§ 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

zu III.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten in seiner Eigenschaft als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der L GesmbH & CoKG zur Last gelegt, es zu verantworten zu haben, daß am 24.7.1991 ein Arbeitnehmer der angeführten Gesellschaft, und zwar J F , im Erdgeschoß des Hauptgebäudes auf der Baustelle "S , W ", 31 Stück ca. 1,1 x 0,6 m große Radiatoren mittels einer Druckluftspritzpistole unter Verwendung des Lackes Dolwajet-Heizkörperlack, welcher als Lösungsmittel Xylol enthält, lackierte, a) ohne, daß vorher durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt worden war, daß seine Gesundheit eine derartige Beschäftigung zuläßt und b) ohne über die von diesem Stoff ausgehenden Gesundheits-, Brand- und Explosionsgefahren sowie die zu beachtenden Schutzmaßnahmen unterwiesen worden zu sein.

Der Beschuldigte wurde daher für schuldig erkannt, folgende Rechtsvorschriften verletzt zu haben:

ad a) § 31 Abs.2 lit.d ASchG iVm § 8 Abs.2 ASchG iVm § 3 Abs.1 Z8 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten, BGBl.Nr. 39/1947, sowie ad b) § 31 Abs.3 lit.a ASchG iVm § 9 Abs.1 ASchG iVm § 92 Abs.2 der AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF.

Über den Beschuldigten wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen in Anwendung des § 22 VStG (Kumulation) folgende Geldstrafen im Falle deren Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen, verhängt:

ad a) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) ad b) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) Der Gesamtstrafbetrag beträgt 5.000 S.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, insgesamt 500 S als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte, vertreten wie eingangs angeführt, rechtzeitig Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen vorgebracht:

Unbestrittenerweise habe der Arbeitnehmer Johann Fischerlehner am 24.7.1991 Lackierarbeiten mit einem xylolhältigen Lack durchgeführt. Es sei jedoch unrichtig, daß vorher keine besondere ärztliche Untersuchung an dessen Person stattgefunden habe. Wie der Beschuldigte bereits in seiner Stellungnahme und der genannte Arbeitnehmer in seiner Zeugenaussage dargelegt hätten, hat sich der Arbeitnehmer kurz vor der Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat einer ärztlichen Untersuchung unterzogen, bei der ihm Blut abgenommen wurde, in diesem jedoch keinerlei Giftstoffe festzustellen waren. Dem Arbeitnehmer sei ein ausgezeichneter Gesundheitszustand attestiert worden. Es sei jedem gesunden Menschen möglich, mit einem Lack zu arbeiten, der das Lösungsmittel Xylol enthält. Aufgrund des ärztlichen Attestes, das dem Arbeitnehmer J F ausgestellt worden sei, sei dieser für derartige Arbeiten geeignet gewesen.

Die Erstbehörde sei davon ausgegangen, daß der Arbeitnehmer F über die wesentlichen Eigenschaften des Arbeitsstoffes Xylol vom Beschuldigten nicht unterwiesen worden sei, ohne dabei auf die Stellungnahme des Beschuldigten, wie auch auf die zeugenschaftliche Aussage des Arbeitnehmers F einzugehen.

Es wären auch ausreichende Schutzvorkehrungen vorgelegen, insbesondere sei die Be- und Entlüftung optimal gewesen.

Dies erkläre auch, daß das Arbeitsinspektorat die Dämpfe schon von weitem wahrnehmen konnte. Aus diesem Grund, wie weiters in Anbetracht des Umstandes, daß der Arbeitnehmer F nur äußerst selten mit dem Lösungsmittel Xylol zu tun habe, sei die Verwendung einer Grobstaubfiltermaske als Schutzmaßnahme objektiv ausreichend gewesen.

Der Beschuldigte informiere seine Arbeitnehmer laufend über die bei Anstreich- und Lackierarbeiten verwendeten Lösungsmittel und die darin enthaltenen gefährlichen Stoffe sowie über die je zu treffenden Schutzvorkehrungen. Weiters hätten sich die Arbeitnehmer regelmäßig einer berufsspezifischen ärztlichen Untersuchung unterzogen. Aus diesem Grund kann die Tat dem Beschuldigten auch subjektiv nicht angelastet werden, weshalb auch der subjektive Tatbestand nicht gegeben sei.

Die Erstbehörde hat von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 51b VStG Abstand genommen und die gegenständliche Berufung unter Anschluß des Verfahrenaktes sogleich dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hat in den erstbehördlichen Akt Einsicht genommen und darin einen ausreichend ermittelten und unter Beweis gestellten Sachverhalt vorgefunden, sodaß die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich war, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich beantragt wird.

