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VwSen-220412/7/Gu/Gr

Linz, 18.05.1993

VwSen - 220412/7/Gu/Gr Linz, am 18. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des W gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz vom 5. November 1992, Gz 501/R, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes nach der am 27. April 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten W eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 31 Abs.2 lit.p iVm § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 ASchG iVm § 43 Abs.1 Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954 idgF § 45 Abs.1 Z1 erster Sachverhalt VStG.

Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG. Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem angefochtenen Straferkennis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, es als Bevollmächtigter im Sinn des § 31 Abs.2 ASchG und somit als für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften Verantwortlicher der M, vertreten zu müssen, daß am 17. Juli 1991 auf der Baustelle in K bei der Firma K zumindest zwei Arbeitnehmer des vorstehenden Betriebes im Traufenbereich bei einer Dachneigung von ca. 5 Grad in einer Absturzhöhe von ca. 10 m beschäftigt gewesen seien, ohne daß Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen oder Materialien verhindert hätte, getroffen worden seien. Auf der Baustelle sei lediglich ein Sicherheitsgürtel vorhanden gewesen, obwohl zumindest vier Arbeitnehmer des vorstehenden Betriebes auf dieser Baustelle tätig gewesen seien. Wegen Verletzung des § 31 Abs.2 lit.p ASchG iVm § 43 Abs.1 der Bauarbeitenschutzverordnung wurde dem Berufungswerber eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von S 1.000,-- auferlegt.

Der Rechtsmittelwerber hat gegen dieses Straferkenntnis am 11. Dezember 1992 mündlich Berufung erhoben. In der Folge hat er als Berufungsgründe dargetan, daß er nicht zum Bevollmächtigten bestellt worden sei. Bis 1983 habe Herr M die Gewerbeberechtigung inne gehabt und die Verantwortung alleine wahrgenommen. Nach Übergang der Firma an die Nachfolge GesmbH habe Herr S die Hauptanteile des Betriebes besessen, als handelsrechtlicher Geschäftsführer fungiert und die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften getragen.

Seit 1990 habe Herr S die Anteile des S gekauft und seit diesem Zeitpunkt auch die Verantwortung in der Gestalt als handelsrechtlicher Geschäftsführer inne gehabt.

Nachdem sich der Rechtsmittelwerber für die Tat nicht verantwortlich fühlt beantragt er die Behebung der Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens gegen ihn.

Aufgrund der Berufung wurde am 27. April 1993 in Gegenwart des Beschuldigten und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Linz die öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, in deren Rahmen der Beschuldigte vernommen und darüber hinaus Auskunft aus dem Gewerberegister eingeholt.

Demnach wird folgender Sachverhalt festgestellt: Die M übte zum Tatzeitpunkt vom Standort, L, das Dachdecker- und Spenglergewerbe aus. Handelsrechtlicher Geschäftsführer der GesmbH war U; hingegen war als gewerberechtlicher Geschäftsführer in beiden Gewerben Herr M bestellt.

Nachdem am 17. Juli 1991 ein Arbeitsinspektor des 9. Aufsichtsbezirkes in K die Baustelle bei der Firma K besichtigt und festgestellt hatte, daß mindestens zwei Arbeitnehmer der M GesmbH im Traufenbereich ohne Sicherheitsmaßnahme beschäftigt waren, erstattete dieser Anzeige bei der für den Sitz des Unternehmens zuständigen Strafbehörde - dem Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz.

Diese Behörde leitete gegen den handelsrechtlichen Geschäftsführer Herrn U ein Verwaltungsstrafverfahren ein.

Als dieser im Rahmen der Vernehmung als Beschuldigter angegeben hatte, daß er wohl der handelsrechtliche Geschäftsfüher der Firma M sei, für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften hingegen W verantwortlich gewesen sei, leitete darauf hin die belangte Behörde ein Verwaltungsstrafverfahren auch gegen W ein.

Nachdem keine schriftliche Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 letzter Satz VStG besteht noch die Übertragung der Verantwortung als Bevollmächtigter gemäß § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz schriftlich dokumentiert ist, versuchte die Erste Instanz durch Vernehmung von im Betrieb Beschäftigten letztere Rechtstellung zu ergründen und erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis, gegen den Beschuldigten, W, der nicht mehr im Betrieb der M tätig ist.

Der Beschuldigte hatte in einem Vorgängerbetrieb der Arbeitgeberin, die Spenglerlehre absolviert und war in einem Nachfolgebetrieb bis zum Jahre 1990 als Arbeiter weiter tätig. Ab diesem Zeitpunkt bekam er den Status eines Angestellten. Er besaß keinen schriftlichen Arbeitsvertrag, hatte anders als M keine Meisterprüfung abgelegt. In dem durchschnittlich 16 Arbeitnehmer zählenden Betieb war der Beschuldigte zu verschiedensten Aufgaben eingesetzt und verrichtete das was ihm befohlen wurde, so z.B. das Erstellen von Anboten und die Abrechnung von Baustellen hatte aber auch selbst bei Baustellen Hand anzulegen oder untergeordnete Arbeiten zu verrichten wie z.B. Baumaterialien auf Baustellen zu transportieren.

Auch bei der Reparatur des gegenständlichen Blechdaches mußte er zunächst infolge Zeitdruckes selbst Hand anlegen.

Die Baustelle der Firma K wurde auch von S besucht und geschah das Maßnehmen gemeinsam durch S und P.

M, der im Angestelltenverhältnis stand und als gewerberechtlicher Geschäftsführer die Kenntnisse und die Befähigung für die fachspezifischen Verrichtungen besaß, befand sich nicht auf der Baustelle bei K.

Aus der Zusammenschau kam der O.ö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, daß der Beschuldigte P im bezug auf die ihm vorgeworfene Tat nicht die nötige Handlungsfreiheit, Anordnungsbefugnis und nicht den Spielraum hatte, die ein Bevollmächtigter im Sinne des § 31 Abs.2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes besitzen muß, um für Versäumnisse beim Arbeitnehmerschutz auf der Baustelle der Firma K namens der M einstehen zu müssen.

Bei dieser Lage konnte ihm daher die Verantwortung, für das am 17. Juli 1991 geschehene Versäumnis, welches an sich unbestritten ist, nicht treffen und war das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 erster Sachverhalt VStG einzustellen.

Diese Entscheidung befreit ihn zugleich von Verfahrenskostenbeiträgen (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig. Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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