Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-220403/5/Kl/Rd

Linz, 31.01.1994

VwSen-220403/5/Kl/Rd Linz, am 31. Jänner 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der U T , S , D gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 3.12.1992, Ge96/23/3-1991/L/M, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1973 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 3.12.1992, Ge96/23/3-1991/L/M, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs.1 lit.b Z25 (richtig: iVm § 366 Abs.1 Z1) GewO 1973 verhängt, weil sie am 2.2.1991 in den Oberösterreichischen Nachrichten mittels einer Annonce eine gewerbliche Tätigkeit einem größeren Personenkreis angeboten hat (Zitat: "Rolläden zu Minipreisen. T , A , . MarkisenJalousien"), ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung zu besitzen.

Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S festgelegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht im Wege der Telekopie Berufung eingebracht, in welcher ausgeführt wurde, daß am 22.1.1991 spontan von der Berufungswerberin der Gewerbeschein zurückgelegt worden sei, daß aber vergessen wurde, die kurz zuvor aufgegebene Annonce abzubestellen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding als belangte Behörde hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und mitgeteilt, daß die Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung überprüft wurde und die Richtigkeit des Straferkenntnisses bekräftigt werde.

4. Da bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich ist, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

5. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 Gewerbeordnung 1973 (kurz: GewO) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Anmeldungsgewerbe (§ 5 Z1) ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 5 Z1 GewO 1973 sind Anmeldungsgewerbe Gewerbe, die bei Erfüllung der allgemeinen oder der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden dürfen (Z1), und konzessionierte Gewerbe solche Gewerbe, die erst nach Erlangung einer Bewilligung (Konzession) ausgeübt werden dürfen (Z2). Die Anmeldungsgewerbe werden bezeichnet als Handwerke, gebundene Gewerbe oder freie Gewerbe (§ 6 Z1 bis Z3 GewO 1973).

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1973 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Das Anbieten einer dem Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten (§ 1 Abs.4 GewO).

Gemäß § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO ist das Handelsgewerbe, mit Ausnahme der konzessionierten Handelsgewerbe, ein gebundenes Gewerbe.

5.2. Gemäß § 44a Z1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat der Spruch des Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Es muß daher dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Es ist daher erforderlich, daß alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind, anzuführen.

5.3. Der Berufungswerberin wird eine Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO 1973 - richtigerweise wohl in Verbindung mit § 366 Abs.1 Z1 und § 1 Abs.4 GewO 1973 vorgeworfen. Im Sinne der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen wäre es daher erforderlich gewesen, alle Tatbestandselemente, die den Tatbestand der zitierten Verwaltungsvorschrift ergeben, konkret im Spruch anzuführen.

In diesem Sinne wäre es jedenfalls erforderlich gewesen, die gewerbliche Tätigkeit konkret zu umschreiben und dem betreffenden Gewerbe nach der Gewerbeordnung, nämlich dem Handelsgewerbe als gebundenem Gewerbe, zuzuordnen. Nur mit dieser Zuordnung, welche auch vorzuwerfen ist, ist weiters erkenntlich, daß der Tatbestand der Z1 des § 366 Abs.1 (Anmeldungsgewerbe) erfüllt ist und nicht der Tatbestand des § 366 Abs.1 Z2 GewO (konzessioniertes Gewerbe). Die Anführung der betreffenden Gesetzesstelle (§ 103 Abs.1 lit.b Z25 GewO) reicht hingegen nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus.

Im übrigen wäre noch neben dem Anbieten der Tätigkeit des Handelsgewerbes an einen größeren Kreis von Personen auch die Gewerbsmäßigkeit dieser angebotenen Tätigkeit in den Spruch aufzunehmen. Auch dieses Erfordernis hat der Ver waltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur deutlich hervorgehoben.

5.4. Da das angefochtene Straferkenntnis in seinem Spruch den genannten Konkretisierungsanforderungen nicht entspricht, und eine geeignete Verfolgungshandlung innerhalb der vom Verwaltungsstrafgesetz festgelegten sechsmonatigen Verjährungsfrist nicht ergangen ist, konnte eine Spruchberichtigung auch vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht durchgeführt werden. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5.5. Ergänzend wird bemerkt, daß gemäß § 16 Abs.2 VStG, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht ist, die Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen nicht übersteigen darf. In Anbetracht der höchstmöglichen Geldstrafe von 50.000 S und einer höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen erscheint daher die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe (in Relation zur verhängten Geldstrafe) sehr hoch. Schließlich ist nach der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Falle einer Übertretung nach § 366 Abs.1 GewO als Verwaltungsstrafnorm der § 366 Abs.1 Einleitungssatz GewO 1973 zu zitieren.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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