Das Arbeitsinspektorat hat zu den Berufungsausführungen eine Stellungnahme abgegeben; seitens des Berufungswerbers wurde hiezu eine Gegenäußerung erstattet.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs.2 lit.d ASchG iVm § 8 Abs.2 begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die zu Tätigkeiten, bei denen die dabei Beschäftigten Einwirkungen ausgesetzt sein können, die erfahrungsgemäß die Gesundheit zu schädigen vermögen, Arbeitnehmer heranziehen, bei denen eine besondere ärztliche Untersuchung (§ 8 Abs.2 erster Satz) nicht vorgenommen wurde, oder der ein Gesundheitszustand nach dem Ergebnis einer besonderen ärztlichen Untersuchung eine derartige Beschäftigung nicht zuläßt (§ 8 Abs.2 erster Satz), oder Arbeitnehmer, die in bestimmten Zeitabständen einer Untersuchung zu unterziehen sind, ohne diese Untersuchung weiter beschäftigen (§ 8 Abs.2 zweiter Satz), eine Verwaltungsübertretung, und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z8 der Verordnung über die gesundheitliche Eignung von Arbeitnehmern für bestimmte Tätigkeiten, BGBl.Nr. 39/1974, sind bei Einwirkungen durch Xylole derartige ärztliche Untersuchungen, bei denen festgestellt wird, daß der Gesundheitszustand des Arbeitnehmers vor allem hinsichtlich der spezifischen in Betracht kommenden Organe eine derartige Beschäftigung zuläßt, unbedingt notwendig.

Erst nach dieser Untersuchung dürfen diese Arbeitnehmer zu solchen Tätigkeiten herangezogen werden.

Gemäß § 4 Abs.1 der vorzitierten Verordnung sind besondere ärztliche Untersuchungen nach § 3 von Ärzten oder von Einrichtungen, die sich mit der Durchführung arbeitsmedizinischer Untersuchungen befassen, vorzunehmen, die für die in Betracht kommenden Untersuchungen vom Bundesminister für soziale Verwaltung ermächtigt sind.

Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung ist in objektiver Hinsicht gegeben, weil aufgrund der zeugenschaftlichen Angaben des Arbeitnehmers F feststeht, daß er sich keiner Untersuchung gemäß § 3 Abs.1 der voranzitierten Verordnung durch einen hiezu vom Sozialminister ermächtigten Arzt unterzogen hat. Hinsichtlich des zusätzlichen Vorliegens der subjektiven Tatseite wird der Berufungswerber auf die zutreffenden Ausführungen in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen.

In Anbetracht der Strafobergrenze von 50.000 S einerseits und der Schwere der Folgen, die durch die Verwendung eines allenfalls gesundheitlich ungeeigneten Arbeitnehmers für Lackierungsarbeiten mit xylolhältigen Lacken ergeben können, erweist sich die verhängte Strafe als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat entsprechend. Eine Herabsetzung der ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens gelegenen Geldstrafe, wie dies der Berufungswerber beantragt, wäre aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht vertretbar und würde überdies dem Schutzzweck der Strafnorm zuwiderlaufen.

Der Strafbetrag ist dem Beschuldigten, aufgrund der von der Erstbehörde ermittelten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse auch wirtschaftlich zumutbar.

Aus diesem Grund war der Berufung bezüglich dieser Verwaltungsübertretung keine Folge zu geben und war wie im Spruch (Abschnitt I) zu entscheiden.

zu II.:

Gemäß § 25 Abs.2 VStG sind die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

Es ist zunächst aufzuzeigen, daß dem unter lit.b erhobenen Tatvorwurf die Rechtfertigungsangaben des Beschuldigten, insbesondere aber die zeugenschaftlichen Angaben des Arbeitnehmers F entgegenstehen. So hat der genannte Arbeitnehmer bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung angegeben, über die Gefahr bei der Verwendung xylolhältiger Lacke bescheid zu wissen und diesbezüglich auch vom Beschuldigten belehrt worden zu sein. Er gab auch an, daß jeder Arbeitnehmer den Durchschlag eines Schreibens, in welchem die Gefahren xylolhältiger Lacke aufgezeigt seien, bekommen hätte. Der Umstand, daß der genannte Arbeitnehmer bei den besagten Lackierungsarbeiten lediglich mit einer Grobfilterstaubmaske als Schutzvorrichtung ausgestattet war, widerlegt dessen Aussage nicht und kann auch nicht als Beweis dafür herangezogen werden, daß der Beschuldigte seiner Unterweisungspflicht gemäß § 92 Abs.2 AAV nicht nachgekommen wäre. So ist es durchaus möglich, daß ein über die Gefahren xylolhältiger Lacke belehrter Arbeitnehmer bei entsprechenden Arbeiten diese trotzdem aus welchen Gründen immer - nur mit unzureichender Schutzausrüstung vornimmt.

Bemerkt wird, daß die unzureichende Ausstattung eines Arbeitnehmers mit Schutzvorrichtungen bei Lackierungsarbeiten einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 16 Abs.1 AAV darstellt. Diese ist dem Beschuldigten aber nicht vorgeworfen worden.

Da die dem Beschuldigten unter lit.b angelastete Verwaltungsübertretung aus obigen Gründen weder als erwiesen noch als begangen angesehen werden kann, war diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und wie im Spruch zu entscheiden.

zu III.:

Der Ausspruch über die Kosten des Berufungsverfahrens ist in den zitierten Gesetzesstellen begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

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